Joseph Bonaparte (1768 – 1844)

Joseph Bonaparte (1768 – 1844)

Joseph Bonaparte
François Gérard: Joseph Bonaparte als König von Spanien (ca. 1808)

Joseph Bonaparte war Napoleons älterer Bruder.

Obwohl er wichtigen Anteil an dessen Politik hatte, stand er stets in seinem Schatten.

Herkunft und Kindheit Joseph Bonapartes

Geboren wurde Joseph Bonaparte am 7. Januar 1768 in der korsischen Stadt Corte als Giuseppe Buonaparte.

Seine Eltern waren der Jurist und Freiheitskämpfer Carlo Buonaparte und Letitia Ramolino.

Neunzehn Monate später, am 15. August 1769, kam sein jüngerer Bruder Napoleon auf die Welt, der sein Leben entscheidend prägen sollte.

Im Unterschied zu dem neugierigen und tatkräftigen Napoleon zeigte sich Joseph eher ruhig und zurückhaltend.

Häufig balgten sich die beiden Brüder im Garten der Bonapartes und nahmen sich gegenseitig in den Schwitzkasten. In den meisten Fällen war Napoleon seinem Bruder überlegen.

Weil die Bonapartes zum verarmten Adel zählten, erhielten Joseph und Napoleon 1779 ein Stipendium, das sie zum Besuch des Internats im französischen Autun berechtigte.

Für Joseph war ursprünglich das Amt eines Geistlichen vorgesehen. Er beschloss jedoch, in die Fußstapfen seines Vaters Carlo zu treten, und nahm ein Jurastudium an der Universität von Pisa auf.

Als sein geliebter Vater 1785 in Montpellier an Magenkrebs verstarb, war Joseph bis zum Ende bei ihm. Anschließend begab er sich wieder nach Korsika, wo er als Rechtsanwalt arbeitete.

Jahre der Französischen Revolution

1789 brach die Französische Revolution aus. Joseph avancierte zum Vorsitzenden des Distriktrates von Ajaccio. Sein Bruder Napoleon trat dagegen im Rang eines Leutnants in die korsische Nationalgarde ein.

Als es 1793 auf Korsika zu politischen Auseinandersetzungen mit Pasquale Paoli, dem früheren Kampfgefährten Carlo Bonapartes, kam, musste die gesamte Familie Bonaparte 1793 nach Südfrankreich fliehen. So verschlug es auch Joseph dorthin.

Joseph Bonapartes Heirat mit Julie Clary

1794 nahm Joseph Julie Clary (1771-1845) zur Frau. Sie war die Schwester von Napoleons zeitweiliger Verlobter und späteren schwedischen Königin Désirée Clary (1777-1860).

Mit ihr hatte er zwei Töchter mit Namen Zénaïde Laetitia Julie (1801-1854) und Charlotte Napoléone (1802-1839). Die dritte Tochter Julie starb bereits 1796 im Kindbett.

Diplomatische Tätigkeiten

Als Napoleon, dessen militärischer Aufstieg sich in Frankreich fortsetzte, 1796 seinen Feldzug nach Italien antrat, war Joseph an seiner Seite.

Er nahm an den Friedensverhandlungen mit dem Königreich Sardinien teil. Schließlich wurde der Waffenstillstand von Cherasco geschlossen.

Später war Joseph an der Rückeroberung Korsikas von den Briten beteiligt. Außerdem arbeitete er an der Neuordnung der dortigen Lebensbedingungen mit.

Ab 1797 wurde Joseph vom Pariser Direktorium mit diplomatischen Aufträgen betraut. So fungierte er als französischer Vertreter in Parma und Rom. Anschließend wurde er Delegierter Korsikas im Rat der 500.

Aufstieg durch Napoleon

An dem Staatsstreich seiner Brüder Napoleon und Lucien am 9. November 1799 hatte Joseph Bonaparte kaum Anteil.

Er stieg in den Staatsrat auf und arbeitete im Jahr 1800 an Vereinbarungen zwischen Frankreich und den jungen Vereinigten Staaten von Amerika mit.

Auch am Frieden von Lunéville mit dem Heiligen Römischen Reich am 9. Februar 1801 war Joseph beteiligt.

Bei Verhandlungen mit den Briten, die 1802 zum Frieden von Amiens führten, war er als Gesandter ebenfalls mit von der Partie.

Als Napoleon zum Konsul auf Lebenszeit aufstieg, trübte sich das Verhältnis zu Joseph etwas. So kam es über die Nachfolgefrage zu Differenzen zwischen den Brüdern.

Joseph strebte die mögliche Nachfolge Napoleons an, doch Napoleon bevorzugte den Sohn seines jüngeren Bruders Louis.

Durch die Krönung Napoleons zum Kaiser im Dezember 1804 wurde dieser Streit noch vertieft.

