König Ludwig I. und sein Bauherr Leo von Klenze: Herr und Knecht | Themen | BR.de

Themen - Geschichte


6

König Ludwig I. und sein Bauherr Leo von Klenze Herr und Knecht

Die Aufgabenverteilung war klar: König Ludwig I. schaffte an, Leo von Klenze spurte und baute. 48 Jahre ging das so, spannungsgeladene Jahre, stets gespickt mit kleinen Bosheiten. Und trotzdem: Die Arbeitsbeziehung war sehr fruchtbar und machte München zu einem europäischen Kulturzentrum.

Stand: 22.02.2011 | Archiv

"O! Es ist wahr, ich habe dem Herrn fast alles zu verdanken, was ich materiell geleistet habe, und was ich bin, aber glaubt es mir (…) ich habe bittre! bittre Augenblicke mit ihm verlebt…", jammert Leo von Klenze in seinen Memorabilien. Und dennoch konnte der eine ohne den anderen nicht. König Ludwig I. hatte die Vision, München zum Athen des 19. Jahrhunderts zu machen. Und Klenze war der Einzige, der ihm diesen Wunsch erfüllen konnte.

Bauwütiger, kunstbesessener Monarch

Walhalla | Bild: picture-alliance/dpa zur Bildergalerie Berühmte Bauwerke Leo Klenzes Vermächtnis

Er machte München zum Isar-Athen und verhalf dem bayerischen Provinznest zu internationalem Ansehen. Leo von Klenze verwandelte die Residenzstadt in eine klassizistische Kulturstätte. [mehr]

"Ich will aus München eine Stadt machen, die Teutschland so zur Ehre gereichen soll, dass keiner Teutschland kennt, wenn er nicht München gesehen hat", schallte es aus den königlichen Kammern. Und Leo von Klenze, sehr bedacht auf seine berufliche Karriere, baute und baute, unter anderem den Königsplatz, den Odeonsplatz, die Residenz, die Alte Pinakothek, aber auch die Glyptothek - ganz im Sinne der klassizistischen Formensprache. Das war aber nicht die Sprache des Volkes. So wurde der Monumentalbau der Glyptothek als "narrisches Kronprinzenhaus" bespöttelt. Doch den bayerischen Monarchen scherte das wenig, er war bauwütig und in seinen Entscheidungen mitunter wankelmütig. Klenze degradierte er zu einem Befehlsempfänger, der bis zur letzten Minute seine Änderungswünsche zu erfüllen hatte.

Dokumente einer explosiven Zweckgemeinschaft

6.000 Seiten Briefe

Seit 1998 wird in München unter der Leitung von Prof. Dr. Hubert Glaser der Briefwechsel zwischen König Ludwig I. und Leo von Klenze herausgegeben. Die Sammlung ist mittlerweile, mit dem Erscheinen der letzten drei Bände, komplett und umfasst 6.000 Seiten.

Charakteristik der Briefe

Ludwig fasst sich in den Briefen kurz, er gibt Anweisungen und hat die uneingeschränkte Souveränität, d.h. er verfügt über die Geldmittel. Klenze hingegen holt weiter aus, führt Beispiele an und geht in die Architekturtheorie, um Ludwig von seinen eigenen Vorstellungen zu überzeugen.

Klenze sieht sich als Sklave

"Wenn zwischen einem Fürsten und einem Künstler immer und in allem gleiche Meinung obwaltet, so ist der Fürst ein Tyrann oder der Künstler ein Sklave."

Klenzes Kunstapell

"( ... ) glaube ich aber nachweisen zu können dass ich dieselbe ächt griechische Anordnung befolgen musste wenn ich nicht die beabsichtigte Wirkung verfehlen wollte, und apellire deßhalb mit Beruhigung an Ew. Majestät Einsicht und Kunstgefühl."

Klenzes Abschiedsformel

"In tiefster Ehrfurcht ersterbe ich / Ew. Majestät / Allerunterthänigst Treugehorsamster / L. v. Klenze"

Enge Kunstsymbiose

König Ludwig I.

König Ludwig hatte Leo von Klenze 1815 in Paris kennengelernt und nach München geholt. Der Architekt machte rasch Karriere und wurde 1818 Bayerischer Hofbauintendant. Mit dem Krönungsjahr des Königs 1825 allerdings begann sein Stern zu sinken. Sein Ehrgeiz und seine Eigenwilligkeit bescherten ihm immer mehr Konkurrenten. Aufträge für Monumentalbauten wie Siegestor, Feldherrnhalle und Bayerische Staatsbibliothek gingen an seinen Rivalen Friedrich von Gärtner. Die Beziehung zu Ludwig I. änderte sich mit dessen Abdankung im Jahr 1848. Der königliche Bauherr wurde zum privaten Bauherrn.

Späte Rührung

Befreiungshalle in Kelheim

Das Verhältnis von Ludwig und Klenze war all die Jahre sehr gespannt, ein ewiges Hick-Hack. So verweigerte der König dem Künstler den Wangenkuss, Klenze hingegen setzte in Anwesenheit des Königs seinen Hut auf, ohne auf dessen Anweisung zu warten. Erst bei der Eröffnung der Befreiungshalle in Kelheim 1863 drückte der König Klenze die Hand - zum ersten Mal, gerührt und ergriffen von der Schönheit des Bauwerks.


6