Rede des Bundesministers der Justiz, Dr. Marco Buschmann,

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In der Gesetzgebung gibt es ja Kür, und es gibt Pflicht. Was wir heute erledigen, ist eine Pflichtaufgabe; denn der Gesetzentwurf setzt eine europäische Richtlinie um.

Die Umsetzungsfrist ist leider schon lange abgelaufen. Die Arbeit hätte schon von der Vorgängerregierung und der sie tragenden Mehrheit erledigt werden müssen. Die Tatsache, dass wir diese Arbeit jetzt beherzt nachholen, hat dafür gesorgt, dass wir ein Vertragsverletzungsverfahren verhindern konnten. So sparen wir dem Steuerzahler viele Millionen Euro an Strafzahlungen.

In der Sache selber geht es um etwas, das nach einhelliger Ansicht der Organisations- und Managementwissenschaften eigentlich notwendige Bedingung für nachhaltigen Erfolg ist, nämlich eine positive Fehlerkultur. Denn wo Menschen zusammenarbeiten, da geschehen auch Fehler; das ist eben menschlich.

Je größer eine Organisation ist, desto wahrscheinlicher ist es natürlich, dass zuerst die operativ tätigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und eben nicht das Management diese Fehler entdecken. Wenn diese Fehler schwere Rechtsverstöße darstellen, dann liegt es im Interesse einer Behörde oder eines Unternehmens, schnell davon zu er- fahren, damit man die Dinge abstellen kann; denn sonst drohen rechtliche Sanktionen und schwere Reputationsschäden. Deshalb ist Hinweisgeberschutz Unternehmensschutz.

Wir haben ein Interesse daran, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sich trauen, ihren Vorgesetzten zu berichten. Wenn sie sich das nicht trauen, dann – das ist der Kern der Richtlinie und der Umsetzung in unserem Gesetzentwurf – müssen Betriebe ab 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine interne Meldestelle einrichten, an die sich die Hinweisgeber wenden können. Wenn sie das tun, sind sie vor Repressionen geschützt. Das schützt eben die positive Fehlerkultur. Falls dieses Vertrauen dort nicht existiert, gibt es auch externe Meldestellen. Ziel ist aber natürlich, dass innerhalb des Betriebes die Probleme erkannt und dann auch abgestellt werden.

Das tun heute viele Unternehmen auch freiwillig: etwa 70 Prozent der Großunternehmen und etwa 40 Prozent der kleinen und mittleren Unternehmen, die unter diese Regelung fallen. Diese Unternehmen zeigen damit, dass sie wissen: Hinweisgeberschutz ist Unternehmensschutz.

Bei der Umsetzung war uns wichtig, dass wir alle Flexibilitätsspielräume der Richtlinie ausnutzen. Wir haben auch mit der Kommission sehr intensiv diskutiert, und es ist uns gelungen, die Rechtsansicht der Kommission bei einer ganzen Reihe von Dingen zum Wohle unserer Unternehmen zu ändern. Deshalb wird unsere Umsetzung vorsehen, dass die Unternehmen beispielsweise gemeinsam interne Meldestellen betreiben können – das spart Kosten –, dass sie das outsourcen können, beispielsweise an Anwaltskanzleien – die häufig schon bestehenden Systeme bleiben so erhalten –, und dass innerhalb eines Konzerns die interne Meldestelle beispielsweise auch bei der Konzernmutter angesiedelt werden kann. Das spart Kosten, und das zeigt, dass wir in dieser Zeit, in der unsere Unternehmen sowieso schon viele Lasten zu tragen haben, immer ein Auge darauf haben, dass wir sie nicht mit überflüssiger Bürokratie belasten.

Das alles zeigt: Es geht bei diesem Gesetzentwurf nicht darum, einen Anreiz zum Verpfeifen zu setzen, sondern darum, einen Anreiz dafür zu setzen, dass die Dinge intern geklärt werden. Jede Unternehmerin und jeder Unternehmer wird mir bestätigen: Es ist besser, von den eigenen Leuten die Probleme zu erfahren, damit ich sie selber abstellen kann, als irgendwann über das eigene Unternehmen in der Zeitung zu lesen oder Besuch vom Staatsanwalt zu bekommen. Und deshalb gilt: Hinweisgeberschutz ist Unternehmensschutz. Herzlichen Dank.