Werder Bremen: Louis Lord über sein bitteres Aus & Wechsel zu Aue!
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Wenn ein Talent gehen muss: Louis Lord über sein Aus bei Werder und die Besonderheiten bei einem Torwart

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Lange galt Louis Lord als das große Torhüter-Talent bei Werder Bremen, jetzt wurde sein Vertrag nicht verlängert.
Lange galt Louis Lord als das große Torhüter-Talent bei Werder Bremen, jetzt wurde sein Vertrag nicht verlängert. © IMAGO/CB

Torhüter-Talent Louis Lord spricht mit der DeichStube über seine schöne Zeit bei Werder Bremen, die bittere Ausbootung, eine mentale Blockade und seinen Wechsel zu Erzgebirge Aue.

Bremen – Wenn Louis Lord an seinen ersten Tag bei den Profis des SV Werder Bremen denkt, dann muss er sofort lachen. „Mir war gesagt worden, dass ich mich wie zuhause fühlen soll“, erinnert sich der Torwart: „Zwischen den Trainingseinheiten habe ich mir mittags im Aufenthaltsraum eine kurze Pause auf dem Sofa gegönnt und muss dabei eingeschlafen sein. Ich war ja erst 15 – und alles ganz schön viel für mich. Nuri Sahin hat mich geweckt und mich angeguckt, als ob ich von einem anderen Planeten komme: ,Alter, wir haben seit zwei Minuten Training, was machst du hier?’“ Lord war sofort hellwach – genauso wie später auch beim Training mit den Profis oder als Stammkeeper der U23 in der Regionalliga. Doch nach acht Jahren ist für Lord beim SV Werder Schluss, sein Vertrag wurde nicht verlängert. So erleben das Talente immer wieder, es ist Teil des Fußballs. Aber wie geht ein 19-Jähriger damit um?

Louis Lord wechselt von Werder Bremen zu Erzgebirge Aue: „Das ist ein richtig geiler Verein“

„Inzwischen gut“, sagt Lord und grinst. Denn seine sportliche Zukunft ist geklärt und er damit sehr zufrieden. Der Keeper wechselt zum Drittligisten Erzgebirge Aue, wird dort Ersatzmann des erfahrenen Martin Männel (35). „Das war das Angebot, das sportlich am besten auf mich zugeschnitten ist. Erzgebirge Aue ist ein richtig geiler Verein.“ Was natürlich nicht bedeutet, dass Louis Lord das nicht auch über Werder sagen würde. „Grün und weiß werde ich immer im Herzen tragen. Ich komme aus der Region, habe mein halbes Leben für Werder gespielt und kenne jeden im Verein. Ich hätte mir natürlich eine noch wichtigere Rolle bei Werder gewünscht. Aber man sieht sich ja immer zwei Mal im Leben, wer weiß, was noch kommt . . .“

Louis Lord ist im Bremer Umland groß geworden, genauer gesagt in Syke. Hat beim FC Gessel-Leerßen gespielt, dann beim TV Stuhr – mit zwölf Jahren ging es zu Werder Bremen. Er galt als das große Torwarttalent, spielte auch für Deutschland (U18). Da fehlte manchmal etwas die Zeit für das Gymnasium in Syke. Trotzdem hat Lord bald sein Fachabi in der Tasche und ist stolz darauf. „Ein zweites Standbein zu haben, ist sehr wichtig“, betont er und gibt einen interessanten Einblick: „Als junger Spieler bekommt man plötzlich sehr viel Geld und kann sich unglaublich viele Match Attax kaufen. Diese Karten habe ich früher gesammelt, deswegen ist das meine Währung.“ Lord lacht, fügt dann aber ganz ernst an: „Da normal zu bleiben, ist gar nicht so einfach. Mein Papa hat ganz doll die Hand drauf gehalten. Ich habe schon mit 14 angefangen, in die Altersvorsorge einzuzahlen.“ Auch seine langjährige Freundin und sein Umfeld hätten ihm geholfen, nie abzuheben.

