Johannes Steinhoff

Steinhoff, Johannes

 

* 15. September 1913, Bottendorf + 21. Februar 1994, Bonn SteinhoffJ-1.jpg (29252 Byte)

 

Nach Abbruch seines Philologiestudiums (Sprach- und Kulturforschung) an der Universit�t Jena trat Steinhoff 1934 als Offiziersanw�rter in die Kriegsmarine ein. 1936 lie� sich der Flugbegeisterte zur Luftwaffe versetzten, wo er zum Jagdflieger ausgebildet wurde.

Unmittelbar vor Beginn des Polenfeldzuges wurde er zum Oberleutnant und Kapit�n der 10. Staffel im Jagdgeschwader 26 "Schlageter" unter dem Pour-le-M�rite-Oberst Ritter von Schleich (35 Siege im Ersten Weltkrieg) ernannt. Seinen ersten Luftsieg konnte Steinhoff bereits im Winter 1939 erzielen, als seine Gruppe zur Bek�mpfung britischer Bomber �ber der Nordsee herangezogen wurde. Im Februar 1940 �bernahm Steinhoff schlie�lich die 4. Staffel des Jagdgeschwaders 52.

W�hrend des Frankreichfeldzuges mit dem Eisernen Kreuz 1. Klasse ausgezeichnet, erlebte Steinhoff die hei�e Phase der Luftschlacht um England, in deren Verlauf er vier britische Jagdmaschinen abschie�en konnte.

Als er im Laufe der Luftschlacht wiederholt mit einem jungen F�hnrich seiner Staffel disziplin�re Probleme hatte und den jungen Hei�sporn nicht in den Griff bekam, lie� ihn Steinhoff kurzerhand in ein anderes Geschwader versetzen. Obwohl ein wirklich guter Jagdflieger, passte er einfach nicht zu Steinhoffs Kommandostil. Dieser junge F�hnrich wurde in seiner neuen Einheit zwar nicht ruhiger, aber daf�r um so erfolgreicher - er was Hans-Joachim Marseille, sp�ter Brillantentr�ger und vielleicht bester Jagdflieger der Welt!

Ein weiterer junger Pilot unter Steinhoffs Befehl war der damalige Unteroffizier Walter Krupinski, bei Kriegsende Eichenlaubtr�ger, Sieger in 197 Luftgefechten und sp�terer Generalleutnant der Bundesluftwaffe!

Nach der Niederlage �ber England wurde das Jagdgeschwader 52 von der Front abgezogen und aufgefrischt. In dieser Phase konnte Steinhoff einen Versetzungsbefehl ins neue Nachtj�gerkorps "abw�rgen" und seinen Verbleib bei den Tagj�gern durchsetzen.

Obwohl es Steinhoff 1940 bereits zum zweifachen Fliegeras gebracht hatte, wurde man aber erst w�hrend seiner Dienstzeit an der Ostfront auf den Jagdflieger aufmerksam, die im Juni 1941 begann. An der Spitze seiner Staffel flog Steinhoff unz�hlige Jagd- und Geleitschutzeins�tze, wobei er gro�e Erfolge gegen sowjetische J�ger melden konnte. Am 30. August 1941 erhielt Steinhoff nach 35 Siegen im Luftkampf das Ritterkreuz verliehen, ein halbes Jahr sp�ter erfolgte die Bef�rderung zum Hauptmann. In den vergangenen Monaten hatte sich der berechnende Flieger immer mehr zum f�higen Luftkampftaktiker und herausragenden Verbandsf�hrer entwickelt.

Im Dezember 1941 unterlag der 50. Gegner, im Februar 1942 �bernahm Hauptmann Steinhoff die II. Gruppe des Jagdgeschwaders 52. Sein Nachfolger an der Spitze der 4. Staffel wurde sein bisher bester Pilot, der sp�tere Schwertertr�ger und bei Kriegsende zweitbeste Jagdflieger der Welt Gerhard Barkhorn.

Mit seinem Geschwader im S�dabschnitt der Ostfront und �ber der Krim eingesetzt, erzielte der Gruppenkommandeur im August 1942 seinen 70. bis 100. Luftsieg! Am 2. September erhielt er hierf�r das Eichenlaub zum Ritterkreuz verliehen. Steinhoff war der 38. Tagj�ger und bereits f�nfte Pilot seines Geschwaders, der derart hoch ausgezeichnet wurde.

