Jenny Gröllmann: Ihr erster Film wurde ein Klassiker - WELT
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Ihr erster Film wurde ein Klassiker

Quelle: dpa
"Ich war 19“ bis „Liebling Kreuzberg“: Die Schauspielerin Jenny Gröllmann ist ihrem Krebsleiden erlegen

Der Film heißt „Ich war 19“. Jenny Gröllmann war 21, als er in die Kinos kam. Und in einem anderen Land als der DDR wäre solch ein Klassiker vielleicht der Beginn einer Weltkarriere gewesen. Jenny Gröllmann, die gestern in Berlin gestorben ist, spielte damals ein verzweifeltes deutsches Flüchtlingsmädchen, das ein Offizier der Roten Armee (dargestellt vom ganz jungen Jaecki Schwarz) kurz vor Kriegsende trifft. Der Soldat, ein Deutscher, der im Exil aufwuchs, findet sie in einem Haus, dessen Besitzerin sich gerade umgebracht hat. Aber auch die junge Frau erwartet keine Güte mehr. Sie bittet den Soldaten, sie mit in seine beschlagnahmte Wohnung zu nehmen: „Besser mit einem, als mit allen!“

Ein harter, trostloser Blick auf das Kriegsende und darauf, was es für die Frauen bedeutete. Inszeniert vom größten Regisseur der DDR, Konrad Wolf. Er wusste wohl, warum er sich dafür eine Schauspielerin holte, die zwar jung, aber nicht unerfahren war. Schon mit 14 hatte Jenny Gröllmann in Dresden die Titelrolle in „Die Gesichte der Simone Machard“ gespielt – eine neue Jungfrau von Orleans, die mit göttlichen Visionen ihre französischen Landsleute gegen die deutschen Besatzer treibt. Nach Dresden war die Tochter des Bühnenbildners und Spanienkämpfers Otto Gröllmann als Theaterkind gelangt. Geboren wurde sie in Hamburg.

Nach einem Studium an der Staatlichen Schauspielschule Berlin (heute besser bekannt als Ernst-Busch-Schule) wurde Jenny Gröllmann 1966 ans Maxim-Gorki-Theater engagiert. Sie blieb dort bis 1992 im Ensemble. Ihr Filmdebüt gab sie 1967 in „Geschichten jener Nacht“, einem propagandistischen Episodenfilm über die Nacht vor dem Mauerbau 1961.

Jenny Gröllmanns Karriere hat die großen Hoffnungen nicht erfüllt, die „Ich war 19“ weckte. Am kleinsten der vier Hauptstadttheater der DDR arbeitete sie Jahrzehnte lang mit heute vergessenen Regisseuren in heute vergessenen Inszenierungen zusammen. Und die Liste ihrer Film- und Fernsehauftritte ist zwar lang, aber den Gipfel, auf dem sie mit 21 war, hat sie nie wieder erreicht. In Erinnerung bleiben wird aber gewiss Herrmann Zschoches „Hälfte des Lebens“, wo sie mit ihrem frisch angetrauten Ehemann Ulrich Mühe die amour fou der deutschen Klassik spielte: Der Dichter Hölderlin und seine Muse Susette Gontard. Ein paar Jahre lang waren Gröllmann und Mühe das Traumpaar des DDR-Kinos und -Fernsehens. Ihre Tochter Anna Maria Mühe ist mittlerweile ebenfalls eine gefragte Jungschauspielerin.

Die Wende brachte Jenny Gröllmann, anders als vielen DDR-Schauspielern noch nicht mal einen kurzen Karriereknick. Im Gegenteil: Anfang der neunziger Jahre wurde sie auch dem Publikum im Westen als Manfred Krugs prinzipienstrenge Ost-Berliner Anwaltskollegin Isolde Isenthal in „Liebling Kreuzberg“ bekannt. Theater spielte sie nur noch wenig: 1995 in Heribert Sasse Inszenierung von Bernard da Costas „Boomerang“ am Renaissance-Theater war sie eine Schauspiellehrerin, die sich in einem Psychokrieg mit einem Schüler stürzt.

Öffentliche Wahrnehmung, auf die die Sterbende gewiss gern verzichtet hätte, brachte zuletzt ein Prozess um die Wahrheit ihrer Stasi-Akten, den sie gegen ihren geschiedenen Ehemann Ulrich Mühe führte. Gröllmann wies den Vorwurf, für die Stasi gearbeitet zu haben zurück. In einem letzten Interview mit dem Stern, zwei Wochen vor ihrem Tode, sagte sie, ihr Name sei missbraucht worden. Derjenige, der die Akte geführt habe, habe dies ohne ihr Wissen hinter ihrem Rücken getan. Als all dies passierte, war sie schon tödlich am Krebs erkrankt. Es war ein Rückfall, nach einer Chemotherapie schien die Krankheit besiegt. Ihre letzte Rolle in der Telenovela „Sturm der Liebe“ musste sie 2005 aufgeben.

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