„Der in Berlin sozialisierte Ersan Mondtag mixt die Mittel (…) Brecht, der Erfinder der Verfremdung, kommt quasi durch die Hintertür wieder herein. Das hat viel doppelten Witz, (…) die meist französisch gesprochenen Texte wollen die Musik widerlegen, die Gattungen zoffen sich heftig: Kann sich das „kluge“ distanzierende Schauspiel am Emotionskraftwerk der Oper rächen? (Concerti)
… So fragte der Kritiker von Concerti angesichts der Premiere von Kurt Weills Silbersee in der Oper Nancy, inszeniert von Ersan Mondtag – dessen Gestaltung des deutschen Pavillons zur Biennale in Venedig ja mit Spannung erwartet wird.
Dass man dort „immer von Boden aus denken“ müsse, sagte Ersan Mondtag im Vorgespräch auf Radio 3 – Das vom Boden aus Denken passt wiederum zu dem, was die Oper in Nancy unter dem Intendanten Matthieu Dussouillez leistet. Es ist so hervorragend, dass ein Blick über die Grenze notwendig ist, um zu sehen, wie Musiktheater höchstaktuell genre- grenz- und altersübergreifend das Publikum anzieht. Aus gutem Grund sind die Verträge des Intendanten Matthieu Dussouillez und der Musikdirektorin Marta Gardolińska an Opéra national de Lorraine bis 2026 verlängert worden.
„Matthieu Dussouillez weitet den Werkbegriff für sein in allen Altersstufen gut gemischtes Publikum just mit Weill, dessen schon vor 90 Jahren erfundene Gattungsoffenheit Pate stehen könnte für die soeben veröffentlichte Saison 2024/25: Die Eröffnung der neuen Saison im ist einem eigens zusammengestellten Triptychon gewidmet: In ihm werden Hindemiths „Sancta Susanna“, Bartóks „Herzog Blaubarts Burg“ und Honeggers „La Danse de morts“ gekoppelt, um unter dem Motto „Héroïne“ einem Frauenschicksal entlang von drei Kurzopern des 20. Jahrhunderts nachzuspüren. „Transgression“ als verwandelnde Grenzüberschreitung steht als Motto über der gesamten Spielzeit. Die aktuelle Premiere mit Kurt Weills „Silbersee“ ist schon ein Vorgeschmack darauf. Und sie demonstriert, dass ein europäisches Opernhaus des 21. Jahrhunderts viel mehr sein muss als eine Reproduktionsmaschine des immergleichen Repertoires. Es muss neue Wege zwischen den künstlerischen Sparten, den Generationen, den Geschlechtern, den Kulturen beschreiten. In Nancy ist diese Öffnung, die nicht zuletzt Regiehandschriften ganz unterschiedlicher Art authentische Haltung und künstlerisch gelebte und dramaturgisch stimmige Praxis, die ankommt: Das Haus an der Place Stanislas wird von Neugierigen aller Altersgruppen bevölkert. (Concerti)
Und wer französischen Esprit in deutschsprachigen Gefilden erleben möchte, hat Gelegenheit dank des Orchestre Philharmonique de Radio France Das erzeugt mit Teamgeist „schwebende Harmonik“ (FAZ).
Vorstellungen und Konzerte im Überblick|
18. & 20. April 2024, 20.00 Uhr Opéra national de Lorraine, Nancy (FR)
Kurt Weill: Der Silbersee
Joël Terrin, Severin
Benny Claessens, Olim
James Kryshak, L’agent de la loterie
Ava Dodd, Fennimore
Nicola Beller Carbone, Frau von Luber
Ersan Mondtag, Regie
Orchestre et Chœur de l’Opéra national de Lorraine
Gaetano Lo Coco, Musikalische Leitung
02. Mai 2024, 19.30 Uhr, Musikverein, Wien (AT)
Mikalojus Konstantinas Čiurlionis: Miške
Robert Schumann: Konzert für Violoncello und Orchester a-Moll, op. 129
Robert Schumann: Symphonie Nr. 2 C-Dur, op. 61
Julia Hagen, Violoncello
Orchestre Philharmonique de Radio France
Mirga Gražinytė-Tyla, Musikalische Leitung
23. Juni 2024, 15.00 Uhr, 25., 27. & 29. Juni 2024, 20.00 Uhr, Opéra national de Lorraine Nancy (FR)
Vincenzo Bellini: I Capuleti e i Montecchi
Orchestre et Chœur de l’Opéra national de Lorraine
Ramón Tebar, Musikalische Leitung
Pınar Karabulut, Regie
Co-Produktion mit Opernhaus Magdeburg, Konzert und Theater St. Gallen, Opera Ballet Vlaanderen
06. Oktober 2024, 15.00 Uhr, 08., 10. & 12. Oktober 2024, 20.00 Uhr, Opéra national de Lorraine Nancy (FR)
Héroïne
Paul Hindemith : Sancta Susanna,
Béla Bartók: Le Château de Barbe-Bleue,
Arthur Honegger: La Danse des morts,
Orchestre et Chœur de l’Opéra national de Lorraine
Sora Elisabeth Lee, Dirigentin
Anthony Almeida, Regie
19. Oktober 2024, 20.00 Uhr, Festspielhaus, Baden-Baden (D)
20. Oktober 2024, 20.00 Uhr, Philharmonie, Luxemburg (LUX)
21. Oktober 2024, 20.00 Uhr, Queen Elisabeth Hall, Anvers (BEL)
22. Oktober 2024, 20.00 Uhr, Philharmonie, Berlin (D)
24. Oktober 2024, 20.00 Uhr, Müpa, Budapest (HUN)
Hector Berlioz: Ouvertüre zu Béatrice et Bénédict
Pjotr Iljitsch Tschaikowski: Violinkonzert D-Dur op. 35
César Franck: Sinfonie d-Moll
Hilary Hahn, Geige
Orchestre Philharmonique de Radio France
Mikko Franck, Musikalische Leitung
05. April 2025, Konzerthaus, Dortmund (D)
Richard Strauss:Metamorphosen
Francis Poulenc: La Voix humaine
Clemens Malinkowski, Raum
Orchestre Philharmonique de Radio France
Barbara Hannigan, Sopran & Musikalische Leitung
27. Mai 2025, 19.30 Uhr, Brucknerhaus, Linz (AT)
28. Mai 2025, 19.30 Uhr, Musikverein, Wien (AT)
Lili Boulanger: D´un matin de printemps
Alban Berg: Andenken eines Engels
Joseph Haydn: Symphonie No 07
Richard Strauss: Tod und Verklärung
Patricia Kopatchinskaja, Geige
Orchestre Philharmonique de Radio France
Mirga Gražinytė-Tyla, Musikalische Leitung
29. Mai 2025, 19.30 Uhr, Musikverein, Wien (AT)
Ralph Vaughan Williams: Fantasia on a Theme by Thomas Tallis
Ernest Bloch: Schelomo, rhapsodie pour violoncelle et orchstre
Gabriel Fauré: Requiem
Julia Hagen, Cello
Gareth Brynmor John, Bariton
Wiener Singverein
Orchestre Philharmonique de Radio France
Mirga Gražinytė-Tyla, Musikalische Leitung
/rr
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