Bayerns Hightech-Minister Blume: Offene Armen für „alle klugen Köpfe, die sich vom System Putin abwenden“
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Bayerns Hightech-Minister Blume: Offene Armen für „alle klugen Köpfe, die sich vom System Putin abwenden“

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Markus Blume bei einer Pressekonferenz (Archivbild)
Markus Blume bei einer Pressekonferenz (Archivbild) © Sammy Minkoff/Imago

Markus Blume wechselte in Söders Wissenschaftsministerium. Im Merkur-Interview spricht er über Zukunftsfelder, Kernenergie, die Ampel und die Ukraine.

München - Er soll Bayerns Hightech-Minister sein: Markus Blume ist jetzt der Chef im Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst. Der 47-Jährige, bis vor kurzem CSU-Generalsekretär, skizziert im ersten großen Interview nach seinem Amtsantritt die Pläne für Bayern: eine moderne Wirtschaftspolitik verkörpern, mehr über Markus Söders Hightech-Milliarden reden – und ehrlich klarmachen, was künftig auch nicht mehr leistbar ist. Blume, verheiratet, zwei Kinder, evangelisch, ist Landtagsabgeordneter im Münchner Osten.

Sie sollen in Ihrem Job auch dem Wirtschaftsminister Konkurrenz machen. Sind Sie inoffiziell jetzt Staatsminister zum Aiwanger-Ärgern?

Innovationsminister trifft es besser. Bayern ist so unglaublich innovativ und kreativ, ein internationaler Hotspot für Technologien und Talente. Das ist doch ein Auftrag! Ich will diesen Innovationsgeist noch stärker fördern. Überall sollen Inkubatoren entstehen und neuer Gründergeist wehen.

Was sind die Zukunftsfelder? Medizin? Supercomputer? Flugtaxis?

All das und noch viel mehr! Bayern ist ein Hightech-Land. Wir haben im Freistaat eine einzigartige Dichte an globalen Unternehmens-Champions und exzellenten Hochschulen, die jeden Tag die Grenzen des technisch Möglichen verschieben. Gerade arbeitet eine Gruppe von Forschern daran, dass an der LMU München einer der weltweit stärksten Laser entstehen kann. Das ist ganz entscheidend für die Energieforschung. Wir müssen etwas die Bescheidenheit ablegen, mit der wir über Hightech reden.

Markus Blume im Interview: „Wir sind mitten in einer Zeitenwende“

Moment mal: Die CSU ist ja vieles, aber „bescheiden“ ist uns nie aufgefallen...

Naja – erinnern Sie sich an früher, die großen Offensiven von Edmund Stoiber, die Wirtschaft zu modernisieren. Markus Söder hat mit der Hightech-Agenda eine Innovationsoffensive aufgelegt, die das noch in den Schatten stellt: 3,5 Milliarden Euro schwer, das ist europaweit singulär. Ich möchte, dass wir mehr darüber reden. Und ich will klarmachen: Wir sind mitten in einer Zeitenwende. Wir brauchen nicht nur neue militärische, sondern auch neue technologische Stärke. Wir dürfen nicht mehr abhängig sein von anderen Großmächten.

Hat ja bei der Energie schon mal nicht geklappt. War es nicht ein enormer Fehler gerade der CSU, sich dem Gasversorger Putin so an die Brust zu werfen?

Mit den Erkenntnissen von heute ist es einfach, alles besser zu wissen. Die ganze Welt hat sich leider in Putin getäuscht. Jetzt erkennen wir: Er will nicht einen Systemwettbewerb, sondern einen Krieg der Systeme. Uns droht mit dem russischen Erdgas ein Pfeiler der Energieversorgung wegzubrechen. Darauf müssen wir schnell reagieren: Ich setze vor allem auf Gas- und Wasserstoff-Importe sowie einen beschleunigten Ausbau der heimischen Erneuerbaren. Bayern ist Sonnen- und Geothermie-Land.

War es auch ein Fehler, aus der Kernkraft auszusteigen?

