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Panorama TV-Kritik „Maybrit Illner“

„Destabilisierung der deutschen Gesellschaft läuft seit Monaten“

WELT-Gespräch mit Strack-Zimmermann (FDP)

Wird die Ukraine den Krieg überstehen? Und wie wird Kreml-Chef Wladimir Putin bei weiteren Niederlagen handeln? Darüber spricht die Vorsitzende des Bundestags-Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), im Gespräch mit WELT.

Quelle: WELT/ Marie Droste, Carsten Hädler

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Seit 15 Monaten herrscht Krieg in der Ukraine. Wie wird sich der Konflikt weiterentwickeln? FDP-Politikerin Strack-Zimmermann warnt vor russischen Trollen, die im Internet versuchen, „unsere Gesellschaft zu spalten oder Falschnachrichten zu verbreiten“.

Angreifer Russland hat in der Ukraine seine Ziele bisher nicht erreicht. Ob Kiews geplante Gegenoffensive entscheidende Erfolge bringen wird, ist nicht klar. Der Westen unterstützt das Land weiter, zuletzt wurden Kampfjets vom Typ F-16 in Aussicht gestellt.

Wird die Ukraine den Krieg überstehen? Und wie wird Kreml-Chef Wladimir Putin bei weiteren Niederlagen handeln? Moderatorin Maybrit Illner stellte ihren ZDF-Talk unter das Thema „Waffen, Sanktionen, Allianzen – die Ukraine kämpft um ihre Zukunft“.

Zu Gast waren im Studio die Vorsitzende des Bundestags-Verteidigungsausschusses Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), Linken-Fraktionschefin Amira Mohamed Ali, der britische Wirtschaftshistoriker Adam Tooze und der Militärexperte Carlo Masala. Der frühere Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD), Vorsitzender des amerikanisch-deutschen Netzwerks Atlantik-Brücke, wurde live zugeschaltet.

Die Vorsitzende des Bundestags-Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), im Gespräch mit dem Historiker Adam Tooze
Die Vorsitzende des Bundestags-Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), im Gespräch mit dem Historiker Adam Tooze
Quelle: ZDF/Svea Pietschmann

Ein baldiges Ende des Russland-Ukraine-Kriegs ist laut Gabriel unwahrscheinlich: „Kriege sind fast immer in einem langen Verhandlungsprozess beendet worden. Und diese Verhandlungen kann ich nicht sehen. Deshalb sehe ich da in der Zukunft noch viele Kämpfe und sehr viele Tote.“

Besonders die lang erwartete „Frühlings-Gegenoffensive“ der Ukraine werde eine Zäsur, sagte der SPD-Politiker. „Wahrscheinlich stehen wir vor der schlimmsten Landschlacht nach dem Zweiten Weltkrieg. Wir werden noch viel schlimmere Bilder sehen. Wir reden über 30.000 oder 40.000 Menschen auf der ukrainischen Seite und mindestens so viele auf der russischen. Beide wollen den Krieg weiter. Die Ukraine wird auch auf keinen Fall nachgeben.“

Dass beide Kriegsparteien den Krieg wollen, dem widersprach Strack-Zimmermann. „Die Ukraine würde nichts lieber, als dass der Krieg zu Ende geht, denn es ist ihr Volk, das abgeschlachtet wird“, sagte die FDP-Politikerin. „Wladimir Putin kann heute seine Truppen abziehen, und dann ist der Krieg sofort beendet.“

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Linken-Fraktionschefin Mohamed Ali forderte mehr Anstrengung, mit Putin an den Verhandlungstisch zu kommen. „Man muss Wege finden“, sagte sie. Beim Gefangenenaustausch und in Fragen über Getreide etwa habe es bereits Erfolge gegeben. Eine Friedensinitiative, wie sie Brasilien angeregt habe, müsse unterstützt und weiterverfolgt werden.

Militärexperte Carlo Masala äußerte starke Zweifel, dass dieser Wunsch so schnell in Erfüllung geht: „Es gibt einen Akteur, der überhaupt kein Interesse zeigt, an den Verhandlungstisch zu gehen. Und das ist Wladimir Putin“, konterte Masala.

