Jérôme Bonaparte (1784-1860)

Jérôme Bonaparte (1784-1860)

Jérôme Bonaparte war der jüngste Bruder Kaiser Napoleons.

Zwischen 1807 und 1813 regierte er das Königreich Westphalen.

Geburt von Jérôme Bonaparte

Das Licht der Welt erblickte Jérôme Bonaparte am 15. November 1784 in der korsischen Stadt Ajaccio unter dem Namen Girolamo.

Er war das jüngste Kind von Carlo Bonaparte und dessen Gemahlin Laetitia Ramolino.

Einer seiner älteren Brüder war Napoleon Bonaparte, der als Kaiser der Franzosen in die Geschichte eingehen sollte.

Kindheit von Jérôme Bonaparte

Schon drei Monate nach der Geburt seines jüngsten Sohnes starb Carlo Bonaparte am 24. Februar 1785 im französischen Montpellier an Magenkrebs.

Die Erziehung übernahm daher zum größten Teil Mutter Laetitia.

Napoleon und dessen älterer Bruder Joseph, die immerhin 15 bzw. 16. Jahre älter als Jérôme waren, dienten als Ersatzväter und übernahmen die Verantwortung für die Ausbildung des Juniors.

Beim Ausbruch der Französischen Revolution 1789 war Jérôme erst fünf Jahre alt und blieb auf Korsika.

Zum Bewusstsein kamen ihm die politischen Umwälzungen erstmals am 13. Juni 1793, als seine Familie vor dem korsischen Revolutionär Pasquale Paoli (1725-1807) fliehen musste und Zuflucht in Südfrankreich fand.

Als Napoleon in Frankreich allmählich an Bedeutung gewann, hatte er in seinem kleinen Bruder Jérôme einen seiner größten Bewunderer.

Ausbildung von Jérôme Bonaparte

Seine Ausbildung absolvierte Jérôme ab 1795 in Saint-Germain-en-Laye in der Nähe von Paris.

Dort bezog er ein Erziehungsinternat, dessen Leitung der Ire Mac Dermott inne hatte.

Jérôme fiel dort vor allem durch sein ungezügeltes Temperament auf.

Außerdem brachte er seine Zeit viel lieber in Paris zu, als dem Unterricht beizuwohnen.

1797 folgte der junge Korse seinem Bruder Napoleon auf dessen triumphalen Italienfeldzug in die Lombardei.

Auch Napoleon erkannte, dass Jérôme nur wenig Disziplin besaß und zur Verschwendung neigte, ihm jedoch absolut treu ergeben war.

Nach Ende des Italienfeldzugs schickte Napoleon seinen Bruder in das Collège de Juilly.

Als Napoleon sich 1798 auf den Feldzug nach Ägypten begab, übernahm Joseph Bonaparte (1768-1844) die Aufsicht über Jérôme.

Als Napoleon 1799 aus Ägypten zurückkehrte und am 9. November die Macht ergriff, musste Jérôme auf Wunsch seines älteren Bruders im Hintergrund bleiben, weil er noch zu jung für derlei Geschehnisse war.

Aufnahme ins Garderegiment

Im Alter von 16 Jahren trat Jérôme auf Geheiß des Ersten Konsuls Napoleon Bonaparte als Leutnant in dessen Garderegiment ein.

Dort kam es jedoch mit einem Gardeoffizier zum Streit um eine Frau.

Bei diesem Offizier handelte es sich um den Bruder des späteren Marschalls Davout, der von Jérôme zum Duell herausgefordert wurde.

Dieses Kräftemessen endete für Jérôme mit einer Schussverletzung im Brustbein, die er nur mit Glück überlebte.

Napoleon zeigte sich über Jérômes Handeln empört und versetzte ihn zur Kriegsmarine.

Gleichzeitig hoffte er, dass sich sein Bruder auf See bewähren und Ruhm ernten konnte. Diese Hoffnung erfüllte sich allerdings nicht.

Stattdessen sollte Jérôme nun die französischen Kolonien in Nordamerika inspizieren.

In den noch jungen Vereinigten Staaten von Amerika lernte er 1803 die begüterte Kaufmannstochter Elizabeth Patterson (1785-1879) kennen und verliebte sich in sie.

Hochzeit mit Elizabeth

Im Dezember 1803 traten Jérôme Bonaparte und Elizabeth Patterson in den Stand der Ehe.

Die Trauung erfolgte durch John Carroll, den Bischof von Baltimore.

Dadurch zog sich Jérôme wiederum den Zorn Napoleons zu, der sich lieber eine Frau aus einer europäischen Dynastie für Jérôme als Gemahlin wünschte, um seine Machtposition auszubauen.

