1 Einführung

Der Rücktritt einer prominenten Amtsperson ist stets ein besonderes Ereignis in der politischen Landschaft der Bundesrepublik, was man allein schon daran erkennen kann, dass dergleichen Begebenheiten in der Regel einen exorbitant hohen Nachrichtenwert haben. Auch Menschen, die sich sonst vergleichsweise wenig für Politik interessieren, nehmen von Rücktrittsmeldungen von Spitzenpolitikerinnen und Spitzenpolitikern zumeist aufmerksam Notiz. Ein Grund hierfür könnte sein, dass bei Rücktritten der personelle Faktor im Politischen eine besondere Rolle spielt und damit für viele Interessierte ein solches Thema anschlussfähiger ist als die vergleichsweise komplexe Beschreibung politikinhaltlicher Sachverhalte. Nichtsdestoweniger sind bei Rücktritten zumeist persönliche mit sachpolitischen Aspekten verknüpft. Um diese Verbindungen inhaltlich aufzuschließen, lautet eine der spannendsten Fragen der Rücktrittsforschung: Aus welchen Gründen treten Politikerinnen und Politiker vom Amt zurück? Hierzu wurden in der Forschung bislang vergleichsweise wenige Vorschläge für eine Typologisierung entwickelt, die im Folgenden noch genauer vorgestellt werden. Auf deren Grundlage soll eine eigene Typologie der Rücktrittsgründe entwickelt werden. Bei der Beschäftigung mit Rücktrittsgründen drängt sich noch eine weitere, vielleicht auf den ersten Blick kontraintuitive Fragestellung auf: Da Rücktritte landläufig – zumindest in der unmittelbar auf den Rücktritt folgenden medialen Berichterstattung – als Scheitern gelten, soll überlegt werden, ob es auch „erfolgreiche“, nicht unter die Rubrik des Scheiterns fallende Rücktritte geben kann. Bevor diese beiden Leitfragen adressiert werden, muss aber in einem ersten gedanklichen Schritt der Begriff des Rücktritts definitorisch geklärt werden. Denn was ein Rücktritt genau ist, ist keinesfalls so klar, wie man auf den ersten Blick meinen könnte.

2 Definition des Rücktrittsbegriffs

Umgangssprachlich wird oft schon die bloße Ankündigung, nicht wieder für ein Amt zu kandidieren, als Rücktritt bezeichnet. Die Verfassungsordnung des Grundgesetzes sieht den Rücktritt eines Ministers oder einer Ministerin streng genommen gar nicht vor. Rücktritte haben sich erst gewohnheitsrechtlich in der politischen Praxis durchgesetzt. Ministerinnen und Minister können gar nicht zurücktreten, ihr Amtsverhältnis kann nur mit der Entlassung enden. Sie können ihre Entlassung jederzeit verlangen, die dann allerdings vom Bundespräsidenten auf Vorschlag des Bundeskanzlers vollzogen werden muss. Rücktritte vom Amt des Bundespräsidenten werden mit der diesbezüglichen Erklärung wirksam, wohingegen Rücktritte von anderen Regierungsämtern wie Kanzler/-in oder Minister/-in erst mit der Entlassungsurkunde formal wirksam werden (vgl. hierzu die Beiträge von Klaus Ferdinand Gärditz und Alexander Thiele in diesem Band). Juristisch betrachtet sind Entlassung und Rücktritt demnach im Grunde identisch. Für die politikwissenschaftliche Analyse empfiehlt es sich allerdings, beides voneinander zu trennen.

In den einschlägigen politikwissenschaftlichen Lexika findet sich zum Stichwort „Rücktritt“ zumeist kein Eintrag. Michael Philipp (2007, S. 21) versteht unter Rücktritt „die Niederlegung des Amtes vor Ablauf der Frist […] aus eigenem Entschluss“. Jörn Fischer und André Kaiser (2014, S. 422) bezeichnen Rücktritte als „außerplanmäßiges und vorzeitiges Ausscheiden aus dem Kabinett“. Ähnlich definiert Reinhart Beck (1977, S. 748) in einem bereits etwas älteren Lexikon den Rücktritt als „vorzeitigen und freiwilligen Amtsverzicht“. Dabei ist der Aspekt der Freiwilligkeit, den sowohl Philipp als auch Beck hervorheben, im Zusammenhang mit dem Rücktritt durchaus heikel. Denn wirklich freiwillig im Sinne von eigenständig und souverän erfolgen viele Rücktritte nicht. Aus diesem Grund unterscheidet Manfred G. Schmidt (2010, S. 701) zwischen einem Rücktritt in einem engeren Sinne als „vor Ablauf der Amtsperiode durch einseitige Willenserklärung des Amtsinhabers erfolgende Lossagung vom Amt“ und einem Rücktritt im weiteren Sinne als „gegen den Willen des Amtsinhabers erzwungene Amtsbeendigung“ (ebd.). Der dieser Differenzierung zu Grunde liegende Gedanke ist für die folgenden Überlegungen zentral. Der hier noch zu erarbeitenden Typologie liegt diese Rücktrittsdefinition zu Grunde: Wenn eine Person aus einem (partei-)politischen Amt vor Ende der Amtszeit dieses Amt aktiv niederlegt oder infolge einer erbetenen Entlassung abgibt, gleich aus welchen Gründen, so handelt es sich um einen Rücktritt.

Der hier vertretene Rücktrittsbegriff muss noch in einer anderen Hinsicht eingegrenzt werden: Es kommt im politischen Alltag häufig vor, dass Amtsträgerinnen und Amtsträger ankündigen, sich nicht zu einer Wiederwahl zur Verfügung zu stellen. Dies wird medial gelegentlich als „Rücktritt“ bezeichnet, ist aber kein Rücktritt im eigentlichen Sinne. Diese Fälle wurden daher in der vorliegenden Untersuchung nicht berücksichtigt. Ein Beispiel ist der Rückzug Wolfgang Schäubles im Jahr 2000 vom Vorsitz der CDU. Dieser steht zwar mit der „CDU-Spendenaffäre“ im Zusammenhang und wurde in den Medien als Rücktritt bezeichnet, aber Schäuble blieb bis zum Ende der Amtszeit, für die er gewählt war, Parteivorsitzender und trat zur turnusgemäß anstehenden Neuwahl auf dem CDU-Parteitag im Mai 2000 nicht wieder an (vgl. Görtemaker 2009, S. 127; Hennecke 2003, S. 169 f.). Damit erfüllt er die hier veranschlagten Kriterien für einen Rücktritt ebenso wenig wie Franz Müntefering, der 2004 aufgrund parteiinterner Streitigkeiten – sein Vertrauter Kajo Wasserhövel war bei der Nominierung für die Wahl zum Generalsekretär Andrea Nahles unterlegen (vgl. Raschke 2010, S. 73 f.) – ebenfalls nicht erneut für den Parteivorsitz kandidierte, seine Amtsperiode aber regulär beendete. Ebenfalls in die folgende Auswertung nicht mit einbezogen wurden zwei Fälle einer Ministerentlassung: SPD-Verteidigungsminister Rudolf Scharping und CDU-Umweltminister Norbert Röttgen traten beide nicht eigeninitiativ zurück, sondern wurden auf den jeweiligen Vorschlag von Gerhard Schröder und Angela Merkel hin aktiv durch den Bundespräsidenten entlassen (vgl. hierzu den Beitrag von Ulrich Schlie in diesem Band).

