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Karl Kautsky und die Abrüstungskontroverse in der Deutschen Sozialdemokratie 1911–12

Published online by Cambridge University Press:  18 December 2008

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In seinem Anfang 1914 erschienenen Buch über den politischen Massenstreik betont Karl Kautsky, daß die Parteimehrheit, die seit 1899 stets gegen die „staatsmännische Ungeduld” des rechten Flügels vorgehen mußte, sich seit dem Magdeburger Parteitag von 1910 fast ausschließlich gegen die „rebellische Ungeduld” der äußersten Linken zu wenden hatte. Damit liefert er ein bezeichnendes Stichwort der innerparteilichen Diskussion am Vorabend des Ersten Weltkrieges. Die offizielle Ideologic der deutschen Vorkriegssozialdemokratie, die zu Recht mit dem Namen ihres Schöpfers Kautsky etikettiert wird, konnte sich zwar als Element der Integration einer heterogenen Massenpartei im taktischen, organisatorischen und psychologischen Bereich bis 1914 unbestritten behaupten. Insbesondere aber seit der preußischen Wahlrechtsbewegung hatte sie starke Belastungsproben zu bestehen, die von dem linken Parteiflügel ausgingen, der nun mit eigenständiger politischer Kraft und größerem Führungsanspruch auftrat. Der Attentismus des „marxistischen Zentrums”, das unter der theoretischen Führung Kautskys und der politischen Leitung Bebels das Bild der Gesamtpartei prägte, war für die in zahlreichen Nuancierungen sich herauskristallisierende Linke Anlaß zunehmender Unruhe und harter Angriffe. Die Debatten um die Marokkopolitik des Vorstandes dokumentieren dies eindrucksvoll. Die dazu parallel laufenden Bestrebungen eines Teils der Radikalen, die auf eine Reorganisierung der Parteileitung drängten, wurzelten im Boden derselben Kritik

Type
Research Article
Copyright
Copyright © Internationaal Instituut voor Sociale Geschiedenis 1966

References

page 197 note 1 Kautsky, K., Der politische Massenstreik. Ein Beitrag zur Geschichte der Massenstreikdiskussionen innerhalb der deutschen Sozialdemokratie, Berlin 1914, S. 247.Google Scholar

page 197 note 2 Vgl. Matthias, E., Kautsky und der Kautskyanismus, in: Marxismusstudien, 2. Folge, Tübingen 1957, S. 151ff.Google Scholar

page 198 note 1 Zusammenfassend dazu vgl. Schorske, Carl E., German Social Democracy 1905–1917. The Development of the Great Schism, Cambridge (Mass.) 1955, S. 197223.Google Scholar

page 198 note 2 Kautsky, , a.a.O., S. 228ff.Google Scholar

page 198 note 3 Die zeitliche Beschränkung der Untersuchung auf die Jahre 1911 und 1912 geschieht nicht willkürlich. Die in den Debatten dieses Zeitraumes gesetzten Akzente blieben die gleichen bis in den Weltkrieg und die Parteispaltung hinein. Die Verhandlungen des Gründungsparteitags der USPD von 1917, bei denen zum Teil wörtlich auf das 1912 Gesagte zurückgegriffen wurde, verdeutlichen diese Kontinuität, s. Protokoll über die Verhandlungen des Gründungs-Parteitags der USPD vom 6. bis 8. April 1917 in Gotha, Berlin 1921, S. 20f., 56–76 pass. (Ledebour, Haase, Kautsky alsVerteidiger der Abrüstungsund Schiedsgerichtsidee gegenüber Angriffen von seiten der Spartakusgruppe).

page 198 note 4 Die sozialdemokratische Resolution, die eine Reaktion auf die ablehnende Haltung der deutschen Regierung gegenüber informellen englischen Abrüstungssondierungen darstellte, hatte folgenden Wortlaut: „Der Reichstag wolle beschliessen, den Herrn Reichskanzler zu ersuchen, unter Hinweis auf die, auch von der deutschen Regierung gebilligten Beschlüsse der Haager Konferenzen in den Jahren 1899 und 1907, die erforderlichen Schritte zu tun, um eine Internationale Verständigung der Mächte zur gegenseitigen Begrenzung der Rüstungen zur See, sowie zum Verzicht auf das Prisenrecht baldigst in die Wege zu leiten”, Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Deutschen Reichstags [Abk.: Sten. Ber. RT], Bd. 254 (Anlagen), No 1311, S. 7845. Von der Verquickung der Forderung nach einem Abkommen zur Beschränkung der Flottenrüstungenan der vor allem England gelegen sei – mit dem Verlangen nach Beseitigung des Kaperrechts, woran Deutschland ein besonderes Interesse habe, versprach sich die Fraktion eine Verbesserung der Aussichten für die Annahme der Resolution, Bd. 236, S. 7818–7825 (Ledebour in der Begründung des Antrages); Ledebour, s. auch G., Die Einschränkung der Seerüstungen, in: NZ, 27, 2 (1909), S. 99106.Google Scholar

page 199 note 1 Sten. Ber. RT, Bd. 278 (Anlagen), No 855, S. 4106–4107. Ebenso wie 1909 wurde auch diese Resolution, die Scheidemann vertrat (a.a.O., Bd. 266, S. 5978–5983), abgelehnt. Statt dessen entschied sich der Reichstag für einen unverbindlich formulierten Antrag der Fortschrittlichen Volkspartei, der die Initiative für Abrüstungsverhandlungen nicht von Deutschland verlangte, sondern sie den europäischen Mächten überließ.

page 199 note 2 Der Versuch K. Radeks, schon im Anschluß an die Abrüstungsdebatte auf dem Internationalen Sozialistenkongreß in Kopenhagen eine Diskussion in Gang zu setzen, schlug fehl; s. Kritisches über Kopenhagen, in: Leipziger Volkszeitung [Abk.: LVZ], No 214 und 215 vom 15. u. 16.9.1910. Die Autorschaft Radeks ist sichergestellt durch einen Brief Lenins an Radek vom 30.9.1910, s. Lenin, W. I., Werke, Bd. 36, Berlin 1962, S. 146fGoogle Scholar. Ferner vgl. Falsche Waffen im Kampfe gegen den Imperialismus, in: Bremer Bürger-Zeitung [Abk.: BBZ], No 218, 17.9.1910, 3. Beilage.

page 199 note 3 Bis 1913 Chefredakteur der Leipziger Volkszeitung.

page 199 note 4 Beide damals Vertreter der Bremer Linken.

page 199 note 5 Praktische Politik?, in: LVZ, No 75. Für Lensch als Verfasser dieses Artikels sprechen Hinweise in späteren Repliken.

page 199 note 6 Ebda. Zu diesem Vergleich bemerkte Kautsky in der NZ (Praktische Wahlagitation, 29, 2 (1911), S. 36), daß der Bau von Dreadnoughts auf Parlamentsbeschlüsse zurückgehe, das Lohnsystem dagegen nicht. Trotzdem lasse sich das Lohnsystem schon heute gesetzlich einschränken: „Was dem Achtstundentag recht, ist der Abrüstung billig.”

