Gaza-Gedicht von Dieter Hallervorden – Antisemitismus-Vorwürfe werden laut
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Gaza-Gedicht von Dieter Hallervorden: Antisemitismus-Vorwürfe werden laut

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Dieter Hallervorden guckt ernst.
Dieter Hallervorden hat ein Gedicht über den Krieg in Gaza veröffentlicht. Dort kritisiert er die israelische Politik scharf und spricht von Apartheid. Kritiker werfen ihm nun Antisemitismus vor. © Imago/ Chromorange

Dieter Hallervorden veröffentlicht ein Gedicht über den Krieg in Gaza. Er spricht von Apartheid und Völkermord. Nun hagelt es Kritik.

Berlin – Die Musik ist traurig, die Worte sind vorwurfsvoll und nach der Veröffentlichung in den sozialen Medien steht der Anklagende jetzt selbst in der Kritik: Mit einem Gedicht gegen das israelische Vorgehen im Gazastreifen hat Schauspieler Dieter Hallervorden für viel Wirbel gesorgt. In dem gut dreiminütigen Video, das der 88-Jährige am Dienstag (16. April) auf Facebook postete, bringt Hallervorden den Staat Israel mit Apartheid und einem Völkermord in Zusammenhang. Kritische Stimmen werfen ihm daher nun Antisemitismus vor.

Kontroverse Aussagen von Dieter Hallervorden während Video mit Gedicht über Politik Israels

Tatsächlich macht Hallervorden in dem Clip, der auch auf Instagram und über den Youtube-Kanal des ehemaligen Linken-Bundestagsabgeordneten Diether Dehm zu sehen ist, diverse kontroverse Aussagen. So relativiert er bereits in seiner Einleitung: „Natürlich verurteile auch ich den Terror von Hamas, aber ersinne mir trotzdem, trotz alledem, gleichzeitig, eine neue Friedenschance für eine Zweistaatenlösung.“ Direkt vor dem Gedicht „Gaza, Gaza“ meint er dann, „Grausamkeiten haben Vorgeschichten“ – kein Mensch werde „als Terrorist geboren“. Der Schauspieler fordert, dass „die Waffen schweigen“ und alle Geiseln freigelassen werden.

In einem ruhigen Ton, mit Musik untermalt, kritisiert Hallervorden die Politik Israels scharf. „Ein Mann drückt zerfetzte Fingerchen an seinen Bart beim Flüstern fest dran. Was haben denn die zarten Dingerchen den Herren Generälen getan?“, fragt er etwa, während im Hintergrund ein verzweifelter Mann zu sehen ist, der ein Bündel im Arm trägt. Einstürzende Häuser, Explosionen, flüchtende Menschen und Reihen von Leichensäcken – Hallervorden setzt stark auf emotionalisierende Bilder. Dabei sind unter anderem auch Ausschnitte des katarischen Nachrichtensenders Al-Jazeera und Propagandavideos der Hamas im Hintergrund zu sehen.

Hallervorden kritisiert deutsche Unterstützung für „Apartheid“ und spricht von Völkermord

Der Schauspieler greift auch die deutsche Unterstützung für den Staat Israel an. „Sie geloben Apartheid die Treue – von Ampel bis AfD“, sagt er. Mit dem Begriff Apartheid wurde ursprünglich die Rassentrennung in Südafrika im 20. Jahrhundert bezeichnet. Die Sicherheit und Existenz Israels gilt in Deutschland aufgrund des Holocausts, der Ermordung von mehreren Millionen Juden im Dritten Reich, als „Staatsräson“. Das versicherte erst jüngst wieder Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) eine Woche nach dem Überfall der Hamas am 7. Oktober 2023.

Im weiteren Verlauf des Gedichts kritisiert Hallervorden Waffenlieferungen im Zusammenhang mit dem Krieg in Israel und fragt am Ende: „Und das soll kein Völkermord sein?“ Israel hat Völkermord-Vorwürfe bereits mehrfach zurückgewiesen. Das Land beruft sich nach den Hamas-Massakern am 7. Oktober 2023 auf sein Recht zur Selbstverteidigung. Im Januar musste sich Israel nach einer Klage Südafrikas vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag verantworten. In einem ersten Urteil trug das Gericht Israel auf, mehr Schutzmaßnahmen für die Bevölkerung in Gaza zu ergreifen.

