Leben - Leben - Karl Jaspers - Karl Jaspers Stiftung

Familie und Herkunft

Karl Jaspers wurde am 23. Februar 1883 in Oldenburg geboren. Er stammte aus einer liberalkonservativen Familie, die Kaufleute, Pastoren und Politiker hervorgebracht hatte. Sein Vater, als Stadtrat und Landtagsabgeordneter selbst politisch tätig, war Direktor einer Bank. Seine Mutter leitete mit Klugheit und Wärme einen grossbürgerlichen Haushalt, in dem die Geschwister − Jaspers hatte noch eine zwei Jahre jüngere Schwester und einen sechs Jahre jüngeren Bruder − behütet aufwuchsen.

Krankheit

Seit seiner Kindheit litt Jaspers unter mangelnder körperlicher Leistungsfähigkeit, begleitet von häufigen Infektionen der Atemwege. Diagnostiziert wurde die Krankheit erst 1901 von dem mit Jaspers befreundeten Arzt Albert Fraenkel: Jaspers litt an Bronchiektasie, einer chronischer Erkrankung der Bronchien, die nach damaliger Lehrmeinung spätestens im vierten Lebensjahrzehnt zum Tode führen musste.
Fraenkel lehrte ihn, dass man mit dieser Krankheit durchaus leben und leistungsfähig bleiben könne, sofern man bestimmte Regeln sowie eine der Krankheit angepasste Lebensführung beachtete.

Studium und Beruf

Der Eindruck, den die Persönlichkeit seines Arztes Albert Fraenkel auf ihn gemacht hatte, bestärkte Jaspers in dem Entschluss, das von ihm begonnene Studium der Rechtswissenschaft aufzugeben und Medizin zu studieren. Sein Studium führte ihn über Berlin und Göttingen nach Heidelberg, wo er 1908 die Staatsexamensprüfungen  abschloss. Im gleichen Jahr trat er eine Stelle als Medizinalpraktikant an der Psychiatrischen Klinik an. Bei Franz Nissl, dem Chef der Klinik, promovierte er 1909 mit einer Arbeit über „Heimweh und Verbrechen“.
Durch seinen Heidelberger Kommilitonen Ernst Mayer lernte Jaspers 1907 dessen Schwester Gertrud, seine spätere Frau, kennen. Die beiden heirateten 1910, nachdem Jaspers im Jahr zuvor Volontärassistent an der Psychiatrischen Klinik geworden war.
Ein weiteres Ereignis von Bedeutung für Jaspers Lebensweg war die Begegnung mit Max Weber. Ab 1910 verkehrte Jaspers regelmässig in dem Kreis von Gelehrten und Intellektuellen, den das Ehepaar Weber allwöchentlich um sich vereinte. Max Weber wurde für Jaspers zum Vorbild nicht nur in wissenschaftlicher, sondern auch in persönlicher Hinsicht. Als er 1920 starb, stilisierte er ihn in seiner Gedenkrede zum Idealbild des Philosophen.   
In den Jahren als Volontärassistent an der Psychiatrischen Klinik in Heidelberg sammelte Jaspers Erfahrungen in seinem Beruf. Die Diskussionen mit engagierten Kollegen beflügelten ihn. In dieser besonderen Arbeitsatmosphäre schrieb er die „Allgemeine Psychopathologie“, mit der er im Herbst 1913 für Psychologie habilitiert wurde. Im Sommer 1914 begann er seine Lehrtätigkeit, die ihm 1916 eine Ernennung zum Extraordinarius für Psychologie einbrachte.

