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Film Joan Fontaine †

Eine Frau im Glanzlicht und zugleich im Schatten

Joan Fontaine im April 1945. Jetzt ist die Oscar-Preisträgerin im Alter von 96 Jahren gestorben. Joan Fontaine im April 1945. Jetzt ist die Oscar-Preisträgerin im Alter von 96 Jahren gestorben.
Joan Fontaine im April 1945. Jetzt ist die Oscar-Preisträgerin im Alter von 96 Jahren gestorben.
Quelle: AP/R2 RE. PEC SAH**NY**
Joan Fontaine war eine Augenweide für das Kino – und pflegte eine lebenslange Konkurrenz mit ihrer Schwester. Was bleibt von der Schauspielerin, die durch Alfred Hitchcocks „Rebecca“ berühmt wurde?

Es kommt gewiss nicht von ungefähr, dass sie in ihrem berühmtesten Film namenlos bleiben musste: „Rebecca“ ist in Alfred Hitchcocks Daphne du Maurier-Verfilmung schließlich der Name der ersten Mrs. De Winter. Die Heldin kann sich nur schwer behaupten gegen die Erinnerung, die ihren Mann noch immer gefangen hält.

Joan Fontaine schien abonniert auf die Rolle der Treuherzigen, die sich in Männer verliebt, deren Herz noch an Vorgängerinnen hängt. Das gilt auch für ihre Jane Eyre in „Die Waise von Lowood“. Nicht weniger fatal war die Hingabe zu den narzisstischen Verführern in Hitchcocks „Verdacht“ oder Max Ophüls‘ „Brief einer Unbekannten“, die zu spät merken, welch tiefe Liebe und Chance zur moralischen Erneuerung ihnen entgangen ist.

Joan Fontaine verstand diese Figuren gut. Ihre Karriere wurde überstrahlt vom Ruhm ihrer Schwester Olivia de Havilland. Nur einmal geriet sie ihr gegenüber ins Vordertreffen: als sie 1941 den Oscar für „Verdacht“ gewann; in einem Jahr, in dem auch die Ältere im Rennen war um den begehrten Preis.

Wie eisig sie deren Gratulation zurückwies, gehört zu den mythischen Momenten in der Geschichte des Oscars. Alles andere hätte Joan als heuchlerisch empfunden, denn seit ihrer Kindheit hatte Olivia ihr angeblich nie auch nur einen Hauch von Wärme oder Freundlichkeit gezeigt. Diese revanchierte sich, in dem sie Joan später in der Konkurrenz um die Beste Hauptrolle ausstach (und die Trophäe insgesamt zweimal errang). Seit 1975 sollen sie kein Wort mehr miteinander gewechselt haben.

Ihre Schwester – eine Konkurrenz fürs Leben

Joan wurde 1917 in Tokio geboren, wo der Vater eine erfolgreiche Anwaltspraxis für Patentrecht hatte. Ihr Geburtsname de Havilland verweist auf den Stolz der Familie, von einem normannischen Adelsgeschlecht abzustammen, das sich auf der Kanalinsel Guernsey niederließ. Die Eltern trennten sich, als Joan fünf war. Die Mutter zog mit den Töchtern nach Kalifornien. Beide Schwestern debütierten 1935 im Kino.

Während Olivia an der Seite von Errol Flynn rasch zum Star aufwendiger Historienfilmen wurde, nahm Joans Karriere langsam an Fahrt auf. Es half, dass sie den Künstlernamen Fontaine annahm. Sie war Fred Astaire 1937 eine erfreuliche Partnerin in „Ein Fräulein in Nöten“ (allerdings kein Ersatz für Ginger), spielte 1939 neben Cary Grant die weibliche Hauptrolle im prächtigen Indienabenteuer „Aufstand in Sidi Hakim“ und gehörte im gleichen Jahr zum Ensemble von George Cukors „Die Frauen“.

Zeitweilig war sie für Olivias Rolle in „Vom Winde verweht“ im Gespräch; wäre ihre Abneigung gegen Errol Flynn nicht so tief gewesen, hätte sie ihr den Part von General Custers Ehefrau in „Sein letztes Kommando“ streitig gemacht.

Ihr graziler Wuchs und ihre vornehme Schönheit entsprachen aber ohnehin eher den Vorstellungen, die man sich in Hollywoods Besetzungsbüros von britischem Adel machte. Dieser Rollentyp stand zumal während des Zweiten Weltkriegs hoch im Kurs. Ihre Rivalinnen hießen nun Greer Garson und Vivien Leigh. Fontaine gebrach es an deren Robustheit. Allerdings entwickelten ihre Figuren mitunter große romantische Durchsetzungskraft; vor allem, wenn sie empfänglich waren für unstandesgemäße Herzensregungen.

Eine Augenweide für das Kino

Sie war zauberhaft in einer weiteren Du Maurier-Verfilmung, „Der Pirat und die Dame“, und eine wahre Augenweide in Billy Wilders Habsburg-Schwank „Ich küsse Ihre Hand, Madame“, wo sie als Aristokratin dem Charme des amerikanischen Grammophonverkäufers Bing Crosby erliegen muss. In Wien spielte auch ihr bester Film, Max Ophüls‘ sublime Zweig-Verfilmung „Brief einer Unbekannten“ (1948), den sie zusammen mit ihrem zweiten Ehemann William Dozier produzierte und der vor Augen führt, welche Stärke sie der Verletzbarkeit abringen konnte.

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Danach verblasste ihr Stern. Der Sorgerechtsstreit um ihre Tochter Debbie kostete sie zu viel Kraft, als dass sie ernsthaft um die Hauptrolle in „Verdammt in alle Ewigkeit“ buhlen konnte. Sie hatte tragende Nebenrollen in Filmen von Nicholas Ray und Fritz Lang und feierte 1957 einen letzten Triumph in dem schwülen Karibik-Melo „Heiße Erde“.

Dort blieb ihre Liebesaffäre mit Harry Belafonte (als Wortführer einer Revolte von Plantagenarbeitern) zwar keusch, brach aber dennoch Tabus: Sie erzählt davon, wie das politische Bewusstsein einer höheren Tochter geschärft wird für die historischen und sozialen Realitäten in einer ehemaligen Kolonie.

Der Rest ihrer Karriere stand im Zeichen schaler Gastrollen im Kino und Fernsehen. 1978 brachte sie ihre Memoiren unter einem Titel heraus, der den Eindruck einer Bilanz von Enttäuschung und Entbehrung zu besiegeln scheint: „No bed of roses“. Tatsächlich jedoch bewies sie im Privatleben eine Tatkraft, die ihr auf der Leinwand meist verwehrt bliebt: Sie eine leidenschaftliche Pilotin und Ballonfahrerin sowie eine exzellente Sportlerin und Köchin. Am vergangenen Sonntag ist sie sanft in ihrer kalifornischen Wahlheimat entschlafen.

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