Klaus Kinski (eigentlich: Nikolaus Nakszynski)
Darsteller
1926 im ostpreu�ischen Zoppot geboren, begann Klaus Kinskis Karriere 1953 in Berlin, wohin ihn Boleslav Barlog nach ersten Rollen am Theater in T�bingen und Baden-Baden holte. Doch schon bald brach Kinski mit seinem F�rderer, warf ihm die Fensterscheiben der Wohnung ein und begann seine Laufbahn "als Exzentriker der B�hne und des Lebens" (FAZ). Seinen ersten triumphalen Erfolg feierte Kinski mit Jean Cocteaus Einakter "La voix humaine" - verkleidet als Frau. F�r das pr�de Berlin der 1950er Jahre ein Skandal. Neben seiner Theaterarbeit machte er sich in dieser Zeit mit seiner "Ein-Mann-Wanderb�hne" einen Namen. Mit seinen leidenschaftlichen Rezitationen der Werke Baudelaires und Nietzsches, Villons und Dostojewskis f�llte er S�le. International bekannt wurde Klaus Kinskis mit seiner Arbeit beim Film. Schon seit der zweiten H�lfte der 1940er-Jahre immer wieder auf der Leinwand zu sehen, erlangte er vor allem durch seine Auftritte in unz�hligen Edgar-Wallace-Filmen Popularit�t, in denen er auf die Rolle des dem Wahnsinn nahen B�sewichts abonniert war. Diese wie auch die meisten anderen seiner �ber 160 Filme fand Kinski selbst "zum Kotzen". Nach der erfolgreichen Zusammenarbeit mit Werner Herzog in den 1970er- und 1980er-Jahren erf�llte sich Klaus Kinski 1987 mit dem Film Kinski Paganini einen langgehegten Traum: Er schrieb das Drehbuch, spielte die Hauptrolle und f�hrte auch Regie.
Am 23. November 1991 starb Klaus Kinski in Hollywood, wohin er 1980 �bersiedelt war.
Oft sp�rt er die Reinkarnation. Kinski hat einen sicheren Instinkt, der ihm die Kraft gibt, das zu sein, was er will. Er spielt seine Rollen aus dem Stehgreif. Drehb�chern oder Anweisungen von Regisseuren schenkt er keine Beachtung. Auf Proben pfeift er. "Hin- und Herlatschen, damit die Regisseure auch mal sehen, warum sie keine Fantasie haben, das mache ich nicht." Publizit�t erh�lt seine Arbeitsweise besonders im Zusammenhang mit Werner Herzog, mit dem er Aguirre, Nosferatu, Woyzeck, Fitzcarraldo und Cobra Verde machte. Obgleich Kinski einmal �ffentlich zugibt, gut damit beraten zu sein, nur noch mit Herzog zu drehen, empfindet er nichts weiter als Spott und Verachtung f�r den selbsterkl�rten Autodidakten. "Herzog ist ein miserabler, geh�ssiger, missg�nstiger, vor Geiz und Geldgier stinkender, b�sartiger, sadistischer, verr�terischer, erpresserischer, feiger und durch und durch verlogener Mensch." Das Drehbuch zu Aguirre tut er als 'analphabetisch primitiv' ab. Darin sieht er allerdings seine Chance; so ist es nicht weiter verwunderlich, dass er sich von mehr oder weniger talentierten Schundregisseuren engagieren l�sst, die nie ganz klar wissen, was sie eigentlich wollen, aber einen gro�en Namen zur Pr�sentation ben�tigen. Ihm geht es nicht um irgendeinen k�nstlerischen Anspruch, was immer der auch bedeuten mag. Wichtig ist, wieviel gezahlt und wo gedreht wird. Ein Angebot von Fellini, das mit einer Gage aufwartet, die eine 'Unverfrorenheit' ist, schmettert er mit den Worten "Lass' Dich in den Arsch ficken" ab.
