Mephisto: Roman einer Karriere von Klaus Mann bei LovelyBooks (Literatur)

MephistoRoman einer Karriere

4,1 Sterne bei

Neue Kurzmeinungen

Positiv (259):
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Pikamads
vor 6 Monaten

'Jetzt habe ich mich verkauft ... Jetzt bin ich gezeichnet!' Einfach großartig.

Kritisch (15):
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nicon
vor 15 Jahren

thematisch und beschreibend ein sehr gutes buch, wenn es nicht so nervtötend populistisch geschrieben wäre... damals von mir aus ja notwendi...

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Inhaltsangabe

Als «Affen der Macht» zeichnet Klaus Mann in seinem skandalträchtigen Roman «Mephisto» den Schauspieler Hendrik Höfgens: Erzählt wird dessen Leben zwischen seinen Anfängen und 1936, als Höfgen es zum gefeierten Star der Nationalsozialisten gebracht hat. Allzu deutlich trägt die Figur dabei die Züge von Gustav Gründgens, weshalb der Roman über Jahre zu Kontroversen führte und in der Bundesrepublik verboten war, bis Rowohlt mit der erneuten Veröffentlichung 1981 Fakten schuf. Eine lehrreiche Geschichte über Anpassung und Widerstand, Karrieredenken und künstlerische Moral.

Buchdetails

Aktuelle Ausgabe
ISBN:9783499276866
Sprache:Deutsch
Ausgabe:Taschenbuch
Umfang:416 Seiten
Verlag:ROWOHLT Taschenbuch
Erscheinungsdatum:17.12.2019
Das aktuelle Hörbuch ist am 03.02.2009 bei Oskar Verlag erschienen.

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Rezensionen und Bewertungen

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sKnaerzlevor 3 Jahren
Kurzmeinung: Überschätzt
Überschätzt

Als Klaus Mann den Roman  schrieb wollte er eine Wirkung erzielen und sein Qualitätsmaßstab war, ob er diese Wirkung erreichte oder nicht. Mein Maßstab ist notwendigerweise ein anderer.

Der Ich Erzähler behauptet steif und fest, der Held der Geschichte, der eitle Schauspieler Höfen sei ein Karrierist, einer, der alles für seine Karriere tut und sich den Nazis andient. Aber mehr als ein Mitläufer wird aus ihm nicht. Er schafft es zwar, in den unmittelbaren Umkreis der Macht zu gelangen, aber zu mehr als einem Hofnarren, langt es bei ihm nicht. Er gibt sich nicht einmal als Nazis und seinem anfallsweise auftretendem schlechten Gewissen gibt er auch immer wieder nach.

Klaus Mann benutzte vorallem eine realistische Palette, dabei viele Klischees. Seinem Hofgen ist weder dämonisch noch lächerlich.

Interessanter sind die Einblicke ins Schauspielerleben, die man in dem Roman erhält.


Kristall86s avatar
Kristall86vor 7 Jahren
Die beste Pflichtlektüre in meiner Schulzeit!

Das war die beste Pflichtlektüre die ich je in der Schule lesen musste! Und aus dem "musste" wurde schnell ein "wollen"! Wahnsinn! In Verbindung mit dem Film und dem Hörbuch war dies ein Genuss für meinen Horizont! Unbedingt lesen!

eskimo81s avatar
eskimo81vor 9 Jahren
Sieben Mark fünfzig

Roman einer Karriere

Die Geschichte des Schauspielers Hendrik Höfgen, er geht einen Teufelspakt ein. Er stellt sich in den Dienst des herrschendes Regimes und steht am Ende als "Affe" da.

