Joachim Löw über DFB-Rückkehrer Toni Kroos: "Er war der coolste Spieler"

Joachim Löw begleitete Toni Kroos über seine gesamte DFB-Karriere. Fast zeitgleich traten sie 2021 aus der Nationalmannschaft zurück. Mittlerweile hat Kroos sein Comeback gegeben – während Löw für Sports Illustrated über ganz besondere Momente mit Kroos sprach.

Toni Kroos
Credit: Imago

Hinweis: Dieser Text erschien im August 2023 in der Ausgabe 04/2023 von Sports Illustrated. Coverstar war Toni Kroos, der im exklusiven Interview über sein Spiel und seine Zukunft in Spanien nach dem Karriereende sprach – und wieso er sich um den Fußball sorgt. Hier geht es zur Ausgabe! 

Was Toni Kroos bereits in jungen Jahren auszeichnete, als er 2010 in die Nationalmannschaft kam: Er war sehr selbstbewusst und hatte ein großes Selbstverständnis in seinem Spiel. Technisch war er in der Lage, alle fußballerischen Schwierigkeiten zu lösen – auf simple Art und Weise. Und er besaß eine unglaubliche Orientierungsfähigkeit: Wo ist der Gegner, wo ist der Ball, wo sind die Mitspieler? Das brachte er alles mit, obwohl er zu diesem Zeitpunkt noch relativ jung und unerfahren war. In der Folge prägte er das Spiel der Nationalmannschaft immer mehr, zog es an sich. Die Mitspieler entwickelten totales Vertrauen in ihn, weil sie wussten, dass sie ihn in jeder Situation anspielen konnten und er immer in der Lage war, Lösungen zu finden.

Joachim Löw
Joachim Löw
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Joachim Löw: "Toni Kroos ist der coolste Spieler"

Toni ist einer der besten Spieler, die ich je gesehen habe. Und er ist vor allem der coolste Spieler. Cool insofern, als dass er in allem eine unglaubliche Sicherheit ausstrahlt. Ich habe mit Toni so viele Stunden, Tage, Wochen und Monate während Turnieren mit der Nationalmannschaft verbracht – und nie hat er ein Zeichen der Nervosität erkennen lassen. Er ruht stets in sich und ist total klar, auch unter größtem Druck. 

Und er hat sich auf jedes Spiel gefreut, auf jedes Halbfinale oder Finale. Man sah ihm die Freude förmlich an, wenn wir ins Stadion kamen. Bei anderen Spielern habe ich – was ja völlig normal ist – vor solchen wichtigen Partien eine gewisse Unruhe und Nervosität festgestellt. Toni war bis zum Anpfiff entspannt, das habe ich so nie mehr gesehen.

Toni ist der vielleicht beste Verbindungsspieler, den es je gab, weil er ein Spiel mit seinen Aktionen sofort verändern kann. Er erkennt Räume wie kaum ein anderer und ist dank seiner Technik in der Lage, seine Ideen umzusetzen. Er überblickt wie ein Adler aus der Vogelperspektive das Spielfeld und weiß, was überall gerade passiert. Er kann wie kaum ein anderer Situationen erfassen, Spiele analysieren. Er ist bei alldem schnell im Kopf, was ausgleicht, dass er beim Tempolauf vielleicht nicht immer der Schnellste war.

Jogi Löw und Toni Kroos Ende 2019
Jogi Löw und Toni Kroos Ende 2019
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Löw über Kroos: "Toni hielt jeder Belastung stand"

Toni ist außerdem jemand, der im Spiel Verantwortung übernimmt, ganz egal, wie es läuft. Er war sicher, dass sich das Ergebnis noch drehen lässt. Für einen Trainer sind solche Spieler unheimlich wertvoll, weil man sich auf sie verlassen kann. Toni war außerdem kaum verletzt. Er war immer da, egal wie viele Partien in der Saison anstanden, ob Länderspiele oder Turniere: Toni hielt jeder Belastung stand. Das hat einerseits mit der Art und Weise seines Spiels zu tun, andererseits mit seiner hochprofessionellen Einstellung, was Trainingsintensität und Konzentration angeht. Darüber hinaus besitzt er einen unglaublichen Erfahrungsschatz aus so vielen Spielen für Real Madrid, den vielleicht größten Verein überhaupt. 

Kroos: Unverzichtbar für den Fußball

Für mich war Toni ein extrem wichtiger Ansprechpartner. Ich habe seine Sichtweise auf den Fußball und seine Gedanken immer geschätzt: sehr deutlich, sehr klar, sehr ruhig und sehr analytisch. Aufgrund seiner Persönlichkeit steht er – positiv gesehen – über den Dingen: Er lässt sich nicht treiben von Emotionalität und Aktionismus. Er hat eine wahnsinnige Ausstrahlung – nicht nur auf dem Feld. Toni ist von unschätzbarem Wert für den Fußball: weil er Erfahrung mitbringt und Erfolge vorweisen kann wie kaum ein anderer deutscher Spieler in der Fußball-Historie.

Auch daneben hat er sich im Laufe der Jahre entwickelt. Toni lebt für seine Familie und für den Fußball, ansonsten gibt es kaum etwas anderes. Als Mensch mag ich Toni wahnsinnig gerne, weil er in seiner ganzen Karriere bescheiden und auf dem Boden geblieben ist, nie irgendwelche Allüren gezeigt hat, egal welche Erfolge er feierte. Er ist ein Vorbild. Man kann mit ihm wirklich großartige Gespräche führen, auch über Themen abseits des Fußballs. Diese Kombination – einerseits die Bescheidenheit als Mensch, dazu dieses riesige Selbstbewusstsein als Fußballer – ist es, die Toni Kroos so bemerkenswert macht. 

Joachim Löw war von 2006 bis 2021 Bundestrainer der deutschen Nationalmannschaft: Höhepunkt seiner Amtszeit war der Titelgewinn bei der Weltmeisterschaft 2014 in Brasilien.



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