90. Geburtstag: Loki Schmidt – Der "Genius Loki" des Altkanzlers - WELT
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Loki Schmidt 90. Geburtstag

Loki Schmidt – Der "Genius Loki" des Altkanzlers

Sie hat sich häufig der Blessuren angenommen, die ihr Mann verursacht hatte: Loki Schmidt, die Frau des ehemaligen Kanzlers Helmut Schmidt. Heute wird sie 90 Jahre alt. Loki Schmidt schaffte es, aus dem Schatten eines Ausnahmepolitikers herauszutreten. Und dafür gibt es einen Grund.

Es war Helmut Schmidt, der das Wortspiel vom „Genius Loki“ geprägt hat. Nur er kann wirklich ermessen, welchen Anteil seine Ehefrau Hannelore Schmidt, die heute das 90.Lebensjahr vollendet, an seiner glanzvollen politischen Laufbahn hatte. Ihre handfeste Bodenständigkeit, ihre Geduld gerade auch mit den Schwächen ihres Mannes, ihre disziplinierte Verlässlichkeit – es war die Summe dieser Eigenschaften, die sie an der Seite dieses Ausnahmepolitikers befähigte, ihm einerseits den Rücken freizuhalten, zugleich aber aus seinem Schatten herauszutreten und eigenes Profil und öffentliche Statur zu entwickeln. Das gelingt nur wenigen Ehefrauen berühmter Männer.

Loki Schmidt selbst hat ihre Rolle in dieser Ehe von erstaunlicher Belastbarkeit mit der Feststellung beschrieben, ihr Mann brauche „eigentlich immer jemanden, der im Hintergrund die sozialen Verbindungen etwas enger knüpft“. Das war die sehr diskrete Umschreibung eines Sachverhalts, den selbst enge Weggefährten Helmut Schmidts zu spüren bekamen: Loki Schmidt hat sich häufig der Blessuren angenommen, die ihr Mann verursacht hatte, und das waren nicht wenige. Sie genießt heute im In- und Ausland eine Wertschätzung, die hinter den weltweiten Sympathien für ihren Mann nicht zurückbleibt. Und auch sie ist noch im hohen Alter ein Medienstar, eine Bestsellerautorin zudem.

Es gibt dafür einen zentralen Grund, und der tritt rasch zutage, wenn man sich das Leben der Arbeitertochter Hannelore Glaser genauer anschaut – diesen langen Weg von den in jeder Hinsicht beengten Lebensumständen in der elterlichen Mietwohnung im Hamburger Stadtteil Hammerbrook bis in die Paläste und Amtssitze der Mächtigen dieser Welt. In jeder Phase ihres Lebens ist Loki Schmidt sich treu geblieben.

Ihre Zähigkeit und Umsicht, ihre Menschlichkeit und ein untrügliches Gerechtigkeitsempfinden, dazu ein natürliches Selbstbewusstsein, das sich nie verbiegen ließ – diese Geradlinigkeit und innere Freiheit des Urteils hat viele Menschen, die ihr in ganz unterschiedlichen Lebenssituationen begegnet sind, sehr beeindruckt. Sie selbst befähigte es, auf dem glatten internationalen Parkett eine gute Figur zu machen.


Gleichberechtigung der Frauen


Loki Schmidt hat einfach durch ihr Beispiel viel für die Gleichberechtigung der Frauen getan. Und als Bürgermeister Ole von Beust (CDU) ihr am 12.Februar den Ehrenbürgerbrief ihrer Heimatstadt Hamburg überreichte, für sie selbst die schönste ihrer vielen Ehrungen, war das auch ein Dank für die Frauen ihrer Generation, ohne deren Tatkraft das zerstörte Land nicht hätte wiederaufgebaut werden können.

Doch „emanzipiert“ war Loki Schmidt nie. Dem Journalisten Dieter Buhl, mit dem sie einst ein sehr lesenswertes autobiografisches Buch schrieb, bekannte sie auf eine entsprechende Frage, sie hasse dieses Wort: „Was heißt auch emanzipiert? Ich war ich, und er war er. Die später auftauchende Frauenemanzipation war in meinen Augen etwas Lächerliches … Beeindruckt haben mich die Suffragetten, die lange vor dem Ersten Weltkrieg in England für die Gleichstellung und das Frauenwahlrecht eingetreten sind und die bereit waren, für ihre Vorstellungen sogar ins Gefängnis zu gehen.“

Über sechs Jahrzehnte sind vergangen, seit die Volks- und Realschullehrerin Hannelore Glaser am 27.Juni 1942 den Luftwaffen-Oberleutnant der Reserve, Helmut Schmidt, heiratete. Es wurde, wie hätte es auch anders sein können angesichts der Dramatik dieser Jahrzehnte, eine Ehe mit Höhen und eben auch mit Tiefen, und zu denen gehörte der Deutsche Herbst 1977 mit der Blutspur der RAF-Attentate.

Während des Überfalls auf die deutsche Botschaft in Stockholm verabredeten der damalige Kanzler und seine Frau bei einem nächtlichen Spaziergang durch den Park des Kanzleramtes, falls Terroristen einen von beiden entführen sollten, dürfe der andere keine Forderung der Kidnapper erfüllen. Am nächsten Morgen hielten sie das schriftlich fest, um dieser Vereinbarung und der darin enthaltenen Staatsräson Nachdruck zu verleihen.

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Idol von Humboldt

Loki Schmidt ist auch als Naturschützerin international bekannt geworden. Sie hätte gern Biologie studiert, aber aus finanziellen Gründen blieb ihr dieses Studium verwehrt. Ihren Beruf als Lehrerin hat sie bis 1969 mit großem Engagement ausgeübt. Ihren Kindheitswunsch, Naturforscherin zu werden, hat sie indessen nie aufgegeben. Alexander von Humboldt (1769–1859) wurde ihr Idol. Auf seinen Spuren „in ein fremdes Land mit seiner ursprünglichen Natur zu reisen und sich überall neugierig umzusehen, was es da zu entdecken gäbe“ – so beschrieb sie ihren Traum, den sie sich seit der Mitte der 70er-Jahre verwirklichen konnte, auch dank ihrer Prominenz als Ehefrau des Bundeskanzlers. Expeditionsreisen führten sie rund um den Globus, und lang ist die Liste der Ehrungen, die ihr seither zuteilwurden. Vor allem ihr beharrliches Eintreten für den Schutz gefährdeter Pflanzen hat ihr zu großem Ansehen verholfen. Hamburgs Universität hat sie mit der Ehrendoktorwürde ausgezeichnet, der Senat verlieh ihr den Professorentitel.

Heute nun sollte der 90.Geburtstag mit 300 Gästen gefeiert werden. Doch wegen einer Viruserkrankung musste das abgesagt werden. Loki Schmidt wird nun wohl zu Hause in Hamburg-Langenhorn feiern, zusammen mit ihrem Mann und der aus England angereisten Tochter Susanne, die sich beide angesteckt haben.

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