Der Wechsel zur Philosophie

Seinem Selbstverständnis nach philosophierte Jaspers seit seiner Jugend, als er Spinoza für sich entdeckt hatte. Institutionell bahnte sich der Wechsel zur Philosophie 1913 mit der Habilitation an, denn die Psychologie gehörte damals noch zur Philosophischen Fakultät. Die 1919 erschienene „Psychologie der Weltanschauungen“ war zugleich ein psychologisches und philosophisches Werk, das Positionen der Existenzphilosophie vorweg nahm, die 1920 durch die Freundschaft mit Martin Heidegger vertieft werden konnten. Beide verband der Wille zur Erneuerung der in akademischen Formen erstarrten Philosophie. Als Jaspers 1920 zum Extraordinarius und 1922 zum Ordinarius für Philosophie ernannt wurde, war der Wechsel von der Medizin zur Philosophie äusserlich abgeschlossen.
Für Jaspers begann jetzt die eigentliche Arbeit. Hatte er bisher regelmässig publiziert, so verzichtete er nun darauf und eignete sich stattdessen in Vorlesungen und Seminaren die philosophische Tradition an. Zu seinen Schülern zählte unter anderen Hannah Arendt, mit der ihn nach 1945 eine enge, lebenslange Freundschaft verband.
Daneben begann Jaspers an seinem dreibändigen Hauptwerk „Philosophie“ zu arbeiten. Sein Schwager Ernst Mayer war ihm dabei ein Gesprächspartner. Es erschien Ende 1931 nach achtjähriger Publikationspause und begründete Jaspers’ Ruf als Existenzphilosoph.

Die Bedrohung durch den Nationalsozialismus und ein Neuanfang

Als 1933 die Nationalsozialisten an die Macht kamen, änderte sich für Jaspers zunächst wenig. Während zahlreiche jüdische Kollegen schon nach wenigen Monaten ihres Amtes enthoben wurden, konnte er trotz seiner Ehe mit einer Jüdin weiterhin unterrichten und veröffentlichen. 1937 erhielt er Lehrverbot, 1938 Publikationsverbot.
1938, nach der Reichspogromnacht, wurde erstmals der Gedanke an eine Emigration erwogen, zumal 1939 ein entsprechendes Angebot aus Frankreich kam. Jaspers zögerte und lehnte schliesslich ab, nicht zuletzt aus Sorge um seine Gesundheit und wegen mangelnder Sprachkenntnisse. Als 1942 ein weiteres Angebot aus der Schweiz kam, war er zur Emigration bereit, doch seine Frau erhielt keine Ausreisegenehmigung. So verbrachten beide die letzten Kriegsjahre in ständig wachsender Angst vor einem drohenden Abtransport. Für diesen Fall hatten sie sich Zyankali besorgt. Zwei Wochen, bevor auch sie hätten abtransportiert werden sollen, wurde Heidelberg von der US-Armee befreit.
In den Jahren äusserer Bedrohung fand Jaspers seine innere Ruhe im Philosophieren. Er begann, das in „Vernunft und Existenz“ (1935) sowie in „Existenzphilosophie“ (1938) skizzierte Projekt einer philosophischen Logik auszuarbeiten, und wandte sich dem fernöstlichen Denken zu. Zu seiner Lektüre zählten nun auch in verstärktem Masse biblische und andere religiöse Texte.

 

Die Befreiung Heidelbergs durch die US-Armee bedeutete auch für Jaspers einen Neuanfang. Werke, die er in den Jahren des erzwungenen Schweigens fertiggestellt hatte, konnten nun erscheinen, so die vierte, völlig neu bearbeitete Auflage der „Allgemeinen Psychopathologie“ (1946) und „Von der Wahrheit“ (1947), der erste Band seiner geplanten „Philosophischen Logik“.
Zugleich begann die Zeit eines intensiven, bis ans Lebensende aufrechterhaltenen publizistischen Engagements. Jaspers gründete mit Alfred Weber und Werner Krauss die Zeitschrift „Die Wandlung“, für die er selbst zahlreiche Beiträge schrieb. Verstärkt meldete er sich in Tageszeitungen zu Wort, bald kamen Rundfunkvorträge hinzu. Er engagierte sich bei der Wiedereröffnung der Universität. In kürzester Zeit schrieb er eine Neufassung seiner erstmals 1923 veröffentlichten Schrift „Die Idee der Universität“ (1946). Aus einer Vorlesung über „Die geistige Situation in Deutschland“ im Wintersemester 1945/46 ging die Schrift „Die Schuldfrage“ (1946) hervor.
Dieses publizistische Engagement war von der Hoffnung getragen, die politische Denkungsart der Deutschen dauerhaft zu wandeln. Jaspers glaubte, dass durch konsequente Aufarbeitung der NS-Diktatur ein demokratisches Bewusstsein erzeugt werden konnte. Bald musste er jedoch enttäuscht feststellen, dass weder die Bevölkerung noch die Besatzungsmächte an einer ernsthaften Diskussion über die Vergangenheit interessiert waren. Der sich anbahnende Ost-West-Konflikt und die allgemeine materielle Not standen im Vordergrund.

