Admiral Ludwig von Reuter - Lexikon der Wehrmacht

von Reuter, Hans Hermann Ludwig

 

* 9. Februar 1869, Guben

† 18. Dezember 1943, Potsdam

 

 

Ludwig von Reuter war der Sohn des Oberst und Regimentskommandeurs Johann Wolfgang Eduard von Reuter und dessen Ehefrau Helene, geborene von Sternheim. Er trat am 11. April 1885 als Kadett in die Kaiserliche Marine ein. Er absolvierte seine Grundausbildung und anschließend seine Bordausbildung auf dem Schulschiff SMS "Niobe". Ab dem 4. Oktober 1885 besuchte er die Marineschule und absolvierte mehrere Spezialkurse. Am 13. April 1886 wurde er zum Seekadett ernannt. Ab dem 29. April 1886 diente er auf der Kreuzerfregatte SMS "Prinz Adalbert" und ab dem 13. April 1887 auf der Kreuzerfregatte SMS "Gneisenau". Am 10. April 1888 wurde er auf das Panzerschiff SMS "Friedrich der Große" versetzt und dort am 18. Mai 1888 zum Unterleutnant zur See befördert. Zwischen dem 1. Oktober 1888 und dem 30. September 1889 besuchte er die Marineschule und anschließend bei der I. Matrosen-Division mehrere Lehrgänge. Am 1. April 1890 kam er als Wachoffizier auf den Aviso "Grille" und am 30. September 1890 auf das Panzerschiff SMS "Friedrich Carl". Ab dem 7. April 1891 fungierte er auf dem Schulschiff "Moltke" ebenfalls als Wachoffizier, wo er am 16. März 1892 zum Leutnant zur See befördert wurde. Am 1. Oktober 1892 wurde er Adjutant der Schiffsjungenabteilung und zugleich Platzmajor in Friedrichsort. Am 1. April 1893 wurde er Kompanie- und Wachoffizier bei der I. Torpedoabteilung und am 5. April 1894 Kadettenoffizier auf dem Schulschiff "Stosch". Am 21. April 1897 wurde er zur Verfügung der I. Marineinspektion gestellt und am 3. August 1897 Erster Offizier auf dem Kanonenboot SMS "Crocodil". Am 2. Oktober 1897 wurde er als Adjutant zur Kaiserlichen Werft in Kiel versetzt. Hier wurde er am 21. Mai 1898 zum Kapitänleutnant befördert. Am 15. Juni 1898 heiratete er die fast sieben Jahre jüngre Elisabeth Henriette Therese Christine von Rumohr in Uetersen geheiratet, diese Ehe wurde später wieder kinderlos geschieden. Am 1. Oktober 1899 wurde er als Artillerie-Offizier auf dem Linienschiff SMS "Sachsen" eingesetzt. In gleicher Funktion diente er ab dem 1. November 1901 auf dem Linienschiff "Kaiser Wilhelm der Große". Am 6. Oktober 1902 wurde er Kommandant des als Stationsschiff vor Istanbul dienenden SMS "Loreley". Ab dem 1. Oktober 1903 war er Kommandeur der 2. Abteilung bei der II. Werft-Division. Hier erfolgte am 26. April 1904 seine Beförderung zum Korvettenkapitän. Am 17. September 1904 wurde er Kommandant des Kleinen Kreuzers SMS "Blitz". Am 29. September 1906 wechselte er als Dezernent im Waffendepartement ins Reichsmarineamt. Zwischen dem 8. März 1907 und dem 26. September 1907 war er zugleich mit der Wahrung der Geschäfte des Vorstandes für Aufstellung und Behandlung des Artilleriematerials an Bord beauftragt. Am 1. Oktober 1908 wurde er Vorstand für Aufstellung und Behandlung des Artilleriematerials an Bord im Reichsmarineamt und am 13. Oktober 1908 zum Fregattenkapitän sowie am 22. März 1910 zum Kapitän zur See befördert. Ab dem 16. September 1910 kommandierte er den Großen Kreuzer SMS "Yorck". Am 26. Januar 1912 heiratete er die über siebzehn Jahre jüngere Hildegard Maria Lisette Johanna Brockelmann, Tochter des Reeders Christian Heinrich Richard Gustav Brockelmann, in Stettin. Am 8. September 1912 wurde er dann Vorstand der Zentralabteilung und Assistent des Oberwerftdirektors bei der Kaiserlichen Werft Wilhelmshaven. Am 10. November 1912 wurde sein Sohn Yorck von Reuter geboren. Kurz nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges wurde Ludwig von Reuter am 1. September 1914 Kommandant des Großen Kreuzers SMS "Derfflinger". Er führte dieses Schiff auch beim Gefecht auf der Doggerbank. Am 4. Februar 1915 wurde sein Sohn Derfflinger von Reuter in Wilhemshaven geboren. Am 3. September 1915 wurde er Kommodore und zugleich Befehlshaber der IV. Aufklärungsgruppe, die aus den fünf Kleinen Kreuzern SMS "Stuttgart", SMS "Hamburg", SMS "München", SMS "Stettin" und SMS "Frauenlob" bestand. Mit diesem Verband nahm er an der Skagerrakschlacht teil. Am 11. September 1916 übernahm von Reuter das Kommando über die II. Aufklärungsgruppe. Am 25. November 1916 wurde er zum Konteradmiral befördert. Am 2. April 1917 wurde sein Sohn Wolfgang von Reuter in Wilhelmshaven geboren. Am 17. November 1917 stießen die Kreuzer der II. Aufklärungsgruppe sowie die beiden Großlinienschiffe