Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat am Freitagvormittag in Berlin Empfehlungen gegen die Corona-Sommerwelle und sieben Maßnahmen für den Herbst vorgestellt.
Aktuell bestehe trotz steigender Inzidenzen keine existenziell gefährliche Situation, so Lauterbach. „Wir haben die Lage gerade gut im Griff, aber nicht gelöst. Wir müssen wegen der Sommerwelle nicht in Panik geraten.“ Denn die Omikron-Variante verlaufe harmloser als der Delta-Typ, viele Menschen in Deutschland seien geimpft und/oder vom BA.2-Typ genesen und deshalb relativ gut geschützt.
Trotzdem sei eine Infektion jetzt kein Schutz für den Herbst oder quasi „eine Gratis-Impfung“. Denn es bestehe weiterhin das Risiko, schwer zu erkranken und einer covidbedingten deutlichen Übersterblichkeit bei den Über-60-Jährigen. Außerdem nannte er das nach wie vor bestehende Long-Covid-Risiko.
Weil man wieder Anstiege der Fälle in den Pflegeheimen sehe, dürfte man sich deshalb nicht sorglos verhalten und keine Gegenmaßnahmen ergreifen, so Lauterbach weiter. „Wir müssen 100 bis 200 Tote am Tag verhindern.“
Er empfiehlt deshalb freiwilliges Masketragen in Innenräumen: „Das muss zur Normalität gehören.“ Die Daten gäben zurzeit allerdings keine Verpflichtung her. Außerdem rät Lauterbach zu einem großzügigen Umgang mit der vierten Impfung. Von den über 60-Jährigen seien in Deutschland 80 Prozent nicht viermal geimpft.
Auch bei vielen Kontakten sei die vierte Impfung ratsam, um sich selbst und andere nicht zu gefährden. Er selbst sei deshalb auch zum vierten Mal geimpft, so Lauterbach.
Weil es „keinen Herbst mit Normalität“ geben werde, und weil das Ziel ganz klar sei, „dass wir besser in den Herbst hineingehen wollen, als wir das im letzten Jahr konnten und auch im Jahr davor“, nannte Lauterbach sieben Maßnahmen:
- Eine Impfkampagne mit drei unterschiedlichen Impfstoffen wird vorbereitet. Man werde dann in der Lage sein, jedem den für ihn besten Impfstoff anzubieten.
- Man arbeite an einem Konzept für Bürgertests, das in Kürze vorgestellt werde.
- Es gebe deutliche Defizite bei der Nutzung der Arzneimittel, die belegterweise wirken. Diese müssen besser genutzt werden.
- Man werde sich präziser mit den vulnerablen Gruppen und deren Schutz beschäftigen (zum Beispiel Hygienekonzepte in Pflegeheimen).
- Zum September müsse es für eine bessere Steuerung tagesaktuelle und elektronische Daten über freie Intensivbetten geben.
- Schulen- und Kitaschließungen müssten mit allen Mitteln vermieden werden, auch durch einheitliche Hygiene- und Kontaktreduktionskonzepte. Allerdings sei dies die Zuständigkeit der Bundesländer – aber: „Wir unterstützen mit allen Kräften.“
- Das Infektionsschutzgesetz müsse modifiziert werden, weil es zum 23. September ausläuft. Er sei deshalb im Gespräch mit FDP-Justizminister Marco Buschmann. Die Eckpunkte sollen vor der Sommerpause feststehen, damit es rechtzeitig Klarheit über die nutzbaren Instrumente für den Herbst gebe.