Trotz allem blieb Joseph seinem Bruder stets treu ergeben. Als Napoleon 1805 in den Krieg gegen Österreich und Russland zog, fungierte er vertretungsweise wie ein Regent in Frankreich.

Joseph Napoleon wird König von Neapel

Zur Vertreibung der Bourbonen, die in Neapel herrschten, wurde Joseph 1806 von seinem kaiserlichen Bruder in die süditalienische Stadt geschickt.

Neapel fiel unter französische Herrschaft und Napoleon bestimmte Joseph am 30. März 1806 zum König des Reiches.

Während seiner Amtszeit war Joseph redlich bemüht, die katholischen Orden Reformen zu unterziehen und die feudalen Herrschaftsstrukturen zu beseitigen.

Außerdem nahm er Veränderungen an den Finanzen, der Bildung und der Justiz vor.

Es gelang ihm, eine funktionierende Verwaltung im Königreich Neapel zu schaffen.

Darüber hinaus erwies sich Joseph als Förderer der Künste. Zum Beispiel ließ er Ausgrabungen in Pompeji finanzieren.

Man sagte ihm sogar nach, dass Süditalien seit den alten Römern nicht mehr so gut verwaltet worden sei.

Außerdem wurden auf Josephs Wunsch französische Dramen in Neapel aufgeführt. Auf diese Weise wollte er den Neapolitanern beweisen, dass die Franzosen den Briten und Russen überlegen waren.

Selbst die Kochkunst wurde von Joseph gefördert.

Trotz seiner erfolgreichen Regentschaft in Neapel war Napoleon nicht immer zufrieden mit der Arbeit seines älteren Bruders.

1808 entschloss er sich, Joseph durch seinen Schwager, den Marschall Joachim Murat (1767-1815) zu ersetzen.

Die Neapolitaner bedauerten Josephs Abgang ebenso wie er selbst.

Schwere Aufgabe als spanischer König

Josephs neue Aufgabe lag im Königreich Spanien.

Am 6. Juni 1808 proklamierte Napoleon gemeinsam mit dem Kastilienrat Joseph Bonaparte zum König von Spanien, nachdem er zuvor die unfähigen Bourbonen Karl VI. und Ferdinand VII. zur Abdankung gezwungen hatte.

Überschattet wurde der Amtsantritt Josephs jedoch durch den zunehmenden Widerstand der Spanier, der zu einem langwierigen Kleinkrieg führte.

Joseph übernahm die Funktion, die ihm sein Bruder erteilt hatte, nur ungern. Trotzdem versuchte er, Spanien politisch und wirtschaftlich zu modernisieren.

Noch im Juni 1808 berief er eine verfassungsgebende Versammlung ein, die sich allerdings teilweise willkürlich zusammensetzte.

Durch die neue Verfassung ließen sich einige Sonderrechte der Provinzen einschränken. Kirche und Adel behielten jedoch ihre Privilegien. Sogar die Einführung des Code civil ließ sich nicht vollständig bewerkstelligen.

Zumindest einige spanische Liberale unterstützten den neuen Monarchen. Dennoch scheiterte die Verfassungsreform schon in ihren Anfängen.

Lediglich das Einteilen des Landes in französisch geprägte Präfekturen und das Ersetzen des Kastilienrates durch einzelne Ministerien konnte Joseph durchsetzen.

Darüber hinaus zog sich der neue König den Zorn des mächtigen spanischen Klerus zu, der fürchtete, dass Joseph ihm seine reichhaltigen Güter entziehen würde.

So geißelten die Kirchenvertreter den neuen spanischen König als Abgesandten des Satans und widerlichen Trunkenbold, obwohl er nur Wasser zu sich nahm.

Schließlich wurde von der Kirche zu bewaffneten Widerstand aufgerufen, der sich zunehmend ausweitete.

Napoleon greift ein

Im August 1808 landeten britische Truppen in Portugal und Joseph, der von den Spaniern nur noch „Don José Primero“ genannt wurde, war im Herbst gezwungen, Madrid zeitweilig zu verlassen.

Schließlich musste Napoleon persönlich militärisch eingreifen und verstärkte seine Armee auf 250.000 Mann.

In weiten Teilen des Landes vernichtete er die Widerstandsnester. Außerdem drangen die Franzosen bis nach Portugal vor.

Als Napoleon 1809 wieder nach Frankreich zurückkehrte, übergab er Joseph das Kommando. Der Diplomat und Jurist verfügte jedoch nicht über die militärischen Fähigkeiten seines Bruders.

Schon bald erstreckten sich die gewalttätigen Auseinandersetzungen durch das Wiederaufflammen der Guerillas über ganz Spanien und die Kriegsführung wurde auf beiden Seiten immer grausamer.

