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Geschichte Schlacht von Arsuf 1191

Die Panzerreiter richteten unter den Muslimen ein Blutbad an

Während des Dritten Kreuzzuges führte König Richard Löwenherz 1191 sein Heer gegen Jerusalem. Sultan Saladin stellte sich ihm mit einer Übermacht entgegen. Aber gegen die Ritter des Engländers hatte sie keine Chance.
Freier Autor Geschichte
Geschichte der Kreuzzüge

Seit dem Aufruf Papst Urbans II. von 1095 ziehen christliche Ritter ins Heilige Land. Über 200 Jahre hinweg führen ihre Herrschaften im Orient eine prekäre Existenz. Die letzte Festung fällt 1291.

Quelle: N24

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Das einzige, was das Heer der Kreuzfahrer noch zusammenhielt, war das Charisma Richard Löwenherz’. Der englische König schien überall zu sein, bei der Vorhut, bei der Nachhut, beim Tross, im Lager. Er kümmerte sich „sehr umsichtig ... um die Kranken und Kraftlosen“, wie ein Teilnehmer des Zuges dankbar vermerkte, und nutzte all seine Erfahrung, um den überlegenen Gegner in die Irre zu führen. Der war niemand anderes als Sultan Saladin, der 1187 Jerusalem von den Kreuzfahrern zurückgewonnen und ihr Heer bei Hattin vernichtet hatte.

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Zusammen mit Kaiser Friedrich I. Barbarossa und König Philipp II. von Frankreich hatte Richard daraufhin 1188 das Kreuz genommen. Doch dieser Dritte Kreuzzug stand unter keinem guten Stern. Auf dem Anmarsch ertrank Kaiser Friedrich in Kleinasien im Fluss Saleph. Philipp, mit Richard in Feindschaft verbunden, kehrte nach der Eroberung der Hafenfestung Akkon 1191 wieder nach Frankreich zurück. Nur Richard blieb. Bis nach Jerusalem waren es noch 180 Kilometer. Und dazwischen stand Saladin mit seinem Heer.

Löwenherz beschloss, von Akkon zunächst an der Küste nach Süden zu ziehen, um mit Jaffa (heute Tel Aviv) einen Hafen in die Hand zu bekommen, der nah genug bei Jerusalem lag, um als Basis für den Angriff auf die Stadt zu dienen. Der Plan bot zudem den Vorteil, dass die Kreuzfahrer von See aus versorgt werden konnten und Angriffe nur von vorn, von hinten und auf der linken, landeinwärts gerichteten Flanke zu befürchten hatten.

Richard I. Löwenherz, König von England (1157-1199)
Richard I. Löwenherz, König von England (1157-1199)
Quelle: Getty Images

Das aber bedeutete für Richard ein erhebliches taktisches Problem. Denn der König musste seine Soldaten – rund 15.000 Mann, davon 1000 bis 2000 schwer gepanzerte Ritter – so disziplinieren, dass sie jederzeit einer Attacke Saladins aus der Bewegung begegnen konnten. Das bedeutete, dass die Reihen so eng wie möglich geschlossen blieben, um jederzeit eine dichte Formation zu bilden. Die Elitetruppe der Templer bildete die Avantgarde, die der Johanniter die Nachhut, Bretonen, Angevinen, Poitevinen, Normannen und Engländer marschierten im Zentrum, während Richard und Hugo von Burgund eine mobile Reserve führten, die an Brennpunkten eingesetzt werden konnte.

Entscheidend aber blieb, dass sich die Ritter der Disziplin beugten und sich nicht von den berittenen Bogenschützen Saladins provozieren ließen, die in kleinen Gruppen den Zug begleiteten und hin und wieder mit Pfeilen attackierten. Wiederholt war es muslimischen Truppen gelungen, auf diese Weise einen Sturmangriff der Panzerreiter auszulösen, die vom scheinbar fliehenden Feind in eine Falle gelockt wurden, um dann von der Konterattacke niedergemacht zu werden, wie der britische Historiker David Nicolle die Taktik Saladins beschrieben hat.

Dem Sultan lief die Zeit davon. Der beste Schutz Jerusalems war es, Richard an der Einnahme eines Hafens zu hindern. Daher konnte dieser sich ausrechnen, dass mit jedem Tag, den sich sein Heer Jaffa näherte, die Möglichkeit eines feindlichen Angriffs stieg. Am 5. September hatte er seine Leute in den Wald von Arsuf geführt, wo er ihnen einen Tag Ruhe gönnte. Dahinter erstreckte sich eine offene Ebene, auf der sich die zahlenmäßige Überlegenheit der Muslime würde entfalten können.

Wie der englische Chronist Ambroise, der Löwenherz in den Orient begleitet hatte, berichtet, wollte der König hier die Schlacht gegen Saladin schlagen. Um seine wichtigste Waffe, die schwer gepanzerten Ritter, zur rechten Zeit einzusetzen, habe Richard sechs Trompeter an verschiedenen Punkten seiner Armee postiert, um das vereinbarte Signal für den Angriff zu geben.