Die Bundesregierung stellte sich damals fest an die Seite Israels und wies den südafrikanischen Völkermord-Vorwurf „entschieden und ausdrücklich zurück“, wie ein Regierungssprecher sagte. In der vergangenen Woche musste sich Deutschland selbst vor dem Gericht verteidigen. Nicaragua wirft der Bundesrepublik vor, mit Waffenlieferungen einen Völkermord in Gaza zu ermöglichen.

Kritik an Hallervorden-Gedicht: „Beispiel für Schulabwehr-Antisemitismus“

Für sein Video wurde Hallervorden nun stark kritisiert. „Wer ein Beispiel für Schuldabwehr-Antisemitismus im Zusammenhang mit Täter-Opferumkehr im Nahost-Konflikt sucht, Hallervordens Machwerk ist ein Bilderbuchbeispiel“, zitiert die Bild den Präsidenten der Deutsch-Israelischen Gesellschaft (DIG), Volker Beck (63). Hallervorden sei sichtlich von sich selbst gerührt, versprühe ein peinliches Pathos und „lässt kein antiisraelisches Klischee aus“, so Beck. Die Zeitung spricht in ihrem Bericht von einem „irren Anti-Israel-Gedicht“.

Getextet hat Hallervorden dieses nicht allein, sondern gemeinsam mit dem ehemaligen Bundestagsabgeordneten der Linke, Dieter Dehm. Der 74-Jährige ist sehr umstritten. Als sich Christian Wulff und Joachim Gauck 2010 um das Amt des Bundespräsidenten bewarben, fand Dehm, das sei eine Wahl „zwischen Stalin und Hitler“.

Deutlich positivere Wort findet Dehm fürs Hallervorden-Gedicht. „Der wohl berühmteste Darsteller und Theatermann Deutschlands, @DHallervorden, hat sich unerwartet deutlich, wenn auch in feinsinniger Lyrik, auf die Seite der im #Gazastreifen bombardierten Menschen gestellt. Das Video zeigt harte Bilder mit einem sensiblen Lied, nicht nur für die palästinensischen Menschen, sondern auch für eine friedliche Zukunft Israels“, schreibt Dehm. Er bedankte sich bereits vor einigen Wochen bei Hallervorden, nachdem dieser einen Beitrag auf Instagram geteilt hatte, in dem er sich gegen den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu positionierte und die deutsche Regierung aufforderte, sich für ein Ende des Krieges einzusetzen.

Empörung über Gedicht von Hallervorden gegen israelisches Vorgehen in Gaza

Von anderer Stelle werden Dehm und Hallervorden derweil scharf kritisiert. „Die schrecklich kitschigen deutschen Dieters: #Hallervorden und Dehm schreiben ein Gedicht mit Film über #Gaza. Mit ‚Apartheid‘, ‚Genozid‘, Rheinmetall als Kriegstreiber. Nicht fehlen darf auch das ABER nach der Pflichtübung, den Hamas-Terror zu erwähnen“, zeigt sich die Historikerin Anna Veronika Wendland bei X empört.

Bei Instagram wurde Hallervordens Video mittlerweile fast 30.000 Mal geklickt. Dort und auf Facebook sind die Meinungen geteilt. Einige danken Hallervorden für sein Gedicht. „Ich bin mit dir aufgewachsen und bin zutiefst gerührt über dieses Statement deiner Menschlichkeit. Seit 6 Monaten fühle ich mich alleingelassen und habe eine Wut und Trauer in mir, die ich kaum beschreiben kann“, schreibt einer. Andere merken an, dass sie sich ein ähnliches Video auch zum 7. Oktober 2023 gewünscht hätten. An diesem Tag hatte die Terrororganisation Hamas, die im Gazastreifen herrscht, Israel überfallen. Mehr als 1200 Menschen wurden massakriert, etwa 240 Menschen als Geiseln verschleppt. Daraufhin begann Israel einen Krieg gegen die Hamas im Gazastreifen. Nach Angaben des von der Hamas geführten Gesundheitsministeriums stieg die Zahl der Toten in Gaza zuletzt auf rund 33 800. (flon)

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