page 199 note 7 LVZ, ebda.

page 200 note 1 Auf dem Holzwege, in: BBZ, No 78, 1.4.1911; mutmaßlicher Verfasser – K. Radek.

page 200 note 2 Ebda.

page 200 note 3 K. R[adek], Die Sozialdemokratie und die Kriegsrüstungen I u. II, in: BBZ, No 81 u. 82, 5. u. 6.4.1911 (= LVZ, 8. u. 11.4.11); A. P[annekoek], Abrüstungsfragen, in: BBZ, No 84, 8.4.1911, 4. Beilage (= LVZ, 8.4.11); K. Radek, Sozialdemokratie und Rüstungsbeschränkung I bis IV, in: BBZ, No 88 bis 91, 13., 15., 18. u. 19.4.1911; Zur Frage der Rüstungsbeschränkung, in: LVZ, 10., 11. u. 12.4.1911.

page 200 note 4 Vgl. Auf dem Holzwege, in: BBZ, a.a.O.; auch K. Radek, Sozialdemokratie und Rüstungsbeschränkung IV, in: BBZ, No 91, 19.4.1911.

page 200 note 5 Zum Echo in der Parteipresse s. Die Konsequenzen, in: BBZ, No 94, 22.4.1911.

page 200 note 6 Nicht nur in zahlreichen Reden und Artikeln hatte sich Ledebour für die Abrüstungsidee exponiert, sondern auch auf dem Kopenhagener Kongreß in der dort eingesetzten Abrüstungs- und Friedenskommission die Haltung der Reichstagsfraktion gegen heftige Anwürfe Radeks verteidigt, s. die Berichte vom Internationalen Sozialistenkongreß zu Kopenhagen in: Vorwärts, No 202, 30.8.1910, 1. Beilage; No 204, 1.9.1910, 1. Beilage. Ferner: Sten. Ber. RT, Bd. 260, S. 1826–1830 (Rede v. 7.3.1910); Bd. 285, S. 2108–2110 (Rede v. 18.5.1912); Vorwärts, No 154, 5.7.1910, 1. Beilage (Rede Ledebours in der Berliner Verbands-Generalversammlung); Ledebour, , Eine parlamentarische Improvisation, in: NZ, 30, 2 (1912), S. 537541.Google Scholar

page 200 note 7 Sozialdemokratie und Rüstungsbeschränkung, in: Vorwärts, No 82 und 84, 6. u. 8.4.1911, 1. Beilage. Der Vorwärts hatte sich von Anfang an auf die Seite der Fraktion gestellt, s. No 75, 30.3.1909.

page 201 note 1 Diese Beschlüsse und ihre positive Bewertung in: Handbuch für sozialdemokratische Wähler. Der Reichstag 1907–1911. Hrsg. vom Vorstande der Soziald. Partei, Berlin 1911, S. 54ff.Google Scholar

page 201 note 2 Internationaler Sozialisten-Kongreß zu Kopenhagen, 28. August bis 3. September 1910, Berlin 1910, S. 34f.Google Scholar

page 201 note 3 Vorwärts, 6.4.1911, a.a.O.

page 201 note 4 Vorwärts, 8.4.1911, a.a.O. Die Ansicht, daß die allgemeine weltwirtschaftliche Verflechtung des Kapitals ein kriegshemmendes Moment darstelle, wurde auch von Bebel (s. Protokoll über die Verhandlungen des Parteitages der SPD. Abgehalten in Jena vom 10. bis 16. Sept. 1911, Berlin 1911 [Abk.: SPD-PTP 1911], S. 345 – Marokkoreferat) und Haase (Protokoll.… des Parteitages der SPD. Abgehalten in Chemnitz v. 15. bis 21. Sept. 1912, Berlin 1912 [Abk.: SPD-PTP 1912], S. 411f.) geteilt.

page 202 note 1 Kautsky, , Krieg und Frieden. Betrachtungen zur Maifeier, in: NZ, 29, 2 (1911), S. 99ff.Google Scholar

page 202 note 2 A.a.O., S. 101.

page 202 note 3 Kautsky, , Der erste Mai und der Kampf gegen den Militarismus, in: NZ, 30, 2 (1912), S. 105Google Scholar. Es ist bezeichnend für die von Kautsky vertretene Abstinenzpolitik, daß er in dem Moment, in dem er in Polemik gegen links für eine flexiblere Taktik eintritt, sich zugleich gegenüber allzu großen Erwartungen von rechts absichert und „die Politik des Entgegenkommens, der dauernden Arbeitsgemeinschaft in einem Block oder gar des Ministerialismus” rundweg ablehnt, a.a.O., S. 104.

page 203 note 1 Kautsky, , Nochmals die Abrüstung, in: NZ, 30, 2 (1912), S. 848Google Scholar; id., Praktische Wahlagitation, in: NZ, 29, 2 (1911), S. 36Google Scholar; id., Sozialdemokratische Finanzreform, in: NZ, 27, 2 (1909), S. 231fGoogle Scholar. Ähnliche Argumente hatte auch J. Karski-Marchlewski dem kategorischen Nein aus Leipzig entgegengehalten, s. [Karski], Praktische Politik, in: LVZ, No 77, 3.4.1911. Karski verwahrte sich aber dagegen, dabgr; Radek ihn wegen seiner positiven Haltung in der Abrüstungsfrage zum Verteidiger der Reichstagsfraktion stempelte, s. J. Karski, Ernste Fragen und nichtige Eitelkeiten, in: BBZ, No 85, 10.4.1911.

page 203 note 2 Kautsky, , Krieg und Frieden, in: NZ, 29, 2, S. 102Google Scholar. Auch Karski hatte in der LVZ (s.o.) betont, daß die kapitalistische Friedenspolitik dem Proletariat weder ein Ziel sei, noch seinen Interessen widerspreche. – Es bleibt unerfindlich, wie man angesichts der weitgehenden Übereinstimmung Karskis und Kautskys in der Abrüstungsdebatte von 1911 zu der Vermutung kommen kann, daß diese eine der Ursachen des Ende 1912 erfolgten Bruches zwischen beiden darstelle, so Schumacher, H., Sie nannten ihn Karski. Das revolutionäre Wirken Julian Marchlewskis in der deutschen Arbeiterbewegung 1896 bis 1919, Berlin 1964, S. 118.Google Scholar

page 203 note 3 Kautsky, , a.a.O., S. 102f.Google Scholar

page 203 note 4 A.a.O., S. 105.

page 203 note 5 A.a.O., S. 106–107.

page 204 note 1 Kautsky (a.a.O., S. 107) erweiterte dieses Zukunftsbild von den Vereinigten Staaten von Europa zu einer Vision von den „o;Vereinigten Staaten der zivilisierten Welt”: „Was die Kantone heute für die Schweiz sind, werden dann die heutigen Nationen für den Zukunftsstaat sein.”

page 204 note 2 Vgl. K. Radek, Um eine verlorene Position, in: BBZ, No 99, 28.4.1911.