Eine besondere Beachtung hingegen verdienen die zumeist weniger spektakulären Fälle, in denen eine Person zwar vor Ablauf der gewählten Amtsperiode aus dem Amt ausschied, dies allerdings aus Gründen des Wechsels in ein anderes, zumeist sogar höher gestelltes Amt oder Mandat tat. Beispiele sind die beiden Ministerpräsidenten Johannes Rau (SPD) aus Nordrhein-Westfalen und Christian Wulff (CDU) aus Niedersachsen, die beide ihre Ämter in den Bundesländern niederlegten, um das höchste Amt im Staate zu übernehmen. Solche Rücktritte erfüllen die Kriterien der o. g. Definition und wurden daher ebenso mit einbezogen wie Rücktritte im Zusammenhang mit Kabinettsumbildungen. Fischer und Kaiser (vgl. 2014, S. 422) betrachten solche „reshuffles“ nicht als Rücktritte und klammern sie daher aus ihren Untersuchungen aus. Hier werden diese jedoch mit einbezogen, da sie zum Teil auch gegen den Willen der Zurückgetretenen geschehen und Ergebnis von politischen und persönlichen Konflikten sein können. Dies gilt auch für Fälle des so genannten „Weglobens“, bei denen eine Amtsperson einen formal lukrativeren Posten annimmt, dem Amtswechsel allerdings Konflikte oder Skandale zu Grunde liegen können.

3 Forschungsstand zu Rücktrittsgründen

Der überwiegende Teil der einschlägigen Literatur zu Rücktritten beschäftigt sich zwar ausführlich mit den jeweiligen Rücktrittsgründen, bleibt dabei aber zumeist am Einzelfall orientiert und weicht der Frage einer übergreifenden und systematischen Typologie aus. So unterscheidet beispielsweise Michael Philipp (vgl. 2007) zwar acht verschiedene Rücktrittsgründe, entlang derer er die Kapitel seiner Monografie über Rücktritte strukturiert: (1) biografische Entwicklung, (2) politische Entwicklung, (3) Protest, (4) Verantwortung, (5) politisches Vorleben, (6) persönliche Verfehlung, (7) politische Verfehlung und (8) Geldgeschichten. Man merkt allerdings bereits den Formulierungen dieser acht Rücktrittsgründe an, dass nicht der Anspruch erhoben wird, eine wissenschaftlich gehaltvolle Typologie zu entwickeln. Es handelt sich durchaus um eine nachvollziehbare Sortierung, die eine inhaltlich überzeugende, aber letzten Endes anekdotische Schilderung diverser Rücktritte strukturieren soll. Besser operationalisierbar ist die Typologie von Jörn Fischer und André Kaiser (vgl. Fischer et al. 2006), die in Anlehnung an Terminologien aus der Migrationsforschung zwischen Push- und Pull-Rücktritten differenzieren. Push-Rücktritte würden durch Pannen oder Skandale ausgelöst, unter Pull-Rücktritten verstehen sie die Übernahme eines anderen politischen Mandats. Neben diesen beiden Varianten ergänzen sie noch den Protest-Rücktritt und den neutralen Rücktritt, wozu sie alters- und gesundheitsbedingte Rücktritte zählen (vgl. Fischer und Kaiser 2011, S. 204). Allerdings weisen sie darauf hin, dass die Zuordnung nicht immer eindeutig sei und dass es für manche Rücktritte verschiedene Gründe und daher auch Mischformen der o. g. vier Typen gebe (vgl. ebd., S. 423).

Eine ideengeschichtliche Grundsatzreflexion zu politischer Verantwortung im westlichen Verfassungsdenken, die sich auch auf das Thema Rücktritte bezieht, hat Jürgen Plöhn (vgl. 2013/2015; ders. 2017; vgl. auch den Beitrag dess. in diesem Band) vorgelegt. Plöhn unterscheidet mit Blick auf die ministerielle Verantwortung auf einer Ebene zwischen Vorgängen, bei denen die Amtsperson aktiv einen politischen Vorgang anstößt oder sich reaktiv zu einem politischen Geschehen verhält. Auf einer weiteren Ebene differenziert er zwischen Prozessen, bei denen sich die Amtsperson eine politische Problematik selbst zurechnen lassen muss oder selbst ein politisches Ziel verfolgt. Daraus entwickelt er folgende kombinatorische Matrix (Tab. 1).

Tab. 1 Kategorien für das Ausscheiden von Regierungsmitgliedern. (Nach Plöhn 2017, S. 158)

Die „Anlastung“ eines Geschehens erfasse „Vorwürfe gegen einen Amtsträger, dessen Amtsführung von einer Instanz nicht gebilligt wird.“ (Plöhn 2017, S. 158) Eine „Übernahme“ der Verantwortung liege demgegenüber vor, „wenn ein Amtsträger Einsicht in die Vorwerfbarkeit eines Geschehens zeigt und daraufhin von sich aus sein Amt niederlegt.“ (Ebd.) In diese zweite Spalte fallen vor allem aus Skandalen oder Kontroversen resultierende Rücktritte. Blickt man auf die erste Spalte, so fasst Plöhn unter „Ablehnung“ solche Fälle, bei denen die Person nicht bereit ist, einen politischen Prozess zu akzeptieren und zur „Aufrechterhaltung ihrer persönlichen Integrität“ (ebd.) das Amt abgibt. Mit „Appell“ bezeichnet er einen Rücktritt, der „dazu genutzt wird, unter Einsatz der eigenen politischen Existenz ein demonstratives Zeichen zu setzen“ (ebd.). Plöhns Modell wurde primär zur Frage nach Verantwortung in der Politik entwickelt und nicht in erster Linie mit Blick auf das Thema Rücktritte. Daher konzediert er auch, dass die erste Spalte zumeist den Antritt eines Amtes und wesentlich seltener dessen Niederlegung betrifft.

4 Rücktritte seit der Wiedervereinigung

Die hier angestrebte Typologie speist sich aus der Untersuchung von insgesamt 97 Rücktritten, die die o. g. Definitionskriterien erfüllen, seit der Wiedervereinigung bis zum Stichtag 29. Februar 2024. In diesem Zeitraum gab es keinen Rücktritt eines Bundeskanzlers oder einer Bundeskanzlerin. Die beiden Rücktritte von Horst Köhler (CDU) 2010 und Christian Wulff (CDU) 2012 aus dem Amt des Bundespräsidenten wurden wegen der zu kleinen Fallzahl ausgeklammert. Betrachtet wurden folgende Ämter: Kabinettsmitglieder auf Bundesebene, Ministerpräsidentinnen und -präsidenten auf Landesebene sowie der Parteivorsitzende. Letzten Endes ist jeder dieser Rücktritte als Einzelfall zu betrachten, dennoch lässt sich in jedem Fall ein Rücktrittsgrund angeben. Im Anhang des Beitrags finden sich sowohl eine Übersicht über die Ministerinnen- und Ministerrücktritte seit der Wiedervereinigung als auch eine Zuordnung zu verschiedenen Rücktrittsgründen. Da es in manchen Fällen mehrere Rücktrittsgründe gab, wurde versucht, jeweils einen primären Rücktrittsgrund zu identifizieren. Die hier getroffenen Entscheidungen mögen im Einzelfall diskutabel sein. Da Forschung bekanntlich vom Austausch und der Diskussion lebt, würde der Autor sich freuen, von der geneigten Leserschaft dieses Beitrags Feedback und gerne auch Widerspruch zu diesen Zuordnungen und den darauf basierenden Forschungsergebnissen per Mail zu erhalten.

