Filmkunstfest Schwerin 2024: Hommage an Volker Schlöndorff
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Filmkunstfest Schwerin 2024

Mehr als die Blechtrommel: Eine Hommage an Volker Schlöndorff

Schwerin / Lesedauer: 4 min

Ehrenpreisträger Volker Schlöndorff freut sich, dass die Festivalmacher in Schwerin nicht nur sein bekanntestes Werk in die Fokus rücken. Eine Hommage an den berühmten Regisseur.
Veröffentlicht:28.04.2024, 06:00

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Gleich sieben Filme von Volker Schlöndorff sind während des 33. Filmkunstfestes MV als Hommage (siehe Übersicht unten) an den diesjährigen Ehrenpreisträger auf Schweriner Leinwänden zu sehen. „Ich werde mir davon aber keinen in einem Kinosaal noch einmal anschauen“, verrät der 85-Jährige. „Ich habe jeden meiner Filme während ihrer Entstehung unzählige Male gesehen. Das reicht.“ Wichtiger ist dem Oscarpreisträger und Altmeister der Literaturverfilmungen, dass Kino im Gespräch bleibt, Filme nicht vergessen werden.

Extra-Kopie von „Ulzhan“ für Schweriner Filmkunstfest

Doch der weltberühmte Regisseur weiß, dass auch seine Werke vor Letzterem nicht gefeit sind. Denn als die Schweriner Festivalmacher sich an die Programmgestaltung machten und Filme für die Hommage auswählten, lag nicht jedes der sieben ausgewählten Werke griffbereit in der Schublade. Von „Ulzhan – Das vergessene Licht“ musste erst das Negativ gesucht werden, um daraus eine Kopie für die beiden Vorführungen in Schwerin zu machen. Erst vor wenigen Tagen stand fest, dass es klappt. Volker Schlöndorff ist froh: „Ich finde es sehr schön, dass sich nicht alles um ,Die Blechtrommel’ dreht.“

Szene aus "Die Blechtrommel". Nach dem Roman von Günter Grass
Szene aus "Die Blechtrommel". Nach dem Roman von Günter Grass (Foto: Imago / Ronald Grant)

Doch an dem bekanntesten Werk Schlöndorffs führt bei so einer Hommage natürlich kein Weg vorbei. Die Verfilmung eines Teils des gleichnamigen Romans von Günter Grass brachte dem gebürtigen Hessen zahlreiche Preise ein. Noch im Entstehungsjahr 1979 wurde Volker Schlöndorff bei den Festspielen in Cannes mit der Goldenen Palme ausgezeichnet. Im Frühjahr darauf gab es in Los Angeles den Oscar für „Die Blechtrommel“ in der Kategorie bester fremdsprachiger Film.

Wenn das keine Sensation war, war es zumindest eine Überraschung. Erstmals erhielt eine deutsche Produktion über die deutsche (Nazi-)Vergangenheit diese höchste Trophäe der internationalen Filmkunst. Für Volker Schlöndorff war es zugleich die erfolgreiche Landung auf der anderen Seite des Großen Teichs.

Schlöndorff-Filme beim Filmkunstfest
Filmkunstfest Schwerin 2024

Schlöndorff-Filme beim Filmkunstfest

Der Junge Törless (1966)
2. Mai um 17.15 Uhr im Kino unterm Dach und 4. Mai um 11.30 Uhr in Kino 1

Die verlorene Ehre der Katharina Blum (1975)
1. Mai um 21.45 Uhr im Kino 2, 4. Mai um 16.30 Uhr in Kino unterm Dach und 5. Mai um 15.15 Uhr im Kino 5

Die Blechtrommel (1979, Director’s Cut)
30. April um 20 Uhr im Kino 6, 1. Mai um 11.30 Uhr im Kino 1 und 5. Mai um 11 Uhr im Kino 1

Homo Faber (1990)
30. April um 17.45 Uhr im Kino 4, 3. Mai um 13.30 Uhr im Kino 3 und 5. Mai um 19.15 Uhr im Kino 2

Die Stille nach dem Schuss (2000)
2. Mai um 19.30 Uhr im Kino 6 und 3. Mai um 11.15 Uhr im Kino 2

Ulzhan – Das vergessene Licht (2007)
3. Mai um 19.15 Uhr im Kino unterm Dach und 4. Mai um 14 Uhr im Kino 3

Rückkehr nach Montauk (2017)
1. Mai um 19.30 Uhr im Kino 2, 2. Mai um 11 Uhr im Kino 2 und 4. Mai um 21.30 Uhr im Kino 3 (Änderungen möglich)

In Deutschland und Frankreich, wo Schlöndorff schon mit Anfang 20 in die Filmwelt als seine Lebenswelt eintauchte, war sein Name zu dieser Zeit längst ein Begriff. „Die verlorene Ehre der Katharina Blum“ nach einer Erzählung von Heinrich Böll war nicht nur ein großer Publikumserfolg. Der gemeinsam mit seiner damaligen Frau Margarethe von Trotta gedrehte Film gilt als sein Durchbruch.

Schlöndorff mit „Der junge Törless“ erfolgreich

Doch schon zuvor war Schlöndorff mit „Der junge Törless“ national und international erfolgreich. Der Film wurde in den Kategorien Drehbuch, Regie und Bester Film mit dem Goldenen Band, heute besser bekannt als Deutscher Filmpreis oder Lola, ausgezeichnet. Außerdem erhielt er den Kritikerpreis in Cannes. „Der junge Törless“ gilt als der erste internationale Erfolg des jungen deutschen Films. „Ich freue mich, dass auch meine frühen Werke beim Festival in Schwerin gezeigt werden“, sagt Schlöndorff.

Gleich zwei „Begegnungen“ mit Max Frisch sind außerdem in der Hommage möglich – „Homo Faber“ steht ebenso auf dem Programm wie „Rückkehr nach Montauk“ – ein filmisches Denkmal für Max Frisch, das Schlöndorff 2017 drehte.

Keine Literaturverfilmung ist „Die Stille nach dem Schuss“. Dafür geht es wieder um deutsche Geschichte. Zusammen mit der Defa-Legende Wolfgang Kohlhaase (1931-2022) schrieb Volker Schlöndorff auch das Buch zu diesem Film, der das Schicksal einer in der DDR untergetauchten RAF-Terroristin zeigt.

So ist diese Hommage an den Ehrenpreisträger deutlich mehr als eine Verbeugung vor dem Blechtrommel-Regisseur. Schließlich drehte Schlöndorff mehr als 30 Filme, arbeitete eng mit weltbekannten Schriftstellern und Schauspielern zusammen. „Volker Schlöndorff hat fast sechs Jahrzehnte deutsche und internationale Filmgeschichte mitgeschrieben“, betont Volker Kufahl, künstlerische Leiter des Filmkunstfestes MV. „Hoher künstlerischer Anspruch und breite Publikumsorientierung waren für den cinephilen Weltbürger aus Deutschland nie Widerspruch, sondern im Wesen des Kinos, als der wichtigsten Kunstform des 20. Jahrhunderts, angelegt.“

In vielen seiner Werke zeige sich zudem, ein den Werten der Aufklärung verpflichteter Humanist. Und Ministerpräsidentin Manuela Schwesig freut sich, dass mit Volker Schlöndorff ein Star zum Anfassen nach Schwerin kommt und den Ehrenpreis erhält: „Der Oscarpreisträger steht unserem Festival gut zu Gesicht.“ Schwesig selbst wird am 4. Mai den „Goldenen Ochsen“ an Volker Schlöndorff überreichen.

Volker Schlöndorff liest in Schwerin aus Autobiografie

Schon tags zuvor haben Besucher des Filmkunstfestes die Chance, dem Regisseur persönlich zu begegnen. Am 3. Mai liest er ab 19 Uhr im Digitalgarden in den Schweriner Höfen aus seiner Autobiografie „Licht, Schatten und Bewegung“. Karten dafür gibt es gleich nebenan in der Buchhandlung Hugendubel am Marienplatz.

Volker Schlöndorff freut sich auf die Reise nach Schwerin, auf das 33. Filmkunstfest MV. „Solche Festivals sind enorm wichtig. Diese Festivals sorgen dafür, dass Kino im Gespräch und nah am Menschen bleibt.“

Preisträger des Goldenen Ochsen
Filmkunstfest Schwerin 2024

Preisträger des Goldenen Ochsen

2002: Frank Beyer
2003: Mario Adorf
2004: Götz George
2005: Senta Berger und Michael Verhoeven
2006: Bruno Ganz
2007: Hannelore Elsner
2008: Klaus Maria Brandauer
2009: Michael Ballhaus
2010: Manfred Krug
2011: Katrin Sass
2012: Otto Sander
2013: Michael Gwisdek
2014: Hanna Schygulla
2015: Wolfgang Kohlhaase
2016: Christine Schorn
2017: Iris Berben
2018: Henry Hübchen
2019: Katharina Thalbach
2020: nicht vergeben
2021: Ulrich Tukur
2022: Matthias Habich
2023: Corinna Harfouch
2024: Volker Schlöndorff