page 204 note 3 Sten. Ber. RT, Bd. 266, S. 6139–6143 (Rede vom 3.4.1911). Allzu großen Optimismus in dieser Richtung dämpfte Ledebour, indem er betonte, daß diese Vereinigung „selbstverstßndlich nicht aus einzelnen monarchischen Kleinstaaten” hervorgehen könne, a.a.O., S. 6143.

page 204 note 4 Parvus, Ähnlich, Die Kolonialpolitik und der Zusammenbruch, Leipzig 1907, S. 21ffGoogle Scholar. und pass. Parvus hatte die aus der modernen kapitalistischen Entwicklung gewonnene Erkenntnis, daß die industrielle Zukunft Amerika und Rußland gehöre, zur Forderung nach einem wirtschaftlichen und politischen Zusammenschluß Europas verschmolzen, der sich unter dem Zeichen von Demokratie und Freihandel vollziehen sollte.

page 205 note 1 Siehe LVZ vom 7.5.1911, in: NZ, 29, 2 (1911), S. 248 und 276. Die LVZ brachte Ledebours Äußerungen – zu Unrecht – in direkte Verbindung mit der 1898 von Richard Calwer vorgetragenen Idee eines mitteleuropäischen Zollbundes mit antiamerikanischem Effekt; vgl. dazu die ablehnende Stellungnahme Ledebours auf dem Mainzer Parteitag, Protokoll über die Verhandlungen des Parteitages der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands. Abgehalten zu Mainz v. 17.-21. Sept. 1900, Berlin 1900, S. 196.Google Scholar

page 205 note 2 R. Luxemburg bezeichnete alle Ansätze zu einer internationalen Abrüstung als diplo- matische Friedensmache. Der Militarismus sei mit der Kolonial-, Zoll- und Weltpolitik so eng verknüpft, daß die heutigen Staaten, wollten sie ernstlich dem Wettrüsten Einhalt gebieten, „damit anfangen müßten, handelspolitisch abzurüsten, koloniale Raubzüge ebenso wie die Politik der Interessensphären in alien Weltteilen aufzugeben, mit einem Wort, in der äußieren und inneren Politik das direkte Gegenteil von dem zu tun, was das Wesen der heutigen Politik eines kapitalistischen Klassenstaates ist”, zit. n. P. Frölich, Rosa Luxemburg. Gedanke und Tat, Paris 1939, S. 170.

page 205 note 3 LVZ, 8.5.1911, zit. b. K. Mandelbaum, Die Erörterungen innerhalb der deutschen So- zialdemokratie über das Problem des Imperialismus (1895–1914), Frankfurt M. [1929], S. 48.

page 205 note 4 S. NZ, 29,2, S. 248 und 276f..

page 205 note 5 So Kautsky in seiner im November 1911 erschienenen zweiten umgearbeiteten Auflage von Handelspolitik und Sozialdemokratie. Populäre Darstellung der handelspolitischen Streitfragen, Berlin 1911, S. 92 f.; s. auch Protokoll über die Verhandlungen des Grün-dungs-Parteitags der USPD, S. 63 f. und 76.

page 206 note 1 Kautsky, , Praktische Wahlagitation, NZ, 29,2, S. 36.Google Scholar

page 206 note 2 Ebda.

page 206 note 3 Brief Kautskys an Radek, 20.4.1911 (Kautsky-Archiv G 6, IISG). Ähnlich schrieb Luise Kautsky an P. B. Aksel'rod, 12.6.1911: „…Er [Kautsky] hat jetzt jede Polemik absichtlich vermieden, obwohl ihm dieselbe durch die Leipziger Volkszeitung förmlich aufgedrängt wurde. Aber er hätte sich dabei sicher wieder sehr aufgetegt, und diese Abrüstungsdebatte lohnte es wirklich nicht, ein Stück Nervenkraft einzubüßen. So ließ er sich denn bewegen, auf die Polemik zu verzichten” (Aksel'rod-Archiv, IISG).

page 206 note 4 Die Extreme der Meinungsdivergenzen in der Internationale, die allerdings jeweils nur von Minoritäten repräsentiert wurden, reichten von der Unterstützung nationaler Rü- stungspolitik durch die Gruppe um Hyndman in England (s. dazu vor allem Kautsky, Sozialisten und Krieg, Prag 1937, S. 398) bis zu anarcho-syndikalistischen Empfehlungen in der Spielart des Hervéismus.

page 206 note 5 Kautsky, , Der zweite Parteitag von Jena, in: NZ, 29,2, S. 876 f.Google Scholar

page 206 note 6 Dazu vor allem: SPD-PTP 1911, S. 204–270, und das Echo in der LVZ und im Vorwärts (bes. die kritischen Stellungnahmen der Berliner Wahlkreise, Vorwärts, No 227, 28.9.1911, 1. Beilage).

page 206 note 7 Wie sehr die Linke ein heterogenes, mannigfach schattiertes und mit den jeweiligen Situationen fluktuierendes Gebilde war, zeigte sich gerade in den damaligen Auseinander- setzungen, als sich von der Parteimitte heraus ein linkes Zentrum abspaltete, das zeitweilig mit der radikalen Linken zusammenging. Zur Darstellung der Frontenbildung s. bes. Schorske, a.a.O., S. 213 ff., Kotowski, u. G., Ebert, Friedrich. Eine politische Biographie, Band 1, Wiesbaden 1963, S. 25 f. und 183 ff.Google Scholar

page 207 note 1 Jena, , in: LVZ, No 209, 9.9.1911; als Verfasser kommt Lensch in Frage (vgl. SPD-PTP 1911, S. 222).Google Scholar

page 207 note 2 Das vora PV herausgegebene, anonym erschienene, von Kautsky verfaßte Marokko- flugblatt „Weltpolitik, Weltkrieg und Sozialdemokratie”, das die wesentlichen Gedanken der von Kautsky seit 1912 (s.u.) entwickelten Imperialismustheorie wiedergibt, wurde als das Muster parteioffiziöser Defensivpraxis interpretiert, s. R. L[uxemburg], Unser Marokko-Flugblatt, in: LVZ, No 197, 26.8.1911; SPD-PTP 1911, S. 193 f., 207; Kautsky, Eine Musterkritik, in: LVZ, No 200, 30.8.1911, 3. Beilage.

page 207 note 3 Die Marokkopolitik auf dem Parteitag, in: LVZ, No 214, 15.9.1911. Bebel, der noch im Frühjahr 1911 die Abrüstung als aktuell bezeichnet hatte (s. Die Rede Bebels, in: Vor wärts, No 76, 30.3.1911, 1. Beilage), erklärte in Jena (SPD-PTP 1911, S. 171): „Nicht Abrüstung heißt künftig für das bürgerliche Europa die Losung, sondern Aufrüstung zu Wasser und zu Lande.”

page 207 note 4 Kautsky, , Der neue Liberalismus und der neue Mittelstand, in: Vorwärts, No 47, 25.2. 1912, 1Google Scholar. Beilage; id., Unser Stichwahlabkommen, in: Vorwärts, No 54, 55 und 56 (5., 6., 7.3.1912), 1. Beilage.