Der Umzug von Heidelberg nach Basel

Die Enttäuschung über die politische Entwicklung in der unmittelbaren Nachkriegszeit war einer der Gründe, warum Jaspers 1948 einen Ruf nach Basel annahm und Deutschland verliess. Hier hoffte er die nötige Ruhe zu finden, um die „Philosophische Logik“ vollenden und mit der „Weltgeschichte der Philosophie“ beginnen zu können.
Zunächst sah es ganz danach aus, als ob er die ersehnte Ruhe gefunden hätte. Mit umfangreichen Werken wie „Vom Ursprung und Ziel der Geschichte“ (1949), „Schelling. Größe und Verhängnis“ (1955) oder „Die großen Philosophen“ (1957) nahm er die „Weltgeschichte der Philosophie“ in Angriff. Seine kleine, auf zwölf Radiovorträge zurückgehende „Einführung in die Philosophie“ (1950) konnte wie eine Summe seines Schaffens erscheinen. Als er 1953, im Jahr seines 70. Geburtstags, durch die Ehrendoktorwürde der Universität Heidelberg und die Ehrenmitgliedschaft in verschiedenen wissenschaftlichen Gesellschaften ausgezeichnet wurde, ein akademisches Ritual, das sich 1958, im Jahr seines 75. Geburtstags, noch einmal wiederholen sollte, schien sich der Kreis seines Lebens zu schliessen. Publizistisch aber strebte er einem neuen Höhepunkt zu: 1962 erschien sein Buch „Der philosophische Glaube angesichts der Offenbarung“ in dem Jaspers die Bilanz seines ihn über die ganze Basler Zeit begleitenden Nachdenkens über das Verhältnis der Philosophie zu der Frage von Wissen und Glauben. 
Die Bundesrepublik spielte in den Publikationen jener Jahre kaum eine Rolle. Was Jaspers politisch zu sagen hatte, betraf die allgemeine Weltlage, besonders den Ost-West-Konflikt und die Atombombe. Nicht zuletzt dafür wurde ihm 1958 der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels verliehen.
Doch in seiner anlässlich der Preisverleihung gehaltenen Rede „Wahrheit, Freiheit und Friede“ wandte er sich plötzlich in harschen Worten wieder der Bundesrepublik zu. Dabei wurde deutlich, dass er ihre politische Entwicklung in den zurückliegenden Jahren aufmerksam verfolgt hatte. Nach seiner Emeritierung 1961 verstärkte er sein politisches Engagement. Der akademische Lehrer trat in die Rolle des politischen Schriftstellers, der Ton wurde schärfer, die Kritik härter. Seine Streitschrift „Wohin treibt die Bundesrepublik?“ (1966) hielt sich wochenlang auf Platz eins der Bestsellerlisten, erzielte aber zu seiner Enttäuschung nicht die von ihm erhoffte Wirkung. 
Aus Verärgerung über die politische Entwicklung in der Bundesrepublik, vor allem über die Tatsache, dass 1966 mit Kurt Georg Kiesinger ein ehemaliges Mitglied der NSDAP zum Bundeskanzler gewählt worden war, gab Jaspers 1967 seinen deutschen Pass zurück und erwarb das Basler Bürgerrecht. Er starb am 26. Februar 1969 in Basel, am 90. Geburtstag seiner Frau, die ihn noch um 5 Jahre überlebte.

Ein vielfältiges Werk

Sein Leben führte ihn zur Philosophie. Doch was war das Ergebnis seiner Arbeit? Wie sah sein Werk aus?

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