Und Strack-Zimmermann berichtete von Gesprächen mit desertierten russischen Offizieren: „Von ihnen wissen wir: Putin hat sich völlig verschanzt und akzeptiert nur noch die Informationen, die in sein Weltbild passen.“ Putin träume zudem davon, die gesamte Ukraine einzunehmen, sagte Strack-Zimmermann. „Das ist ein Szenario, was überhaupt nicht darauf hinweist, dass von russischer Seite Friedenswünsche da sind.“

„Deshalb geht der Krieg weiter“

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Besonders die Krim-Frage sei relevant für den Kriegsausgang, erklärte Historiker Adam Tooze. Putin hat wiederholt erklärt, die Krim gehöre zu Russland, die Ukrainer wollen sie hingegen zurückerobern. „Deshalb geht der Krieg weiter“, sagte der Professor für Wirtschaftsgeschichte an der Cambridge Universität. Es sei für beide Seiten unmöglich, unter diesen Umständen politisch zu diskutieren.

Wie geht es weiter? „Alle warten auf die ukrainische Offensive“, sagte Masala. Seit Wochen bereite die Ukraine das Schlachtfeld vor. „Das sogenannte ‚Shaping the Battlefield‘, indem Tanklaster und russische Logistik angegriffen werden. Zugleich stiften die Ukrainer Verwirrung, wie etwa in Belgorod.“ Die Ukrainer bräuchten für ihre Gegenoffensive aber weitere Waffen vom Westen. „Deshalb ist jetzt das entscheidende Momentum.“

US-Präsident Joe Biden hat bereits die Ausbildung von ukrainischen Piloten am F-16-Kampfjet zugesagt. Eine Lieferung der Flugzeuge wird immer wahrscheinlicher, denn auch andere Nato-Staaten zeigen sich dafür offen. Für SPD-Politiker Sigmar Gabriel sollen die Kampfjets die Ukraine „kontinuierlich in die Lage versetzen, sich zu verteidigen.“ Historiker Tooze stimmte dem zu und bezeichnete die F-16 als „Sicherheitspfand“ für die Ukraine.

Gabriel hält einen Weg zum Frieden für möglich: „Wo ein bisschen Hoffnung existiert: dass nach der langen und blutigen Offensive möglicherweise auf beiden Seiten die Einschätzung sein wird, dass eine Pause eingelegt werden muss“, sagte der ehemalige Außenminister. „Das für eine gewisse Zeit die Waffen schweigen. Und dass man in dieser Situation international dann zu ernsteren Gesprächen kommen kann.“

„Dieser Krieg hat den Westen geeint und die Welt gespalten“

Besonders China werde dann ein wichtiger Verhandlungspartner sein, sagte Gabriel. Die Welt schaue schließlich unterschiedlich auf den Konflikt. „Dieser Krieg hat den Westen geeint und die Welt gespalten.“

Es sei gut, dass die USA mit China reden. „Das war am Anfang nicht so. Heute gibt es bei den Amerikanern die Einschätzung: Am Ende werden die Chinesen mit am Verhandlungstisch sitzen.“ Dem stimmte Masala zu.

Während des seit 15 Monaten andauernden Kriegs hatte Russlands Präsident Putin mehrfach mit Nuklearangriffen gedroht, wenn der Westen sich in den Krieg einmischt. Trotz steigender Unterstützung der Ukraine ist bisher nichts passiert. „Es gibt nicht nur die Möglichkeit, dass Russland zu Atomwaffen greift“, mahnte Gabriel. Man müsse Russland zutrauen, auch eine asymmetrische Kriegsführung zu machen, mit Cyber- und Terrorattacken. Russland könnte sich so zum „Schurkenstaat“ entwickeln, sagte der ehemalige Bundesaußenminister.

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„Das passiert ja schon“, entgegnete FDP-Politikerin Strack-Zimmermann. „Die Destabilisierung der deutschen Gesellschaft läuft ja schon seit Monaten. Es sind Tausende von Trollen, die im Internet versuchen, unsere Gesellschaft zu spalten oder Falschnachrichten zu verbreiten.“

Der Westen müsse weiter unterstützen, wenn die Ukraine weiter versucht, die Integrität ihrer Grenzen, auch die der Krim, zu sichern. „Es ist auch in unserem Interesse, dass die Ukraine dabei erfolgreich ist. Denn sonst wird das nicht der letzte Krieg in diesem Jahrhundert dort gewesen sein. Der Krieg ist ein Angriff auf die freie westliche Welt.“

Über die Opferzahlen halten sich beide Kriegsparteien weitgehend bedeckt. Aus Moskau hieß es, beim Kampf um Bachmut seien 6000 Russen gefallen. Wagner-Chef Jewgin Progoschin sagte allerdings jüngst in einem Video, allein von seiner Söldner-Truppe hätten bei der Schlacht mehr als 20.000 Kämpfer ihr Leben verloren.

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