SMS "Kaiser" und SMS "Kaiserin" auf britische Einheiten. Es kam zum zweiten Seegefecht bei Helgoland. Im Januar 1918 wurde von Reuter stellvertretender Befehlshaber der I. Aufklärungsgruppe und im August 1918 löste er Admiral Franz von Hipper als Befehlshaber dieses Verbandes ab. Nach dem Waffenstillstand im November 1918 erhielt von Reuter den Befehl über die Verbände der kaiserlichen Hochseeflotte, die nach § 23 des Waffenstillstandsvertrages bis zum Abschluss eines Friedensvertrages in einem neutralen Hafen interniert werden sollten. Tatsächlich wurden sie von den Briten sogleich in britisches Hoheitsgebiet beordert, zunächst in den Firth of Forth, dann in den Kriegshafen Scapa Flow. Admiral Hipper, Befehlshaber der Hochseeflotte, hatte sich geweigert, dieses Kommando auszuüben. Von Reuter führte den Verband zunächst vom Schlachtschiff SMS "Friedrich der Große". Am 25. März 1919 verlegte er seine Befehlsstelle wegen zunehmender Unruhen unter den Besatzungen auf den Kleinen Kreuzer SMS "Emden". Am 21. Juni 1919, dem letzten Tag der Frist, der der deutschen Regierung für die Unterzeichnung des Versailler Friedensvertrags gesetzt worden war, ließ von Reuter per Flaggensignal den 74 Schiffen der in Scapa Flow ankernden Flotte den Befehl „Paragraph Elf. Bestätigen.“ übermitteln, ein zuvor von den Offizieren in Anlehnung an Paragraph 11 „Es wird fortgesoffen!“ des Biercomments der Studentenverbindungen vereinbartes Codewort, um eine Beschlagnahme der Flotte durch die Siegermächte zu verhindern. Die Vorbereitungen zur Selbstversenkung waren bereits zuvor getroffen worden, ohne dass die britischen Bewacher es bemerkt hatten. Auf von Reuters Befehl versenkten sich innerhalb weniger Stunden zehn Großlinienschiffe, fünf Große Kreuzer, fünf Kleine Kreuzer und 32 Torpedoboote. Lediglich das Großlinienschiff SMS "Baden", die drei Kleinen Kreuzer SMS "Emden", SMS "Nürnberg" und SMS "Frankfurt", der Minenkreuzer SMS "Bremse" sowie vierzehn Torpedoboote konnten durch das Eingreifen britischer Seeleute an der Selbstversenkung gehindert und in seichtes Wasser geschleppt werden. Nur vier Torpedoboote blieben schwimmfähig. Neun deutsche Seeleute verloren ihr Leben; sie fielen entweder im Handgemenge mit britischen Marinesoldaten (wie der Kommandant der SMS "Markgraf", Korvettenkapitän Walter Schumann, der auf seinem Schiff erschossen wurde) oder wurden in ihren Rettungsbooten erschossen. Es waren die letzten deutschen Kriegstoten des Ersten Weltkriegs. Von Reuter und die verbliebenen 1773 Offiziere und Mannschaften der Rumpfbesatzungen wurden in England als Kriegsgefangene interniert. In Deutschland wurde von Reuter als Held gefeiert, der die Ehre der deutschen Flotte gerettet hatte. Er ging in Pension und nahm nicht mehr am öffentlichen Leben teil. Am 27. August 1939, dem sogenannten Tannenbergtag, erhielt Reuter den Charakter als Admiral verliehen. Sein Sohn Wolfgang von Reuter ist am 16. September 1939 beim Kampf um Höhe 155 nordwestlich von Topor (Birkenwäldchen), 64 Kilometer südöstlich von Warschau als Fähnrich in der 1. Kompanie vom Infanterie-Regiment 89 durch Herzschuß gefallen. Nach einer Mitteilung vom Gräberoffizier der 4. Armee wurde er in einem Gemeinschaftsgrab unter einer kleinen Birkengruppe an der Nordwestspitze der Waldhöhe, anderthalb Kilometer nordwestliche Topor, 25 Kilometer westsüdwestlich Siedlce beerdigt. Am 20. März 1942 hat sein Sohn Derfflinger von Reuter die Ruth Elisabeth Erna Quandt in Neustettin geheiratet. Ludwig von Reuter ist noch lange vor Ende des 2. Weltkrieges in Potsdam gestorben. Sein Sohn ist am 17. April 1945 als Oberstleutnant in der 21. Infanterie-Division auf der Straße Neplecken-Fischhausen, etwa drei Kilometer südöstlich Fischhausen gefallen. Seine zweite Frau starb am 26. April 1954 in Köln.

Sein am 22. Juni 1866 in Coburg geborener Bruder Maximilian Albert Viktor Alexander von Reuter brachte es bis zum Generalmajor. Dieser hatte als Hauptmann a la suite des Garde-Füsilier-Regiments und Adjutant des Kriegsministers am 18. Oktober 1899 die fünfeinhalb Jahre jüngere Agnes Hedwig Mathilda von Ziethen, Tochter des Oberst Viktor von Ziethen in Berlin geheiratet. Sein Bruder Alexander starb am 21. Februar 1935 in Stettin.


Literatur und Quellen:

Hans H. Hildebrand: Deutschlands Admirale 1849–1945. Band 3: P–Z (Packroß bis Zuckschwerdt). Biblio Verlag, Osnabrück 1990
Andreas Krause: Scapa Flow. Die Selbstversenkung der wilhelminischen Flotte. Ullstein, Berlin 1999