Das mag zum Teil an den Rollen gelegen haben: Woyzeck l�sst ihn erschaudern, wie bei Villon, Rimbaud, Van Gogh wird er von der frappierenden charakterlichen �hnlichkeit zu dieser Person ersch�ttert. Es ist so, als w�rde Kinski das alles schon einmal erlebt haben. "Das Schlimmste, das ich je beim Film durchmachen musste. Ich habe bereits gesagt, dass die Geschichte von Woyzeck Selbstmord ist. Selbstzerfleischung. Jeder Drehtag, jede Szene, jede Einstellung, jedes Photogramm ist Selbstmord." Nach nur 16 Drehtagen ist der Film komplett abgedreht. Es ist der mit Abstand beeindruckendste Kinski-Film, dessen Intensit�t nie mehr erreicht wurde. (Anmerkung: Obwohl ich l�ngst nicht alle Filme mit Kinski gesehen habe und auch nicht unbedingt DER Fan bin, kann ich das durchaus best�tigen. Allein die Anfangsszene, in der er sich immer wieder niedertreten lassen muss und immer wieder aufsteht, jagt mir eine G�nsehaut �ber den R�cken, rk). Die Metamorphose ist hier vollkommen. Kinski ist Woyzeck. "Den H�hepunkt der Schauspielkunst sehen viele darin, in die Haut eines anderen zu schl�pfen, um sich der darzustellenden Person anzupassen ... Nat�rlich ist das �u�ere ein Detail zur Vervollkommnung der Inkarnation, aber es ist nicht gesagt welches �u�ere, und ist eben nur ein Detail, untergeordnet und von unterschiedlicher Bedeutung..." Er gibt immer 'alles', l�sst sich von gerissenen Produzenten 'benutzen', wobei er diesem Begriff die richtige Bedeutung zugesteht, denn er selbst sieht sich als teure Dirne und findet den Gro�teil seiner Filme 'zum Kotzen'. Trotzdem z�hlt f�r ihn immer noch die Pr�misse, 'Qualit�t zu liefern, wenn man daf�r bezahlt wird'.
Obwohl f�r Herzog bei Cobra Verde das 'Fass voll' ist, er in Kinskis Auftrag seinen Stammkameramann Thomas Mauch ("Dieser Mauch hatte nicht eine einzige Aufnahme im Kasten, die nicht auf den Misthaufen geh�rte.") feuern muss, die Dreharbeiten immer wieder unterbrochen werden, weil Herzog zum Beispiel eine Szene in Kinskis Abwesenheit drehen lie�, ist das ganze nur vom Drang gesteuert, den Film vor der Unf�higkeit seines Regisseurs zu retten: In die Endszene, die zeigt, wie er zum Scheitern verurteilt ein riesiges Boot ins Meer zieht, steigert sich Kinski derma�en rein, dass er beinahe ertrunken w�re.
Der
Climax seines Schaffens folgt 1987, als er endlich die M�glichkeit hat, seinen
eigenen Film zu machen. Das Projekt, einen Film um den ber�hmten Teufelsgeiger Paganini, geisterte schon lange in seinem Kopf herum. Bereits Ende der
1960er
Jahre hatte er fast die Finanzierung zusammen; damals w�re
Horst Wendlandt
mit
einem Drittel beteiligt gewesen. Jetzt ist das Werk vollends in italienischer
Hand. Die Mikro-Mafiosi Augusto Caminito und Alberto Alfieri produzieren
Paganini. Mit den beiden macht Kinski nicht gerade seinen besten Fang: "Caminito
k�sste mich von jetzt ab immer auf den Mund. Es war ein Nutten- und Zuh�lterkuss
in einem. Alfieri t�tschelte meinen Popo. Er ist nicht etwa schwul. Er denkt
nur, er sei der Weihnachtsmann, der etwas beschert hat." Vorerst muss
Kinski allerdings f�r die beiden 'anschaffen' gehen.
Nosferatu in Venedig
hei�t
die filmische Ausgeburt, die dabei entsteht. Schon hier machen sich erste
Anzeichen der etwas schlampigen Arbeitsmethodik des Produzentengespanns
bemerkbar. Aber Kinski ist von
Paganini
besessen und nimmt alles in Kauf. Die
Dreharbeiten von
Nosferatu...
haben ein
Am 23. November 1991 wird Klaus Kinski tot in seinem Haus in Kalifornien aufgefunden. Die Todesursache Herzversagen ist selbst f�r die Boulevard-Presse zu unspektakul�r, um daraus einen gro�en Aufrei�er zu machen. Sein Tod ist schnell abgetan, die �blichen Nachrufe sind schon nach wenigen Tagen durchgestanden. Er muss eben schnell aus den K�pfen der Leute verschwinden, blo� keinen Stolz auf den 'r�pelhaften' Deutschen (was mir aber in gewisser Form tausendmal lieber ist, als die herausgequ�lten Tr�nen um die 'gro�e' Marlene D.).
Kinski hatte bei der Mehrheit schon zu Lebzeiten verspielt, da hilft auch keine gro�e Trauer mehr. Er hat sie auch nicht n�tig; etwas mehr Akzeptanz w�re ihm gerecht gewesen. Leider ist er an der Dummheit der Menschen gescheitert, die sich halbtot lachten, wenn er wie besessen seine Ideale von Ehrlichkeit und Freiheit lehrte oder notfalls auch einpr�gelte. Auch wenn ihm das Leben nur erschwert wurde, widersetze er sich bei jeder Gelegenheit den Mechanismen der 'korrupten' Gesellschaft. Seine Verhaltensweisen, insbesondere den Gebrauch der Sprache, stellte er absolut �berzeugend dar: "Es kommt gar nicht darauf an, was jemand �ber Dich sagt. Das ist doch v�llig unwichtig ... Sagen bedeutet doch nichts. Wenn ein Mensch, der Dir alles bedeutet, etwas �ber Dich sagt, was Dich verletzt, dann ist es 'was anderes. Dann ist es aber auch das Wort nicht so sehr, sondern das Missverst�ndnis." Seine Philosophie (nicht zuletzt durch die vielen 'Inkarnationen' gepr�gt) ist in ihrem Ziel erstrebenswert: "... Die Leute w�rden sich vielleicht nicht andauernd totschlagen auf der Welt, w�rden sich vielleicht ein bisschen mehr respektieren und mehr Achtung voreinander haben. Ich gehe ja niemandem auf die Nerven. Ich laufe den Leuten nicht hinterher, ich stelle ihnen keinen Fu�. Ich sag' nicht: Warum wollen Sie nicht mit mir zusammen sein? Warum wollen Sie meine Gesellschaft nicht? Warum wollen Sie nicht alles mit mir teilen ... Was ist denn das f�r ein Unsinn? ..."
Sein Wesen ist unsterblich... Irgendwann kommt Kinski wieder... (Thomas Schweer)
Seine erste Filmrolle hatte Kinski 1948 als KZ-H�lftling in Eugen Yorks Drama Morituri. 1954 setzte in Roberto Rosselini in seinem Film Angst ein, wo er einen Kabarettisten spielt. Aber mit der Rolle des Prinzen Otto als j�ngerer geisteskranker Bruder K�nig Ludwigs II. (gespielt von O.W. Fischer) spielte er grandios ergreifend unter der Regie von Helmut K�utner in der Filmbiografie Ludwig II. (1954/55). Seinen Durchbruch beim Film schaffte er mit der Rolle des Anarchisten Kostoyed Amourski in dem Herz-Schmerz-Schinken Doktor Schiwago aus Jahr 1965.
Meistens spielte Kinski M�rder, Irre oder merkw�rdige Au�enseiter; nur einmal schaffte er es, zur anderen "gerechten" Seite zu geh�ren, und zwar in Das Gasthaus an der Themse. Man sah Kinski in reichlich 20 solcher Edgar Wallace-Kriminalfilme, u.a. in Das R�tsel der roten Orchidee. Ungef�hr seit 1964 war Kinski auch in qualitativ nicht sonderlich guten Filmen t�tig, zumeist musste er mexikanische Desperado, Ge�chtete, Schurken oder Kopfgeldj�ger spielen. Es waren zum Teil so schlechte Filme dabei, bei denen man absolut nichts verpasste, sie nicht gesehen zu haben. 1966 spielte Kinski als Pr�sident Boong in dem Agententhriller Sumuru, die Tochter des Satans, 1967 (I/D), Mister zehn Prozent - Miezen und Moneten, 1968 (I/F/D), Der Bastard, 1968 (I) mit Giuliani Gemma und Rita Hayworth, Todeskommando Panthersprung and so on... Einigerma�en ansehen konnte man sich dann 1965 den Film Spione unter sich, wo Kinski einen russischen Agenten spielte, 1965 war er als Wild, "Der Bucklige" in Sergio Leones F�r ein paar Dollar mehr zu sehen (wobei das Lexikon des Internationalen Films diesen Film sogar als "sorgf�ltig und spannend inszeniert" bezeichnet), 1966 mimte er einen gewissen El Santo in T�te Amigo, 1967 war er als Lt. Miguel Garcia in Mit Django kam der Tod bereit, zu schie�en und 1968 als Loco in Leichen pflastern seinen Weg. Kay Weniger schreibt u.a.: "...zeigte sich Kinski immer wahlloser in der Auswahl der an ihn gerichteten Filmangebote. Er spielte faktisch alles, wenn die Gage stimmte.... zeigte nur wenig Interesse an k�nstlerischen (schlechter bezahlten) Stoffen."
Kinski machte sich ebenfalls einen Namen mit seinen Rezitationsabenden. F�r seine Vortr�ge hatte er sich nicht gerade "leichte Kost" ausgesucht und so bot er dem Publikum erst auf einer kleinen Wanderb�hne, sp�ter bis hin zum Berliner Sportpalast Werke von Arthur Rimbaud, Friedrich Nietzsche, Kurt Tucholsky, Fran�ois Villon und Charles Baudelaire. Seine Dichterlesungen gipfelten zuweilen - um es vorsichtig auszudr�cken - in Unruhezust�nde im Publikum.
