Ludwig Erhard: Vom Wirtschaftsminister zum Bundeskanzler
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Ludwig Erhard: Ein nicht unumstrittener Politiker prägt die deutsche Wirtschaft

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Ludwig Erhard, ehemaliger Bundeskanzler, CDU-Vorsitzender und «Vater des Wirtschaftswunders» mit der berühmten Zigarre in der Hand.
Ludwig Erhards Zeit als Bundeskanzler war nur kurz: Schnell verloren Bevölkerung und Politik das Vertrauen. © picture-alliance/ dpa / Alfred Hennig

Als zweiter deutscher Bundeskanzler will Ludwig Erhard die deutsche Wirtschaft voranbringen. Heute ist seine Rolle in der deutschen Politik nicht unumstritten. 

  • Ludwig Erhard wird am 4. Februar 1897 in Fürth geboren. Während des Ersten Weltkriegs wird er verwundet, nach seiner Rückkehr geht er in die Wissenschaft.
  • Erhards Rolle im NS-Regime wird heute teilweise kritisch betrachtet. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs schafft er jedoch einen schnellen Aufstieg in der Politik der jungen Bundesrepublik.
  • Ludwig Erhards Zeit als Bundeskanzler ist nur kurz: Schnell verlieren Bevölkerung und Politik das Vertrauen in den Amtsträger. Erhards Rolle in der CDU bleibt umstritten.

Ludwig Erhard wird 1897 in Fürth geboren, bereits in seiner Kindheit hat er mit Krankheiten zu kämpfen. Nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs wird der junge Erhard im belgischen Ypern schwer verwundet, seelisch erholt er sich von dieser Verwundung laut eigener Aussage nie.

Nach seinen Studienjahren geht Ludwig Erhard in die Wissenschaft, in dieser Position arbeitet er ab 1933 auch für das NS-Regime. Obwohl er seine Rolle während der Nazizeit später als unpolitischer Professor angibt, bleiben Historikern noch heute Zweifel daran, mit welcher Motivation Erhard tatsächlich für die Nationalsozialisten tätig war.

Nach Ende des Zweiten Weltkriegs legt Ludwig Erhard eine steile politische Karriere hin, ist maßgeblich an der Einführung der Deutschen Mark beteiligt und setzt sich für die Stärkung der sozialen Marktwirtschaft in der jungen Bundesrepublik ein. Sein Motto „Wohlstand für alle“ prägt seine Tätigkeit als Wirtschaftsminister unter Adenauer. Als dieser 1963 abtritt, wird Erhard zu seinem Nachfolger und kann auch 1965 die Bundestagswahl für sich entscheiden. Nur ein Jahr später dankt er jedoch aufgrund der wachsenden Kritik an seiner Person wieder ab.

Ludwig Erhard: Kindheit und politische Anfänge

Ludwig Erhard wird am 4. Februar 1897 in seinem Elternhaus in Fürth geboren. Seine Eltern sind der katholische Textilwarenhändler Wilhelm Philipp Erhard und dessen evangelische Ehefrau Augusta. Ludwig und seine drei Geschwister werden evangelisch getauft und erzogen. Als Kleinkind erkrankt Ludwig Erhard an Kinderlähmung, die ihn mit einem deformierten Fuß zurücklässt.

Seine Schulausbildung beendet Ludwig Erhard in Fürth an der Volks- und Realschule, später beginnt er eine Ausbildung zum Weißwarenhändler, die er 1916 als Einzelhandelskaufmann abschließt. Da zu dieser Zeit der Erste Weltkrieg in Europa tobt, muss Erhard zunächst als Soldat für die Bayerische Armee an die Front. Im September 1918 wird er im belgischen Flandern von einer Handgranate schwer verwundet und muss ganze sieben Mal operiert werden - seelisch erholt er sich von dieser Verletzung nie.

