Lüstling Joseph Goebbels: „Jedes Weib reizt mich bis aufs Blut“

Lüstling Joseph Goebbels: „Jedes Weib reizt mich bis aufs Blut“

Wegen seiner Affären hieß Hitlers Chefpropagandist „Bock von Babelsberg“. Seine Frau nahm es hin. Bis sie plötzlich den „Führer“ um Hilfe bat. Was war passiert?

Im Kreis schöner Frauen – so fühlte sich Joseph Goebbels am wohlsten. Diese Aufnahme zeigt ihn im Februar 1937 mit den Schauspielerinnen Erika Dannhof (mittig) und Jenny Hugo beim Presseball in den Berliner Zoo-Festsälen.
Im Kreis schöner Frauen – so fühlte sich Joseph Goebbels am wohlsten. Diese Aufnahme zeigt ihn im Februar 1937 mit den Schauspielerinnen Erika Dannhof (mittig) und Jenny Hugo beim Presseball in den Berliner Zoo-Festsälen.Heinrich Hoffmann/ullstein-bild

Dieses Mal hat es ihn schwer erwischt. Hübsch ist sie, selbstredend. Ein Gesicht wie gemalt. Ebenmäßig, makellos. Und jünger als er ist sie, natürlich, ziemlich genau 17 Jahre jünger. Für sie würde er alles tun. Ganz bestimmt. Auch auf sein Amt als Reichspropagandaminister verzichten, vielleicht als Konsul nach Japan gehen. Sogar sich scheiden lassen von seiner Frau, die gerade ihr viertes Kind von ihm erwartet. Und dann mit seiner Liebsten auf einer einsamen Insel im Stillen Ozean wie Adam und Eva leben.

Berlin im Sommer 1936. Die Frau, die Joseph Goebbels Herz und Hirn verdreht hat, heißt Lída Baarová. Seit zwei Jahren lebt die 21-jährige Tschechin, die als Ludmila Babková in Prag geboren worden ist, in der Reichshauptstadt. Sie hat in ihrer Heimat bereits 18 Filme gedreht, dazu einige Schallplatten aufgenommen. Seit ihrem ersten Ufa-Film, dem Liebesdrama „Barcarole“, ist sie in Deutschland ebenfalls ein Star; auch am Deutschen Theater und an der Volksbühne weiß sie zu begeistern. Sie lebt mit dem Schauspieler Gustav Fröhlich zusammen, der in Fritz Langs Film „Metropolis“ den Unternehmersohn Freder spielte. Auf der Havelinsel Schwanenwerder besitzt der gut aussehende Mime eine Villa, in der Nachbarschaft der Familie Goebbels.

Joseph Goebbels beginnt in jenem Sommer, um die Baarová zu werben. Mehrmals ist sie zu Gast in seiner Blockhütte am Bogensee bei Lanke nahe Bernau. Er zieht dort alle Register: plaudert mit ihr am Kamin, spielt für sie Klavier, füttert mit ihr Rehe im Wald, rudert mit ihr über den See. Dem Bezirzen kann sich „Liduschka“, wie er sie nennt, nicht entziehen. Die beiden sind ab Winter ein Liebespaar, sie feiern gemeinsam Weihnachten in der Hütte am See.

Die Affäre Goebbels-Baarová wird Wellen schlagen. So hohe, dass sie bis vor die Füße Adolf Hitlers schwappen.

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Joseph Goebbels, der „Bock von Babelsberg.“

Zig Liebschaften werden Joseph Goebbels nachgesagt, beispielsweise mit seiner Sekretärin Ilse Stahl; mit Henny Hoffmann, Tochter von Hitlers Hausfotograf Heinrich Hoffmann; mit der Modezeichnerin und Stiljournalistin Petra Fiedler, Tochter des Architekten Peter Behrens; oder auch mit der Tänzerin und Schauspielerin La Jana, eigentlich Henriette Margarethe Niederauer.