Das war damals gesellschaftlicher Konsens. Kernenergie war wie Erdgas immer eine Brücke. Dass wir jetzt in dieser neuen Lage über eine Verlängerung der Laufzeiten reden, halte ich aber für absolut richtig. Ein Weiterbetrieb der bayerischen Meiler ist technisch sicher und verlässlich möglich. Ich verstehe da das Zaudern der Bundesregierung nicht. Sie ist planlos.

Bayerns Minister Markus Blume: „Die Ampel zerfällt gerade in ihre Einzelteile“

Hören wir da Frust des CSUlers raus, dass nicht wenigstens die FDP Ihr Anliegen teilt?

Die Ampel zerfällt gerade in ihre Einzelteile. Die FDP kann sich an vielen Stellen nicht mehr daran erinnern, was ihr im Wahlkampf noch wichtig war: Energie, Wirtschaft, Digitalisierung, stabile Finanzen – mir läuft es auch bei Christian Lindners Schuldenprogrammen kalt den Rücken runter.

Bayern nimmt wohl hunderttausend Flüchtlinge aus der Ukraine auf. Was ist Ihr Blick: Kommen da Wissenschaftler zu uns oder Billiglöhner?

Da kommen Menschen, die um ihr Leben fürchten müssen. Deswegen ist unsere erste Antwort: Hilfe, wo immer wir helfen können. Ich habe mit einigen ukrainischen Studierenden gesprochen und einfach eine große Dankbarkeit für die Hilfsbereitschaft gespürt, aber sie wollen auch baldmöglichst ihr Land wieder aufbauen. Allerdings befürchte ich, dass wir uns auf eine längere Kriegsphase in der Ukraine einstellen müssen. Deshalb werden wir uns auch an unseren Schulen und Hochschulen um die jungen Menschen kümmern. Richtig ist: In den Naturwissenschaften haben sie zum Teil ein exzellentes Ausbildungsniveau.

Sind russische Flüchtlinge vor Putin willkommen?

Russland steht vor einem Exodus von Wissenschaftlern und Künstlern. Tausende haben enormen Mut gezeigt, gegen Putin und den Angriffskrieg die Stimme zu erheben. Die institutionelle Zusammenarbeit unserer Hochschulen mit Russland liegt komplett auf Eis, nicht aber die individuelle. Unsere Arme sind offen für alle klugen Köpfe, die sich vom System Putin abwenden oder vielleicht sogar fliehen müssen.

Markus Blume: „Haben im Bereich Kultur und Wissenschaft extrem viele und große Projekte in der Pipeline“

Sie sind nun zuständig auch für den Münchner Konzertsaal. Daran wird seit anderthalb Jahrzehnten herumgedoktert. Versprechen Sie einen konkreten Baubeginn?

Wir haben im Bereich Kultur und Wissenschaft extrem viele und große Projekte in der Pipeline. Wir wollen Milliarden investieren in unsere Unikliniken, in den Ausbau der Hochschulen, in die Kultur. Gerade in der Corona-Krise haben wir mit unseren Hilfsprogrammen Kunst und Kultur massiv unterstützt. Gleichzeitig gibt es eine hohe Unsicherheit: Die Belastungen durch die Corona-Krise schlagen nach wie vor durch – und die Folgen des Kriegs gegen die Ukraine sind noch gar nicht abschätzbar. Wir müssen uns ehrlich machen.

Zeitplan für den neuen Saal also: offen?

Die Planungen laufen unvermindert weiter, klar ist aber auch: Es geht nicht alles auf einmal. Wir werden insgesamt priorisieren, über Zeitachsen reden müssen. Bestehendes erhalten und gleichzeitig neue Akzente setzen.

Ein Baubeginn 2025...

...erscheint mir angesichts der aktuellen Weltlage ambitioniert. Aber wenn wir schon über Innovation reden: Warum nutzen wir nicht die Zeit und brachliegende Flächen, um neue Wege zu gehen? Popup-Theater und Popup-Konzertsäle, das wäre doch was!

Zusammengefasst von Christian Deutschländer

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