Nach dem Krieg beginnt Ludwig Erhard ein Studium und erwirbt Abschlüsse als Diplom-Kaufmann, in Betriebswirtschaftslehre und in Soziologie. Es folgt eine Promotion. Nach einigen Jahren im elterlichen Betrieb geht Ludwig Erhard in die Wissenschaft und beginnt 1928 seine Arbeit im Institut für Wirtschaftsbeobachtung der deutschen Fertigware an der Handelshochschule in Nürnberg.

Ludwig Erhard unter dem NS-Regime

Ludwig Erhards Wirken während der NS-Zeit ist nicht unumstritten. Ab 1933 war er als Lehrbeauftragter an der Handelshochschule Nürnberg tätig, zeitweise äußerte er sich auch öffentlich positiv über die Nationalsozialisten.

Während der Jahre des Zweiten Weltkriegs fungierte Ludwig Erhard als wirtschaftspolitischer Berater des NS-Regimes, insbesondere für die frisch annektierten Gebiete. Er gründete sogar das Institut für Industrieforschung, das er von 1942 bis 1945 leitete und wo er unter anderem an Plänen für die wirtschaftliche Nachkriegsordnung arbeitete. Während Erhard selbst sich im Nachhinein als eine Art unpolitischer Professor präsentierte, betrachten Historiker sein Engagement für das NS-Regime heute teilweise als gewollte Zusammenarbeit.

Ludwig Erhard: Erfolg in der Politik, Aufstieg zum Bundeskanzler

Bereits kurz nach Kriegsende beginnt Ludwig Erhard eine steile Karriere in der deutschen Politik. Im Oktober 1945 wird er zum bayerischen Wirtschaftsminister ernannt, 1947 wird er Teil der Sonderstelle Geld und Kredit, einer geheimen Expertengruppe, die an der geplanten Währungsreform in Deutschland arbeitet. Damit ist Erhard intensiv an der Einführung der Deutschen Mark im Juni 1948 beteiligt.

Als Konrad Adenauer 1949 zum ersten Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland gewählt wird, ernennt er Ludwig Erhard trotz persönlicher Spannungen zwischen den beiden zum ersten Wirtschaftsminister der jungen Nation. In dieser Funktion bleibt Erhard seinem Ideal der Sozialen Marktwirtschaft treu: Die Wirtschaft soll frei bleiben und sich selbst regulieren, trotzdem will er Politiker eine soziale Absicherung für die deutschen Bürger: Wohlstand für alle wird Erhards Motto.

Als Wirtschaftsminister will Ludwig Erhard Deutschland wieder auf dem internationalen Markt interessant machen. Er sorgt für eine Mitgliedschaft in der Montanunion, einem Vorläufer der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft. Damit wird Deutschland auch Teil der Weltbank sowie des Internationalen Währungsfonds. Trotzdem will er auch den sozialen Gedanken seines Wirtschaftsideals nicht vernachlässigen: Erhard fördert den sozialen Wohnungsbau und sorgt für die Erlassung von Rentengesetzen, die die noch immer präsenten Kriegsfolgen etwas abmildern sollen.

Als Konrad Adenauer 1963 zurücktritt, wählt der Bundestag Ludwig Erhard zum neuen Bundeskanzler. Bei der darauffolgenden Bundestagswahl im Jahr 1965 bleibt Erhard nach einem rekordverdächtigen Wahlsieg der CDU im Amt.

Besonderheiten in Ludwig Erhards Amtszeit

Ludwig Erhards Amtszeit ist geprägt durch eine Intensivierung der politischen und wirtschaftlichen Beziehungen zu den USA. Damit zählt der damalige Bundeskanzler zu den sogenannten Atlantikern, die es vorziehen, Abmachungen mit Nordamerika statt mit dem Nachbarn Frankreich zu treffen. Erhard wird deshalb oft für eine Verschlechterung der deutsch-französischen Beziehungen verantwortlich gemacht.

Ludwig Erhard zeigt sich außerdem verantwortlich für die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zu Israel - diese Amtshandlung gilt als die einzige Richtlinienentscheidung seiner Amtszeit. Der Großteil der Nahoststaaten weigern sich daraufhin, weiter politisch oder wirtschaftlich mit Deutschland in Kontakt zu treten.

