Klarer hätte das Bekenntnis nicht ausfallen können: "Wir bleiben gern in Berlin, auch wenn uns kein Amt dazu zwingt. Wir haben hier ein Stück Heimat gewonnen", verkündete Johannes Rau. Sein Haus in Dahlem wird er aber räumen müssen.

Den Wunsch, in Berlin zu bleiben, äußerte Rau am Dienstag bei der Eröffnung des sanierten Rundhofes des Rathauses Wilmersdorf am Fehrbelliner Platz. Sein privates Quartier, eine 640 Quadratmeter große Villa an der Miquelstraße in Dahlem, müssen die Raus zum Ende der Amtszeit des Bundespräsidenten im Juni 2004 aber räumen. Das Haus ist eine Bundesliegenschaft und soll wie früher wieder Residenz des Bundestagspräsidenten werden.

Wie man hört, fahren Johannes und Christina Rau in ihrer Freizeit durch die Stadt, um sich einen neuen Kiez zu suchen. Sie sind nicht auf eine Villengegend fixiert, können sich auch eine Altbauwohnung in Prenzlauer Berg, Mitte, an der Frankfurter Allee oder in Charlottenburg vorstellen.

Bei der Wohnungssuche ist das Staatsoberhaupt nach seiner Amtszeit ganz auf sich gestellt. Die diplomatischen Regeln sehen eine Unterstützung nur bei der Bürosuche vor. Bei der Auswahl eines Nestes ist vor allem die Anbindung an die Natur wichtig und die Praktikabilität eines Familienlebens. Eine Mietwohnung tuts also auch - Hauptsache, alle Kinder haben Platz.

Die drei "Rau(di)s" treten in der Öffentlichkeit inzwischen mit der gleichen sympathischen Bodenständigkeit auf wie ihre Eltern. "Ich", sagte Anna Christina Rau zu der Hamburger Designerin Bettina Schoenbach, "möchte ein besonders schönes Kleid!" Und sie bekam das schönste des Abends, einen strandfarbenen Traum aus Seide, glamourös, elegant und sexy. So souverän präsentierte die Präsidententochter die Robe bei der Modegala ihrer Mutter vor wenigen Tagen im Schloss Bellevue, dass "Bild" hingerissen titelte: "Prinzessin traumhaft". Anna findet das witzig. Nicht wichtig. Ein entscheidender Unterschied.

Die 20-jährige First Daughter nimmt die Chancen wahr, die ihr geboten werden. Nicht den Status. Der Single ist ein kluges Mädchen mit guter Figur und flirtet gern. Und wenn sie ganz selbstverständlich das schönste Kleid einfordert, dann tut sie das nicht mit zickigem Gehabe, sondern mit jener Mischung aus Selbstbewusstsein und Aufgeregtheit, die wohl jede hübsche junge Frau ergreifen würde, die als Nichtprofi ins Blitzlichtgewitter eines Catwalks schreiten soll. Es ist ja nicht so, dass Anna Rau allabendlich in Roben wühlt, bevor sie zum Abendessen in der Dahlemer Dienstfamilienvilla schreitet. Im Gegenteil. Bei Raus wird gelebt, nicht repräsentiert.

Anna ist die Extrovertierte, Kesse. Laura Helene, die in zwei Wochen 17 wird, ist so hübsch wie die Schwester. Aber stiller, beobachtender. Sie steht lieber hinter als vor dem Fotoapparat und verbringt gerade die elfte Klasse in einem schottischen Internat.

Anna hat soeben erfolgreich ihr Abitur abgelegt, will vielleicht Journalistin werden. Zurzeit absolviert sie ein "Soziales Halbjahr" in Bolivien. Angesichts der politischen Unruhen in dem südamerikanischen Staat ist sie vorübergehend nach Hause gekommen. Noch diese Woche wird sie nach Bolivien zurückfahren. Drücken gilt nicht.

Zu Angst sind die Kinder nicht erzogen worden. Philip, der im nächsten Frühjahr sein Abitur macht und derzeit überlegt, ob er zur Bundeswehr oder zum Zivildienst geht, ist auch in seinem Internat in Boston geblieben, als am dritten Schultag die Anschläge in New York und Washington verübt wurden.

Die drei Rau(di)s sind verwöhnt, aber anders als gemeinhin definiert. Von Baby an einen Bodyguard zu haben, weil der Vater hohe politische Ämter bekleidet, ist kein Luxus, sondern Gewöhnung. Bezeichnend ist, dass die drei Kinder und ihre Beschützer sich duzen und manchmal in die Videothek fahren und gemeinsam Filme aussuchen.

Laura, Philip und Anna haben großzügige Eltern, aber nicht so sehr, wenn es um Bares geht, sondern um Herzenswärme, Erziehung, Entwicklungschancen. Bundespräsident ist ein Beruf, privat wird gelebt wie in guten, bürgerlichen Familien. Leistung ist gefragt, soziales Engagement, Sportlichkeit und Sportsgeist. Kumpelhaft, ironisch geht es zu. Das amerikanische Schild "Support the president" haben die Kinder an die Arbeitszimmertür des Vaters geklebt.

Philip, zum Beispiel, der sich in der Pubertät so schwer tat mit der Öffentlichkeit, dem Druck, ein First Kid zu sein, durfte zicken, wenn es ihm zu viel wurde. Durfte demonstrativ mit Frotteesocken über das Parkett im Dahlemer Haus bohnern, anstatt alle Gäste des Bundespräsidenten förmlich zu begrüßen. Das war Freiheit, sich entfalten zu können. Als Junge wollte er Clown werden. Mit zwölf Jahren durfte er in eine Artistenschule gehen, im Zirkus Roncalli "arbeiten". Die Phase ist vorbei, aber sie war wichtig. Wenn man Philip jetzt als 18-jährigen Charmebolzen erlebt, dann wird klar, wie viel die Eltern richtig gemacht haben. Wie seine Schwestern spielt auch Philip, von seinen Eltern Immanuel genannt, sich nicht in den Vordergrund, wird aber auch nicht albern, wenn er mal dort hingestellt wird.

Zweimal schon durfte er seine Eltern auf offiziellen Staatsbesuchen nach Asien begleiten. Er ist gut in der Schule, und der Direktor des Zehlendorfer Schadow-Gymnasiums denkt wie die Eltern: Es gibt Chancen, die muss man nutzen. Was man auf solchen Reisen lernt, kann keine noch so gute Schule bieten.