Das Buch "Mephisto" erschein erstmals 1936 im Amsterdamer Exilverlag Querido; 1966 wurde seine Verbreitung in der Bundesrepublik gerichtlich verboten; 1981 erschein trotz Verbot eine Neuausgabe, und der Roman wurde zu einem Kultbuch: als exemplarische und höchst lehrreiche Geschichte über Anpassung und Wiederstand, Karrieredenken und künstlerischen Moral

Zitat vom Rückentext

Während des Lesens ging ich noch davon aus, dass das Buch von der Bundesrepublik verboten worden ist. Wegen den - na, sagen wir heiklen Stellen - zum Nazi-Regime. Mittlerweilen, nach dem Schlusswort und dank Google weiss ich, dass der Nachkomme, der Adoptivsohn, des Schauspielers Gustav Gründgens das Verbot erwirkt hat. Da ich den Schauspieler nicht kenne, kann ich nicht beurteilen, ob das Buch ihm hätte schaden können, aber ich denke, Literatur ist ein Grundgut welches nicht verboten werden sollte.

Klaus Mann, ein weiterer Herr aus der "Mann-Familie" der geschrieben hat. Eigentlich erstaunlich, ich habe noch nie eine so grosse Autorenfamilie gekannt wie diese. Klaus, Thomas, Golo und Heinrich Mann, Vater und Söhne, alles Autoren. Angetan hat es mir bisher "nur" Thomas Mann, mit Heinrich Mann kann ich nichts anfangen. Sein Schreibstil... Aber Klaus Mann - hier zeigt sich, dass Thomas Mann seine Schreibkunst vererbt hat. Der Schreibstil ist altbacken - logischerweise, handelt das Buch doch im Jahre 1930 - mir gefällt das aber. Das altmodische, wundervolle Deutsch.

Zitat von der Seite 235   ..., und dass es schliesslich doch noch ihre Liebe war, die seine kostbaren, gefährlichen und kalten Augen füllte mit den salzigen Tropfen

sicherlich ist der Stil auch gestelzt / hochgestochen - aber so - ach, einfach wundervoll.

Das Buch wird mit jeder Seite fesselnder. Es ist aber kein Buch, dass man in Häppchen geniessen kann. Man muss sich darauf einlassen, eintauchen und ganz bewusst lesen. Keine Lektüre, die eine 5 Min. Wartezeit versüssen kann. Man sollte tief, ganz tief eintauchen.

Fazit: Ein sehr interessantes Buch über die Thematik der Karriere zu "Nazi-Zeiten". Sicherlich war Klaus Mann voreingenommen, war seine Mutter auch Jüdin. Für mich aber ein wahrer Klassiker, der sich wirklich zu lesen lohnt

 

Ich hoffe, dass ich vor lauter Familie Mann nichts durcheinandergewürfelt habe - ansonsten tut es mir sehr leid.

Mir hat dieser Link noch sehr viele Infos geliefert

https://de.wikipedia.org/wiki/Mephisto_(Roman)

Infos zur Familie Mann

https://de.wikipedia.org/wiki/Mann_(Familie)

@eskimo81

karatekadds avatar
karatekaddvor 9 Jahren
Kurzmeinung: Starkes Buch. Widersprüchlich. Anschaulich
Vom Film zum Buch - DER SCHAUSPIELER

Lübeck im Juni 2015: Endlich einmal habe ich die Gelegenheit in der Hansestadt in warmer Jahreszeit zu verweilen. Davon wird bestimmt noch einmal die Rede sein, hier aber geht es um ein Mitglied der Familie Mann. Es geht um Klaus Mann, Sohn des Thomas Mann, dem Nobelpreisträger von 1929, der diesen Preis für seinen Roman BUDDENBROOKS erhielt. Das BUDDENBOOKS-Haus steht in der Menge-Straße in Lübeck, es gehörte einmal dem Großvater von Klaus.