page 207 note 5 Vgl. die Kritiken in der „radikalen” Presse, zit. b. M. Schippel, Die neuesten Verstöße unserer Impossibilisten, in: SM, 18,1 (1912), S. 280–84Google Scholar; ferner die Diskussion um das Stichwahlabkommen in der Berliner Verbands-Generalversammlung, in: Vorwärts, No 78, 2.4.1912, 1. Beilage.

page 207 note 6 Symptomatisch dafür A. Pannekoek mit der Artikel-Serie Massenaktion und Revolution, in: NZ, 30,2 (1912), S. 541550, 585–593, 609–616Google Scholar; Kautsky, dagegen, Die neue Taktik, a.a.O., S. 654664, 688–698, 723–733Google Scholar; vgl. auch: Kautsky, , Die Aktion der Masse, in: NZ, 30,1 (1911/1912) S. 4349, 77–84, 106–117.Google Scholar

page 208 note 1 Lensch, P., Miliz und Abrüstung, in: NZ, 30,2, S. 771Google Scholar; Eine Improvisation, a.a.O., S. 365; Die neuen Wehrvorlagen, a.a.O., S. 73 f.

page 208 note 2 Die Abrüstungsdebatte ist ein wesentliches Teilstück der Imperialismusdiskussion in der SPD vor 1914. Eine ausführliche, auf Archivalien gestützte Darstellung hierüber steht noch aus. Von den bisher dazu erschienenen Untersuchungen kommen für unsere Fragestellung in Betracht: K. Mandelbaum, Die Erörterungen innerhalb der deutschen Sozialdemokratie über das Problem des Imperialismus (1895–1914), Frankfurt/M. [1929], bes. S. 32f f.; Gottschalch, W., Strukturveränderungen der Gesellschaft und politisches Handeln in der Lehre von Rudolf Hilferding, Berlin 1962, S. 86 ff.Google Scholar

page 208 note 3 Für Radek s. Der deutsche Imperialismus und die Arbeiterklasse, in: In den Reihen der deutschen Revolution 1909–1919. Aufsätze, Gesammelte und Karl Radek, Abhandlungen von [Abk.: In den Reihen], München 1921, S. 48155Google Scholar; Unser Kampf gegen den Impe rialismus, a.a.O., S. 156–176; Wege, und Mittel, im Kampfe gegen den Imperialismus, a.a.O., S. 177207Google Scholar. Für Pannekoek s. Massenaktion und Revolution, in: NZ, 30,2, S.

page 208 note 4 ff.; Marxistische Theorie und revolutionäre Taktik, in: NZ, 31,1 (1912/13), bes. S.

page 208 note 5 f.; Deckungsfrage und Imperialismus, in: NZ, 32,1 (1913/14), S. 110–116; SPD-PTP 1912, S. 421 f. (Imperialismusdebatte). Die Gemeinsamkeit der damals von der SPD- Linken entworfenen Imperialismustheorien besteht vor allem in der Charakterisierung des Imperialismus als immanenter Notwendigkeit für die Weiterentwicklung des Kapitalis- mus. In der Begründung dieser Notwendigkeit (Unvermeidbarkeit) gingen die Meinungen zum Teil extrem auseinander. Zur Charakterisierung einiger wesentlicher Unterschei- dungsmerkmale vgl. Gottschalch, , a.a.O., S. 92148 pass.Google Scholar; zu R. Luxemburgs Konzeption s. neuerdings J. P. Nettl, Rosa Luxemburg, London 1966, S. 520547Google Scholar. Zu Hilferdings Haltung in der Abrüstungsdebatte s. S. 220f.

page 209 note 1 Lensch, , Miliz und Abrüstung, a.a.O., S. 771.Google Scholar

page 209 note 2 Lensch, , Die neuen Wehrvorlagen, a.a.O., S. 74Google Scholar; Lensch machte hierbei verbale Anleihe bei Hilferding, R., Das Finanzkapital, Marx-Studien, 3. Bd., Wien 1923, S. 472.Google Scholar

page 209 note 3 Lensch, , Die neuen Wehrvorlagen, a.a.O., S. 7374.Google Scholar

page 209 note 4 Kautsky, , Der improvisierte Bruch, in: NZ, 30,2, S. 523.Google Scholar

page 209 note 5 Vgl. Radek, , Der deutsche Imperialismus und die Arbeiterklasse, In den Reihen, S. 153Google Scholar; Der Kampf gegen den Imperialismus, in: LVZ, No 75, 30.3.1912, 6. Beilage.

page 210 note 1 Kautsky, , Der erste Mai und der Kampf gegen den Militarismus, in: NZ, 50,2, S. 101.Google Scholar

page 210 note 2 A.a.O., S. 106.

page 210 note 3 A.a.O., S. 107.

page 210 note 4 Für eine Analyse des Kautskyschen Imperialismusbegriffs s. Kautsky, John H., Schumpeter, J. A. und Kautsky, Karl: Parallel Theories of Imperialism, in: Midwest Journal of Political Science, Vol. V (1961), S. 101128CrossRefGoogle Scholar. Dort auch die weiteren zum Thema Imperia- lismus verfaßten Artikel Kautskys.

page 210 note 5 Kautsky, , Nochmals die Abrüstung, in: NZ, 50,2, S. 850851.Google Scholar

page 210 note 6 In einem kurz vor Kriegsausbruch verfaßten Artikel charakterisierte Kautsky die eine Seite des Imperialismus als das Streben der kapitalistischen Industrienationen nach Unterwerfung agrarischer Gebiete; diese Seite des Imperialismus könne nur durch den Sozialismus überwunden werden. Für die Fortsetzung des Wettrüstens, das ein Resultat der aus diesem Streben erwachsenen internationalen Gegensätze darstelle, liege keine ökonomische Notwendigkeit vor, Der Imperialismus, in: NZ, 32, 2 (1914), S. 920. – Von dieser Zwei-Teilung des Imperialismus her läßt sich erklären, warum Kautsky eine Ein-dämmung des Wettrüstens für möglich hielt, der Änderung der bestehenden Kolonialpoli-tik – etwa der Möglichkeit eines Rückzugs der kapitalistischen Mächte aus den Kolonien – geringe Chancen einräumte, vgl. Kautsky, , Der improvisierte Bruch, in: NZ, 30,2, S. 520521.Google Scholar

page 211 note 1 Kautsky, , Nochmals die Abrüstung, a.a.O., S. 851.Google Scholar

page 211 note 2 Kautsky, , Der erste Mai…, a.a.O., S. 107.Google Scholar

page 211 note 3 A.a.O., S. 107–108.