1982 folgte Fitzcarraldo: Die Website www.xenix.ch schreibt zum Film: "Klaus Kinski in der Rolle seines Lebens. - Der Abenteurer und Fantast Fitzcarraldo ist als Caruso-Fan von der Idee besessen, in der peruanischen Amazonas-Stadt Iquitos ein Opernhaus zu errichten. Doch die Einzige, die ihn in seinem verr�ckten Traum unterst�tzt, ist die Bordellbesitzerin Molly (Claudia Cardinale). Mit ihrem Geld erwirbt er ein unzug�ngliches Kautschuk-Gebiet mitten im Urwald mit der Auflage, dieses innerhalb von neun Monaten nutzbar zu machen. Fitzcarraldo heuert in der Folge eine Mannschaft an und f�hrt zum allgemeinen Erstaunen flussaufw�rts, da er beabsichtigt, den alten Dampfer in einer tollk�hnen Aktion �ber eine Urwaldh�he zu transportieren, um zu jenem Fluss zu gelangen, an den seine L�ndereien grenzen. Nach zahlreichen Komplikationen und R�ckschl�gen endet das Vorhaben trotz der Hilfe der Eingeborenen objektiv mit einer Katastrophe sowie mit Fitzcarraldos Ruin � doch der verwirklicht auf seine Weise doch noch den Traum von der Grossen Oper im Dschungel. - FITZCARRALDO erz�hlt nicht nur die Geschichte eines verwegenen Spinners, der vor nichts zur�ckschreckt, um seine Ideen zu verwirklichen, sondern handelt vor allem auch vom Zusammenprall zweier unterschiedlicher Kulturen. In mehrj�hriger Produktionszeit ist vor der gewaltigen Kulisse der unber�hrten Urwaldlandschaft ein �u�erst aufwendiger Abenteuerfilm entstanden, der mit seinen eindringlichen und doch unspektakul�ren Bildern nach wie vor ungemein fasziniert. Klaus Kinski in der Rolle seines Lebens." (Text aus www.xenix.ch - mit freundlicher Erlaubnis)
Der letzte Film, den beide drehten, war 1987 Cobra Verde: Ein in Brasilien lebender Desperado namens Francisco Manoel da Silva ist ein Angst einfl��ender Verbrecher, der allgemein Cobra Verde genannt wird. Der Zuckerbaron der Plantage wird auf ihn aufmerksam und macht ihn zum Aufseher �ber seine 600 Sklaven, die auf der Plantage arbeiten... Der Film wurde 1988 mit dem Bayerischen Filmpreis in der Kategorie "Produzentenpreis" f�r Werner Herzog und Lucki Stipetic und in der Kategorie "Tongestaltung" f�r Milan Bor.
2011 drehte der Regisseur Peter Geyer einen Dokumentarfilm mit dem Titel Jesus Christ Superstar mit Klaus Kinski als Hauptakteur. Der Film erhielt von der Filmbewertungsstelle das Pr�dikat "Besonders wertvoll". "Eine K�nstlerperformance der Extraklasse: 5.000 Besucher waren im November 1971 in die Deutschlandhalle gekommen, um Klaus Kinskis Interpretation vom Neuen Testament zu h�ren. Der Film ist ein faszinierendes Zeitdokument, das mit extrem reduzierten Mitteln eine �u�erst intensive Wirkung entwickelt. Der Sog von Kinskis besonderer Diktion, seine rebellische, antikapitalistische Interpretation der Bibel in der Melange mit seiner Selbstinszenierung als Wahrheitsverk�nder und Ankl�ger machen diesen Auftritt zu einer Provokation, die das Publikum im Saal aufheizt und sich schnell in einer rasenden Beschimpfungsorgie entl�dt. Auch 40 Jahre sp�ter ein �u�erst reizvolles Werk, das stark emotionalisiert" ist auf der Webseite der Filmbewertungsstelle zu lesen.
Klaus Kinski war dreimal verheiratet, letzte Eheschlie�ung 1971 mit der Vietnamesin Genevi�ve Minhoi, aus dieser Ehe ging der Sohn Nanho� Nikolai hervor, der 1976 in Paris geboren wurde. Aus der ersten Ehe mit der S�ngerin Gislinde K�hlbeck stammt Tochter Pola (*1952), und Nastassja (*1961) stammt aus der Verbindung mit Brigitte Ruth Tocki.
Auszeichnungen Filmband in Gold 1979 f�r seine darstellerische Leistung in Nosferatu. F�r diese Rolle erhielt er auch den Darstellerpreis beim Filmfestival in Cartagena.
(Quelle: Einige Informationen aus "Das gro�e Personenlexikon des Films" von Kay Weniger, Verlag Schwarzkopf und Schwarzkopf, Band 4, S. 388-390 - mit Erlaubnis des Autors)
Layout:
Rosemarie Kuheim |