DDR-Promi-Friseur Ralf Bohmgarn: Der Schere treu seit 30 Jahren VG Wort
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DDR-Promi-Friseur Ralf Bohmgarn: Der Schere treu seit 30 Jahren

Ralf und sein Team: Lehrling Ahmed (16, links) und Meisterschüler Mejed Akadre (24), der als Flüchtling aus Syrien kam
Ralf und sein Team: Lehrling Ahmed (16, links) und Meisterschüler Mejed Akadre (24), der als Flüchtling aus Syrien kam Foto: Ralf Günther

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Softy, Crazy oder Marleen: Zu DDR-Zeiten bestimmte Friseur Ralf Bohmgarn (59) die angesagten Frisuren-Looks. Nach der Wende eröffnete er seinen Salon in Prenzlauer Berg. Seine Kunden halten ihm bis heute die Treue – und er seiner Schere.

„Ich schneide seit 30 Jahren immer mit dieser einen Schere“, sagt Bohmgarn und lacht. Der gebürtige Rostocker träumte schon als Teenager von einer Karriere als Friseur, schnitt als 15-Jähriger vor der Schule seinen Freunden die Haare. „Doch in den 70ern hatte ich in der DDR nur die Möglichkeit, auf den Bau nach Marzahn zu gehen oder in die Werft“, sagt er.

Nur drei Monate hielt er es in der Neptun Werft in Rostock aus, um Schiffbau-Schlosser zu werden. Eine Bekannte seiner Mutter hatte Mitleid, schrieb ihn berufsunfähig. Zwei Jahre lernte er in einem Friseur-Salon: „Und dann nahm ich an Wettbewerben teil, Kreis- und Bezirksmeisterschaften, frisierte Cocktail- und Abend-Frisuren.“

Ralf Bohmgarn (59) schneidet Stammkundin Heike Standfuß (56) seit 20 Jahren die Haare
Ralf Bohmgarn (59) schneidet Stammkundin Heike Standfuß (56) seit 20 Jahren die Haare Foto: Ralf Günther

1979 wagte er den Sprung nach Berlin. Wurde Mitglied der Nationalmannschaft, 1983 Berliner Meister, zwei Jahre später DDR-Meister. Die Pokale und Urkunden dekorieren heute sein kleines Friseurgeschäft an der Wichertstr. 33. Im Hintergrund läuft Klassikradio.

Auch der ehemalige Bürgermeister Klaus Wowereit lässt sich von Ralf die Haare schneiden
Auch der ehemalige Bürgermeister Klaus Wowereit lässt sich von Ralf die Haare schneiden Foto: Ralf Günther

Immer angepackt, immer produktiv, immer kreativ: Bohmgarn ist stolz auf das, was er erreicht hat – und auf seinen Kultstatus als DDR-Promi-Friseur. „Ich war Mitglied der Mode-Kommission“, sagt er, wir bestimmten, was angesagt ist.“ Ob die Löwenmähne Softy, die auftoupierte Crazy oder die asymmetrische Marleen. Mit seinen Trends war er auch regelmäßig Gast in der DDR-Sendung „Modekiste“. Dann kam die Wende.

1986 trat Bohmgarn in der DDR-Sendung "Modekiste" auf, präsentierte die neuen Frisuren-Trends
1986 trat Bohmgarn in der DDR-Sendung „Modekiste“ auf, präsentierte die neuen Frisuren-Trends Foto: Ralf Günther

Bohmgarn: „Ich eröffnete einen Salon in der Prenzlauer Allee, wurde Maskenbildner bei ‘Wetten, dass …‘, erst mit Lippert, dann mit Gottschalk.“ Zeitweilig führte er drei Geschäfte. Drei Jahre später zog er mit seinem Salon um in das Haus an der Wichertstraße, wo er auch eine Wohnung fand: „Damals gab es in dieser Straße noch 19 Friseurgeschäfte. Inzwischen sind die alle verschwunden.“

Seit 30 Jahren gibt es den Salon "Ralf Bohmgarn Friseur" in der Wichertstraße 33
Seit 30 Jahren gibt es den Salon „Ralf Bohmgarn Friseur“ in der Wichertstraße 33 Foto: Ralf Günther

Haare-Schneiden ist seine Passion: „Ich weiß genau, welche Frisur zu einer Person passt, wenn sie meinen Laden betritt“, sagt er. Das schätzen seine Stammkunden. Monika (65): „Seit 45 Jahren lasse ich nur ihn an meine Haare. Zu ihm pflege ich eine intensivere Beziehung als zu meinem Mann.“ Alle sechs Wochen sitzt sie bei ihm auf dem Stuhl zum Nachschneiden. Inzwischen kommen auch die Kinder seiner Kunden zu ihm.

Ralf Bohmgarn ist Mitglied in der Handwerkskammer und der Innung. Unterstützt wird er von dem Meisterschüler Mejed Akadre (24), der als Flüchtling aus Syrien nach Berlin kam, und dem Lehrling Ahmed (16). Bohmgarn sagt: „Es geht darum, Menschen glücklich zu machen. Haare schneiden verbindet Kunst mit Leidenschaft. Meine Kunden sagen nicht, sie gehen zum Friseur. Sie sagen, sie gehen zu Ralf.“

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