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Zweiter Weltkrieg Joachim von Ribbentrop

Mit Hass verfolgte Hitlers Außenminister England

Joachim von Ribbentrop machte im Weinhandel ein Vermögen und galt als England-Experte. Als Botschafter in London scheiterte er – mit dramatischen Folgen für seine Amtszeit als Außenminister.
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Als „Ambassador Brickendrop“ (nach der Redewendung „to brick a drop“ für „sich daneben benehmen“) wurde Joachim von Ribbentrop (1893-1946) während seiner Botschafter-Zeit in London verhöhnt. Hier verlässt er 1938 den Amtssitz des britischen Premiers in der Downing Street Als „Ambassador Brickendrop“ (nach der Redewendung „to brick a drop“ für „sich daneben benehmen“) wurde Joachim von Ribbentrop (1893-1946) während seiner Botschafter-Zeit in London verhöhnt. Hier verlässt er 1938 den Amtssitz des britischen Premiers in der Downing Street
Als „Ambassador Brickendrop“ (nach der Redewendung „to brick a drop“ für „sich daneben benehmen“) wurde Joachim von Ribbentrop (1893-1946) während seiner Botschafter-Zeit in London... verhöhnt. Hier verlässt er 1938 den Amtssitz des britischen Premiers in der Downing Street
Quelle: picture-alliance / Judaica-Samml

Verletzte Eitelkeit ist ein mächtiger Antrieb. Joachim von Ribbentrop verwand es nie, wie er nach seinem Amtsantritt als deutscher Botschafter in London 1936 verspottet wurde. Weil er König Edward VIII. angeblich zackig mit „Heil Hitler“ gegrüßt hatte, tauchte der diplomatische Seiteneinsteiger in britischen Blättern fast nur noch als Witzfigur auf, als „Ambassador Brickendrop“, nach der Redewendung „to brick a drop“ für „sich danebenbenehmen“.

Das schmerzte Ribbentrop. Denn er war wohlerzogen, dazu perfekt dreisprachig. 1893 noch ohne Adelsprädikat geboren, wuchs er in Metz und Arosa auf. Mit 16 Jahren kam er zum ersten Mal in die Weltmetropole London: „Gleich am ersten Tag unseres Aufenthaltes bin ich mit meinem Bruder stundenlang auf dem Oberdeck der Londoner Omnibusse herumgefahren“, erinnerte er sich später: „Wir konnten uns nicht sattsehen.“

Den jungen Mann zog es in die Ferne: Joachim wanderte nach Kanada aus, wo er eine Banklehre begann, sich aber auch als Reporter in New York versuchte. Doch 1914 kehrte er als Kriegsfreiwilliger zurück nach Europa, wurde zum Oberleutnant befördert und mit dem Eisernen Kreuz ausgezeichnet. Nach einer Verletzung wechselte er Anfang 1918 als Adjutant des Militärattachés an die deutsche Botschaft in Istanbul.

Schwiegersohn des Sekt-Königs Henkell

Anders als viele seiner Altersgenossen hatte Ribbentrop nach der deutschen Niederlage die Kraft, etwas Neues aufzubauen: Er machte sich als Weinimporteur selbstständig, heiratete die Tochter des größten deutschen Sektproduzenten Otto Henkell und mauserte sich zum Geschäftsmann, in dessen Villa in Berlin rauschende Feste gefeiert wurden.

Mit Anfang dreißig hatte Ribbentrop erreicht, was er sich vorgenommen hatte. Nun verlegte er sein Engagement auf andere Felder. Er war stets fasziniert gewesen von der Welt des Adels, gerade weil sein Zweig der Familie nie erhoben worden war. Also bezahlte er dafür, das begehrte „von“ zu bekommen: Er ließ sich gegen Zahlung einer monatlichen Rente von einer adligen Verwandten adoptieren.

Mit Politik wollte Ribbentrop lange nichts zu tun haben. In seinem „Führer-Fragebogen“ vom 22. Mai 1933 gab er dennoch an: „Seit einigen Jahren der NSDAP nahegestanden und der SA Berlin geholfen.“ Doch in den Aufzeichnungen von Joseph Goebbels, Berlins NSDAP-Chef, findet sich der erste Eintrag zu ihm erst Anfang April 1932. Fast zwei Jahre später notierte der Propagandaminister: „Ein eitler Schwätzer. Kann nicht verstehen, dass Hitler ihn schätzt. Vielleicht für kleine Aufgaben intriganten Charakters geeignet.“

Er ruinierte das deutsch-englische Verhältnis

Der „Führer“ jedoch bewunderte die internationale Erfahrung Ribbentrops und machte ihn zu seinem wichtigsten außenpolitischen Berater. Er galt als England-Experte, löste in London aber mit seiner Arroganz Widerwillen aus. Seine Beförderung auf den Botschafterposten dort stand unter einem schlechten Stern. Jedenfalls versagte er völlig, was seine Aufgabe anging: „Ribbentrop, bringen Sie mir das englische Bündnis!“, hatte Hitler ihm aufgetragen. Als er Anfang 1938 als neuer Chef des Auswärtigen Amtes nach Berlin zurückkehrte, war eine deutsch-britische Einigung in weite Ferne gerückt.

Nun steuerte Ribbentrop einen antibritischen Kurs, selbst wenn Hitler an der Fiktion einer Aufteilung der Welt in einen deutschen und einen britischen Machtbereich festhielt. Als unabhängiger Berater trat Ribbentrop ohnehin nicht auf; er versuchte eher, auf Nebenschauplätzen seine politischen Ziele umzusetzen.

Seinem Wunsch, ein gegen Großbritannien gerichtetes deutsch-sowjetisches Bündnis im Rahmen eines „Kontinentalblocks“ zu erreichen, kam er im Herbst 1940 so nahe wie nie zuvor. Doch der Besuch des sowjetischen Außenministers Wjatscheslaw Molotow in Berlin scheiterte. Also entschied Hitler sich für einen Zwei-Fronten-Krieg gegen die Sowjetunion und Großbritannien.

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Damit war die Außenpolitik des Dritten Reiches am Ende. Immer öfter zog Joachim von Ribbentrop sich fortan auf das Schloss Fuschl bei Salzburg zurück, das er sich angeeignet hatte. 1945 versuchte er unterzutauchen, wurde aber festgenommen, in Nürnberg zum Tode verurteilt und hingerichtet.

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Dieser Artikel wurde erstmals 2013 veröffentlicht.

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