In Deutschland fehlt immer mehr Wohnraum. Bundesbauministerin Klara Geywitz will darum deutsche Städte mit radikalen Mitteln verändern. Was die SPD-Politikerin plant.
Sehen Sie hier die ganze Sendung Markus Lanz vom 26. April.
Die Rechnung ist so einfach wie bitter: Angetreten war die Ampel-Koalition mit dem Versprechen, pro Jahr in Deutschland 400.000 neue Wohnungen zu bauen. Knapp eineinhalb Jahre später klingt das unter dem Eindruck der wirtschaftlichen Folgen des Kriegs in der Ukraine so:
Das sagte Klara Geywitz (SPD), Bundesministerin für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen, Mittwochabend bei Markus Lanz.
Geywitz: Bedarf an Wohnraum gestiegen
Problem: Schon das alte Ziel kann die Bundesregierung nicht halten. Aufgrund der vielen aus der Ukraine nach Deutschland geflüchteten Menschen liege der Bedarf aber heute sogar bei "mehr als die 400.000", so die Ministerin. Geywitz hatte in mehreren Interviews Zahlen von mindestens 500.000 Wohnungen genannt, die eigentlich pro Jahr gebaut werden müssten.
Eine happige Differenz, die sich vor allem in den begehrten Ballungsräumen mit den meisten Arbeitsplätzen bemerkbar macht. Die Ministerin will hier radikal vorgehen:
- Höher, dichter - bezahlbarer
In Berlin fehlen Tausende Wohnungen. Die Stadt will den Wohnungsbau beschleunigen. Wie das gehen soll, erklärt Bau-Staatssekretär Christian Gaebler im Interview.
Geywitz: Städte sollen in die Höhe wachsen
Nach dem Zweiten Weltkrieg habe die Baunutzungsverordnung "relativ große, breite Straßen" vorgesehen, "mit relativ geringer Geschossdichte" bei Wohnhäusern, "häufig zum Beispiel fünf Etagen, weil man keinen Fahrstuhl hatte", sagte Geywitz.
Urbanität brauche "eine gewisse Höhe", vor allem bei stark gestiegenen Grundstückspreisen. Zudem müsse man Flächen sparen, um etwa Wälder zu schonen.
Es ist eines der drängendsten Themen: bezahlbarer Wohnraum. Viele Menschen wollen sich vergrößern, kaufen oder bauen – doch das ist oft unbezahlbar.
Geywitz: Verordnungen für Autostellplätze problematisch
Um das Ziel des Bauens in die Höhe zu erreichen, plädierte Geywitz für ein Ende der in vielen Bundesländern geltenden Verordnungen für Autostellplätze. Diese Regeln besagen: pro neuer Wohnung je ein zusätzlicher Stellplatz.
Wer wie Geywitz in Städten weiter nach oben bauen möchte, bekommt aus diesem Grund schnell Probleme. Ein neues Stockwerk wäre bei Wohnhäusern häufig möglich, in Tiefgaragen oder Parkhäusern ist aber meist zu wenig Platz, um die Regeln einzuhalten.
"Es gibt Bundesländer, die haben so eine Stellplatzsatzung überhaupt gar nicht in dieser festen Form", sagte Geywitz. "Hamburg zum Beispiel, ich finde, das ist trotzdem eine sehr schöne Stadt, und man kommt hier auch gut durch die Gegend. Berlin hat das auch nicht."
400.000 neue Wohnungen pro Jahr - das Ziel wurde deutlich verfehlt.
Geywitz fordert moderne Mobilität und seriellen Wohnungsbau
Eine andere Möglichkeit sei es, bei neuen Bauprojekten zuerst das Konzept für eine moderne Mobilität aufzulegen: "Also, dass man erst die Straßenbahn hinlegt, dann das Baugebiet macht und dass man zum Beispiel eine Fahrrad-Infrastruktur hat", sagte Geywitz.
Um schneller bauen zu können, sei zudem serieller Wohnungsbau wichtig. Dabei werden ganze Häuserteile industriell vorgefertigt und dann vor Ort zusammengesetzt. "Das habe ich gleich von Anfang an gesagt, dass wir das brauchen werden. Da habe ich als Ost-Politikerin gleich immer diese Marzahn-Hellersdorf-Fotos in meinen Interviews gekriegt", sagte die in Potsdam geborene Geywitz. Sie gibt zu verstehen: