Deutsche Biographie - Sindermann, Horst
Lebensdaten
1915 – 1990
Geburtsort
Dresden
Sterbeort
Berlin
Beruf/Funktion
SED-Funktionär ; Politiker
Konfession
konfessionslos
Normdaten
GND: 12996218X | OGND | VIAF: 49267314
Namensvarianten
  • Sindermann, Horst Herbert
  • Sindermann, Horst
  • Sindermann, Horst Herbert
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Zitierweise

Sindermann, Horst, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd12996218X.html [26.09.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Karl (1869–1922, kath.), aus Baumgarten (Kr. Frankenstein), 1882–98 Schriftsetzer, 1898–1922 Buchhalter bzw. Geschäftsführer d. Parteidruckerei Kaden & Co., seit 1892 führender Parteifunktionär, 1899–1904 Vors. d. SPD–Landesorganisation Sachsen u. seit 1899 d. SPD-Zentralkomitees f. Sachsen, bis 1910 Vors. d. SPD Dresden-Altstadt, 1906–22 Stadtverordneter in Dresden, 1903–07 MdR, 1909–22 MdL Sachsen (s. DBJ IV, Tl.; Sozialdemokrat. Parlamentarier);
    M Johanna Kühn (1878–1942), Hausfrau;
    B Kurt (1904–45, Anni Nietsche, 1912–90, Textilarb., 1933/35 inhaftiert, 1936 v. OLG Dresden zu 5 Jahren Zuchthaus verurteilt, in Waldheim inhaftiert, 1946 Sekr. d. Landesvorstands d. IG Druck u. Papier Sachsens, 1961 Mitgl. d. Sekretariats, 1972 d. Präsidiums d. Zentralvorstands d. IG Druck u. Papier, s. Dt. Kommunisten), 1929 Parteisekr. d. KPD, 1929–33 MdL Sachsen (KPD), 1933 inhaftiert, 1934 v. Volksger.hof zu 3 Jahren Zuchthaus verurteilt, danach bis 1940 in „Schutzhaft“, KZ Dachau, Buchenwald u. Sachsenhausen, 1945 v. d. SS ermordet (s. Schumacher, M. d. L.; Dt. Kommunisten), Schw Eva (1901–84, Rudolf Lindau, 1888–1977, kommunist. Parteifunktionär, Redakteur, Hist., emigrierte 1934 in d. UdSSR, s. BHdE I; Biogr. Hdb. SBZ/DDR; Braunschweig. Biogr. Lex.; Dt. Kommunisten);
    1945 Ingeborg (1915–2001, 1] Hans Siegert, Schausp.), Heilgymnastin, Hausfrau, T d. N. N. Locke, Volksschullehrer, u. d. Olga N. N. (1889–1958);
    1 S Thomas (* 1956), Major d. Volkspolizei, Kriminalist, 2 Stief-S Peter (1939–71), Schausp., Michael (* 1945), Journalist (s. L).

