Martin Schirdewan

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Martin Schirdewan (2023)

Martin Simon Schirdewan (* 12. Juli 1975 in Ost-Berlin) ist ein deutscher Politiker (Die Linke). Seit Juni 2022 ist er neben Janine Wissler Co-Vorsitzender der Partei Die Linke auf Bundesebene. Seit November 2017 ist Schirdewan Mitglied des Europäischen Parlaments. Seit 2019 ist er Co-Vorsitzender der Fraktion Die Linke im Europäischen Parlament – GUE/NGL.[1]

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ausbildung und erstes politisches Engagement[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Schirdewan absolvierte von 1998 bis 2003 ein Studium der Politikwissenschaft an der Freien Universität Berlin. Im Jahr 2007 promovierte er mit der Arbeit „Die transnationale Interaktion linker Parteien in Europa“ zum Dr. rer. pol.[2]

Von 2001 bis 2008 war er Redakteur der Zeitschrift Utopie kreativ der Rosa-Luxemburg-Stiftung (RLS). Außerdem war er von 2005 bis 2006 Mitglied im Sprecherrat der RLS-Stipendiatenschaft. Von 2006 bis 2008 war er leitender Redakteur von sacco & vanzetti, dem Jugendmagazin des Neuen Deutschlands (ND). Ab 2008 war er Koordinator der AG Ost der Fraktionsvorsitzendenkonferenz der Linken. 2011 wurde er Redaktionsmitglied der Zeitschrift antifa. Magazin für antifaschistische Politik und Kultur der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA).

Mitglied im Europaparlament[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Martin Schirdewan (2019)

Von 2008 bis 2014 war Schirdewan Koordinator der Arbeitsgruppe Ost der Fraktionsvorsitzendenkonferenz der Linken. Im Jahr 2012 wurde er in den Parteivorstand gewählt. 2014 nominierte ihn seine Partei für den 8. Platz auf der Wahlliste für die Europawahl. Die Linke gewann bei der Wahl 7,4 Prozent und damit 7 der 96 deutschen Mandate, sodass Schirdewan knapp den Einzug ins Parlament verpasste. Daraufhin war er zunächst bis zum 14. Januar 2015 wissenschaftlicher Mitarbeiter des Bundestagsabgeordneten Roland Claus.[3] Anschließend wechselte er nach Brüssel, wo er die Leitung des Europabüros der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Brüssel und des Verbindungsbüros in Athen (zunächst in Vorbereitung) vom 15. Juli 2015 bis 15. November 2017 vollamtlich übernahm.[4]

Nachdem der Europaabgeordnete Fabio De Masi bei der Bundestagswahl 2017 in den Deutschen Bundestag gewählt worden war und damit sein Mandat im Europaparlament aufgegeben hatte, rückte Schirdewan zum 8. November 2017 ins Europaparlament nach.[5] Er wurde dort, wie auch seine Parteikollegen Mitglied der Konföderalen Fraktion der Vereinten Europäischen Linken/Nordische Grüne Linke. Für die Fraktion wurde er Mitglied im Ausschuss für Wirtschaft und Währung sowie jeweils stellvertretendes Mitglied im Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz und im Sonderausschuss zu Finanzkriminalität, Steuerhinterziehung und Steuervermeidung.[6]

Martin Schirdewan bei der Konstituierung des Europäischen Parlaments (2019)

Für die Europawahl 2019 wählte Die Linke Martin Schirdewan gemeinsam mit Özlem Demirel zum Spitzenduo der Partei.[7][8] Er selbst sieht seine Schwerpunkte im Einsatz für Steuergerechtigkeit und für eine gerechte Finanzpolitik, Kontrolle der Konzerne und Unterstützung der Arbeit der europäischen Gewerkschaften.[4] Die Linke verlor bei der Europawahl 2019 an Stimmenanteilen, sie gewann bei lediglich 5,5 Prozent der Stimmen 5 der 96 deutschen Mandate.

In der Legislatur ab 2019 wählten ihn seine Fraktion, die Konföderalen Fraktion der Vereinten Europäischen Linken/Nordische Grüne Linke, gemeinsam mit Manon Aubry, französische Abgeordnete von La France insoumise, zum Co-Vorsitzenden der Fraktion.[9] Des Weiteren ist er Mitglied im Ausschuss für Wirtschaft und Währung, im Unterausschuss für Steuerfragen und stellvertretendes Mitglied im Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz.[10]

Er ist gemeinsam mit Carola Rackete Spitzenkandidat der Linkspartei für die Europawahl 2024.[11]

Parteivorsitz[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am 25. Juni 2022 wurde Schirdewan auf dem Parteitag der Linken in Erfurt mit 61,3 Prozent (341 Delegiertenstimmen) als Co-Vorsitzender neben Janine Wissler gewählt. Schärfster Konkurrent bei insgesamt sechs Bewerbungen war der sächsische Bundestagsabgeordnete Sören Pellmann, der auf 176 Stimmen (31,6 Prozent) kam.[12]

Wahlkreisarbeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Schirdewan betreibt zwei Wahlkreisbüros in Hannover und Jena.