Im Winter 1942/43 k�mpfte das Jagdgeschwader 52 an der Stalingrad-Front, um dem Transportkorps der Luftwaffe f�r die Versorgungsaktion der eingeschlossenen 6. Armee Deckung zu geben. In etwa f�nfzig Eins�tzen schoss Steinhoff hier 21 russische Jagdmaschinen und Bomber ab. Im Februar 1943 unterlag schlie�lich der 150. Luftkampfgegner.

Im Mai wurde Johannes Steinhoff als Major zum neuen Kommodore des Jagdgeschwaders 77 "Herz As" ernannt, welches im Mittelmeerraum eingesetzt war. Seine Staffeln flogen w�hrend den Luftschlachten �ber Sizilien und erlitten hier im Kampf gegen schwergesch�tzte US-Bomberverb�nde hohe Verluste. So fiel der Kapit�n der 1. Staffel, Oberleutnant Berres, nach 53 Luftsiegen und erhielt postum das Ritterkreuz. Als seinen Nachfolger holte Steinhoff den sp�teren Schwertertr�ger Ernst-Wilhelm Reinert in sein Geschwader.

Trotz der erdr�ckenden �bermacht vermochte das JG 77 den deutschen R�ckzug �ber die Meeresstra�e von Messina erfolgreich abzuschirmen.

Am 25.08.43 konnte Steinhoff �ber dem Flugplatz seiner Gruppe in einem atemberaubenden Luftkampf innerhalb von nur vier Minuten ebenso viele amerikanische P-38 "Lightning" abschie�en!

Als er im Herbst erneut einen amerikanischen Luftkampfgegner abschoss und dieser mit dem Fallschirm absprang, zeigte Steinhoff eine bereits fast vergessene, beinahe unzeitgem��e Charaktereigenschaft aus den Zeiten eines Manfred von Richthofen und Max Immelmann. Er landete seine Maschine auf einer nahen Landstra�e und lief zur Landestelle seines Gegners. Anschlie�end nahm er den etwas verdutzten Amerikaner auf seinen St�tzpunkt mit und bewirtete ihn zusammen mit seinen Piloten. Eine sehr altritterliche Geste mitten im modernen Krieg.

Es folgten harte Eins�tze an der italienischen Front, Teile des Geschwaders k�mpften in Rum�nien - hier fiel Hauptmann Omert, der eisenharte Kommandeur der III. Gruppe nach 70 erfolgreichen Zweik�mpfen.

Im Juli 1944 erhielt Oberstleutnant Steinhoff f�r 168 Absch�sse die 82. Schwerter zum Ritterkreuz mit Eichenlaub verliehen. Im Oktober �bergab er sein Kommando an den Eichenlaubtr�ger Major Johannes Wiese, der den Krieg mit 133 Luftsiegen beendete und sp�ter in der Bundesluftwaffe diente.

Als eines der ersten Top-Asse der Luftwaffe schulte Oberst (01.10.44) Steinhoff im Winter 1944 auf die neue Messerschmitt Me-262 um und �bernahm im Dezember das (D�sen-)Jagdgeschwader 7.

Als im J�nner 1945 der von seinen Geschwaderf�hrern hochgeachtete General der Jagdflieger Adolf Galland von G�ring abgesetzt wurde, kam es zur sgn. "Meuterei der Jagdflieger". Hierzu schlossen sich die bekanntesten Jagdflieger der Luftwaffe zusammen und stellten G�ring in einer Konferenz zur Rede. Neben Steinhoff, G�nther L�tzow, Josef Priller und Hermann Graf geh�rten auch Oberst Gustav R�del (EL, 98), Oberst Hannes Trautloft (RK, 57), Oberstleutnant „Edu“ Neumann (Jaf� Italien), Oberstleutnant Gerhard Michalski (EL, 73) und Oberstleutnant Helmut Bennemann (RK, 92) zu diesen couragierten M�nnern. Gefordert wurden l�ngst f�llige Ver�nderungen im Jagdfliegerkorps, die R�ckkehr Gallands sowie eine sofortige Verbesserung der Ausbildung und Ausr�stung der jungen Jagdflieger. G�ring war au�er sich, verlie� den Raum und drohte allen mit dem Kriegsgericht! Obwohl es nicht soweit kam, blieben Konsequenzen nat�rlich nicht aus - L�tzow wurde z.B. nach Italien abgeschoben, Steinhoff als Kommodore des JG 7 abgesetzt!

Doch wie alle alten Veteranen hielt auch Steinhoff seinem Freund Galland weiterhin die Treue und stie� im Fr�hjahr 1945 - mehr oder minder heimlich - zu dessen Elite-Jagdverband 44 nach Norddeutschland.