Kann ein Bücherblogger in ein Literaturhaus (das Wort Museum widerstrebt mir etwas, auch wenn im Heinrich-und-Thomas-Mann-Zentrum durchaus von Museum die Rede ist) gehen und ohne Bücher wieder hinausgehen? Kann er nicht. Was mich betriff, so ging ich mit Roman und Film BUDDENBROOKS hinaus, darüber hat Rudolf Fröhlich alias TinSoldier aber schon ausführlich hier geschrieben. Da ich aber außerdem Klaus Manns MEPHISTO – Roman einer Karriere mitnahm, ist die Gelegenheit gekommen, die Buchgesichter-Rezension vom 10.08.2010 einmal etwas aufzufrischen.


* * *

Hendrik Höfgens ist ein Schauspieler am Künstlertheater in Hamburg. Er „sympathisiert“ mit allem und Jedem, solange dies seiner Karriere nutzt. So auch mit dem Kommunisten und den kommunistischen Bühnenarbeitern am Theater, er plant das „große“ revolutionäre Theater…

Dora Martin, bekannte Schauspielerin und Sängerin gastiert eines Tages. Mit ihrer Stimme bewirbt sich Höfgens beim „Professor“ in Wien, der auch Berliner Theaterhäuser „bestückt“. Der Weg ist klar, Hendrik kommt ans Preußische Schauspielhaus. Es ist die Zeit in der der Nationalsozialismus immer stärker wird. Kurz vor der Machtübernahme spielt Höfgens den Mephistopheles im Faust. Nach der Machtübernahme emmigriert er kurz, Hendrik hat Angst wegen seiner vorherigen „kommunistischen“ Gesinnung. Eine Schauspielerkollegin aus Hamburg verwendet sich bei Lotte Lindenthal (Freundin des Ministerpräsidenten) für ihn und so kommt zurück. Wieder als Mephisto fällt er dem preußischen Ministerpräsidenten auf, der ihn von nun an protegiert.

Im Theater gibt er den Teufel: 

 

„Ich bin der Geist der stets verneint!

und das mit Recht; denn alles, was entsteht,

ist wert, daß es zugrunde geht…“[1]

 

Ringsum geht alles zugrunde, doch Höfgens geht den Pakt mit dem Teufel ein, auch wenn er wie der Schüler vor dem preußischen Ministerpräsidenten steht:

„Ich bin allhier erst kurze Zeit

Und komme voll Ergebenheit,

einen Mann zu sprechen und zu kennen,

den alle nur mit Ehrfurcht nennen.“[2] [3]

 

Es ist die Wandlungsfähigkeit des Schauspielers, seine Angst, in die Bedeutungslosigkeit zu fallen. Sein Geltungsbedürfnis lässt ihn sich der Macht andienen. Die Rolle des Mephisto scheint ihm auf den Leib geschrieben zu sein. Doch so ganz gewissenlos ist er nicht, er verwendet sich für verfolgte Kolleginnen und Kollegen, kommunistische wie jüdische. Doch der eigene Weg, der eigene Erfolg ist ihm am wichtigsten. Es bleibt das Gefühl, „ein Schurke zu sein.“ Am Ende liegt er in den Armen seiner Mutter: „Was wollen die Menschen von mir? Warum verfolgen Sie mich? Weshalb sind sie so hart? Ich bin doch nur ein ganz gewöhnlicher Schauspieler.“[4]

 

* * *

Mann hat einen bitterbösen, unglaublich direkten Roman geschrieben. Es ist ein Buch, welches in Bezug auf die deutsche Theaterlandschaft die Entwicklung und Machtübernahme des Nationalsozialismus schildert. Die Schauspieler stehen für das deutsche Volk, welches einerseits den Nationalsozialisten zujubelte, oder stillhielt, die Augen vor dem Kommenden verschloss oder aber auch Widerstand leistete. Klaus Mann´s Beschreibung der Zeit und der Personen ist vielseitig, bunt, erschreckend, mahnend, anklagend.

„ ‚Das Buch ist mit Haß geschrieben,‘ urteilte Lion Feuchtwanger. ‚aber es ist ein Haß, welcher den dargestellten Menschen und Dingen Dichtigkeit gibt.‘ “[5]

 

* * *

Das Beispiel für den Hendrik Höfgens gab der Schauspieler und spätere Intendant des Staatlichen Schauspielhauses Gustav Gründgens, der mit Klaus und seiner Schwester Erika in Hamburg bekannt war und gemeinsam mit ihnen in Mann´s Stück Anja und Esther auftrat. Gründgens heiratete Erika Mann, die Ehe hielt nicht lang. Die Karriere seines Ex-Schwagers inspirierte ihn zu diesem Roman. Vorher hatte er wohl dem Roman Der Untertan seines Onkels Heinrich Mann noch einmal gelesen.[6]

Er hätte wohl auch andere bekannte Künstler als Vorbild nehmen können, jedoch schreibt er selber: „Meine Wahl fiel auf Gründgens – nicht, weil ich ihn für besonders schlimm gehalten hätte (er war vielleicht sogar eher ein bißchen besser als manch andere Würdenträger des Dritten Reiches), sondern einfach, weil ich ihn zufällig besonders genau kannte. Gerade in Anbetracht unserer früheren Vertrautheit erschien mir seine Wandlung, sein Abfall so phantastisch – kurios, unglaubhaft, fabelhaft genug, um einen Roman darüber zu schreiben.“[7]

Die Kritiker und Rezensenten haben sich immer wieder darin versucht, Personen des Romans den wirklichen Personen zuzuordnen. Allen voran steht dafür neben Gustav Gründgens der preußische Ministerpräsident Hermann Göring. Der Theater – Professor steht für Max Reinhardt, Barbara Bruckner für Manns Schwester Erika, ihr Vater, Geheimrat Bruckner für Thomas Mann, und eine Reihe anderer.[8]

 

* * *

Es gibt keine „langweiligen“ Stellen in diesem Roman. Hilfreich ist trotzdem der sehr ansehenswerte Film Mephisto von István Szabó aus dem Jahr 1981. Die Figur des Höfgen wird gespielt von Klaus Maria Brandauer. International bekannt wurde als Darsteller des Ministerpräsidenten  Rolf Hoppe.[9] Dieser Film bekam einen Oskar für den besten ausländischen Film. Den Film kannte ich bereits sehr lange vor dem Buch. Insgesamt hält sich der Film sehr genau an die Romanvorlage, das im Roman erwähnte „aasige Lächeln“ und die „schillernden Augen“ des Höfgen bekommt durch Brandauer eine genaue „Beschreibung“.  Interessant ist der Schluss des Filmes: Nicht in den Armen seiner Mutter spricht Höfgen die oben bereits zitierten Sätze, der Ministerpräsident zeigt seinem Emporkömmling im Spot der Scheinwerfer im Olympiastadion Berlins, wer da nun die Macht hat.

 

* * *

Klaus Mann hat sehr viel geschrieben, Mephisto aber ist wohl sein bekanntester Roman. Seine Schwester Erika machte ihren Bruder Klaus in der Nachkriegszeit bekannt. Klaus selbst starb 1949 an einer Überdosis Schlaftabletten. Sehr interessant ist auch die Geschichte des Romans:

Geschrieben hat Klaus Mann das Buch bereits im Jahre 1936. Zu diesem Zeitpunkt, dem Jahr der Olympiade in Berlin, wurde „langsam“ offensichtlich, welches Regime sich da im Dritten Reich herausbildete. Insofern steht Klaus Mann in einer Reihe mit vielen Warnern und Emigranten. Nach dem Krieg versuchte seine Schwester Erika, den Roman erneut zu verlegen, was ihr erst nicht gelang. So gab sie die Rechte an den Aufbau-Verlag der DDR. Diese griff den Stoff dankbar auf, aber selbst hier musste die Ähnlichkeit eines Personennamens geändert werden: Bertold Brecht hielt seine schützende Hand über dem Theaterkritiker Ihering (im Roman Ihrig).[10]