Dagegen argumentiert der britische Historiker Thomas Asbridge in seinem Buch „Die Kreuzzüge“ mit einem Brief, den Löwenherz wenige Wochen nach der Schlacht an den Abt von Clairvaux sandte. Darin wird die Schlacht nur nebenbei erwähnt, „was darauf schließen lässt, dass Richards Hauptinteresse an diesem Tag darin bestand, in die relative Sicherheit der Außenbezirke von Arsuf zu gelangen“. Saladin aber hatte endlich den Aufmarsch seiner wohl 30.000 Mann abgeschlossen, die wie eine „dichte Hecke“ den Christen den Weg verlegten.

Mit Mühe zwang Richard sein Heer zur strikten Disziplin
Mit Mühe zwang Richard sein Heer zur strikten Disziplin
Quelle: Getty Images

Bereits am Morgen des 7. Septembers gab der Sultan den Befehl zum Angriff. Schnell bildeten Richards Lanzenträger zu Fuß einen Wall, hinter dem die Armbrustschützen Aufstellung nahmen. Dahinter sollten sich die Ritter verschanzen. Ihren Panzern konnten die Geschosse wenig anhaben, aber zahlreiche Pferde wurden getötet. „Die Franken dachten, ihre Reihen würden aufgebrochen, und sie glaubten nicht mehr daran, dass sie auch nur noch eine Stunde weiterleben und das alles überleben würden“, berichtete ein Augenzeuge.

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Doch Richards Fußsoldaten hielten stand. Dagegen wollten die Ritter – wie in zahlreichen Schlachten des Mittelalters – sich nicht mehr mit der Rolle des Zuschauers begnügen. Der Marschall der Johanniter und Balduin von Carew, brachen, „angetrieben von einer Mischung aus Zorn, Demütigung und Blutdurst, aus der Reihe aus, und in vollem Galopp warfen sie sich auf die Türken“, zitiert Asbridge einen Zeitgenossen. Weitere Ritter folgten ihnen, wobei sie – wie so häufig – kaum Rücksicht auf die Leichtbewaffneten nahmen, die sie zuvor geschützt hatten.

Battle of Jaffa', circa 1880. Battle of Jaffa (1192). From British Battles on Land and Sea, Vol. III, by James Grant. [Cassell Petter & Galpin, London, Paris & New York, circa 1880]. Artist Unknown. (Photo by Print Collector/Getty Images) Getty ImagesGetty Images
Notgedrungen gab Richard den Befehl zum allgemeinen Angriff
Quelle: Getty Images

Nun geriet Richard in Zugzwang. Wenn er sein übriges Heer zum Stillhalten zwang, lief er Gefahr, seine wichtigste Truppe, die Panzerreiter, zu verlieren. Also gab er den Befehl zum allgemeinen Angriff. An der Spitze seiner Reserve kam er seinen Rittern zu Hilfe, die mit ihrem Schockangriff inzwischen ein chaotisches Blutbad angerichtet hatten. „Viele waren nur noch kopflose Leichen, die von Freunden wie Feinden achtlos niedergetrampelt wurden“, heißt es in einem christlichen Bericht, viele „starben den Märtyrertod“, notierte ein muslimischer Teilnehmer der Schlacht.

Nach Ambroise metzelte der König „dieses abscheuliche Volk nieder, als würde er mit einer Sichel die Ernte einholen, sodass man im Umkreis von einer halben Meile wegen all der Leichen der Türken, die er getötet hatte, den Boden nicht mehr sehen konnte“, doch dürfte es sich dabei um panegyrische Rhetorik gehandelt haben. Immerhin gelang es Richard, seine Truppen wieder in eine Ordnung zu bringen, sodass sie die verzweifelten Gegenangriffe zurückschlagen konnten, mit denen Saladin doch noch zum Erfolg kommen wollte. Am Ende erlitt er eine schwere Niederlage.

"Als würde er mit einer Sichel die Ernte einholen": Richard Löwenherz in der Schlacht
"Als würde er mit einer Sichel die Ernte einholen": Richard Löwenherz in der Schlacht, wie Ambroise es darstellte
Quelle: picture alliance / Bianchetti/Le

Während die Kreuzfahrer ihren Marsch anschließend fortsetzten und Jaffa in die Hand bekamen, musste sich Saladin ins Hinterland zurückziehen. Doch er war nicht entscheidend geschlagen und zog umgehend Verstärkungen heran. Damit war er stark genug, den Nachschub nachhaltig zu stören, auf den Richard für einen Angriff auf das schwer befestigte Jerusalem angewiesen gewesen wäre, hätte er ihn denn unternommen.

So aber siegte die Ratio des Feldherrn über die Leidenschaft des Kreuzfahrers: Richard beließ es bei vereinzelten Vorstößen auf die heilige Stadt und verlegte sich stattdessen auf Verhandlungen, in denen Saladin dem Engländer seine Eroberung an der Küste zugestand, Jerusalem aber behielt.

Das Ziel des Dritten Kreuzzuges war also nicht erreicht worden, als Richard Löwenherz, geschwächt von Krankheit, im Oktober 1192 schließlich Palästina verließ. Immerhin hinterließ er den Zurückbleibenden die Erkenntnis, dass Saladin keineswegs unbesiegbar war, sondern mit Übersicht und Disziplin durchaus geschlagen werden konnte. Zur Probe aufs Exempel kam es nicht. Im März 1193 starb der Sultan in Damaskus.

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Dieser Artikel wurde erstmals im September 2019 veröffentlicht.

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