Im März 1966 lässt sich Ludwig Erhard auch zum CDU-Parteivorsitzenden wählen. Damit erhofft er sich, seine Position in der Partei zu stärken, nachdem die eintretende Wirtschaftskrise sein Ansehen als Wirtschaftsexperte stark verschlechtert.

Durch die Rezession und nicht eingehaltene Versprechen gegenüber der US-Regierung sinkt Ludwig Erhards Rückhalt in der Bevölkerung und auch in seiner eigenen Partei während seiner Amtszeit beträchtlich. Am 30. November 1966 tritt er schließlich von seinem Posten als Bundeskanzler zurück.

Ludwig Erhard: Gespaltenes Verhältnis zur CDU

Als Ludwig Erhard nach Konrad Adenauers Rücktritt zum Bundeskanzler ernannt wird, gehen viele Mitglieder des Bundestages davon aus, dass es sich nur um eine Zwischenlösung handelt. Zwar kann er in der darauffolgenden Bundestagswahl einen beeindruckenden Wahlsieg für die CDU erringen, trotzdem musste sich Erhard auch immer Kritik aus den eigenen Reihen stellen.

Insbesondere sein Vorgänger Adenauer ist Erhards größter Kritiker. Lange Zeit hatte der erste deutsche Bundeskanzler versucht, den Wirtschaftsminister als potentiellen Nachfolger zu verhindern. Als Gründe nannte Adenauer die häufige Abwesenheit Erhards, seine unüberlegten Reden und die schlechte Führung seines Ministeriums. Zeitweise versuchte Adenauer sogar, Erhard mit dem Amt des Bundespräsidenten aus der politischen Entscheidungsfindung auszuschließen.

Lange Zeit fühlte sich Erhard ideologisch eher mit der FDP verbunden. Zwar übte er Zeit seines Lebens politische Ämter ausschließlich für die CDU aus, trotzdem trat er nach Ansicht einiger Historiker erst 1966 bei seiner Wahl zum Parteivorsitzenden formell in die christdemokratische Partei ein. Das Beitrittsdatum sei in den Büchern der CDU zu diesem Zeitpunkt um drei Jahre zurückdatiert worden. Als er 1963 das Amt des Bundeskanzlers übernahm, war Ludwig Erhard damit streng genommen parteilos.

Ludwig Erhard: Seine Familie und sein Privatleben

Ludwig Erhard heiratete im Dezember 1923 die Volkswirtin Luise Schuster. Schuster war bereits einmal verheiratet gewesen und brachte eine Tochter mit in die Ehe. Gemeinsam bekam das Ehepaar Erhard noch die Tochter Elisabeth Friederike Marie, die 1925 geboren wurde. Elisabeth heiratete 1952 den Sportfunktionär Hans-Jörg Klotz. Mit seiner Familie lebte Ludwig Erhard ab 1953 in Gmund am Tegernsee.

1967 gründete er die Ludwig-Erhard-Stiftung, mit denen er sein politisches und wirtschaftswissenschaftliches Vermächtnis am Leben halten wollte. Außerdem war er in seinen letzten Lebensjahren erster Vorsitzender des Kuratoriums der Hermann-Kunst-Stiftung zur Förderung der neutestamentlichen Textforschung. Erhard war Mitglied der evangelischen Kirche.

Spätestens ab 1930 machte Erhard die Zigarre zu seinem Markenzeichen. Auf vielen Bildern seiner politisch aktiven Zeit ist der Altbundeskanzler mit einer Zigarre in der Hand zu sehen, laut Zeitzeugenberichten rauchte er zeitweise zwischen fünfzehn und zwanzig Zigarren am Tag.

Ludwig Erhard starb am 5. Mai 1977 in Bonn. Todesursache war Herzversagen. Einige Tage später wurde im Plenarsaal des deutschen Bundestages ein Staatsakt veranstaltet. Erhard wurde in seinem Heimatort Gmund bestattet.

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