Gründgens starb 1963, sein Erbe ging erfolgreich gegen eine Veröffentlichung vor. Der Gerichtsstreit ging bis vor das Bundesverfassungsgericht und hatte die Frage zu beantworten, ob auch das postmortale Persönlichkeitsrecht vor dem Recht der Kunstfreiheit steht. Die Auflage der Nymphenburger Verlagshandlung konnte gedruckt werden, jedoch nur mit der Einlage bzw. dem gedruckten Text, dass die „Personen der Phantasie des Verfassers“ entsprechen.[11]

Letztlich wurde der Druck verboten. Reich-Ranicki schreibt in seinem Text „Das Duell der Toten“, dass wohl eine ziemliche Menge der Aufbau-Verlagsausgabe in den Bücherschränken der Bundesdeutschen steht.[12] Der Rowohlt – Verlag plante dann eine „geheime“ Ausgabe 1981, deren ersten 25000 Stück wohl sofort vergriffen waren, die noch nicht vertriebene Exemplare schaffte man nach Dänemark um sie dem etwaigen Zugriff deutscher Behörden zu entziehen.[13]

Der genannte Aufsatz des 2013 verstorbenen Literaturkritikers Reich-Ranicki ist auch in Hinblick auf die Zwiespältigkeit der Person Gründgens interessant.

Der Kritiker „[wußte], daß er niemals Anhänger des Nationalsozialismus war, daß er aus seinem Theater eine Zufluchtstätte für unerwünschte, gefährdete und politisch verfolgte Schauspieler und Regisseure gemacht hat und daß er keine nationalsozialistischen Stücke aufführen ließ. Ich weiß vor allein, daß es nicht wenige Menschen gibt – unter ihnen ist, um nur einen Namen zu nennen, Ernst Busch –, deren Leben von Gründgens gerettet wurde.

Wahrlich, er hat es verdient, daß man ihn rühmt.

Aber ich weiß auch, daß es wenige deutsche Künstler jener Epoche gibt, denen das Dritte Reich mehr als Gründgens zu verdanken hatte. In der Zeit des Untergangs der deutschen Literatur und Kunst, damals, als die bedeutendsten Repräsentanten der deutschen Bühne geflohen waren, als das Theater plötzlich auskommen sollte ohne Leopold Jessner, Erwin Piscator und Max Reinhardt, ohne Elisabeth Bergner und Tilla Durieux, ohne Albert Bassermann, Ernst Deutsch, Fritz Kortner und Alexander Moissi, damals, als man Brecht, Hofmannsthal, Kaiser, Schnitzler, Sternheim und Zuckmayer ebensowenig spielen durfte wie den Lessingschen „Nathan“ oder die Hebbelsche „Judith“ – damals hat Gründgens eine Insel hoher Kunst inmitten der Barbarei geschaffen und so dazu beigetragen, den tatsächlichen Verfall des Kulturlebens zu verschleiern.

Wahrlich, das nationalsozialistische Regime hatte triftige Gründe, ihn mit Titeln zu ehren und mit hohen Würden zu bekleiden. “[14]

Die Person Gründgens ist dem Publikum bestens bekannt durch seine immer noch gezeigten Filme, seine Stimme im Rundfunk und auf Schallplatten. Das Publikum ist umfassend informiert.

„Und eben weil man in diesem Lande über Gründgens vielseitig informiert ist und er in gutem Andenken steht, gibt es keinen Anlaß, gegen den „Mephisto“ gerichtlich einzuschreiten. Es hieße nämlich, das theaterkundige Publikum unterschätzen und diskreditieren, wollte man annehmen, sein Urteil über eine der berühmtesten Persönlichkeiten des deutschen Theaters würde durch einen vor dreißig Jahren unter besonderen Umständen ihn Exil entstandenen Roman, den überdies ein ehemaliger Jugendfreund und Verwandter des Betroffenen geschrieben hatte, nennenswert beeinträchtigt.“[15]