Vom Stammkeeper in Werder Bremens U23 zum Ersatzmann: Louis Lord verlor Platz im Tor an Mio Backhaus

Dabei ging es für ihn sportlich steil nach oben. Mit 15 durfte er schon mal bei den Profis trainieren, mit 17 wurde er Stammkeeper der U23 in der Regionalliga. Auch ein Schlüsselbeinbruch konnte ihn nicht lange stoppen. In der abgelaufenen Saison gehörte der Lockenkopf offiziell zum Profi-Kader und war in der U23 wieder die Nummer eins. Bis Ende März. Werder Bremen hatte entschieden, den im Sommer auslaufenden Vertrag mit Louis Lord nicht zu verlängern und auf andere Nachwuchskeeper zu setzen – zum Beispiel auf Mio Backhaus (19). Der übernahm auch sofort Lords Platz im Tor der U23, und der durfte nur noch trainieren. 

„Am Anfang ging es mir damit noch gut“, erzählt Louis Lord: „Wenn es nicht so läuft, dann wirst du irgendwann fest, du hast so einen Rucksack auf, der es dir schwer macht, Bälle zu halten. Dieser Rucksack wurde mir durch die Entscheidung genommen. Ich bin danach richtig aufgeblüht, habe im Training wieder Bälle gehalten, die ich vorher nicht mehr gehalten habe.“ Aber warum wurde diese Blockade nicht schon vorher gelöst? Warum gab es keine Hilfe vom Verein, vom Torwarttrainer? Lord sieht das inzwischen sehr differenziert. „Ich wurde damals oft gefragt, aber du kannst das Problem manchmal selbst gar nicht benennen und weißt nichts mit der Hilfe anzufangen.“

Werder Bremen-Talent Louis Lord über schweren Abschied: „Schon lange gebraucht, um das zu schlucken“

Erst durch diese Erfahrung wisse Louis Lord jetzt: „Mein Mindset hat sich damals von einem ,Schieß’ doch aufs Tor, ich halte den sowieso!’ zu einem ,Hoffentlich kommt ein Fuß davor und der Ball nicht aufs Tor.’ verändert. Das geht eigentlich gar nicht bei einem Torwart, denn du rechnest nicht mehr mit Schüssen, die auf dein Tor kommen könnten, weil du es nicht willst.“ So etwas passiere nicht von heute auf morgen, sondern sei ein Prozess. „Läuft es nicht, dann ist der erste Schalter, den du umlegst: Du hörst mit dem Lachen auf, weil du mehr Fokus und Spannung brauchst, um deine gewohnte Leistung abzurufen.“ Das beginne schon im Training und setze sich immer weiter fort, „bis man ganz fest ist“. Nun geht der 19-Jährige davon aus, viel früher darauf reagieren und gegensteuern zu können. Dabei soll ihm auch ein mentales Coaching helfen.

Der Abschied von Werder Bremen ist da noch mal eine ganz andere Geschichte. „Nach dem ersten guten Gefühl habe ich dann schon lange gebraucht, um das zu schlucken“, gesteht Louis Lord: „Und eine gewisse Traurigkeit ist immer noch da. Ich habe hier unglaublich viele und wahnsinnig nette Menschen kennengelernt.“ Groll hege er wegen seiner Ausbootung nicht, das gehöre nun einmal zum Fußball-Geschäft dazu. Genauso wie Emotionen. Und so gönnte sich Lord beim letzten Bundesliga-Heimspiel noch einen ganz besonderen Moment: „Ich bin ja leider nicht in den Genuss gekommen, im Weserstadion zu spielen. Nach dem Köln-Spiel habe ich es mir dann einfach mal rausgenommen, kurz auf den Rasen zu flitzen. So ein ausverkauftes Weserstadion ist einfach echt ein Brett.“ (kni)

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