Politische Positionen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Russischer Überfall auf die Ukraine[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Schirdewan trug die Erklärung der Linken im Europaparlament mit, in der der russische Überfall auf die Ukraine „als eklatanter Bruch des Völkerrechts ohne Wenn und Aber“[13] bezeichnet wurde. Dennoch stimmte er zusammen mit Özlem Demirel als einziger Abgeordneter aus Deutschland gegen die Resolution, die den russischen Überfall verurteilte und die Aufnahme der Ukraine als EU-Mitgliedskandidat beschloss.[14] Nach eigenen Angaben erfolgte diese Ablehnung aufgrund des in der Resolution enthaltenen Kurswechsels der Außen- und Sicherheitspolitik hin zu Aufrüstung und militärischer Interventionspolitik.[15]

Die Lieferung von deutschen Leopard-Kampfpanzern an die Ukraine kritisierte Schirdewan umgehend. Laut Schirdewan sei der Bundeskanzler mit dieser Entscheidung „zu Gunsten der Waffenlieferungslobby umgefallen“. Statt auf Diplomatie zu setzen, drehe die Bundesrepublik „mit an der Eskalationsspirale“.[16]

Familie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Schirdewan ist Enkel des Widerstandskämpfers und ehemaligen Mitglieds des SED-Zentralkomitees und des Politbüros, Karl Schirdewan.[17] Er ist Vater eines Kindes.[2]

Schriften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Martin Schirdewan – Sammlung von Bildern und Videos

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Aubry & Schirdewan to lead Left’s challenge to EU policy. In: left.eu. 18. Juli 2019, abgerufen am 26. Juni 2022 (englisch).
  2. a b Martin Schirdewan Internationales Biographisches Archiv – Personen aktuell 47/2022 vom 22. November 2022, im Munzinger-Archiv, abgerufen am 2. Februar 2024 (Artikelanfang frei abrufbar)
  3. Die Autor/innen: Martin Schirdewan. In: prager-fruehling-magazin.de. Abgerufen am 26. Mai 2014.
  4. a b Ein starkes Duo für Europa in Thüringen. In: die-linke-altenburgerland.de. 24. Januar 2018, archiviert vom Original am 28. April 2019; abgerufen am 26. Juni 2022.
  5. Pressefrühstück: Verabschiedung von Fabio De Masi (Die Linke.). In: Euractiv. Abgerufen am 28. April 2019.
  6. 8. Wahlperiode: Martin Schirdewan. In: europarl.europa.eu. Abgerufen am 24. September 2019.
  7. Katja Kipping und Bernd Riexinger: Spitzenduo für die Europawahl 2019. In: die-linke.de. 24. September 2018, archiviert vom Original am 24. September 2019; abgerufen am 19. September 2019.
  8. Vertreterinnen- und Vertreterversammlung: Wahl der Europaliste. In: die-linke.de. Abgerufen am 26. Juni 2022.
  9. Helene Bubrowski: Der Reformer, der „Die Linke“ retten soll. In: faz.net. 26. Juni 2022, abgerufen am 26. Juni 2022.
  10. 9. Wahlperiode: Martin Schirdewan. In: europarl.europa.eu. Abgerufen am 24. September 2019.
  11. Linke wählt Rackete und Schirdewan für Europa, Gegenkandidat rastet aus. In: mdr.de. 19. November 2023, abgerufen am 24. November 2023.
  12. Marc Röhlig: Wahl auf Erfurter Parteitag: Janine Wissler und Martin Schirdewan bilden neue Linken-Spitze. In: spiegel.de. 25. Juni 2022, abgerufen am 25. Juni 2022.
  13. Martina Michels, Özlem Alev Demirel, Cornelia Ernst, Martin Schirdewan, Helmut Scholz: Erklärung zur Entschließung des EP zu Russlands Aggression gegen die Ukraine. In: dielinke-europa.eu. 1. März 2022, abgerufen am 2. März 2022.
  14. Katherine Fung: Here Are the Members of Parliament Who Voted to Deny Ukraine’s EU Admission. In: newsweek.com. 1. März 2022, abgerufen am 2. März 2022 (englisch).
  15. Thüringer EU-Abgeordneter stimmt gegen Ukraine-Resolution. In: tlz.de, 3. März 2022.
  16. Linken-Chef warnt: Deutschland dreht an der Eskalationsspirale auf t-online.de vom 25. Januar 2023.
  17. Reinhard Kärbsch: Roter Adel. In: Der Spiegel. 11. März 2019, abgerufen am 30. Juni 2022.