  • Biographie

    S., der 1929 dem „Kommunistischen Jugendverband Deutschlands“ (KJVD) beitrat, mußte 1932 aufgrund propagandistischer Betätigung für die KPD vorzeitig aus dem Realgymnasium ausscheiden. Bis Febr. 1933 arbeitete er bei einer Vertriebsgesellschaft für russ. Ölprodukte in Dresden. Im Juli 1933 verhaftet, wurde er wegen illegaler Arbeit für den KJVD zu acht Monaten Gefängnis verurteilt und im Sept. 1934 aus dem Jugendgefängnis Bautzen entlassen. Wegen Fortsetzung seiner illegalen Tätigkeit im März 1935 erneut verhaftet, wurde er vom Volksgerichtshof wegen Vorbereitung zum Hochverrat zu sechs Jahren Zuchthaus verurteilt. Nach Verbüßung der Haft im Zuchthaus Waldheim (Sachsen) lieferte die Gestapo S. ins KZ Sachsenhausen ein. Im Nov. 1944 wurde er aufgrund seiner Mitarbeit in der illegalen Parteiorganisation im Lager in das KZ Mauthausen überführt. Im Febr. 1945 von dort zum Außenkommando Ebensee abgestellt, wurde er am 7.5.1945 von den Amerikanern befreit. Seit Sommer 1945 als stellv. Chefredakteur der kommunistischen „Sächsischen Volkszeitung“ tätig, leitete er von April 1946 bis Ende 1947 das SED-Organ „Volksstimme“ in Chemnitz. 1948 zunächst zum 1. Sekretär der SED-Kreisleitung Chemnitz, dann im Dez. 1948 zum 1. Sekretär der SED-Kreisleitung Leipzig gewählt, ernannte ihn das SED-Politbüro 1949 zum Mitglied des Kleinen Sekretariats, wo er für Organisations- und Kaderfragen zuständig und Stellvertreter Ulbrichts wurde. Da die Zentrale Parteikontrollkommission S. – möglicherweise aufgrund von Hinweisen des NKWD (sowjet. Innenmin.) – denunziatorisches Verhalten während der Gestapohaft vorwarf, mußte er 1950 aus dem Sekretariat ausscheiden. Er erhielt aber keine Parteistrafen, da sich Pieck und Ulbricht für ihn einsetzten. Bis 1955 als Chefredakteur der SED-Zeitung „Freiheit“ in Halle tätig, gehörte er zugleich der SED-Landesleitung Sachsen-Anhalt bzw. der SED-Bezirksleitung Halle an. Nach Abschluß eines Fernstudiums an der Parteihochschule „Karl Marx“ 1951–53 wurde S. 1955 Leiter der Abteilung für Agitation und Propaganda im ZK der SED und Sekretär der Agitationskommission. 1963 wählte ihn das ZK gleichzeitig zum 1. Sekretär der SED-Bezirksleitung Halle und zum Kandidaten des Politbüros; 1967 wurde er Vollmitglied des Politbüros. Ideologisch exponierte er sich, insbesondere beim 11. ZK-Plenum 1965, als „Hardliner“; im Industriebezirk Halle erwarb er sich gleichzeitig den Ruf eines fähigen Parteimanagers. Da er im Machtkampf zwischen Ulbricht und Honecker letzteren unterstützte, wurde er nach Ulbrichts Rücktritt 1971 Erster Stellvertreter des Ministerratsvorsitzenden Willi Stoph. Nach Ulbrichts Tod 1973 wählte die Volkskammer Stoph zum Staatsratsvorsitzenden, S. zu dessen Nachfolger als Ministerratsvorsitzender. Durch die Wahl des bisherigen ZK-Sekretärs|für Wirtschaft, Günter Mittag, zum 1. Stellvertreter S.s (1973) und die Übertragung der alleinigen Verantwortung für Wirtschaftsfragen auf diesen wurde der Regierungschef jedoch weitgehend entmachtet. Obwohl S. ein treuer Erfüllungsgehilfe Honeckers war, mußte er 1976 sein Amt als Regierungschef aufgeben. Hintergrund war ein erneutes Revirement an der Staatsspitze: Honecker übernahm den Vorsitz im Staatsrat, und Stoph bestand darauf, als Ministerratsvorsitzender an die Spitze der DDR-Regierung zurückzukehren. S. erhielt die rein repräsentativen Ämter des Volkskammerpräsidenten und eines stellv. Staatsratsvorsitzenden; seit 1971 gehörte er überdies dem Nationalen Verteidigungsrat an. Noch vor der ZK-Sitzung im Nov. 1989, auf der das Politbüro geschlossen zurücktrat, erklärte S., nicht mehr kandidieren zu wollen. Er trat als Volkskammerpräsident zurück, Anfang Dezember wurde er aus der SED ausgeschlossen. Im Jan. 1990 wegen „verbrecherischer Untreue und Vertrauensmißbrauch“ in Untersuchungshaft genommen, wurde er im Februar aufgrund seines schlechten Gesundheitszustands wieder entlassen. S. war ein typischer Funktionär des SED-Regimes und ein Exekutor der Parteilinie, bei dem nach 1971 kein größerer Gestaltungswille mehr erkennbar war.

  • Auszeichnungen

    VVO in Silber (1956), Gold (1965), Ehrenspange (1969);
    Banner d. Arbeit (1959);
    Franz-Mehring-Medaille (1957);
    Kämpfer gegen Faschismus (1958);
    Ernst-Moritz-Arndt-Medaille (1958);
    Johannes-R.-Becher-Medaille in Gold;
    Arthur-Becker-Medaille in Gold;
    Fritz-Heckert-Medaille;
    Erwin-Egon-Kisch-Medaille;
    Verdienstmedaille d. NVA in Gold;
    Ehrenzeichen d. Dt. Volkspolizei;
    Kampforden f. Verdienste f. Volk u. Vaterland in Gold (1970);
    Lenin-Gedenkmedaille (1970);
    José-MartíOrden (1974);
    Ehrenmedaille d. Komitees d. Antifaschist. Widerstandskämpfer d. DDR (1975);
    Orden d. Okt.rev. (1975);
    Karl-Marx-Orden (1980);
    Francisco-de-Miranda-Orden (1980);
    Orden d. Demokratie v. Kolumbien (1982);
    Held d. Arb. (1985);
    Orden d. Freundschaft d. ČSSR (1985);
    Orden d. Freundschaft d. UdSSR (1985);
    Gr. Band d. Verdienstordens d. VR Polen (1988).

  • Werke

    Erfolgreich voran auf d. Kurs d. VIII. Parteitages, Ausgew. Reden u. Aufss., 1975 (P);
    Frieden u. Sozialismus, Staatsdoktrin d. DDR, Ausgew. Reden u. Aufss., 1980 (P);
    Alles f. d. Volk – alles mit d. Volk!, Ausgew. Reden u. Aufss., 1985 (P);
    Nachlaß:
    BA Berlin (hier u. a. unveröff. Jugenderinnerungen „Vor Tageslicht“).

  • Literatur

    E. Richert, Die DDR-Elite oder Unsere Partner von morgen?, 1968, S. 55 f.;
    Michael Sindermann, Am 5. Sept. wäre H. S. 90 J. alt geworden, in: Rotfuchs, Sept. 2005, S. 17;
    Biogr. Hdb. SBZ/DDR;
    Wer war wer DDR;
    Munzinger;
    Qu
    BA Berlin, SAPMO, Kaderakte.

  • Autor/in

    Hermann Wentker
  • Zitierweise

    Wentker, Hermann, "Sindermann, Horst" in: Neue Deutsche Biographie 24 (2010), S. 457-458 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd12996218X.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA