FormalPara Sprache

französisch

FormalPara Übersetzung

Geschichte der Französischen Revolution (1930)

FormalPara Übersetzer/in

R. Kühn, F. M. Kircheisen

FormalPara Hauptgattung

Sachliteratur

FormalPara Untergattung

Geschichte

Das zwischen 1847 und 1853 erschienene historische Werk war als Teil einer monumental angelegten universalen Geschichte Frankreichs geplant. Als Einführung dazu hatte Michelet eine Histoire romaine (Römische Geschichte) vorgesehen, von der 1831 zwei Bände mit der Geschichte des republikanischen Rom erschienen. Die römische Kaiserzeit übersprang er, um sogleich die französische Geschichte zu behandeln. Bereits 1833 erschienen der Précis de l'histoire de France (Handbuch der französischen Geschichte) und die ersten beiden Bände der Histoire de France (Geschichte Frankreichs). Michelet wollte die Geschichte in fünf Bänden bis „in unsere Tage“ führen. Tatsächlich brauchte er aber allein sechs Bände und zehn Jahre, um bis zum Ende der Regierungszeit Ludwigs XI. (1483) zu gelangen.

Als in den 1840er Jahren das Herannahen einer politischen Umwälzung zu spüren war, war er mit seinem Geschichtswerk noch immer weit von der Gegenwart entfernt. Überzeugt, die Entwicklung durch die Darstellung der großen Revolution Frankreichs vorantreiben zu können, begann er 1844 mit den Vorarbeiten zur Histoire de la révolution française. 1847 erschienen die ersten Bände (La prise de la Bastille und La Constituante et la Législative). Doch als Michelet 1852 in Band 7 zur Darstellung des 9. Thermidor (27. 7. 1794) gelangte, waren durch die Kaiserkrönung Napoleons III. alle Hoffnungen, die sich an die Februarrevolution geknüpft hatten, bereits begraben. Michelet war seines öffentlichen Amtes enthoben worden, als er den Eid auf die Verfassung vom 14. Januar 1852 verweigerte. Die Revolutionsgeschichte blieb liegen, und er beschäftigte sich zum Broterwerb mit unterschiedlichen literarischen Themen. Schließlich füllte er die Lücke von 300 Jahren zwischen den vorliegenden sechs Bänden der Histoire de France und der Histoire de la révolution française: 1855 bis 1867 erschienen elf Bände, die von Karl VIII. bis zum Ausbruch der Revolution reichten. Erschüttert über den Zusammenbruch Frankreichs im Deutsch-Französischen Krieg, begann Michelet noch als alter Mann von instabiler Gesundheit, die Geschichte der Französischen Revolution vom Untergang der Jakobiner an weiterzuführen bis zur Restauration 1815.

Dieser oft unterbrochene Reifungsprozess prägt das Werk. Für Michelet war die Geschichte „wie ein persönlicher Roman; [...] die Vergangenheit im Spiegel einer Seele“. Ihm galt als „höchste Manifestation des französischen Geistes“ die große Revolution; alle sollten „teilnehmen an der Begeisterung von 1792, an dem Ruhm des jungen Banners, dem Gesetz göttlicher Gerechtigkeit und Brüderlichkeit, das Frankreich verkündet und mit seinem Blut geschrieben hat“. Michelet sah in der Geschichte nicht eine Abfolge von Ereignissen, sondern die Entwicklung von Ideen, die in seinem Werk oft wie lebendige Personen apostrophiert werden. Er war das Genie der ‚École de l'imagination‘, zu der u. a. auch Augustin Thierry und Hippolyte Taine gehörten. Doch darf nicht der Eindruck entstehen, dass er über den herausgearbeiteten Entwicklungstendenzen die Aufzeichnung der Tatsachen versäumt hätte. Er selbst legte den größten Wert auf sachliche Zuverlässigkeit. So studierte er für die Geschichte der Französischen Revolution alles Greifbare von den Akten der Ministerien bis zu den Verbrüderungsberichten, die von überall her an die Nationalversammlung geschickt worden waren, von den Akten der Clubs bis zu Briefen und Memoiren scheinbar unwichtiger Personen. Die Geschichte des Hofes hat in seinem Gesamtwerk kein größeres Gewicht als die Geschichte des Volkes, der Institutionen, der Bürger. Deren Lebensweise, Sitten, ja selbst ihre Kostüme werden bis ins Einzelne beschrieben. Der Stil ist deutlich von der Romantik beeinflusst. Taine schreibt bewundernd: „Michelet ist ein Dichter, ein Dichter großen Ausmaßes. Er schreibt, wie Delacroix malt und wie Doré zeichnet.“

Besessen von dem Wunsch, seine Zeitgenossen für sein Ideal der Freiheit zu begeistern, zeichnete sich Michelet nicht durch Unparteilichkeit aus. Tatsächlich zogen am Vorabend der Februarrevolution Jung und Alt mit den ersten Bänden der Geschichte der Französischen Revolution auf die Straßen und Plätze, um ganze Kapitel daraus laut vorzulesen. Michelet wurde einer der populärsten Männer von Paris. Nach der Enttäuschung des Jahres 1852 trat eine gewisse Änderung in seinem Stil ein. Sein Hass gegen die Tyrannen schien geschärft, sein Abscheu vor den Mächten der Kirche vertieft. Umso eindringlicher, aber auch schroffer wurde seine Darstellungsweise. Am stärksten beeindruckt das Werk durch die weit ausgreifende Ideengeschichte, die Michelet den Kapiteln „Von der Religion des Mittelalters“ und „Von der alten Monarchie“ vorausgeschickt hat. Die Histoire de la révolution française war für den Autor selbst Quintessenz und Krönung all seiner Arbeiten.