4.1 Überblick

  1. (a)

    Ministerinnen/Minister: Im Untersuchungszeitraum gaben 43 Personen ihren Platz am Kabinettstisch vorzeitig auf. Demnach tritt in Deutschland durchschnittlich etwa alle neun Monate eine Ministerin oder ein Minister zurück. 13 Personen waren Parteiangehörige der CDU, sieben gehörten der CSU an – in jeweils 24 Jahren, in denen die beiden Unionsparteien Regierungsverantwortung im Bund getragen haben. In 21 Regierungsjahren traten 13 Kabinettsmitglieder der SPD zurück. Die FDP brachte es in 14 Regierungsjahren auf sieben Demissionen und bei Bündnis 90/Die Grünen waren es drei Ministerinnen, die in neun Regierungsjahren zurücktraten. Die häufigsten Amtsverzichte gab es nicht in dem in Berliner Kreisen als „Schleudersitz“ berüchtigten Spitzenamt des Bundesverteidigungsministeriums. Mit sechs Rücktritten liegt das Landwirtschaftsministerium in unterschiedlichen Ressortzuschnitten an der Spitze. Erst auf dem zweiten Platz findet sich das Verteidigungsministerium gemeinsam mit den Ressorts für Inneres und Verkehr mit jeweils vier Rücktritten.

  2. (b)

    Ministerpräsidentinnen/Ministerpräsidenten: In den Bundesländern sind seit der Wiedervereinigung 39 Personen vom Amt des Ministerpräsidenten zurückgetreten, von denen 37 männlich waren. Durchschnittlich tritt demnach in der Bundesrepublik seit 1990 ungefähr alle zehn Monate ein Landesvater bzw. eine Landesmutter zurück. Sortiert man diese Rücktritte nach der Parteizugehörigkeit, so ergibt sich ein beachtlich einheitlich aufgeteiltes Bild: Es waren 19 Personen der Union, 19 der Sozialdemokratie und einer der FDP, die vorzeitig ihr Amt abgaben. Die FDP besetzte dieses Amt auch nur einmal. Bei diesem Fall handelt es sich um die unrühmliche Episode des Kurzzeitministerpräsidenten Thomas Kemmerich in Thüringen, der aufgrund von Kontroversen um die Umstände seiner Wahl mit den Stimmen der AfD zurücktrat (vgl. Debes 2021). Ebenso gleichmäßig wie die Verteilung bei den Parteien sieht es bei der Verteilung auf die 16 Bundesländer aus: An der Spitze liegt Thüringen, in dem als einzigem Bundesland vier Rücktritte zu verzeichnen sind, allerdings dicht gefolgt von Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, dem Saarland und Sachsen mit je drei MP-Rücktritten. In Berlin, Brandenburg, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt traten jeweils zwei Ministerpräsidenten zurück. Schleswig-Holstein verzeichnet einen Rücktritt. Das Ergebnis dieses Ländervergleichs ist allerdings mit Vorsicht zu genießen, da die neuen Bundesländer wesentlich jünger sind als die alten Bundesländer und sich die politischen Eliten gerade in den hier mit erfassten 1990er-Jahren erst einmal sortieren mussten.

  3. (c)

    Parteivorsitzende: Für die vorliegende Auswertung wurden alle im Deutschen Bundestag im Zeitraum seit 1990 vertretenen Parteien analysiert, wobei zu beachten ist, dass die AfD dem Parlament erst seit 2013 angehört und dass für die Parteigeschichte der Linkspartei auch die PDS und die WASG mit einbezogen wurden. Seit der Deutschen Einheit sind 15 Parteivorsitzende zurückgetreten. Durchschnittlich tritt alle zwei Jahre und vier Monate ein Parteivorsitzender zurück, was verglichen mit den bereits untersuchten Exekutivämtern insofern deutlich seltener vorkommt. Der Blick auf die Parteizugehörigkeit ergibt folgendes Bild: Vom Amt des SPD-Vorsitzes traten insbesondere in den vergangenen beiden Dekaden sehr viele Personen zurück: Insgesamt bringt es die Sozialdemokratie mit Björn Engholm 1992, Oskar Lafontaine 1999, Gerhard Schröder 2004, Matthias Platzeck 2006, Kurt Beck 2008, Martin Schulz 2017 und Andrea Nahles 2019 auf die stattliche Anzahl von sieben Rücktritten. Damit sind die Genossen für knapp die Hälfte aller Rücktritte verantwortlich. In den anderen Parteien kam es deutlich seltener zu Rücktritten vom höchsten Parteiamt: In der CDU trat in den vergangenen drei Jahrzehnten keine Person vom Vorsitz zurück. In der bayerischen Schwesterpartei waren es mit Erwin Huber 2008 und Horst Seehofer 2019 zwei Vorsitzende, die vorzeitig das Handtuch warfen. Die FDP verzeichnet mit Philipp Rösler 2013 einen zurückgetretenen Parteivorsitzenden. Bei der Linkspartei waren es Gesine Lötzsch 2012 und zuletzt Susanne Hennig-Wellsow 2022. In der noch jungen Parteigeschichte der AfD gibt es immerhin bereits drei aus hochkontroversen, zum Teil parteispaltenden Konflikten resultierende Rücktritte, nämlich Bernd Lucke 2015, Frauke Petry 2017 und Jörg Meuthen 2021. Es ist im Übrigen ein interessantes Spezifikum der AfD, dass alle diese drei zurückgetretenen Parteivorsitzenden im Anschluss aus der Partei austraten. Bei Bündnis 90/Die Grünen ist ebenso wie in der CDU im betrachteten Zeitraum keine Person vom Vorsitz zurückgetreten. Dies ist auch deswegen bemerkenswert, weil die Grünen traditionell über eine Doppelspitze verfügen und lange Zeit nicht gerade für parteiinterne Harmonie bekannt waren. Ein Grund könnte darin liegen, dass bei Bündnis 90/Die Grünen der Parteivorsitz im Vergleich zu den anderen Parteien grundsätzlich häufiger wechselt. Ein interessanter Befund ist zudem, dass Rücktritte vom Parteivorsitz nicht unbedingt vermehrt in Oppositionszeiten auftreten, wie man möglicherweise vermuten könnte. In elf von 15 Fällen erfolgte der Rücktritt zu einer Zeit, in der die jeweilige Partei im Bund regierte, vier Parteivorsitzende traten in Oppositionszeiten zurück.