page 211 note 4 A.a.O., S. 108. Im Weltkrieg hat Kautsky diese Phase der „Übertragung der Kartell- politik auf die äußere Politik” als „Ultraimperialismus” bezeichnet (s. Imperialismus, in: NZ a.a.O., S. 921; Zwei Schriften zum Umlernen, in: NZ, 55,2 (1915), S. 144f.) – offensichtlich in Anlehnung an Hilferdings „Generalkartell” (Hilferding, , Das Finanzkapital, a.a.O., S. 295 f.Google Scholar). Kautskys Konzept eines internationalen Staatenkartells nannte Lensch eine „blutleere Abstraktion” (Eine Improvisation, a.a.O., S. 364; Radek, ebenso, Wege und Mittel…, In den Reihen, S. 183184Google Scholar). Eckstein, G., der Kautskys Ausführungen unterstrich (s. Imperialismus und Rüstungsbeschränkung, in: NZ,30,2, S. 909910)Google Scholar, meinte zu Lenschs abschätzigen Äußerungen: „Von Oekonomie verstehen die Leute leider gar nichts” (Brief von Eckstein an Kautsky, 24.8.1912, Kautsky-Archiv D X/67, IISG).

page 211 note 5 Ledebour auf dem Chemnitzer Parteitag, s. SPD-PTP 1912, S. 431, Haase, Ähnlich, a.a.O., S. 411.Google Scholar

page 211 note 6 Kautsky, , Der erste Mai und der Kampf gegen den Militarismus, a.a.O., S. 108.Google Scholar

page 212 note 1 Lensch, , Eine Improvisation, in: NZ, 30,2, S. 312.Google Scholar

page 212 note 2 Lensch, , a.a.O., S. 311.Google Scholar

page 212 note 3 Kautsky, , Der erste Mai und der Kampf gegen den Militarismus, a.a.O., S. 98.Google Scholar

page 212 note 4 Einen Hinweis auf Abrüstung sucht man im Erfurter Programm vergeblich, s. Grundsätze und Forderungen der Sozialdemokratie, Erläuterungen zum Erfurter Programm von K. Kautsky u. B. Schoenlank, Berlin o.J., S. 36–39. – Auf dem Gründungskongreß der II. Internationale wurde unter den konkreten Forderungen die Abschaffung der stehenden Heere durch allgemeine Volksbewaffhung genannt, s. Protokoll des Internationalen Arbeiter-Congresses zu Paris, abgehalten vom 14. bis 20. Juli 1889, Nürnberg 1890, S. 119–120. Auf dem Züricher Kongreß von 1893 hatte die belgische Delegation die von den deutschen Teilnehmern formulierte Resolution durch den Antrag erweitert: „…die Militärkredite abzulehnen, gegen den Militarismus zu protestiren und für die Entwaffnung einzutreten”, s. Protokoll des Internationalen Sozialistischen Arbeiter-Kongresses in der Tonhalle Zürich v. 6.-12. Aug. 1893, Zürich 1894, S. 28. Die Vermutung, daß hier „Ent- waffnung” als Synonym für die Abrüstungsforderung im Sinne des Engelsschen Ar- tikels „Kann Europa abrüsten?” (in: Aus der Waffenkammer des Sozialismus, 5. Halb- jahrsband, 1905, Frankfurt/M. 1905, S. 104–122) anzusehen sei – wie W. Wittwer (Streit urn Schicksalsfragen, Berlin 1964, S. 58) meint – kann ich nicht teilen. Gerade Engels trat für eine „Abrüstung” ein, die s. M. nach „jede heutige Regierung ohne Gefahr der Landessicherheit” durchführen konnte (Engels, a.a.O., S. 104 im Vorwort). – Auf dem Londoner Kongreß von 1896 tauchten unter den konkreten Forderungen wiederum die Volksbewaffnung und die Einrichtung eines internationalen Schiedsgerichts auf (s. Verhandlungen und Beschlüsse des Internationalen Sozialistischen Arbeiter- und Gewerkschafts-Kongresses zu London v. 27. Juli bis 1. Aug. 1896, Berlin 1896, S. 24), die 1900 in Paris bestätigt wurden (s. Internationaler Sozialisten-Kongreß zu Paris, 23. bis 27. Sept. 1900, Berlin 1900, S. 27f). Erst in die Stuttgarter Kongreß-Resolution von 1907 fand die „Abrüstung” – wenn auch nur in einem Nebensatz – Eingang. Dort hieß es, daß „durch eine ernsthafte Anwendung der Schiedsgerichte an Stelle der kläglichen Veranstaltungen der Regierungen die Wohltat der Abrüstung den Volkern gesichert werden kann, die es ermöglichen würde, die enormen Aufwendungen…, die durch die militärischen Rüstungen und Kriege verschlungen werden, für die Sache der Kultur zu verwenden”, s. Internationaler Sozialisten-Kongreß zu Stuttgart, 18. bis 24. August 1907, Berlin 1907, S. 66.

page 213 note 1 Protokoll über die Verhandlungen des Parteitages der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands. Abgehalten zu Stuttgart v. 3. bis 8. Okt. 1898, Berlin 1898, S. 65 f. (Reso lution Bebel).

page 213 note 2 A.a.O., S. 221 (Bebel).

page 213 note 3 A.a.O., S. 66 (Resolution).

page 213 note 4 Kautsky, Demokratische und reaktionäre Abrüstung, in: NZ, 16,2 (1897/98), S. 743.

page 213 note 5 A.a.O., S. 746.

page 214 note 1 Kautsky, , Die Agrarfrage. Eine Übersicht über die Tendenzen der modernen Landwirt- schaft und die Agrarpolitik der Sozialdemokratie, Stuttgart 1899, S. 413.Google Scholar

page 214 note 2 Engels, , Kann Europa abrüsten?, a.a.O., S. 104 ff.Google Scholar

page 214 note 3 In einem Brief an Marx hatte Engels hervorgehoben: „Erst eine kommunistisch einge- richtete und erzogene Gesellschaft kann sich dem Milizsystem sehr nähern, und auch da noch asymptotisch”, zit. b. Mehring, F., Miliz und stehendes Heer, in: NZ, 31,2 (1913), S. 910.Google Scholar

page 214 note 4 Bebel betrachtete damals Engels’ Abrüstungsvorschlag „nur als ein Mittel…, das zeigen soil, dass wir einen praktischen Weg wissen; für durchführbar von jenen, die ihn durch- führen sollen, halte ich ihn nicht. Man akzeptiert ihn ebensowenig wie unsere Vorschlßge, das Milizsystem einzuführen. Man kann eben die Überflüssigkeit des Militarismus nicht zugeben, weil er für Staat und Bourgeoisie von Notwendigkeit ist”, Brief von Bebel an Engels, 28.2.1893, in: August Bebels Briefwechsel mit Friedrich Engels, hrsg. v. W. Blu- menberg, London, The Hague, Paris 1965, S. 670Google Scholar; s. auch Brief von Bebel an Engels, 25.2.1893, a.a.O., S. 666–667.

page 215 note 1 Kautsky, Handelspolitik und Sozialdemokratie. Populäre Darstellung der handelspolitischen Streitfragen, Berlin 1901, S. 91; auch in der 2. Auflage von 1911, S. 94. Der nämliche Gedankengang in: Kautsky, , Sozialismus und Kolonialpolitik. Eine Auseinandersetzung, Berlin 1907, S. 3758.Google Scholar

page 215 note 2 Kautsky, , Der Weg zur Macht. Politische Betrachtungen über das Hineinwachsen in die Revolution, Berlin 1909, S. 90.Google Scholar

page 215 note 3 Kautsky, , Der improvisierte Bruch, in: NZ, 30,2, S. 514517.Google Scholar

page 215 note 4 A.a.O., S. 517.

page 216 note 1 Kautsky, , Der improvisierte Bruch, a.a.O., S. 464Google Scholar. Bei einer Überprüfung der einzelnen, für Kautsky feststellbaren Entwicklungsphasen und ihtet zeitlichen Abgrenzung gegen- einander kann die Berücksichtigung des sichtbaren Wandels Kautskys in der Beurteilung von Abrüstung, Krieg und „Weltpolitik” wesentliche Anhaltspunkte liefern (vgl. die Kritik v. W. Abendroth, Aufstieg und Krise der deutschen Sozialdemokratie, Frankfurt/ M, 1964, S. 36–57, an der von Karl Korsch beeinflußten Interpretation des ganzen Kauts ky). Die Zeitspanne vom Frühjahr 1910 bis Ende 1911 markiert – m.E. – einen Fixpunkt für Kautskys Entwicklung, in deren Verlauf die Unterschiede zwischen „Zentrismus” und offiziellem Revisionismus fast vollkommen verschwanden.

page 216 note 2 Kautsky, , Der improvisierte Bruch, a.a.O., S. 466Google Scholar. für den Nachweis der Verknüpfung von Miliz und Demokratie s. frühere Äußerungen Kautskys, Schippel und der Militaris- mus, in: NZ, 17,1 (1898/99), S. 653 f.; Agrarfrage, Die, a.a.O., S. 413.Google Scholar

page 216 note 3 Kautsky, , Der improvisierte Bruch, a.a.O., S. 466467.Google Scholar

page 216 note 4 Kautsky, , Der erste Mai und der Kampf gegen den Militarismus, a.a.O., S. 98.Google Scholar

page 216 note 5 Ebda.

page 216 note 6 Lensch, , Miliz und Abrüstung, a.a.O., S. 768Google Scholar. Dagegen war für Radek der Milizgedanke auch auf die Flotte übertragbar, s. Wege und Mittel im Kampfe gegen den Imperialismus, In den Reihen, S. 194f.

page 217 note 1 Liebknecht, K. warnte auf dem Chemnitzer Parteitag davor, die Miliz als Selbstzweck anzusehen, die im Vergleich zum stehenden Heer „nur das kleinere Obel” darstelle, SPD-PTP 1912, S. 426Google Scholar. Die Erfahrungen mit der Schweizer Miliz bestatigten die Skepsis nut zu sehr, s. Grimm, R., Erfahrungen mit dem schweizerischen Milizsystem, in: NZ, 30,2, S. 385593Google Scholar. 442–449.

page 217 note 2 Eckstein, G. (Gegenwattsforderungen, in: NZ, 30,2, S. 574)Google Scholar setzte sich im Namen der Redaktion der NZ gegen solche Unterstellungen zur Wehr.

page 217 note 3 Vgl. etwa die von der Fraktion anläßlich der Wehrvorlagen von 1915 eingebrachten Militärverbesserungsanträge, Protokoll über die Verhandlungen des Parteitages der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands. Abgehalten in Jena vom 14. bis 20. Sept. 1913, Berlin 1913, S. 155–164.

page 217 note 4 LVZ, 5.4.1913, zit. b. Oeckel, H., Volkswehr gegen Militarismus, Berlin 1962, S. 113.Google Scholar

page 217 note 5 Mehring, , Miliz und stehendes Heer, a.a.O., S. 912.Google Scholar

page 217 note 6 Luxemburg, R. in einer Leipziger Volksversammlung im Mai 1913, in: Redner der Revolution, Bd. XI, Rosa Luxemburg, Berlin 1928, S. 86Google Scholar. Vgl. auch Radek, Kapitalisti- sches Wettrüsten, Volksheer und Sozialdemokratie, In den Reihen, S. 270: „Der Kampf für die Miliz bedeutet für das Proletariat den Übergang von der Verteidigung zum Angriff.”

page 217 note 7 Der „radikalen” Kritik an den Vorschlägen der Reichstagsfraktion zur Verbesserung der bestehenden Heeresverfassung hielt H. Schulz entgegen: Entscheidend sei doch, daß diese Anträge „ihre Ziele und Richtlinien durch unsere programmatische Volkswehrfor- derung, durch unser militärisches Endziel” erhielten, s. SPD-PTP 1913, S. 344 (Bericht der Reichstagsfraktion).

page 218 note 1 Kautsky, , Nochmals die Abrüstung, in: NZ, 30,2, S. 849.Google Scholar

page 218 note 2 Kautsky, , a.a.O., S. 852Google Scholar. Der sozialdemokratische „Leitfaden für die Beurteilung internationaler Verhältnisse”, die Gegnerschaft gegen den russischen Absolutismus, kommt hierbei deutlich zum Vorschein, vgl. Miller, S., Das Problem der Freiheit im Sozialismus, Frankfurt/M. 1964, S. 133.Google Scholar

page 218 note 3 Kautsky, , Nochmals die Abrüstung, a.a.O., S. 853.Google Scholar

page 218 note 4 Kautsky, , Der erste Mai und der Kampf gegen den Militarismus, a.a.O., S. 101.Google Scholar

page 219 note 1 Kritisches über Kopenhagen, LVZ, a.a.O.

page 219 note 2 Luxemburg, , Redner der Revolution, a.a.O., S. 8586.Google Scholar

page 219 note 3 Vgl. das 1907 beschlossene und 1910 bestatigte Amendement zur Antikriegsresolution, Internationale! Sozialisten-KongreB zu Stuttgart, a.a.O., S. 97–98 u. 102.

page 219 note 4 Kautsky, , Der erste Mai…, a.a.O., S. 107108Google Scholar. Kautsky glaubte, daß ein Abrüstungsabkommen den Krieg der europäischen Großstaaten hinausschiebe, so daß schließlich – da die Macht des europäischen Proletariats mit jedem Jahr wachse – dem Krieg für immer ein Ende bereitet werde (ebda.).