 

* * *

Ich finde schon, dass dies als Schlusswort hervorragend geeignet ist, diese Rezension abzuschließen, die wie üblich wohl mehr ist, als eine bloße Rezension. Menschen sind nicht nur schwarz-weiß. Sie haben unterschiedliche, sich auch ändernde Ansichten, sie sind Familienväter und Mütter und begehen schlimme Verbrechen, sie sind Opportunisten und Feiglinge und haben (auch gleichzeitig) Mut und Gewissen. Sie haben unter allen verbrecherischen Regimen gegen dieses gekämpft, sich in diesem eingerichtet, Menschen beschützt, unter Folter verraten (auch ohne Folter und Androhung von Gewalt oder Tod), sie sind ambivalent.

Klaus Manns Roman zeigt, wozu Menschen fähig sind und genau auch deren Ambivalenz. Er zeigt die Anfänge der Diktatur des Nationalsozialismus aus einer ganz bestimmten Richtung, der des Theaters. Ob Klaus Mann diesen im Wissen von 1945 ebenso geschrieben hätte? Die Frage ist müßig.

 

© KaratekaDD




[1] Goethe J.W.v.: Faust I, Reclam 1980, Seite 46

[2] Eigene Interpretation. Im Film studiert Höfgen mit dem jungen Miklas, einem ihm ablehnend  gegenüberstehenden Nationalsozialisten den Faust ein, Miklas spielt den Schüler.

[3] Goehte, J.W.v.: Faust I, Seite 61

[4] Mann, K.: Rowohlt. 18. Auflage 2013, Seite 390

[5] Zitiert  aus Töteberg, Michael: Nachwort zu Mephisto, Roman einer Karriere, Seite 402

[6] Vgl. ebenda, Seite 397

[7] Vgl. ebenda, Seite 402

[8] Eine Auflistung der handelnden Personen und ihres Romancharakters sowie dem Bezug auf reale Personen findet man unter wikipedia:  https://de.wikipedia.org/wiki/Mephisto_%28Roman%29

[9] Rolf Hoppe spielte auch den Gauleiter Julius Streicher in Comedian Harmonists, und den Altnazi Lentz im Satirefilm Schtonk! aus dem Jahre 1992

[10] Vgl. Töteberg: Nachwort, Seite 410

[11] Reich-Ranicki, Marcel: Das Duell der Toten (18.03.1966) In: http://www.zeit.de/1966/12/das-duell-der-toten/komplettansicht?print=true

[12] Vgl. ebenda

[13] Vgl. Töteberg, Seite 414

[14] Vgl. Reich-Ranicki, a.a.O.

[15] Vgl. Ebenda

Heike110566s avatar
Heike110566vor 13 Jahren
Rezension zu "Mephisto" von Klaus Mann

Opportunisten sind Menschen, die ihr Handeln nicht nach Grundsätzen, sondern nach Zweckmäßigkeiten, auf den eigenen Vorteil achtend, ausrichten. Sie hängen, so es ihnen dient, ihr Fähnchen stets in den aktuell wehenden Wind und haben auch keine Probleme damit, ihnen bis dato vertrauende Menschen zu hintergehen, zu mißbrauchen, zu opfern. Ihre Karriere ist ihnen wichtiger als alles andere.
Um genau so einen Opportunisten geht es in dem 1936 im Exil erschienenen Roman "Mephisto. Roman einer Karriere" von Klaus Mann (1906-1949).
Die Hauptfigur Hendrik Höfgen ist ein herausragender Schauspieler, aber nicht nur auf der Bühne, sondern auch im wirklichen Leben. Er liebt die Schauspielkunst, ist mit Leib und Seele dabei und bereit alles dafür zu geben. Und er stellt auch hohe Ansprüche an sich selbst, um in seinen Weg auf den Brettern, die für ihn im wahrsten Sinne die Welt bedeuten, erfolgreich voranzukommen. Die Folge ist aber, dass er sein gesamtes Leben darauf ausrichtet, ob es ihn in seiner Karriere voranbringt oder nicht. Und dies führt zu Heuchelei und Verlogenheit. Die Menschen, selbst nahestehende, benutzt und mißbraucht er. Und tatsächlich kommt er damit auch leider voran.
Dann kommt es zur Machtübernahme der Nationalsozialisten. Höfgen kommt ins Wanken. Ihm wird klar, dass sich nun einige rächen könnten, die er auf seinem Weg nach oben verprellte. Recht schnell gelingt es ihm aber, dieses Problem zu lösen. Dabei kommt ihm zuhilfe, dass er bereits eine recht hohe Stufe auf der Karriereleiter erklommen hat. Dies ermöglicht es ihm, sich mit dem NS-Regime zu arrangieren. Mit Hilfe seiner neuen faschistischen Verbündeten entledigt er sich unliebsamer Menschen. Bezeichnete er sich während seiner Zeit in der Weimarer Republik als Kommunist, so steht er nun im Rampenlicht und Lichterglanz für das NS-Regime. Und sein Opportunismus bringt ihn wieder weitere Stufen auf der Karriereleiter nach oben.
Klaus Mann hat alle Figuren des Romans als Typen angelegt. Sie stehen nicht für Einzelpersonen, sondern als Verkörperung von bestimmten Menschengruppen. Dies gilt auch für die Figur Hendrik Höfgen. Aber natürlich fließen in diese Typen auch gemachte Erfahrungen des Autors immer mit ein. Und so ist in den Figurentyp des Opportunisten Hendrik Höfgen auch viel von dem damals bekannten Schauspieler Gustaf Gründgens eingeflossen, mit dem Klaus Mann in Hamburg arbeitete. Diese eingeflossenen Charakteristika Gründgens wurden als Vorwand genommen, den Roman in der BRD 1966 zu verbieten. 1971 bestätigte das Bundesverfassungsgericht mit der Begründung, die Figur Höfgen sei eine "Beleidigung, Verächtlichung und Verunglimpfung von Gründgens" bestätigt. - Erst 1981 konnte dieser herausragende Roman in der BRD wieder veröffentlicht werden.
Es ist ja durchaus richtig, dass sehr vieles bei Höfgen von Gründgens Leben geprägt ist. Aber Fakt ist eben auch, dass Gründgens sich mit dem NS-Regime arrangierte, sich von den NS-Oberen hofieren ließ und zum Vorzeige-Künstler Hitler-Deutschlands wurde. Und das Verbot ist letztlich auch ein Zeugnis dafür, dass die Initiatoren des Verbotsantrages nichts aus der Vergangenheit gelernt haben und im Grunde mit den gleichen Methoden, wie sie Höfgen in den Roman anwendet, versuchten die Stellung Gründgens zu retten.
Höfgen steht stellvertretend für den Opportunismus einiger bekannter Deutscher, die mit ihren Verhalten den menschenverachtenden Nationalsozialismus Glanz und Glamour verliehen und ihm eine salonfähige Maske aufsetzten, der all die Greuel und das Leid verbergen sollten. Die Leichenberge wurden durch solche "Vorzeige-Künstler" kaschiert. Aber dies scherte diese Leute offenbar recht wenig, denn sie gingen ihren Weg unbeirrt fort. Ihr Tunnelblick richtete sich auf ihre eigene Karriere.
Klaus Mann bringt dies deutlich zur Sprache. Dabei greift er sehr stark auf das Mittel der Satire zurück. Schonungslos legt er das Wesen des Charakterschweins Hendrik Höfgen offen. Höfgen ist nicht nur auf der Bühne Mephisto, sondern auch im Leben. Und das Schlimme ist: er ist sich dessen bewusst.
Ein herausragender Roman, dessen Inhalt, auf Grund der Grundsätzlichkeit der Typisierungen, die auch auf manch heutigen Zeitgenossen zutreffen, nichts an Aktuallität verloren hat und daher auch heute noch ein interessantes, amüsantes und lehrreiches Lesevergnügen bietet.

Ilka_Stitzs avatar
Ilka_Stitzvor 13 Jahren
Rezension zu "Mephisto" von Klaus Mann

Mephisto ist ein echter Klassiker, der eigentlich in jedes Bücherregal gehört. Es ist ein grandioses Sittengemälde des Kulturbetriebes in der Nazizeit. Im MIttelpunkt steht der Schauspieler Höfgen, für den Gustav Gründgens Vorbild war.
Mephisto ist eines der wenigen Bücher, die ich mehrmals gelesen habe. Einige Bilder und Beschreibungen sind mir bis heute im Kopf geblieben.
Fazit: Jeder sollte dieses Buch gelesen haben.

Ein LovelyBooks-Nutzervor 14 Jahren
Rezension zu "Mephisto" von Klaus Mann

sehr lehrreich und lesenswert.

Monsignores avatar
Monsignorevor 14 Jahren
Rezension zu "Mephisto" von Klaus Mann

1981 wagte der Rowohlt-Verlag etwas Ungewöhnliches: Trotz der Verbotsentscheidung des Bundesverfassungsgerichts veröffentlichte der Verlag Klaus Manns "Mephisto. Roman einer Karriere". Niemand klagte; mit jahrzehntelanger Verspätung wurde dieses so wichtige Buch endlich legal erwerbbar (Raubdrucke gab es schon lange und in der DDR war das Buch sowieso erhältlich - man bedenke: Die Zonis hatten etwas, auf das der Westen scharf war!). Ursprünglich hatte Klaus Mann das Buch 1936 in Amsterdam veröffentlicht. Lebhaft, streckenweise ironisch und voller Detailliebe für die seelischen Befindlichkeiten geschrieben, wird der komentenhafte Aufstieg des homosexuellen Schauspielers Hendrik Höfgen (in dem offensichtlich Gustav Gründgens zu erkennen ist) zum Lieblingsintendaten Görings beschrieben. Klaus Mann schuf schlüssige Erklärungsmuster für das gewissenlose Verhalten intelligenter Menschen im Nazireich, er durchleuchtete romanhaft den Typus des geleckten und leckenden Karrieristen, der von den Nazigrößen und dem breiten Volk geliebt wurde. Der Karrierist verkommt im Dienst des Regimes zum Mephisto, den Seelen nehmenden Verführer.

booktypos avatar
booktypovor 15 Jahren
Rezension zu "Mephisto" von Klaus Mann

Klaus Manns Meisterwerk: Der Roman eines Aufsteigers im dirtten Reich, oft interpretiert als Gleichnis für die Karriere Gustaf Gründgens, mit Klaus Mann bis zu seinem Exil befreundet war.

lunafayes avatar
lunafayevor 16 Jahren
Rezension zu "Mephisto. Roman einer Karriere." von Klaus Mann

Toll! Eins meiner Lieblingsbücher. Von Klaus Mann fantastisch geschrieben!

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Die Jahrzehnte seit seiner Entstehung hat dieser Roman ohne jegliche Einbuße an Bedeutung und Schönheit überdauert.
FAZ.NET

Von Rechten geschmäht, von Linken kritisiert, genoss er den Ruf eines so begabten wie gefährdeten Enfant terrible.
Der Spiegel

Ich glaube ernstlich, dass Klaus zu den Begabtesten seiner Generation gehörte, vielleicht der Allerbegabteste war.
Thomas Mann

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krimielses avatar
krimielsevor 5 Jahren
Es ist so lange her, dass dieses Buch las, und mein Taschenbuch ist völlig zerfallen...Klaus Mann ist mir aus der Literatenfamilie schon immer der Liebste gewesen.

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