Vergeblich versuchte Jérôme seinen Bruder umzustimmen. Erst 1805 kehrte er wieder nach Frankreich zurück und musste seine schwangere Ehefrau in London zurücklassen, weil sie nicht nach Frankreich einreisen durfte.

Auf Befehl Napoleons, der inzwischen zum französischen Kaiser aufgestiegen war, wurde die Ehe mit Elizabeth wieder annulliert.

Seiner Frau, die ihm den Sohn Jérôme Napoleon Bonaparte gebar, versicherte Jérôme, sie eines Tages nach Frankreich zu holen.

Jérôme Bonaparte auf See

Um seinen Bruder milder zu stimmen, trat Jérôme das Kommando auf der Fregatte „Pomone“ an, die nach Algier fuhr.

Auf dieser Reise kaufte er französische und italienische Gefangene von Piraten frei.

Im September 1805 stieg Jérôme zum kaiserlichen Prinzen auf.

Seine Frau Elizabeth durfte er jedoch niemals nachholen, sodass diese mit ihrem Sohn nach Baltimore zurückkehrte und eine hohe finanzielle Entschädigung erhielt.

Ihr Sohn Jérôme Napoleon (1805-1870) sollte die amerikanische Bonaparte-Linie begründen.

Zum Jahresende 1805 erhielt Jérôme den Befehl über das mit 74 Geschützen ausgestattete Kriegsschiff „Veteran“.

Im Südatlantik konnte Jérôme sieben britische Schiffe entern, war jedoch zumeist vor der britischen Marine auf der Flucht.

Heiratspläne und Feldzug gegen Preußen

Anfang 1806 plante Napoleon, seinen Bruder mit Katharina von Württemberg, der Tochter von König Friedrich I. von Württemberg, zu verheiraten, um auf diese Weise das Königreich Württemberg dichter an Frankreich zu binden.

Dass Jérôme noch immer an seiner ersten Frau Elizabeth hing, kümmerte Napoleon nicht.

Die Hochzeit wurde für den Herbst 1806 angesetzt. Es kam jedoch zu ihrer Verschiebung, weil der Vierte Koalitionskrieg ausbrach und Jérôme seinen kaiserlichen Bruder auf dessen Feldzug nach Preußen begleitete.

Von Napoleon erhielt Jérôme die Ernennung zum General sowie den Befehl über zwei bayerische Divisionen und eine württembergische Division.

Da Napoleons Bruder erfahrene Offiziere zur Seite standen, konnte er im Januar 1807 Glogau und Breslau einnehmen.

Zufrieden war Jérôme damit allerdings nicht. Viel lieber hätte er an der Seite seines älteren Bruders bei der entscheidenden Schlacht bei Jena und Auerstedt gekämpft.

Jérôme Bonapartes Aufstieg zum König von Westphalen

Napoleon beschloss 1807, auf der rechten deutschen Rheinseite Staaten zu gründen, die Frankreich treu ergeben waren.

Im Rahmen des Friedens von Tilsit schuf er aus dem Kurfürstentum Hessen, dem Herzogtum Braunschweig sowie Gebieten Preußens und Hannovers das Königreich Westphalen, in dessen Hauptstadt Kassel Jérôme von nun an als König Hieronymus Napoleon residierte.

Ziel war es, aus dem Königreich einen napoleonischen Musterstaat zu machen.

Außerdem nahm Jérôme Katharina von Württemberg (1783-1835) zur Frau, die ihm drei Kinder schenkte.

Dies waren Jérôme Napoleon (1814-1847), Mathilde Lätitia Wilhelmine (1820-1904) sowie Napoleon Joseph Charles Paul (1822-1891).

Darüber hinaus hatte Jérôme noch einige uneheliche Kinder.

Politisch gab sich Jérôme alle Mühe, seinem Bruder Napoleon zu gefallen.

So führte er im Königreich Westphalen den Code Napoleon ein und schuf damit eine fortschrittliche Gerichtsbarkeit im Lande.

Ebenso wurde die Leibeigenschaft aufgehoben sowie die Gewerbe- und Religionsfreiheit etabliert.

1809 brach in Homberg (Efze) ein Aufstand gegen Jérôme aus, der jedoch scheiterte.

Von den Kasseler Bürgern erhielt Jérôme den Spitznamen „König Lustig“, weil sich seine deutschen Sprachkenntnisse auf den Satz „Morgen wieder lustig!“ beschränkt haben sollen.

Als das Kasseler Stadtschloss 1811 abbrannte, zog Jérôme ins Schloss Bellevue um.

Trotz der Reformen stand das Königreich Westphalen dem Problem gegenüber, dass Napoleons ständige Kriege und der damit verbundene Menschen- und Geldverschleiß dem Land immense wirtschaftliche Einbußen bescherten.