Ständig habe sich Goebbels „in die unterschiedlichsten Frauen“ verliebt, schreibt der Historiker Peter Longerich in seiner Goebbels-Biografie von 2010; häufig habe er zwei, drei Liebschaften gleichzeitig gehabt, schon als Student. Dafür hat Longerich eine plausible Erklärung: „Er war ein Mensch, den zeitlebens ein außergewöhnlich starkes Bedürfnis nach Anerkennung durch andere antrieb, der regelrecht süchtig war nach der Bewunderung durch seine Mitmenschen. Diese Sucht war im Grunde nicht wirklich zu befriedigen.“

Wie Peter Gathmann und Martina Paul in ihrer 2009 erschienenen psychohistorischen Goebbels-Biografie ausführen, liegt der Ursprung dieser Sucht in Joseph Goebbels’ Kindheit. Als Vierjähriger erkrankte er an einer Knochenmarkentzündung, die seinen rechten Unterschenkel verkümmern ließ und ihm den später bespotteten „Klumpfuß“ einbrachte.

Während der Schule und später an der Universität litt er Gathmann und Paul zufolge „als Gezeichneter, als Kleinwüchsiger, als Ausgestoßener, als von der Großbürgerlichkeit nicht Akzeptierter“ unter schweren Minderwertigkeitsgefühlen. Sie hielten sein Leben lang an. Mit mörderischem Hass „gegen eine austauschbare Minderheit – in seinem Fall waren es eben die Juden“ und mit exzessivem Sex versuchte er, sie zu kompensieren.

Wie ein hungriger Wolf rase ich umher.

Joseph Goebbels, Tagebucheintrag

„Hitlers Sprachrohr“ konnte nicht nur ungeheuerlich hetzen, sondern auch umwerfend charmant, geistreich und humorvoll sein. Dass er in Herzensangelegenheiten beim besten Willen nicht treu sein konnte, daraus machte er überhaupt keinen Hehl. „Jedes Weib reizt mich bis aufs Blut“, vertraute er seinem Tagebuch an. „Wie ein hungriger Wolf rase ich umher.“

Seine Posten als Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda und als Präsident der Reichskulturkammer, der Presse, Rundfunk, Film und sonstiges Kulturschaffen lenkte, erleichterten ihm das Jagen. So gerieten Sternchen und Stars in seine Fänge. Nicht alle gaben sich ihm freiwillig hin; ein Wort von ihm konnte eine Karriere begründen und fördern, aber auch zerstören. Schon zu Lebzeiten verpasste ihm die Öffentlichkeit angesichts seines triebgesteuerten Tuns den Spitznamen „Bock von Babelsberg.“ Andere, darunter hohe Parteikollegen, nannten ihn „Hurenbock“.

In seinem Leben soll Goebbels drei Frauen wirklich geliebt haben: Anka Stalherm, die er während seines Studiums in Freiburg kennenlernte und mit der er immer wieder mal zusammen war; Magda Quandt, die er im Dezember 1931 heiratete; und eben Lída Baarová.

In sie war Goebbels so verliebt, dass er seine Karriere aufgeben und seine Familie verlassen wollte: Schauspielerin Lída Baarová, hier 1932.
In sie war Goebbels so verliebt, dass er seine Karriere aufgeben und seine Familie verlassen wollte: Schauspielerin Lída Baarová, hier 1932.imago/CTK Photo

Die „First Lady“ des Dritten Reichs

Magda Quandt, Ex-Gattin des Industriellen Günther Quandt, mit dem sie einen Sohn hat, besucht im Spätsommer 1930 eine Veranstaltung der Nationalsozialisten im Berliner Sportpalast. Da fällt ihr ein Mann auf, von dem sie sich, wie später ihre Mutter einer Illustrierten erzählen wird, nicht als Anhängerin der Partei, sondern als Frau angesprochen fühlt: Joseph Goebbels, Gauleiter von Berlin und Reichspropagandaleiter der NSDAP. Ihre Mutter: „Diesen Mann, der einen von Sekunde zu Sekunde siedend heiß und klirrend kalt machen konnte, musste sie kennen lernen.“

So nimmt Magda Quandt in der Gau-Geschäftsstelle eine ehrenamtliche Tätigkeit an. Und schon bald begegnet sie im Treppenhaus Goebbels. Ihrer Mutter zufolge soll der völlig verblüfft stehengeblieben sein und zu seinem Sekretär gesagt haben: „Donnerwetter, Schimmelmann! Wer war denn das? Tolle Frau!'“

Goebbels’ Tagebuch belegt, dass er Feuer und Flamme ist. Im November 1930 schreibt er: „Gestern nachmittag war die schöne Frau Quandt bei mir und hat geholfen beim Aussortieren von Fotos“. Beide kommen sich rasch näher.

