Förster beschwört bei Lanz ein Horrorszenario: „Es wächst nichts mehr nach“
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Förster beschwört Horrorszenario bei „Markus Lanz“: „Es wächst nichts mehr nach“

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„Markus Lanz“ spricht in seiner Sendung über die Verfehlungen in der Baubranche. Ein Experte warnt vor dem Raubbau an unseren Wäldern.

Hamburg – Der Heizungsbauer Viessmann verkaufte gerade erst für 12 Milliarden Euro sein Wärmepumpengeschäft in die USA. Markus Lanz will zum Einstieg in die Energiedebatte wissen, wie Klara Geywitz über diesen Handel denkt. Die SPD-Politikerin glaubt, dass dieser Abschluss durchaus nachvollziehbar ist, da durch ihn Arbeitsplätze gesichert wurden. Diese Aussage erntet Unverständnis vom ZDF-Moderator. Viessmann blicke durch den Boom der Wärmepumpen schließlich auf ein Rekordjahr zurück.

Der Autor und Förster Peter Wohlleben legt bei „Markus Lanz“ dar, inwieweit Holz als nachhaltiger Baustoff geeignet ist. Mit Blick auf den Klimawandel und den großen Holzbedarf spricht er zudem über den Zustand der deutschen Wälder.
Der Autor und Förster Peter Wohlleben legt bei „Markus Lanz“ dar, inwieweit Holz als nachhaltiger Baustoff geeignet ist. Mit Blick auf den Klimawandel und den großen Holzbedarf spricht er zudem über den Zustand der deutschen Wälder. © Cornelia Lehmann/ZDF

Julia Löhr begründet den Verkauf mit der Angst des Unternehmens vor der Konkurrenz aus Asien. Die Verantwortlichen glauben nach Meinung der Wirtschaftsredakteurin, dass sie für den wachsenden Markt schlicht zu wenig Kapazitäten besitzen.

„Mega-Markt verschlafen?“ - Markus Lanz bohrt bei Viessmann-Deal nach

„Kann es sein, dass wir mal wieder einen Mega-Markt verschlafen haben?“, fragt Lanz anschließend. Geywitz muss in Bezug auf die gesamte Energiewende einräumen: „Wir sind sehr, sehr spät dran.“ Sie wolle ihren Vorgängern dafür nicht die Schuld zu schieben, aber im internationalen Vergleich würden wir beispielsweise bei den Wärmepumpen hinterherhinken.

Der Moderator kritisiert die Regierung daraufhin scharf. „Lobbyismus war wichtiger“, lautet sein Urteil und verweist auf Fotovoltaik, Windräder und E-Autos, wo die Lobbyverbände ebenfalls den Fortschritt blockierten.

Bei den Wärmepumpen sieht Löhr allerdings den Vorteil, dass die Hersteller – im Gegensatz etwa zur Fotovoltaik-Technik – aus verschiedenen Ländern kommen. Der dadurch entstehende Wettbewerb dürfte in ihren Augen für sinkende Preise sorgen.

Förster schlägt bei „Markus Lanz“ Alarm

Weniger Optimismus versprüht Peter Wohlleben, als es um die Holzverbrennung geht. Der Förster räumt zunächst mit dem Vorurteil auf, dass die Holzverarbeitung klimaneutral und nachhaltig sei. Bei der Verbrennung werde zum Beispiel mehr Kohlendioxid freigesetzt, als bei der Kohle. Bäume kühlen außerdem und sorgen für Wasserkreisläufe. „Und das machen wir alles kaputt. Das ist nicht schlau“, sagt Wohlleben.

Der Experte berichtet, dass der Wald in Deutschland nicht mehr wächst, selbst wenn die Statistik etwas anderes behauptet. Dort würden auch gerodete Wälder als Wälder aufgeführt. Die Wiederaufforstung scheitere zudem an der enormen Hitze, die in Rodungsgebieten zu verzeichnen ist. Wohlleben spricht von über 60 Grad im Sommer. „Da kann man Spiegeleier backen, aber eben kaum noch Bäume nachziehen.“

Geywitz hält Holz als Rohstoff dennoch für essenziell für den Wohnungsbau, will allerdings größtenteils auf totes Holz zurückgreifen, das beispielsweise nach einem Waldbrand zurückbleibt. Wohlleben widerspricht hier rigoros. „Wenn man das tote Holz aus dem Nationalpark rausholt, ist das Biomasse“, verdeutlicht der Bestsellerautor. Ein toter Wald kühle seine Umgebung im Vergleich zu einem kahlgeschlagenen Forst immer noch deutlich ab.

Der Raubbau an den deutschen Wäldern werde laut Wohlleben übrigens mit gravierenden Folgen einhergehen. Er blickt in diesem Zusammenhang auf den Harz, in dem es zum Teil bereits steppenähnliche Verhältnisse gäbe. „Da wächst eben nichts mehr nach.“

Diskussion bei „Markus Lanz“: Geywitz will Baubranche vor Kollaps bewahren

Klara Geywitz steht aber nicht nur aufgrund der hitzigen Rohstoffdebatten vor einer Herkulesaufgabe. Die Bundesministerin für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen bezeichnete sich in einem Spiegel-Interview selbst als „Gesicht zur aktuellen Baukrise“. Sie müsse ihrer Ansicht nach nun die Fehler der Vergangenheit ausmerzen.

Die Bundesministerin für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen Klara Geywitz (SPD) äußert sich bei „Markus Lanz“ zum Heizungsstreit und zu ihren Konzepten gegen die Baukrise und den Wohnraummangel.
Die Bundesministerin für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen Klara Geywitz (SPD) äußert sich bei „Markus Lanz“ zum Heizungsstreit und zu ihren Konzepten gegen die Baukrise und den Wohnraummangel. © Cornelia Lehmann/ZDF

„Markus Lanz“ - das waren seine Gäste am 26. April

  • Klara Geywitz, Bundesministerin für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (SPD)
  • Julia Löhr, Wirtschaftsredakteurin („FAZ“)
  • Peter Wohlleben, Autor
  • Tim von Winning, Ulmer Baubürgermeister

Die momentane Misere sei das Resultat aus Reformstau und hohen Kapitalkosten. „Dies führt zum Einbruch der Bauantragszahlen“, schildert Geywitz, die von einem Rückgang von 20 bis 25 Prozent spricht. Sie will verhindern, dass sich Bauaufträge stauen und Unternehmen deshalb Arbeitskräfte entlassen.

Die Politikerin zieht einen Vergleich zur Gastronomie in der Pandemie und mahnt: „Mitarbeiter, die erst einmal weg sind, kommen auch nicht wieder.“ Mit staatlicher Unterstützung werde die Regierung daher versuchen, die Nachfrage anzukurbeln und die von Bundeskanzler Olaf Scholz versprochenen 400.000 Wohnungen pro Jahr zu realisieren. Zur Wahrheit gehört laut Geywitz nämlich, dass diese Marke noch nicht geknackt wurde. Sie gehe viel eher von 290.000 Wohnungen pro Jahr aus.

Journalistin bei „Markus Lanz“: Druck auf Städte wird immer größer

Da der Wohnraum in den Städten immer begrenzter wird, warb Geywitz in der jüngeren Vergangenheit wiederholt für Umzüge aufs Land. Dort gäbe es doch genügend Leerstand. Löhr verweist bei „Markus Lanz“ darauf, dass der Großteil der Deutschen aber in Ballungszentren lebe. „Der Druck auf die Städte wird immer größer werden“, prophezeit die Journalistin.

Geywitz erwidert, dass die Nutzung der leerstehenden Häuser neben dem Bau neuer Immobilien nur einen Lösungsansatz widerspiegelt. Die Bundesministerin wolle außerdem die Digitalisierung im Bauwesen vorantreiben, um Prozesse zu beschleunigen. Löhr befürwortet diese Maßnahme und ergänzt, dass sich die Kosten für Bürokratie in diesem Geschäftszweig zuletzt vervierfacht hätten. 

Peter Wohlleben beschwört bei „Markus Lanz“ Horrorszenario herauf

Zum Abschluss seiner Sendung kommt der Moderator noch einmal auf die Holznutzung in der Baubranche zu sprechen und bittet Peter Wohlleben um seine Meinung dazu. „Holz ist ein wunderbarer Rohstoff“, gesteht der Förster. Er frage sich nur, woher das viele Material kommen soll, da Deutschland schon vor den Hitzesommern auf Importe angewiesen war.

Der Autor zeichnet anschließend ein erschreckendes Bild. Die „verfehlte Forstpolitik“ führe dazu, dass die Hälfte unserer Wälder in den kommenden zehn Jahren verloren gehe. „Das verfügbare Holz wird rapide zurückgehen. Wir laufen in eine riesige Holzlücke rein“, befürchtet Wohlleben und geht dabei von einer globalen Krise aus.

Geywitz versucht ihren Vorredner erneut damit zu beruhigen, dass in Zukunft vermehrt totes Holz zum Einsatz kommen wird. Wohlleben grätscht hier jedoch abermals dazwischen. Er will der SPD-Spitzenpolitikerin und dem Rest der Runde verdeutlichen, wie verheerend diese Denkweise ist.

Holz werde irgendwann schlicht nicht mehr im heutigen Ausmaß vorhanden sein, weil die Bäume 50–100 Jahre zum Nachwachsen bräuchten. Wohlleben vergleicht den aktuellen Raubbau abschließend mit der Vorgehensweise im Mittelalter und urteilt dementsprechend: „Das kann nicht das 21. Jahrhundert sein.“

„Markus Lanz“ – Das Fazit der Sendung

Die Politik muss im Bauwesen zahlreiche und gravierende Veränderungen anstoßen, um den Anforderungen der Branche gerecht zu werden. Bei der Rohstoffnutzung sollte zudem ein Umdenken erfolgen. Der Wald wird uns keine unbegrenzten Ressourcen zur Verfügung stellen. (Kevin Richau)

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