Aber auch Jérôme selbst warf in seiner jugendlichen Unbekümmertheit das Geld in vollen Zügen zum Fenster hinaus.

Schließlich waren die Finanzen des Königreichs völlig zerrüttet. Zeitweise drohte sogar der Staatsbankrott.

Feldzug nach Russland

Bis 1812 hatte Jérôme Bonaparte nur wenig militärische Erfahrung gesammelt.

Im Sommer 1812 begleitete er Napoleons Große Armee auf ihrem Russlandfeldzug, wobei er die gesamte Armee des Königreichs Westphalen mobilisierte.

Sein Korps kam jedoch nur langsam voran, wodurch Napoleon die 2. russische Westarmee nicht frühzeitig einkreisen konnte.

Dies hatte einen Streit mit Napoleon zur Folge, der dazu führte, dass Jérôme die Große Armee verließ und nach Westphalen zurückkehrte.

Der größte Teil seiner 28.000 Mann starken westphälischen Streitmacht fand ihr Ende im August/September bei der Schlacht von Borodino.

Lediglich rund eintausend Mann sahen ihre Heimat wieder.

Rückzug aus Westphalen

Als Napoleon den Russlandfeldzug verlor und sich die Preußen 1813 gegen die Franzosen erhoben, bedeutete dies das Ende des Königreichs Westphalen.

Nach der Niederlage bei der Völkerschlacht bei Leipzig im Oktober 1813 kam es zur Auflösung des Königreichs.

Bereits am 1. Oktober war Kassel von russischen Kosaken eingenommen worden. Nach nur vier Tagen rückten die Russen jedoch vorerst wieder ab.

Noch einmal kehrte Jérôme mit seinen Männern vom 16. bis zum 26. Oktober nach Kassel zurück, musste dann jedoch endgültig den Rückzug nach Frankreich antreten.

Nach der Abdankung Napoleons im April 1814 begab sich Jérôme zu seiner Frau Katharina, die ihrem Mann trotz dessen wiederholter Eskapaden die Treue bis zu ihrem Tod 1835 hielt.

Ihrem Vater verweigerte sie zudem dessen Wunsch nach Scheidung von Jérôme.

Das Ehepaar ließ sich zunächst in Triest in der Villa Necker nieder, in der Katharina ihr erstes Kind zur Welt brachte.

Herrschaft der Hundert Tage

Als Napoleon Bonaparte im März 1815 die Rückkehr nach Frankreich gelang, eilte Jérôme mit Hilfe Katharinas aus Österreich zu seinem Bruder, um ihn zu unterstützen.

Napoleon übergab ihm das Kommando über die 6. Division des 2. Korps.

So nahm Jérôme am 18. Juni 1815 an der verhängnisvollen Schlacht bei Waterloo teil und kommandierte die Angriffe gegen die Briten bei Hougoumont.

Nach der endgültigen Niederlage seines Bruders Napoleon kehrte Jérôme zu seiner Frau nach Württemberg zurück, die mittlerweile im Schloss Göppingen unter Arrest stand.

Aufgrund der strengen Überwachung nahmen Jérôme und Katharina das Angebot von Fürst Metternich, wieder in Österreich zu leben, an und wohnten zumeist in Triest.

Dort erblickten 1820 und 1822 zwei weitere Kinder das Licht der Welt.

Zweite Republik und Zweites Kaiserreich

Im Jahr 1848 erhielt Jérôme Bonaparte noch einmal Aufmerksamkeit. Sein Neffe Charles Louis Napoleon Bonaparte (1808-1873) hatte es mittlerweile zum französischen Staatspräsidenten gebracht und machte ihn zum Gouverneur des Invalidenheims für kriegsversehrte Soldaten.

Nach einem Staatsstreich und einem anschließendem Plebiszit stieg Jérômes Neffe im Dezember 1852 als Napoleon III. zum Kaiser der Franzosen auf, was wiederum Jérômes Aufstieg zum Marschall von Frankreich sowie zum Senatspräsidenten bedeutete.

Weiterhin erhielt sein Titel als kaiserlicher Prinz Bestätigung.

Um Napoleons jüngsten Bruder herum sammelte sich der liberale Bonapartistenflügel.

Letzte Jahre Jérôme Bonapartes

Am 19. Februar 1853 trat Jérôme Bonaparte zum dritten Mal in den Stand der Ehe und nahm in Florenz die italienische Adlige Giustina Pecori-Suárez zur Frau.

Am 24. Juni 1860 schloss Napoleons jüngster Bruder im Château de Vilgénis bei Massy für immer die Augen.

Seine Beisetzung fand im Invalidendom in Paris statt.