Am 15. Februar 1931 mehr als das: „Abends kommt Magda Quandt. Und bleibt sehr lange. Und blüht auf in einer berückenden blonden Süßigkeit. Wie bist Du meine Königin! (Dahinter setzt er in Klammern die Ziffer 1, was bedeutet, sie haben zum ersten Mal miteinander geschlafen; Anm. d. Red.) Eine schöne, schöne Frau! Heute gehe ich fast wie im Traum. So voll von gesättigtem Glück.“

Und wenig später: „Noch etwas Erziehung an mir und an ihr, dann passen wir fabelhaft zusammen. (4, 5). Ich werde nun die Frauengeschichten lassen und mich einer einzigen zuneigen. Das Leben ist doch schön, o Königin!“

Da schreiten sie ihrem vermeintlichen Glück entgegen: Hochzeit von Joseph Goebbels und Magda Quandt am 19. Dezember 1931 auf Gut Severin bei Parchim. Neben dem Brautpaar geht Harald Quandt, der Sohn aus Magdas erster Ehe, dahinter Adolf Hitler als Trauzeuge.
Da schreiten sie ihrem vermeintlichen Glück entgegen: Hochzeit von Joseph Goebbels und Magda Quandt am 19. Dezember 1931 auf Gut Severin bei Parchim. Neben dem Brautpaar geht Harald Quandt, der Sohn aus Magdas erster Ehe, dahinter Adolf Hitler als Trauzeuge.ullstein-bild

Über Goebbels lernt Magda Quandt im September 1931 den „Führer“ kennen. Hitler ist beeindruckt. Seinem Berater, Generalmajor a.D. Otto Wagener, soll er gestanden haben: „Diese Frau könnte in meinem Leben eine große Rolle spielen, auch ohne dass ich mit ihr verheiratet wäre.“ Tatsächlich wird sie zu einer Art First Lady, die das Regime bei Empfängen, Bällen und Staatsbesuchen repräsentiert. Und zum leuchtenden Vorbild für „die deutsche Frau“, allem voran wegen ihrer Kinder, am Ende sind es sieben.

Der Historiker Peter Longerich nimmt an, Hitler habe sich selbst in die selbstbewusste und elegante Frau verliebt. Angeblich habe er in einem Gespräch mit Goebbels auf sie verzichtet, nachdem sie ihm mitgeteilt hatte, seinen Gefolgsmann heiraten zu wollen. Goebbels notiert jedenfalls in seinem Tagebuch, der „Führer“ sei „ganz rührend“ gewesen, „Freund und Bruder. Glücksengel, sagt er. Aber er gönnt mir mein Glück. (...) Wir sollen heiraten.“ Gesagt, getan. Und Hitler wird Trauzeuge. In den folgenden Jahren nutzt er die Wohnung der Familie Goebbels in Berlin als Refugium. Er sucht die Nähe zu Magda Goebbels, was ihrem Mann zugutekommt.

Noch vor der Hochzeit im Dezember 1931 hat Goebbels mit seiner zukünftigen Ehefrau eine Vereinbarung getroffen: Sie werde immer „seine Königin“ sein, versprach er, es könne aber mal vorkommen, dass er den Reizen einer anderen erliegt. Beim „mal vorkommen“ bleibt es nicht. Aber sie duldet seine Bocksprünge, solange er sie damit nicht in der Öffentlichkeit bloßstellt, und sie revanchiert sich, indem sie eigene Liebschaften hat. Zu ihrer Schwägerin Eleonore „Ello“ Quandt sagt sie: „Ein so genialer Mensch, der dreimal so intensiv lebt, kann eben nicht mit dem gewohnten Maß bürgerlicher Moral gemessen werden.“

Die Vereinbarung hält. Im Februar 1937 bekommen die Goebbels ihr viertes Kind. Es ist eine komplizierte Geburt, sodass die Ärzte Magda Goebbels von einer weiteren Schwangerschaft abraten. Doch im Herbst 1937 ist sie erneut in guter Hoffnung. Es wird vermutet, dass sie spätestens zu jenem Zeitpunkt von dem Verhältnis zwischen ihrem Mann und der Schauspielerin Lída Baarová weiß. Aber vorerst verhält sie sich wie immer: Sie ignoriert es.