page 219 note 5 Kautsky, , Krieg und Frieden, in: NZ, 29,2, S. 104Google Scholar. Die Anwendung des Massenstreiks in einem solchen Falle hielt Kautsky fur „heroischen Wahnsinn”, ebda. Befürchtungen eines Anschwellens des Nationalismus im Kriegsfalle hatte auch Engels geäußert, s. Brief von Engels an Bebel, 29.9.1891, Bebels Briefwechsel, August, a.a.O., S. 440441.Google Scholar – A. Pannekoek (Massenaktion und Revolution, in: NZ, 30,2, S. 611) wies den Gedanken an die Möglichkeit, daß die sozialdemokratischen Arbeiter den Krieg bejahen könnten, entrüstet ab; auf Grund der Weltkriegserfahrung kommentierte Kautsky diese Replik: „Wie hätte ich gewünscht, Pannekoek hätte recht behalten!” (Sozialisten und Krieg, , a.a.O., S. 346).Google Scholar

page 220 note 1 Kautsky, , Die soziale Revolution, I. Sozialreform und soziale Revolution, Dritte durchgesehene Auflage, Berlin 1911, S. 58.Google Scholar

page 220 note 2 Kautsky, , Der politische Massenstreik, S. 213.Google Scholar

page 220 note 3 Der Wandel in der sozialdemokratischen Einstellung zum Kriege (s. auch die treffende Darstellung von revisionistischer Seite durch Fischer, E., Krieg und Sozialdemokratie, in: SM, 19,2 (1913), S. 604608)Google Scholar läßt sich auch für Kautsky nachweisen. Noch auf dem Essener Parteitag hatte Kautsky gegen Bebels Unterscheidung zwischen Angriffs- und Verteidigungskrieg betont, daß sich die Sozialdemokratie – da kein einwandfreies Kriterium für eine solche Unterscheidung zu geben sei – nut von dem Gesichtspunkt leiten lassen könne, „ob ein proletarisches oder ein demokratisches Interesse in Gefahr ist” (Protokoll über die Verhandlungen des Parteitages der Sozialdemokr. Partei Deutsch-lands. Abgehalten zu Essen vom 15. bis 21. Sept. 1907, Berlin 1907, S. 261). Im Anschluß an die Marokkodebatten auf dem Jenaer Parteitag von 1911 reflektierte er zum gleichen Thema, daß sich das Verhalten der Sozialdemokratie im Kriegsfalle orientieren müsse an der Haltung der Regierung, an der Stimmung der Bevölkerung und an dem Objekt, urn das der Krieg entbrenne (Der zweite Parteitag von Jena, in: NZ, 29,2, S. 873f.). – Für das Problem Sozialdemokratie und Krieg s. allgemein M. M. Drachkovitch, Les Socialismes Français et Allemand et le Problème de la Guerre 1870–1914, Genf 1953, bes. S. 243ft”.; Lütkens, G., Das Kriegsproblem und die marxistische Theorie, in: Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik, Bd. 49 (1922), S. 467517Google Scholar. Aus der Sicht des späten Kautsky, vgl. Kautsky, , Sozialisten und Krieg, bes. S. 280ff.Google Scholar

page 220 note 4 Balkankrieg, Der und Großmächte, die, in: NZ, 31,1, S. 8182.Google Scholar

page 220 note 5 Finanzkapital, Das, S. 471Google Scholar; auch Hilferding, Taumel, in: NZ, 31,1, S. 853.

page 221 note 1 Hilferding hat die Forderung der Rßstungsbeschrankung als eine „unmittelbar zu ver- fechtende, konkrete Forderung” bejaht, an die in der Agitation angeknüpft werden könne, um an dem Widerstand der herrschenden Schichten gegen sie „die eigentlichen Trieb-kräfte des Imperialismus zu entwickeln” (Mit gesammelter Kraft, in: NZ, 30,2, S. 1005). Eine Politik, die auf die Probleme des Tages nur die Antwort des Sozialismus bereithalte, nannte Hilferding „blutleer und wirkungslos” (Der Balkankrieg und die Großmächte, a.a.O., S. 77). Für Hilferdings Einstellung zum Massenstreik und seine „quietistischen” Folgerungen daraus s. Gottschalch, a.a.O., S. 74ff.

page 221 note 2 Ähnlich charakterisiert Schulz, G. (Die deutsche Sozialdemokratie und die Idee des internationalen Ausgleichs, in: Aus Geschichte und Politik. Festschrift zum 70. Geburtstag von Ludwig Bergsträsser, Düsseldorf 1954, S. 112f.)Google Scholar die auf dem Chemnitzer Parteitag angenommene Imperialismus-Resolution. S. auch die vom Parteivorstand herausgegebene Broschüre Imperialismus oder Sozialismus? Sozialdemokratische Flugschriften XII, Berlin 1912, S. 15: „Der Forderung der Herrschenden nach ständiger Mehrung setzen wir die unablässige Agitation nach Einschränkung der Rüstungslasten, nach Verwendung der Steuergelder für Sozial- und Kulturpolitik entgegen. Indem wir für diese Forderung kämpfen, zeigen wir den Herrschenden den Ausweg aus ihrer Kriegspolitik. Folgen sie uns nicht, dann sind sie auch für die Konsequenzen verantwortlich.”

page 221 note 3 Vgl. Kautsky, , Sozialdemokratische Finanzreform, in: NZ, 27,2 (1909), S. 235Google Scholar; Der erste Mai und der Kampf gegen den Militarismus, in: NZ, 30,2, S. 98; zur hämischen Kritik Lenschs s. Miliz und Abrüstung, a.a.O., S. 767. – Am deutlichsten hatte sich Bebel über die praktische Seite der Durchführung eines internationalen Rüstungsabkommens aus- gesprochen. Er empfahl, daß die Budgets eines bestimmten Zeitraumes als Norm für die weiteren Jahre gelten sollten (s. Vorwärts, No 76, 30.3.1911, 1. Beilage). – Die Hoff- nungen auf ein im internationalen Maßstab durchführbares Abkommen hielt Lensch für „Utopie”, eine bilaterale – etwa zwischen Deutschland und Frankreich geschlossene – Abmachung fur „denkbar” (Eine Improvisation, a.a.O., S. 365). Aber selbst für eine solche bloß „Palliativcharakter” tragende Maßnahme durfte – nach Ansicht von Radek – die Arbeiterschaft keine Verantwortung übernehmen (Radek, , Wege und Mittel im Kampfe gegen den Imperialismus, In den Reihen, S. 200Google Scholar). Auf die Inkonsequenz der Gedanken-führung von Lensch-Radek – ein zweiseitiges Abkommen für möglich zu erklären, in einem internationalen aber einen prinzipiellen Verstoß zu sehen – wies Hilferding (Mit gesammelter Kraft, , a.a.O., S. 1004) hin.Google Scholar

page 222 note 1 Kautsky, , Der erste Mai…, a.a.O., S. 109Google Scholar. Den Agitationscharakter der Abrüstungsforderung hat Kautsky in einem Brief an A. Henke kurz nach Ausbruch des Weltkrieges unterstrichen (27.10.1914, Nachlaß Henke, SPD-Archiv Bonn): „Ich habe nie verstanden, warum manche Genossen von der äußersten Linken sich mit solcher Vehemenz gegen diese Forderung erhoben haben… Wir Sozialdemokraten müssen doch mit einer eigenen Forderung in die Agitation für den Frieden eintreten… Ob diese Forderung durchgesetzt wird, ist wieder eine Frage für sich. Zunächst handelt es sich um die Agitation.”