4.2 Rücktrittsgründe

In der Betrachtung dieser 97 Rücktritte lassen sich mit ganz wenigen Ausnahmen, auf die noch gesondert zurückzukommen sein wird, im Grunde vier in verschiedenen Konstellationen immer wieder auftretende Rücktrittsgründe herausdestillieren. Auf einer grundsätzlichen Ebene kann man zwischen konsensualen und konfliktuösen Rücktritten unterscheiden. Konsensuale Rücktritte liegen vor, wenn sie im Einvernehmen mit der Partei und/oder Regierung geschehen und man erkennt sie darüber hinaus auch daran, dass sie die weitere politische Karriere oder die Laufbahn als Privatier der Zurückgetretenen nicht weiter belasten. Als konfliktuöse Rücktritte sind solche Demissionen zu bezeichnen, denen Konflikte und Skandale zu Grunde liegen. Ihr Erkennungsmerkmal besteht darin, dass die weitere politische Laufbahn bzw. der Nachruhm zumindest potenziell belastet wird und dass die zurückgetretene Person Karrierenachteile in Kauf nehmen musste. Zu beiden Typen lassen sich jeweils zwei Unterkategorien ausdifferenzieren: Unter die Kategorie konsensuale Rücktritte fällt erstens der Subtyp Amtswechsel und zweitens der Subtyp Rücktritt aus persönlichen oder gesundheitlichen Gründen. Zu den konfliktuösen Rücktritten zählen der Subtyp der skandal- oder affärenbedingten Demission, der von einem weiteren Subtyp abzugrenzen ist, den man als kontroverseninduzierten Rücktritt bezeichnen kann. Mit diesen vier Subtypen lassen sich nahezu alle 97 Rücktritte erfassen. Es gibt im Grunde nur zwei Ausnahmen, auf die noch einmal gesondert eingegangen wird. Hier sollen zunächst die vier klassischen Typen anhand von konkreten Fallbeispielen genauer erläutert und eingeordnet werden:

(Ia) Konsensuale Rücktritte – Subtypus Amtswechsel: Mit 32 von 97 Fällen sind die Amtswechsel unter allen vier betrachteten Typen der häufigste Grund für einen Rücktritt, wobei hier vor allem die Ministerinnen- und Ministerrücktritte zu Buche schlagen. Bei den zurückgetretenen Parteivorsitzenden ist niemand wegen eines Amtswechsels zurückgetreten, bei den Ministerpräsidentinnen und -präsidenten kam dies zwölf Mal vor. Alle diese Amtswechsel erfolgten in ein entweder gleich- oder höherwertiges Amt. In fünf Fällen war es der Wechsel vom Ministerpräsidentenamt in das Bundeskabinett (Gerhard Schröder und Oskar Lafontaine 1998, Wolfgang Clement 2002, Horst Seehofer und Olaf Scholz 2018). Es ist in der Geschichte der Bundesrepublik gängige Praxis, sich in der Exekutive auf Länderebene zu profilieren, um sich für höhere bundespolitische Weihen zu empfehlen. Dies gilt auch für weitere fünf Fälle, in denen Ministerpräsidenten in hohe (partei-)politische Ämter wechselten: Rudolf Scharping kehrte 1994 Rheinland-Pfalz den Rücken, um SPD-Fraktionsvorsitzender im Deutschen Bundestag zu werden, Johannes Rau (SPD) und Christian Wulff (CDU) wechselten 1999 aus Düsseldorf bzw. 2010 aus Hannover ins Schloss Bellevue, Peter Müller (CDU) verließ 2011 das Saarland, um Bundesverfassungsrichter zu werden, seine Nachfolgerin Annegret Kramp-Karrenbauer tat es ihm 2018 gleich, um CDU-Generalsekretärin zu werden. Günther Oettinger (CDU) gelang 2010 aus Baden-Württemberg der Karrieresprung zum EU-Kommissar und sein Parteikollege Roland Koch kehrte der Politik gänzlich den Rücken und heuerte nach verlorener Wahl und längerer Zeit als geschäftsführender Ministerpräsident bei dem Wirtschaftsunternehmen Bilfinger Berger an. Schaut man auf die Bundeskabinette seit der Wiedervereinigung, so geht mit 20 von 43 Fällen hier knapp die Hälfte aller Rücktritte auf das Konto von Amtswechseln. Auch hier zeigt sich ähnlich wie schon bei den Landesvätern und -müttern, dass es sich in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle um eine mindestens gleichwertige, wenn nicht gar bessere Position handelte. In sechs Fällen wurde ein anderes Ressort im gleichen Kabinett übernommen (Seiters 1991, Kinkel 1992, Wissmann 1993, de Maizière 2011, Rösler 2011, Gabriel 2017). Vier Personen wechselten aus einem Ministerium in das Amt von Fraktionsvorsitzenden (Schäuble 1992, Künast 2005, Brüderle 2011 und Nahles 2017). Vier Mal wechselten die Personen in Ämter auf der europäischen oder internationalen Bühne (Töpfer 1998 UNEP, Hombach 1999 EU-Sonderkoordinator, Barley 2019 Europaabgeordnete und Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments, von der Leyen 2019 EU-Kommissionspräsidentin). Drei Mal wechselte ein Kabinettsmitglied auf die Landesebene (Seehofer 2008 nach Bayern, Aigner 2013 nach Bayern, Schwesig 2017 nach Mecklenburg-Vorpommern). Mit Franz Müntefering (SPD) wechselte 1999 lediglich einmal ein Minister in ein Parteiamt, nämlich in das des SPD-Generalsekretärs. Ein weiterer Einzelfall ist der Rücktritt von Außenminister Frank-Walter Steinmeier 2017, der das Auswärtige Amt verließ, um Bundespräsident zu werden. Nur in einem von 20 Fällen kam es zu einer karrieretechnischen Verschlechterung, nämlich Wissenschaftsminister Heinz Riesenhuber (CDU), der 1993 aus dem Ministeramt gedrängt und zum einfachen Abgeordneten degradiert wurde. Es ist ein interessanter Befund, dass dieser Rücktrittsgrund bei den Parteivorsitzenden nicht einmal auftaucht. Niemand ist vom Parteivorsitz zurückgetreten, um in ein anderes Amt zu wechseln. Dies mag vermutlich darin begründet sein, dass die meisten relevanten Ämter sich nicht mit dem Parteivorsitz ausschließen. Man kann ja auch Parteivorsitzende und Kanzlerin/Ministerin/Fraktionsvorsitzende etc. sein… (Außer bei den Grünen und selbst die haben ja für Habeck (auf Landesebene) eine Ausnahme gemacht und das doppelte Amt übergangsweise akzeptiert.)

(Ib) Konsensuale Rücktritte – Subtypus persönliche/gesundheitliche Gründe: Diesen Gründen waren 15 Rücktritte geschuldet. Vier davon waren Bundesminister: Eigene gesundheitliche Probleme gaben CSU-Landwirtschaftsminister Ignaz Kiechle 1993 und FDP-Wissenschaftsminister Rainer Ortleb 1994 als Rücktrittsgründe an. Im erstgenannten Fall traten das Alter des Ministers und Kabinettsumbildungswünsche von Kohl hinzu, im zweiten Fall waren es offenkundig Alkoholprobleme einer sensiblen Natur, die den Rücktritt unausweichlich machten. Im Fall von Arbeitsminister Franz Müntefering (SPD) 2007 war es der Wunsch, seine krebskranke Frau auf der letzten Etappe ihres Lebenswegs zu begleiten. Der CSU-Politiker Michael Glos zog sich aus persönlichen Gründen neun Monate vor der Bundestagswahl von seinem Amt als Bundeswirtschaftsminister zurück – ein Fall, der in der Öffentlichkeit vielfach zunächst als Rücktritt aus Amtsmüdigkeit eingestuft wurde (vgl. Fischer und Kaiser 2014, S. 425 f.), bei dem aber vor allem das angespannte persönliche Verhältnis zu Horst Seehofer (CSU) die entscheidende Rolle gespielt haben dürfte (vgl. Glaab 2010, S. 135; Weigel 2015, S. 95). Aus dem Kreise der Ministerpräsidenten sind neun Rücktritte diesem Subtyp zuzuordnen. Dabei schieden fünf Ministerpräsidenten aus Altersgründen vorzeitig aus: Dies waren Bernhard Vogel (CDU) 2003 in Thüringen, Erwin Teufel (CDU) 2005 in Baden-Württemberg, Henning Scherf (SPD) 2005 in Bremen, Harald Ringstorff (SPD) 2008 in Mecklenburg-Vorpommern sowie Volker Bouffier (CDU) in Hessen 2021. Vier weitere Politiker gaben nicht das Alter, sondern die Gesundheit als Rücktrittsgrund an: Die SPD-Ministerpräsidenten Kurt Beck in Rheinland-Pfalz (2013), Matthias Platzeck in Brandenburg (2013) und Erwin Sellering in Mecklenburg-Vorpommern (2017) verwiesen auf ihre Überlastung im politischen Geschäft, wobei im Falle Sellerings eine Krebserkrankung ausschlaggebend war. Ähnlich verhält es sich mit Hamburgs Erstem Bürgermeister Ole von Beust (CDU), der 2010 sehr offen zugab, dass er zermürbt durch das politische Geschäft eine neue Dünnhäutigkeit bei sich festgestellt habe, die ihm die Weiterführung des Amtes unmöglich mache (vgl. von Beust 2013, S. 40 f.; Beucker und Überall 2016, S. 25 f.). Unter den Parteivorsitzenden kommen vorzeitige Amtsverzichte aus persönlichen oder gesundheitlichen Gründen offenkundig sehr selten vor. Hier sind lediglich zwei Fälle zu nennen: die bereits erwähnte Gesine Lötzsch (Die Linke), die sich 2012 zurückzog, um sich um einen kranken Angehörigen zu kümmern sowie Matthias Platzeck (SPD), der sich 2006 wegen eigener gesundheitlicher Probleme zum Rücktritt gezwungen sah.

(IIa) Konfliktuöse Rücktritte – Subtypus Skandale/Affären“: Mit 27 Fällen machen die skandal- und affärenbedingten Rücktritte – anders als journalistische Literatur zum Thema es nahelegt – zwar durchaus einen nennenswerten, aber keinen wesentlichen Anteil der 97 Rücktritte aus. Unter den Bundesministerinnen und -ministern sind 14 Rücktritte dieser Kategorie zuzuordnen. Gerhard Stoltenberg (CDU), Andrea Fischer (Grüne) und Karl-Heinz Funke (SPD) mussten wegen Fehlern in ihrer Ressortverantwortung gehen. Stoltenberg musste die politische Verantwortung für Panzerlieferungen aus Bundeswehrbeständen an die Türkei gegen einen Beschluss des Haushaltsausschusses übernehmen, der Doppelrücktritt von Fischer und Funke stand im Zusammenhang mit der BSE-Krise. Weiterhin wegen Vorgängen in der Ressortverantwortung gehen mussten Rudolf Seiters (CDU) und Franz-Josef Jung (CDU), die beide mit ihren Rücktritten die politische Verantwortung für Vorgänge übernahmen, für die sie nicht persönlich verantwortlich waren. Auf beide Fälle wird im Folgenden noch einmal näher eingegangen. Acht weitere Personen haben sich persönlich etwas zu Schulden kommen lassen: Wirtschaftsminister Jürgen Möllemann (FDP) stolperte 1993 über die sog. „Briefbogen-Affäre“. Verkehrsminister Günther Krause (CDU) hatte es im selben Jahr gleich mit mehreren Skandalen und Affären zu tun: Krause wurden finanzielle Unregelmäßigkeiten und unsaubere Vergabepraktiken beim Verkauf von Autobahnraststätten und beim Autobahnbau sowie die unrechtmäßige Beantragung von Zuschüssen für eine langzeitarbeitslose Putzfrau zur Last gelegt. Verkehrsminister Reinhard Klimmt (SPD) musste wegen der „Fußball-Affäre“ rund um den 1. FC Saarbrücken seinen Hut nehmen, die später zu einer gerichtlichen Verurteilung wegen Beihilfe zur Untreue führte. Karl-Theodor zu Guttenberg (CDU), Annette Schavan (CDU) und Franziska Giffey (SPD) wurden ihre plagiierten Doktorarbeiten zum Verhängnis. Landwirtschaftsminister Hans-Peter Friedrich (CSU) musste seinen Posten 2014 wegen Weitergabe von persönlichen Informationen im „Fall Edathy“ aus seiner Zeit als Bundesinnenminister räumen. Der grünen Familienministerin Anne Spiegel blieb wegen des desaströsen medialen Umgangs und der darin zum Ausdruck kommenden offenkundigen Überforderung mit dem Amt in ihrer Rechtfertigung der eigenen Rolle bei der Flutkatastrophe im Ahrtal kein anderer Ausweg als die Demission. Bei Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) waren es eine Fülle von unglücklichen medialen Auftritten und eine sich immer weiter zuspitzende Kritik an ihrer Amtsführung in einem der wichtigsten Ressorts in Zeiten der „Zeitenwende“, die ihren Rücktritt erzwangen. Bei ihr waren es sowohl persönliche als auch amtsbezogene Fehler.

Bei den Ministerpräsidenten wurden elf Rücktritte durch politische Skandale oder Affären erzwungen. Darunter lässt sich einzig der schon genannte Fall von Thomas Kemmerich (FDP) als politisches Fehlverhalten klassifizieren. In allen weiteren zehn Fällen liegen demgegenüber persönliche Verfehlungen vor: Anfang der 1990er-Jahre mussten mit Gerd Gies in Sachsen-Anhalt und Josef Duchac in Thüringen zwei CDU-MPs in den neuen Bundesländern wegen ihrer ehemaligen Verbindungen zur Staatssicherheit der DDR zurücktreten. Lothar Späth (CDU) in Baden-Württemberg stolperte 1991 über die „Traumschiff-Affäre“, Werner Münch (CDU) in Sachsen-Anhalt 1993 über die „Gehälteraffäre“, Björn Engholm (SPD) in Schleswig-Holstein über die „Schublade-Affäre“, Max Streibl (CSU) 1993 in Bayern über die „Amigo-Affäre“, Gerhard Glogoswki (SPD) 1999 in Niedersachsen über den Verdacht auf Vorteilsnahme im Amt, Kurt Biedenkopf (CDU) 2002 in Sachsen über die „Paunsdorf-Center-Affäre“ sowie über die „Mietaffäre“, Georg Milbradt (CDU) 2008 in Sachsen über die Sachsen-LB-Affäre und Klaus Wowereit (SPD) trat 2014 als Regierender Bürgermeister von Berlin im Zusammenhang mit der Krise um den Flughafen Berlin-Brandenburg zurück.

Unter den Rücktritten von Parteivorsitzenden gibt es nur zwei skandalbedingte Rücktritte: Der SPD-Vorsitzende Björn Engholm musste 1993 seinen Hut nehmen, weil er sich eine Falschaussage im parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur so genannten „Barschel-Affäre“ hatte zu Schulden kommen lassen. Erwin Huber (CSU) zog 2008 wegen Verfehlungen in der „Bayern-LB-Affäre“ die Notbremse, wobei parteiinterne Konflikte und Unzufriedenheit mit seiner Amtsführung ebenfalls eine Rolle gespielt haben. Rücktritte aus parteipolitischen Spitzenämtern resultieren allerdings zumeist aus parteiinternen Konflikten, womit wir zum letzten Subtypus überleiten können.

(IIb) Konfliktuöse Rücktritte – politische Differenzen: Es ist in der Tat augenfällig, dass elf von 15 Rücktritten der Parteivorsitzenden auf das Konto von parteiinternen Kontroversen gehen. Viele Rücktritte stehen im Zusammenhang mit schlechten Wahlergebnissen oder desaströsen Umfragewerten. In Erfolgszeiten sind Demissionen vom Parteivorsitz klarerweise wesentlich seltener. Dies gilt für die diversen Rücktritte an der Spitze der Sozialdemokratie (Lafontaine 1999, Schröder 2004, Beck 2006, Schulz 2017, Nahles 2019) ebenso wie für Philipp Rösler (FDP), Susanne Hennig-Wellsow (Die Linke) und erst recht für die drei spektakulären Rücktritte vom AfD-Parteivorsitz durch Bernd Lucke, Frauke Petry und Jörg Meuthen. Es ist zudem interessant, dass in nahezu allen Fällen die politische Karriere mit dem Rücktritt vom Parteivorsitz beendet war – zumindest was absolute Spitzenämter angeht. Einzige Ausnahme ist hier Oskar Lafontaine, dem es nach seinem Rücktritt als SPD-Vorsitzender möglich war, mit der Linkspartei einige Jahre später nochmals Vorsitzender einer anderen Partei zu werden. Unter den Ministerpräsidenten warfen fünf Personen aufgrund politischer Differenzen das Handtuch. Von diesen fünf schieden drei aufgrund von Kontroversen mit der eigenen Partei aus: Alfred Gomolka (CDU) aus Mecklenburg-Vorpommern kämpfte dafür, das ehemalige DDR-Schiffbaukombinat nicht an die Bremer Vulkan AG zu verkaufen – eine Haltung, über die er mit seiner eigenen Partei in solchen Streit geriet, dass ihm die eigene Fraktion im Landtag das Vertrauen entzog und ihm 1992 nur noch der Rücktritt blieb. Edmund Stoiber (CSU) hatte 2007 in Bayern mit sinkenden Umfragewerten und mangelndem innerparteilichem Rückhalt zu kämpfen und musste daher das Amt an Horst Seehofer (CSU) übergeben. Gleiches galt für Stanislaw Tillich (CDU) in Sachsen, als dieser 2017 den Staffelstab an Michael Kretschmer (CDU) weiterreichen musste. In den beiden anderen Fällen waren es primär Konflikte innerhalb der Regierung, die den Rücktritt erzwangen: Der brandenburgische Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD) hatte sich infolge der uneinheitlichen Stimmabgabe seines Landes bei der Abstimmung zum Zuwanderungsgesetz 2002 im Bundesrat untragbar für den Koalitionspartner CDU gemacht. Ähnlich erging es dem thüringischen Ministerpräsidenten Dieter Althaus (CDU) 2009, der nach schweren Verlusten bei einer Landtagswahl und persönlicher Kritik wegen seines Verhaltens bei einem privaten Skiunfall sich auch nach der Forderung des Koalitionspartners SPD zum Rücktritt gezwungen sah. Unter den Bundesministerinnen und -ministern finden sich ebenso wie bei den Landesfürsten fünf Rücktritte, die Resultat von politischen Differenzen waren. Der Rücktritt von Hans-Dietrich Genscher (FDP) war sicher auch auf dessen Alter und auf eine gewisse Amtsmüdigkeit zurückzuführen; es kamen allerdings die Differenzen mit Kanzler Kohl hinzu, die Genscher den Abschied erleichterten, selbst wenn er sich in seinen Memoiren darum bemüht, seinen Rücktritt als selbstbestimmten Entschluss nach auf den Tag genau 18 Jahren im Amt darzustellen (vgl. Genscher 1995, S. 1003–1007). Ähnlich lagen die Dinge bei Gerda Hasselfeldt (CSU), die zwar offiziell gesundheitliche Gründe als Rücktrittsgrund angab, bei der aber ebenfalls die zermürbenden Differenzen mit Kohl und Vorwürfe gegen einen ihrer engsten Vertrauten der eigentliche Rücktrittsanlass gewesen sein dürften. Christian Schwarz-Schilling (CDU) trat zurück, um ein deutliches Signal gegen die passive Haltung der Bundesregierung in den Jugoslawienkriegen im Dezember 1992 zu setzen. Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) protestierte mit ihrer Demission gegen den sog. „Großen Lauschangriff“ im Dezember 1995. Fielen diese vier Rücktritte in die Ära Kohl, war der fünfte Fall ein Paukenschlag zu Beginn der Amtszeit Gerhard Schröders, verursacht durch Finanzminister Oskar Lafontaine (SPD), der nur ein halbes Jahr nach dem großen Wahlerfolg unter anderem aufgrund unüberbrückbarer politikinhaltlich-programmatischer Differenzen zu Kanzler Schröder das Handtuch warf (vgl. für eine ausführliche Analyse der Hintergründe des Rücktritts den Beitrag von Christopher Prinz in diesem Band). Es fällt auf, dass alle diese fünf Fälle aus den 1990er-Jahren stammen.

(III) Sonderfälle: 95 der 97 Rücktritte lassen sich mehr oder weniger klar den vier oben genannten Kategorien zuordnen. Daneben gibt es aber auch zwei interessante Sonderfälle, die außerhalb dieses Kategorienrasters stehen. Einer davon ist der Fall des Hamburger Ersten Bürgermeisters Henning Voscherau (SPD), der infolge eines mit 36 % als desaströs empfundenen Wahlergebnis zurücktrat, obwohl es zu einer Fortführung des Amtes mit aus heutiger Perspektive komfortabler Mehrheit gereicht hätte. Bereits im Wahlkampf hatte er mit seinem Rücktritt kokettiert, falls das Ergebnis seine persönliche Schmerzgrenze unterschreite und ließ diesen Worten am Wahlabend live in der ARD-Tagesschau Taten folgen (vgl. Brunner und Walz 1998, S. 279–282). Der zweite Sonderfall stammt aus der jüngsten Vergangenheit. Der Rücktritt der Berliner Regierenden Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) steht in einem Zusammenhang mit dem Wahlergebnis der Wiederholungswahl des Berliner Abgeordnetenhaus. Aufgrund wahlrechtlicher Vorgaben mussten hier diverse Personen aus Exekutivämtern zurücktreten, um dem neuen Wahlergebnis und den damit verbundenen neuen Mehrheiten gerecht zu werden, da eine Wiederholungswahl etwas anderes ist als eine reguläre Neuwahl.