Drei sind einer zu viel. Goebbels (rechts) im Gespräch mit dem Schauspielerpaar Lída Baarová und Gustav Fröhlich im August 1936. Er wird Lída dem Fröhlich ausspannen.
Drei sind einer zu viel. Goebbels (rechts) im Gespräch mit dem Schauspielerpaar Lída Baarová und Gustav Fröhlich im August 1936. Er wird Lída dem Fröhlich ausspannen.ullstein-bild

Was hat Lída Baarová bewogen, mit Joseph Goebbels ein Verhältnis zu beginnen? Erhoffte sie sich als Schauspielerin einen Karrieresprung, fürchtete sie einen Karriereknick? Oder war es Liebe? Was sie selbst dazu sagte, ist voller Widersprüche.

Lída Baarová will von Goebbels nie eine Filmrolle bekommen haben. Schon bevor sie ihn näher kennenlernte, hat sie nach eigener Aussage mit der Ufa einen Vertrag gehabt, der ihr vier Produktionen im Jahr zusicherte. Sie spielte fast ausschließlich den exotischen Vamp. Und doch soll Goebbels auf ihre Karriere Einfluss genommen haben. Es heißt, sie habe einen hoch dotierten Sieben-Jahres-Vertrag aus Hollywood abgelehnt, weil er angekündigt hatte, sie bekäme dann in Deutschland keine Engagements mehr.

In ihren im Jahr 2000 auf Deutsch erschienenen Memoiren präsentiert sich Lída Baarová als argloses Opfer des unwiderstehlichen Verführers Goebbels. Das tut sie auch 1996 in einem Interview für die ZDF-Fernsehsendung History: „Ich hab eigentlich seine Liebe geliebt. Er hat mich so sehr geliebt, dass ich der Liebe verfallen bin.“

Aber nur ein Jahr später ärgert sie sich in einem Gespräch mit den Salzburger Nachrichten: „Goebbels’ Geliebte, ich kann das nicht mehr hören! Da gehören immer zwei dazu. Goebbels war in mich verliebt, ich habe es nur ertragen.“

Joseph Goebbels war der einzige Mann, der mich sexuell befriedigt hat.

Lída Baarová (laut zweier Schauspielkolleginnen)

In einer Dokumentation des tschechischen Fernsehens Ceska televize im Jahr 2013 behauptet sie, sie habe Goebbels gar nicht gemocht. Mehr noch: Ab dem Tag, an dem er sie bei ihrem damaligen Lebenspartner Gustav Fröhlich aufsuchte und mit diesem „eine Aussprache hielt“, habe sie Angst vor ihm gehabt.

Allerdings ist von ihr auch diese Äußerung über Goebbels überliefert: „Er war sehr geistreich. Wir haben viel gelacht und wir haben uns gut verstanden. Ich muss sagen, er war ein sehr nobler Mensch. Viele Leute sagen, er wäre ein Teufel. Er ist zu mir nie so gewesen. Ich kann es leider nicht sagen. Zu mir war er immer furchtbar nett.“

Dass sie und Goebbels ab Winter 1936 ein Liebespaar waren, hat Lída Baarová selbst zugegeben. Dagegen hat sie auch behauptet, ihre Beziehung zu ihm sei rein platonisch gewesen. Aber wäre Hitler persönlich eingeschritten, wenn die Affäre seines Ministers ausschließlich aus Ringelpiez ohne Anfassen bestand?