Während die Franzosen Massaker an der Zivilbevölkerung verübten, ermordeten die spanischen Guerillas französische Verwundete. Joseph musste seine Regentschaft zunehmend auf Madrid beschränken.

Nachdem sich die Situation in Spanien weiter verschlechtert hatte, setzte Napoleon Anfang 1810 eine Militärregierung in den Regionen nördlich des Ebros ein.

Joseph war durch dieses Vorgehen derart gekränkt, dass er mit seiner Abdankung drohte.

Napoleon warf seinem älteren Bruder vor, ihn im Stich lassen zu wollen, sodass Joseph wiederum nachgab. Das Verhältnis der beiden Brüder war jedoch nachhaltig getrübt.

Die Lage in Spanien bleibt kompliziert

Obwohl Joseph Folter und Inquisition in Spanien abschaffte, war er mit der Reformierung des rückständigen Landes letztlich überfordert. Von der Mehrheit der spanischen Bevölkerung wurde er als Eindringling abgelehnt.

Darüber hinaus litten auch die Staatsfinanzen unter dem andauernden Guerillakrieg, sodass sich Spanien permanent am Rande des Staatsbankrotts bewegte.

Die wichtigsten Entscheidungen traf zudem Napoleon selbst. Rückhalt genoss Joseph nur in Valencia, dem Baskenland und Katalonien. Allerdings erfolgte 1812 die Angliederung Kataloniens an Frankreich.

Als die Briten unter Wellington 1813 in Spanien einmarschierten, kam es am 21. Juni zur entscheidenden Schlacht bei Vitoria.

Die Franzosen, deren Stärke in Spanien sich durch Truppenabzüge nach dem verheerenden Russlandfeldzug von 1812 deutlich verringert hatte, erlitten eine klare Niederlage und mussten fliehen.

Für Napoleon bedeutete Wellingtons Triumph das Ende seiner Herrschaft in Spanien und für Joseph, dass er als spanischer König abdanken musste. Ferdinand VII. wurde erneut König von Spanien.

Joseph kehrte indessen nach Frankreich zurück. Bei der Schlacht um Paris Ende März 1814 führte er das Kommando über die französischen Streitkräfte in der Hauptstadt.

Napoleons Ende

Als Napoleon im April 1814 abdanken musste und sich zunächst nach Elba begab, zog Joseph in die Schweiz. Dort lebte er auf dem Schloss Prangins.

Am 1. März 1815 kehrte Bonaparte jedoch als Kaiser wieder zurück nach Frankreich und übernahm noch einmal für einhundert Tage die Macht.

Joseph stand seinem Bruder erneut zur Seite und führte in Paris die Regierungsgeschäfte.

Joseph Bonapartes Leben im Exil

Nach Napoleons Niederlage in Waterloo und seiner endgültigen Abdankung im Juni 1815 entschloss sich Joseph Bonaparte, ins Exil in die Vereinigten Staaten zu gehen.

Am 28. August traf er zusammen mit einigen Getreuen wie seinem amerikanischen Dolmetscher James Carret, dem spanischen Offizier Unzaga, seinem Sekretär Louis Mailliard sowie dem Koch François Parrot in New York ein.

Auch seine Frau Julie und seine Töchter folgten ihm ins Exil. Dort lebte die Familie mehrere Jahre in Bordentown, New Jersey auf einem Anwesen, das „Point Breeze“ hieß.

Um seine Identität zu schützen, trug Joseph den Titel des Grafen von Survilliers. Dabei handelte es sich um eines seiner Besitztümer in Mortefontaine.

Den größten Teil seines Vermögens verbrachte Bonaparte erfolgreich nach Amerika, um es dort zu investieren.

Außerdem besaß Joseph Bonaparte ein Haus in Philadelphia sowie ein größeres Landstück im Bundesstaat New York.

Sogar einen See erwarb der ehemalige König und gab ihm den Namen „Diana-See“. In der Gegenwart trägt er die Bezeichnung „See Bonaparte“.

Die Häuser Josephs wurden zu einem beliebten Treffpunkt für verbannte Anhänger Napoleons. Zahlreiche Verbannte erhielten von ihm großzügige finanzielle Unterstützung.

Manche Bonapartisten sahen in Joseph Bonaparte sogar den legitimen Nachfolger Napoleons.

Als ihm 1820 angeboten wurde Kaiser von Mexiko zu werden, lehnte Joseph jedoch ab. Lieber betätigte er sich erfolgreich als Farm-Unternehmer.

Letzte Jahre

Nach 17 Jahren im amerikanischen Exil kehrte Joseph Bonaparte 1832 mit seiner Familie wieder nach Europa zurück.

Dort ließ er sich im italienischen Florenz nieder, wo er am 28. Juli 1844 verstarb.

Seine letzte Ruhestätte fand er neben seinem Bruder Napoleon im Pariser Invalidendom.