page 222 note 2 Radek, , Wege und Mittel, In den Reihen, S. 205.Google Scholar

page 222 note 3 Vgl. Lensch, , Eine Improvisation, a.a.O., S. 359ff. und pass.Google Scholar

page 222 note 4 Vgl. Kautsky, , Der improvisierte Bruch, a.a.O., S. 467, 517 und pass.Google Scholar

page 223 note 1 Kautsky, , Nochmals die Abrüstung, in: NZ, 30,2, S. 841854.Google Scholar

page 223 note 2 Lensch, , Miliz und Abrüstung, in: NZ, a.a.O., S. 765772.Google Scholar

page 223 note 3 Brief von Eckstein an Kautsky, 4.9.1912 (Kautsky-Archiv D X/69, IISG).

page 223 note 4 Brief von Eckstein an Kautsky, 12.9.1912 (Kautsky-Archiv D X/70). Die gereizte Stimmung, die sich im Zusammenhang mit der Abrüstungskontroverse einstellte, hatte sogar zu einem redaktionellen Verdikt geführt, wie das Nichterscheinen des Radek-Ar- tikels „Wege und Mittel im Kampfe gegen den Imperialismus” in der NZ zeigte. Zwar hatte Eckstein, der Radeks Artikel als „reichlich konfuß und maßlos frech” bezeichnete, den unveranderten Abdruck zugesagt (Brief an Kautsky, 15.7.1912, Kautsky-Archiv D X/65). Doch nahm die Redaktion der NZ das zeitliche Zusammentreffen der geplanten Veroffentlichung mit dem damals beginnenden AusschluCverfahren gegen Radek zum Vorwand, urn Radeks Artikel zurückzuweisen (s. dazu die zum „Fall Radek” im Kautsky- Archiv liegenden Briefe; dort auch die korrigierten Druckfahnen von Radeks Artikel, der am 14.9.1912 in der BBZ erschien).

page 223 note 5 Etwa Hilferding.

page 223 note 6 Hier kamen u.a. Haase und Ledebour in Betracht.

page 223 note 7 Radek, , Wege und Mittel, In den Reihen, S. 202.Google Scholar

page 224 note 1 Kautsky, , Die neuc Taktik, in: NZ, 30,2, S. 732.Google Scholar

page 224 note 2 Kautsky, , Der politische Massenstreik, S. 281.Google Scholar

page 224 note 3 Pannekoek, A., Marxistische Theorie und revolutionare Taktik, in: NZ, 31,1, S. 368ff.Google Scholar; Massenaktion und Revolution, in: NZ, 30,2, S. 541; Deckungsfrage und Imperia- lismus, in: NZ, 32,1, S. 115f.

page 224 note 4 Radek sprach von der „Aushohlung” des Parlamentarismus, s. Radek, Der deutsche Imperialismus, In den Reihen, S. 147. Geyer, Curt (Der Radikalismus in der deutschen Arbeiterbewegung. Ein soziologischer Versuch, Jena 1923, bes. S. 929)Google Scholar versucht in seiner Analyse des Vorkriegs-Radikalismus, der seiner Meinung nach den politischen Ausgangspunkt von den taktischen Auseinandersetzungen über die Abrüstungs- und Massenstreikfrage nahm, darzustellen, wie sehr in den hier zitierten – von Lensch, Radek und Pannekoek verfafiten – Artikeln die fur den Radikalismus charakteristische meta- physische Geschichtskonstruktion und dessen mystisch-teleologische Massenlehre zum Ausdruck kommt (a.a.O., S. 148.).

page 224 note 5 Brief von Pannekoek an Kautsky, 14.4.1912 (Kautsky-Archiv D XVIII/416).

page 225 note 1 Pannekoek, , Marxistische Theorie…, a.a.O., S. 274.Google Scholar

page 225 note 2 S. SPD-PTP 1913, S. 146R. (Bericht der Fraktion) und S. 450ff. (Debatte urn die Dek- kungstaktik); s. auch Kautskys Verteidigung der angewandten Taktik: Der Parteitag, in: NZ, 51,2, S. 1001–1006.

page 225 note 3 Radek, , Wege und Mittel…, In den Reihen, S. 199Google Scholar: Auf ahnliche Andeutungen von Lensch (Miliz, und Abrüstung, , a.a.O., S. 768 u. 771Google Scholar) reagierte Kautsky recht heftig (Nochmals die Abrüstung, a.a.O., S. 843f). Doch Eckstein beruhigte Kautsky: „Eine be-wufite Begünstigung des Impjerialismus] wollte Ihnen Lensch gewiB … nicht imputie-ren” (Brief von Eckstein an Kautsky, 4.9.1912).

page 225 note 4 Die Haltung des aufiersten rechten Flügels und sein EinfluB auf die Stellungnahmen der Gesamtpartei dürfen allerdings nicht unterschatzt werden, s. dazu: Ascher, A., Imperia lists within German Social Democracy prior to 1914, in: Journal of Central European Affairs, Vol. 20 (19601961), S. 397422.Google Scholar

page 225 note 5 SPD-PTP 1912, S. 529.

page 225 note 6 Hugo Haase, S.. Sein Leben und Wirken, mit einer Auswahl von Briefen, Reden und Aufsatzen, hrsg. von Ernst Haase, Berlin-Frohnau 1929, S. 217218Google Scholar („Imperialismus und Schiedsgericht. Grundzuge fur das Referat auf dem geplanten Intemationalen Sozialisten-kongrefl in Wien 1914”): „…Einig im Kampf gegen das stehende Heer und den Militaris-mus wendet sie [die Internationale] sich mit flammender Leidenschaft gegen den volker-verderbenden Wahnsinn des Wettrüstens, und unablassig tritt sie für eine gleichzeitige Einschrankung der Rüstungen ein… Der Imperialisms ist eine spezifische Phase in der Entwicklung des Kapitalismus und kann nur mit diesem selbst überwunden werden. Aber die mit ihm verbundenen Gefahren für die Freiheit und Wohlfahrt der Volker konnen sehr wohl durch die Wachsamkeit und die Energie der arbeitenden Klassen gemildert und verringert werden.” – Haupt, G. (Le Congres Manque, L'Internationale a la Veille de la Premiere Guerre Mondiale, Paris 1965, S. 7ff.)Google Scholar verweist auf die enge Verknüpfung der hier von Haase skizzierten Thesen mit der auf dem Chemnitzer Parteitag angenommenen Imperialismus-Resolution.

page 226 note 1 An der Frage der Massenaktion schieden sich z.B. die Wege von Kautsky und K. Lieb-knecht. Letzterer hatte auf dem Chemnitzer Parteitag die Imperialismus-Definition von Lensch-Radek-Pannekoek zurückgewiesen und die Abrüstung für moglich erklart. Im Gegensatz zu Kautsky forderte er aber die Bekampfung des Imperialismus durch An-wendung aller Mittel des Klassenkampfes einschlieBlich der Massenaktionen, vgl. SPD-PTP 1912, S. 427; SPD-PTP 1911, S. 350.

page 227 note 1 Fischer, Edmund, Krieg und Sozialdemokratie, in: SM, 19,2 S. 607608.Google Scholar