Es war auch für die Baarová weitaus mehr als ein Techtelmechtel, wenn wir den beiden tschechischen Schauspielerinnen Adina Mandlová und Zdenka Sulanová glauben dürfen. Die eine kommt in Peter Gathmanns und Martina Pauls Goebbels-Biografie zu Wort, die andere in Ondrej Suchýs Baarová-Biografie aus dem Jahr 2010. Ihnen zufolge hätte Baarová erzählt: „Joseph Goebbels war der einzige Mann, der mich sexuell befriedigt hat.“

Joseph Goebbels (neben der Kamera) besucht 1938 die Dreharbeiten zu „Preußische Liebesgeschichte“ mit Willy Fritsch (in historischer Uniform) und Lída Baarová als Hauptdarsteller. Der Film kam wegen Goebbels‘ Affäre mit der Baarová nicht zur Aufführung.
Joseph Goebbels (neben der Kamera) besucht 1938 die Dreharbeiten zu „Preußische Liebesgeschichte“ mit Willy Fritsch (in historischer Uniform) und Lída Baarová als Hauptdarsteller. Der Film kam wegen Goebbels‘ Affäre mit der Baarová nicht zur Aufführung.dpa picture-alliance

Der Anfang vom Ende für Joseph Goebbels und Lída Baarová

Die Affäre zwischen Joseph Goebbels und Lída Baarová spitzt sich im Mai 1938 zu. In Hans-Otto Meissners Magda-Goebbels-Biografie, die 1977 erschien, schildert ihre Schwägerin Ello Quandt: „Goebbels hatte sich aus Berlin in Schwanenwerder angemeldet und gesagt, daß er Lida Baarova mitbringen werde, was nicht so ungewöhnlich war, da sie schon einige Male zu Besuch im Hause war. (...) Als man gemütlich beim Tee zusammensaß, wandte sich Goebbels plötzlich an Magda: ‚Ich muß etwas sehr Ernstes mit dir besprechen (...) Frau Baarova und ich, wir lieben uns.‘ Lida bestätigte sofort mit großer Bestimmtheit: ‚Jawohl, wir lieben uns!‘“

Für Magda Goebbels sei dieses Bekenntnis völlig unerwartet gekommen, berichtet Ello Quandt. Goebbels habe dann noch gesagt: „Du bist natürlich die Mutter meiner Kinder und die Frau, die zu mir gehört. Aber nach so vielen Jahren wirst du einsehen, daß ich eine Freundin haben muss.“

So schockiert sei Magda Goebbels gewesen, dass sie unfähig war, etwas zu erwidern. Ihr Mann habe ihr Schweigen als Zustimmung gedeutet: „Ich wußte ja, daß ich mich auf dich verlassen kann, liebste Magda. Du bist und bleibst meine gute Alte.“

Eine „Ehe zu Dritt“ zu führen – das hat sich Magda Goebbels wohl durchaus vorstellen können, zumal auch sie Affären hatte, zum Beispiel mit Karl Hanke, Staatssekretär im Ministerium ihres Mannes. Sie hoffe, sagt sie zu Ello Quandt, „das mit der Baarova“ sei irgendwann einmal vorbei. „Im Alter gehört er dann ganz mir.“

Ich wäre jetzt lieber bei dir im Bett als auf dieser langweiligen Parteikundgebung.

Joseph Goebbels in einem abgehörten Telefonat zu Lída Baarová

Aber im August 1938 wendet sich Magda Goebbels an Hitler und bittet ihn um Hilfe. Es ist nicht klar, wann sie sich zu diesem Schritt entschloss. Nachdem sie erfahren hatte, dass ihr Mann seiner Affäre die Ehe versprochen haben soll? Oder nachdem sie ihm mit Scheidung gedroht hatte? Woraufhin er ihr versprach, sich von der Baarová zu trennen, sich aber weiterhin mit ihr traf, was ihr Karl Hanke verraten haben soll.

Angesichts einer von Hanke verfassten Liste mit Namen von mehr als 40 Frauen, mit denen Goebbels ein Verhältnis hatte, sieht sich Hitler gezwungen, Partei zu ergreifen.„Hitler ist von den zahlreichen Affären Goebbels’ zutiefst abgestoßen, für ein Verhalten dieser Art fehlt ihm jegliches moralisches Verständnis“, schreiben die Goebbels-Biografen Peter Gathmann und Martina Paul. „Seine eigenen Schwierigkeiten im Umgang mit Sexualität machen es ihm unmöglich, die Eskapaden seines Ministers weiterhin zu dulden.“

Das allein ist aber nicht ausschlaggebend dafür, dass sich Hitler auf die Seite von Magda Goebbels schlägt. Auch das fällt ins Gewicht: Hitler hat ein Herz für sie. Was ebenfalls eine Rolle spielt: Er kann unter keinen Umständen erlauben, dass sich seine nationalsozialistische Bilderbuchfamilie trennt. Unabhängig davon: In Anbetracht der von ihm provozierten Sudetenkrise, die darauf abzielt, die Tschechoslowakei zu zerschlagen, ist nicht zu tolerieren, dass sich sein Propagandaminister mit einer Tschechin verlustiert.

Der „Führer“ lässt das Telefon von Lída Baarová abhören. Ein Gespräch ist überliefert, in dem Goebbels bedauert, ein Schäferstündchen absagen zu müssen: „Ich wäre jetzt lieber bei dir im Bett als auf dieser langweiligen Parteikundgebung.“

Eine scheinbar glückliche Familie: Joseph und Magda Goebbels mit ihren sechs Kindern 1944; der junge Mann im Hintergrund ist Harald Quandt, Sohn aus Magdas erster Ehe.
Eine scheinbar glückliche Familie: Joseph und Magda Goebbels mit ihren sechs Kindern 1944; der junge Mann im Hintergrund ist Harald Quandt, Sohn aus Magdas erster Ehe.Bundesarchiv, Bild 146-1978-086-03/CC BY-SA 3.0

Im Oktober 1938 lässt Hitler die Familie Goebbels auf den Berghof kommen, seinen Privatwohnsitz auf dem Obersalzberg bei Berchtesgaden. Seinem Minister macht er unmissverständlich klar, dass es so nicht weitergehen könne. In Goebbels’ Tagebuch liest sich das so: „Ich lege meinen Standpunkt dar, verfechte mit Eifer und Konsequenz meine Ansicht, bis dann der Führer an Solidarität, Staat und gemeinsame große Sache appelliert. Diesem Appell kann und will ich mich nicht versagen.“

Magda Goebbels hatte die Zwangsversöhnung mit Hitler vorbereitet, mit ihm sogar eine Vereinbarung aufgesetzt: Joseph Goebbels darf seine Geliebte nicht mehr sehen; die darf in Deutschland nicht mehr arbeiten und muss das Land verlassen. Die Goebbels’sche Ehe wird fortan funktionieren, nicht mehr, nicht weniger, auch wenn das Paar im Oktober 1940 ein „Versöhnungskind“ bekommt.

Lída Baarová erhält noch im Jahr 1938 Berufs- und Aufenthaltsverbot. Die Literaturverfilmung „Der Spieler“ nach Dostojewski, in der sie die Hauptrolle spielt, wird drei Tage nach der Berliner Premiere Ende Oktober abgesetzt. Das Historiendrama „Preußische Liebesgeschichte“, das im Dezember der Zensur vorgelegt wird, kommt nicht zur Aufführung (es wird erst 1950 unter dem Titel „Liebeslegende“ in Westdeutschland gezeigt). Baarová ist zu dieser Zeit bereits wieder in Prag, wo sie Filme dreht und Theater spielt.

Nach 1945 wird Lída Baarová in ihrer Heimat als Kollaborateurin verurteilt und muss 18 Monate in einem Gefängnis verbringen; sie gilt in ihrem Geburtsland noch immer als „Geliebte des Teufels“. Österreich wird ihre zweite Heimat. Im Jahr 2000 stirbt sie in Salzburg.

Da sind Joseph und Magda Goebbels seit mehr als einem halben Jahrhundert tot. Wenige Stunden nach Hitlers Selbstmord nahmen sie sich am 1. Mai 1945 das Leben. Zuvor hatte Magda Goebbels mithilfe von Hitlers Leibarzt ihre sechs Kinder mit Goebbels – fünf Töchter und einen Sohn – mit Zyankali getötet.