Obwohl wegen seiner Verwendung als Einsatzoffizier der Staffel nur selten an Feindfl�gen beteiligt, konnte er mindestens sechs Absch�sse mit der zweistrahligen Me-262 erzielen! Dann wurde er jedoch vom Schicksal eingeholt.

Am 18. April, wenige Wochen vor der deutschen Kapitulation, wollte Oberst "M�cki" Steinhoff zusammen mit Galland und seinem einstigen Staffeluntergebenen Eichenlaubtr�ger Walter Krupinski (insgesamt 477 Absch�sse!) zum Einsatz gegen einen US-Bomberpulk starten. Nachdem er seine Maschine auf 200 km/h beschleunigt hatte und zum Start ansetzte, geriet sein Bugrad in einen schlecht ausgebesserten Bombenkrater, von denen es unz�hlige auf den deutschen Flugpl�tzen jener Tage gab. Das Fahrwerk brach, die Maschine gehorchte nicht mehr, wurde durch den ungebremsten Schub der beiden 900-kp-Turbinen am Ende der Bahn hochgerissen und schlug etwa 50 Meter weiter in einem riesigen Flammenmeer auf! Trotz schwerster Brandverletzungen, dem Schock und einigen Knochenbr�chen gelang es Steinhoff, die Pilotenkanzel zu verlassen und sich unmittelbar vor der Explosion des Wracks aus dem Gefahrenbereich zu schleppen!! Durch eine sofortige Notoperation �berlebte er und lag bei Kriegsende zusammen mit Galland in einem Luftwaffenlazarett.

Nach einer langen, komplizierten Heilungs- und Genesungsphase – schwere Verbrennungsnarben im Gesicht blieben jedoch - konnte erst 1947 die Entlassung erfolgen.

Die v�llig verbrannten Augenlieder konnten erst 1969 durch einen plastischen Chirurgen nachmodelliert werden!

Steinhoff geh�rte mit 888 Jagd- und 105 Jagdbombereins�tzen zu den am meisten gegen den Feind geflogenen Jagdpiloten des Krieges, mit 176 Luftsiegen steht er an 23. Stelle der Luftwaffe. Von diesen Siegen hatte er 26 im Westen und davon 4 gegen schwere US-Bomber errungen, ferner blieb er �ber 10 russische "Stormovik"-Schlachtflugzeuge siegreich. Zw�lf gefechtsbedingte Notlandungen zeugen von seinem harten Einsatz, ebenso die Versenkung von zwei russischen Schnellbooten.

Als begeisterter Flieger und �berzeugter Soldat war Steinhoff einer der ersten, die 1955 wieder in den Milit�rdienst eintraten. Ab 1956 bereits stellvertretender Stabschef der Bundesluftwaffe, hatte Brigadegeneral Steinhoff gro�en Anteil am Wiederaufbau dieser Waffengattung. 1962 zum Generalmajor bef�rdert, diente der ehemalige Schwertertr�ger u.a. in hohen Stabsstellen, ehe er 1966 als Generalleutnant Inspekteur der Bundesluftwaffe wurde. Am 1. J�nner 1971 wurde Steinhoff schlie�lich zum Vier-Sterne-General bef�rdert, die folgenden drei Jahre war er Vorsitzender des Milit�rausschusses der gesamten NATO-Streitkr�fte!

F�r seinen gro�en Anteil am Wiederaufbau der Bundesluftwaffe erhielt Johannes Steinhoff das Gro�e Bundesverdienstkreuz mit Stern, von den verb�ndeten NATO-Staaten den amerikanischen Legion of Merit sowie das Kommandeurkreuz der franz�sischen Ehrenlegion.

1974 in den Ruhestand versetzt, verstarb Steinhoff 1994 in Bonn.

Drei Jahre nach seinem Tod erhielt das in Mecklenburg-Vorpommern stationierte Jagdgeschwader 73 den Traditionsnamen "Steinhoff" verliehen.

Diese Ehre wurde davor lediglich den gro�en Fliegerhelden des Ersten Weltkrieges Oswald Boelcke (Jagdbombergeschwader 31) und Manfred von Richthofen (Jagdgeschwader 71) sowie dem gefallenen Brillantentr�ger Werner M�lders (Jagdgeschwader 74) zuteil!

 

Ritterkreuz (30. August 1941) Eichenlaub (2. September 1942) Schwerter (28. Juli 1944)  

 

QUELLE: „Mit Eichenlaub und Schwertern“ von Florian Berger, www.bergerbuch.at