5 Erfolgreiche und nicht erfolgreiche Rücktritte

Die Frage, ob Rücktritte – so kontraintuitiv dies auf den ersten Blick klingen mag – zwingend das Scheitern einer politischen Karriere einläuten oder ob sie nicht auch einen Erfolg begründen können, adressiert u. a. Georg Eckert in einem Essay über das „Wesen und Unwesen erfolgreicher Politik“ (Eckert 2013, S. 38 f.). Hier kommen insbesondere solche Rücktritte in Betracht, die entweder um eines höheren Zieles als der eigenen Karriere willen oder aus politischer Verantwortung heraus erfolgten. Für diese beiden Varianten des Rücktritts finden sich in den 97 untersuchten Fällen fünf aussagekräftige Beispiele:

  1. (1)

    Rücktritte aus politischer Verantwortung: Wer ein politisches Amt übernimmt, übernimmt damit gleichzeitig die politische Verantwortung für Vorgänge, auf die die Amtsperson keinen unmittelbaren persönlichen Einfluss bzw. von denen sie möglicherweise noch nicht einmal direkte Kenntnis hat. Dies gehört zum Ethos des Amtes dazu. Hierzu lassen sich drei Fallbeispiele identifizieren:

    1. (a)

      Bundesinnenminister Rudolf Seiters (CDU) trat am 4. Juli 1993 von seinem Amt zurück. Grund für seinen Rücktritt war die mangelhafte Planung, Durchführung und Aufarbeitung einer polizeilichen Aktion in Bad Kleinen, bei der im Rahmen einer Festnahme von mutmaßlichen Terroristen zwei Menschen starben: Michael Newrzella von der GSG-9 und Wolfgang Grams von der RAF. Dieser Rücktritt wurde politisch und medial positiv rezipiert – als pflichtethisches Handeln der Würde des Amtes angemessen. Seiters wurde wahrgenommen als Amtsperson, die die politische Verantwortung für ein operatives Fehlverhalten übernahm, das sie nicht verschuldet hatte (vgl. hierzu den entsprechenden Beitrag in diesem Band).

    2. (b)

      Anders lagen die Dinge im März 1993 bei einem Geschehen auf der Bonner Hardthöhe: Der durch verschiedene Kontroversen mit Militärs und Führungskreisen angeschlagene Verteidigungsminister Gerhard Stoltenberg (CDU) geriet unter Druck, als bekannt wurde, dass die Türkei in ihrem Konflikt mit der PKK militärisches Material aus deutschen Waffenlieferungen einsetzte. Entgegen einem Parlamentsbeschluss, der die Lieferung von 15 Leopard-I-A3-Panzern ausdrücklich verboten hatte, waren diese Panzer dennoch ausgeliefert worden. Dieser schwere Verstoß der Exekutive gegen einen Beschluss der Legislative ließ keine andere Möglichkeit als den Rücktritt des verantwortlichen Ministers zu. Hier waren die Fehler in der Amtsführung gravierender als im Falle Seiters, sodass dieser Rücktritt weniger als Erfolg, sondern eher als Scheitern zu werten ist. Außerdem bleibt bis heute ungeklärt, ob Stoltenberg wirklich, wie er es selbst darstellt, keine Kenntnis von dem Vorgang hatte.

    3. (c)

      Ein weiteres interessantes Fallbeispiel ist Arbeitsminister Franz Josef Jung (CDU), der im November 2009 seinen Hut wegen Vorgängen aus seiner Zeit als Verteidigungsminister im September 2009 nehmen musste. Unklarheiten und Fehleinschätzungen zu einem vom deutschen Generaloberst Georg Klein von den US-amerikanischen Streitkräften angeforderten Luftangriff auf zwei von den Taliban entführte Tanklaster, bei dem knapp 150 Personen, darunter auch zivile Frauen und Kinder, getötet wurden, führten zu seiner Demission. Bis heute scheint sich die Lage so darzustellen, dass Jung persönlich keine Kenntnis von diesem Vorgang hatte, aber die politische Verantwortung für diesen Vorfall übernehmen musste. Der lange Schatten der ministeriellen Verantwortung kann eine Amtsperson insofern auch nach Ende ihrer Amtsperiode einholen, wie es auch schon bei dem weiter oben beschriebenen Fall von Hans-Peter Friedrich (CSU) der Fall war – hier waren es allerdings persönliche Verfehlungen, die sich der Minister sehr wohl selbst zurechnen lassen musste.

  2. (2)

    „Rücktritte aus Rückgrat“: Neben diesen Rücktritten aus politischer Verantwortung gibt es noch eine weitere Variante von Rücktritten, die sich vielleicht noch stärker als Erfolg ausdeuten lassen, so genannte „Rücktritte aus Rückgrat“. Freilich ist für eine politikwissenschaftliche Analyse Vorsicht gegenüber einer zu starken moralischen Aufladung geboten. Allerdings lässt sich auch ohne normative Überhöhung nüchtern und analytisch die Frage stellen, in welchen der untersuchten Fälle eine Person mit ihrem Rücktritt einen erkennbaren Karrierenachteil aus persönlichen Überzeugungen in Kauf genommen hat. Ein klassisches zeithistorisches Beispiel hierfür ist der Rücktritt von Bundesinnenminister Gustav Heinemann 1950 aus Protest gegen Konrad Adenauers Pläne zur Wiederbewaffnung (vgl. Philipp 2007, S. 119 ff.). Unter den hier untersuchten Rücktritten konnten zwei solcher Fälle identifiziert werden, in denen eigene Karriereambitionen einer politischen Überzeugung untergeordnet wurden:

    1. (a)

      Schon über den Spätsommer und Herbst 1992 hinweg hatte Christian Schwarz-Schilling (CDU) Kanzler Kohl und die Bundesregierung immer wieder aufgefordert, angesichts der sich dramatisch zuspitzenden Lage in Bosnien-Herzegowina tätig zu werden und wurde stets mit dem Argument einer Organklage der SPD beim Bundesverfassungsgericht vertröstet. Am 9. Dezember rastete der Minister bei einer Kabinettssitzung regelrecht aus und soll von Kanzler Kohl (zit. nach Schwarz 2012, S. 687) mit den Worten abgekanzelt worden sein: „Im übrigen, Herr Schwarz-Schilling, keiner ist gezwungen, hier an diesem Tisch zu sitzen.“ Als dieses Wortgefecht zeitnah über die Medien kolportiert wurde, trat Schwarz-Schilling am 17. Dezember 1992 zurück. Sein Rücktritt hatte sich lange angekündigt, da ihn der Kanzler bei der von ihm anvisierten Postreform II nicht unterstützte, dennoch war der Hauptgrund für seine Demission die tief empfundene Betroffenheit über die Teilnahmslosigkeit der Bundesregierung gegenüber dem sich anbahnenden Konflikt auf dem Balkan.

    2. (b)

      Unter dem medialen Schlagwort „Großer Lauschangriff“ wurde Mitte der 1990er-Jahre ein sicherheitspolitisches Maßnahmenpaket zur akustischen und optischen Überwachung von Bürgerinnen und Bürgern durch Strafverfolgungsbehörden und Nachrichtendienste kontrovers diskutiert. Die liberale Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger hatte sich von Anfang an dagegen positioniert – aus Sorge um die Einschränkung von Bürgerrechten, die mit dieser Form von Kriminalitätsbekämpfung einhergegangen wäre. Dieses Problemfeld rührte am normativen Fundament der FDP jener Zeit. Als nach zwei mehrheitlich gegen den Lauschangriff ausgefallenen Delegiertenbeschlüssen in einem FDP-Mitgliederentscheid 63,6 % dafür votierten, trat Leutheusser-Schnarrenberger am 17. Januar 1996 von ihrem Ministeramt zurück (von Blumenthal 2001, S. 155–176; vgl. den Beitrag von Chris Rensing in diesem Band). Die Protagonistin bezeichnete dies in ihrer Selbstsicht später als „die schwerste, aber auch die richtigste Entscheidung“ (Leutheusser-Schnarrenberger zit. nach Küpper 2017, S. 58), die sie in ihrem politischen Leben getroffen habe. Leutheusser-Schnarrenberger kämpfte als einfache Abgeordnete und Rednerin weiterhin gegen den Lauschangriff, obwohl sie ihn letzten Endes nicht verhindern konnte. Schlussendlich hat auch sie mit diesem Rücktritt ihre eigenen Überzeugungen über ihre politische Karriere gestellt.

Der Unterschied zwischen den beiden Fällen Schwarz-Schilling und Leutheusser-Schnarrenberger besteht darin, dass der Rücktritt der Liberalen aus einem ihr eigenes Ressort betreffenden Vorgang resultierte, während bei Schwarz-Schilling ein ressortfremdes Thema zum Stein des Anstoßes wurde. Was beide Fälle eint, ist die Tatsache, dass die Rücktritte die politische Glaubwürdigkeit und Authentizität der Zurückgetretenen dokumentieren sollten. Vielleicht ist es auch kein Zufall, dass beiden noch eine weitere politische Karriere beschieden war, die durchaus in einem mehr oder weniger unmittelbaren Zusammenhang mit den Gründen für den Rücktritt stand. Christian Schwarz-Schilling amtierte 2006 und 2007 für anderthalb Jahre als Hoher Repräsentant für Bosnien und Herzegowina und Sabine Leutheusser-Schnarrenberger kehrte 2009 bis 2013 als Bundesjustizministerin zurück in die Bundesregierung, mithin also exakt in dasjenige Ressort, von dem sie in den 1990er-Jahren zurückgetreten war.

6 Fazit

Die vorliegenden Ausführungen haben ausgehend von den beiden Erkenntnissen, dass der Rücktrittsbegriff erstens nicht so klar definiert ist, wie man gemeinhin meinen könnte und dass zweitens die Typologisierung von Rücktritten in der Forschung noch nicht sonderlich weit fortgeschritten ist, eine neue Typologie entwickelt. Leitend ist dabei die Unterscheidung zwischen konfliktuösen und konsensualen Rücktritten. Zu den konfliktuösen Rücktritten zählen die beiden Unterkategorien der skandal- oder affärenbedingten Rücktritte und der kontroverseninduzierten Demissionen. Konsensuale Rücktritte sind entweder der Rückzug vom Amt aus Alters- oder gesundheitlichen Gründen sowie der Amtswechsel. Wie gezeigt werden konnte, lassen sich nur die beiden Rücktritte des Hamburger Ersten Bürgermeisters Henning Vorscherau und der Berliner Regierenden Bürgermeisterin Franziska Giffey nicht lupenrein in eine der vier genannten Kategorien sortieren.

Ebenfalls interessant ist die Frage, ob es auch erfolgreiche Rücktritte geben kann. Wie im Einstieg bereits betont, gelten Rücktritte in der medialen Wahrnehmung zumeist als Scheitern. Je höher eine Amtsinhaberin oder ein Mandatsträger die politische Karriereleiter erklommen hat, desto wichtiger werden ihr bzw. ihm der Nachruhm und der Platz in den Geschichtsbüchern. Nach den Gepflogenheiten des politischen Geschäfts und besonders unter den Bedingungen der modernen Mediendemokratie sind Politikerinnen und Politiker in ihrer Außendarstellung stets um die Inszenierung von Perfektion bemüht. Bringt man die Kategorien Rücktritt und Erfolg gedanklich zusammen, so zeigt sich, dass kontraintuitiv zu dem, was skandal- und affärenorientierte Betrachtungen von Rücktritten allgemein nahelegen, erfolgreiche Rücktritte durchaus häufiger sind, als man meinen könnte. Orientiert an den oben herausgearbeiteten vier Rücktrittskategorien lässt sich dies für den Fall des erfolgreichen Amtswechsels sicher leicht bejahen. Und wie gesehen, treten Politikerinnen und Politiker in den allermeisten Fällen für ein höherrangiges oder mindestens gleichwertiges Amt zurück. Tritt eine Amtsperson aus persönlichen oder gesundheitlichen Gründen zurück, so wird dies in der Regel von der Öffentlichkeit respektiert – vor allem in den Fällen, wo dies zur Pflege eines kranken Angehörigen geschieht. Zwar sträubt sich mir die Feder, einen solchen Fall als Erfolg zu bezeichnen, da dahinter zumeist ein tragisches persönliches Schicksal steht. Aber auch dies sind ohne Zweifel Rücktritte, die einem persönlichen oder politischen Verantwortungsgefühl entspringen und deshalb mit dem Label des Scheiterns nur unvollständig, wenn nicht gar unzureichend bezeichnet sind. Beim Rücktritt aus Altersgründen erscheint es überhöht, diesen als Erfolg zu bezeichnen – allerdings bietet auch diese Option die Möglichkeit, in Würde aus dem Amt zu scheiden und ist daher kaum als Scheitern zu betrachten. Doch selbst wenn man die Rücktritte im Dienste eines Karrieresprungs oder aus persönlichen und gesundheitlichen Gründen außen vorlässt, so bleiben selbst auf dem Feld der skandalbedingten und kontroverseninduzierten Rücktritte solche Fälle übrig, die man als erfolgreich bezeichnen kann: Für die Kategorie „Rücktritte aus politischer Verantwortung“ wurden hier drei Fälle identifiziert, unter dem Rubrum „Rücktritte aus Rückgrat“ waren es zwei Fälle. Zugegeben: Im Lichte der Gesamtzahl von 97 Rücktritten seit der Wiedervereinigung sind diese Varianten des Rücktritts in der von Machtgewinn und Machterhalt dominierten Politik ausgesprochen selten – gleichwohl: Es gibt sie und sie sind durchaus ein Merkmal für die demokratische Qualität eines Gemeinwesens.