Hendrik Wüst

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Hendrik Wüst (2023)

Hendrik Josef Wüst (* 19. Juli 1975 in Rhede, Westfalen) ist ein deutscher Politiker (CDU). Er ist seit dem 27. Oktober 2021 Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen.

Zuvor war er vom 30. Juni 2017 bis zu seiner Wahl zum Ministerpräsident Minister für Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen. Seit dem 23. Oktober 2021 ist er Vorsitzender des Landesverbandes CDU Nordrhein-Westfalen, zuvor war er vom September 2006 bis zum Rücktritt im Februar 2010 dessen Generalsekretär. Seit 2005 gehört er als Mitglied dem Landtag von Nordrhein-Westfalen an.

Schule, Studium und Beruf[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hendrik Wüst wuchs in Rhede auf. Sein Vater war freiberuflicher Handelsvertreter für Textilmaschinen und seine Mutter gelernte Metzgerin.[1] 1995 absolvierte er das Abitur am Euregio-Gymnasium in Bocholt.[2] Anschließend studierte er Rechtswissenschaft an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster.[3] Nach dem ersten juristischen Staatsexamen durchlief er ab 2000 das Referendariat in Münster, Coesfeld und Brüssel.[4] Er absolvierte 2003 das zweite juristische Staatsexamen und ist seitdem als Rechtsanwalt zugelassen.

Wüst arbeitete von 2000 bis 2005 bei der Lobbyagentur Eutop International GmbH in Berlin, ab 2004 als deren Syndikus und Bevollmächtigter.[5][6] Klienten sind Unternehmen, die mithilfe von Eutop Einfluss auf Ministerien ausüben wollen.[7]

Wüst war von 2010 bis 2017 Geschäftsführer des nordrhein-westfälischen Landesverbandes der Deutschen Zeitungsverleger und der Pressefunk GmbH & Co. KG in Neuss, zudem von 2014 bis 2017 Geschäftsführer der dein.fm Holding GmbH & Co. KG in Düsseldorf.[8]

Wüst ist verheiratet und wurde 2021 Vater einer Tochter.[9] Seit 2007 ist er Inhaber eines Jagdscheins und passionierter Jäger.[10]

Politische Laufbahn[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hendrik Wüst mit Henriette Reker, Birgit Bohle und Berthold Huber bei der Eröffnung des ICE-Instandhaltungswerks Köln-Nippes (Februar 2018)

1990 war Wüst Mitbegründer des lokalen Stadtverbands der Jungen Union in Rhede. 1995 wurde er Stadtverordneter in Rhede, 1999 Mitglied des Vorstandes der CDU-Ratsfraktion sowie Aufsichtsrat der Stadtwerke in Rhede. Von 1998 bis 2000 fungierte er als Landesschatzmeister des nordrhein-westfälischen Landesverbandes der Jungen Union, von 2000 bis 2006 war er zudem gewählter Landesvorsitzender dieser Parteigruppierung und damit zugleich Mitglied im Landesvorstand des nordrhein-westfälischen Landesverbandes der CDU sowie im Bezirksvorstand der CDU im Münsterland.[11][12][13] Von 2002 bis 2012 war er erstmals Mitglied des CDU-Bundesvorstandes.

Landtagsabgeordneter in Nordrhein-Westfalen (seit 2005)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bei der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen 2005 wurde Wüst mit 58,3 Prozent der gültigen Erststimmen im Wahlkreis Borken I zum ersten Mal direkt in den nordrhein-westfälischen Landtag gewählt und war zu diesem Zeitpunkt der jüngste Abgeordnete der CDU-Fraktion.[5] Von 2006 bis 2010 war Wüst Generalsekretär der CDU Nordrhein-Westfalen. Er hatte zunächst nach dem Rücktritt von Hans-Joachim Reck kommissarisch das Amt übernommen[14] und wurde am 16. September 2006 in Münster mit 89,4 Prozent der Stimmen offiziell im Amt bestätigt.[15]

Im Dezember 2009 wurde Wüst vorgeworfen, er habe seit April 2006 vom Land Nordrhein-Westfalen unzulässigerweise Zuschüsse zu seiner privaten Krankenversicherung und auch zur Pflegeversicherung erhalten.[16] Wüst erklärte dazu, von einem Schreiben hierzu habe er sich als „Privatversicherter schlicht nicht angesprochen gefühlt“.[17][18] Es stellte sich heraus, dass es sich bei Wüst nicht um einen Einzelfall handelte. Seit 1994 gab es insgesamt 20 Fälle, in denen Abgeordnete dem nordrhein-westfälischen Landtag Zuschüsse des Arbeitgebers nicht oder zu spät gemeldet haben. Sie alle mussten das zu viel erhaltene Geld zurückzahlen, in Wüsts Fall waren dies 6.100 Euro.[19][20] Als Konsequenz aus den Fällen präzisierte der Landtag das Abgeordnetengesetz.[21] Für die Affäre um Schreiben der NRW-CDU, in denen verschiedenen Sponsoren Gesprächstermine mit Ministerpräsident Jürgen Rüttgers gegen Bezahlung angeboten wurden,[22][23] übernahm Wüst die politische Verantwortung und erklärte am 22. Februar 2010 seinen Rücktritt als Generalsekretär.[24][25]

Nachdem er bei der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen 2010 mit 49,6 Prozent der Stimmen erneut seinen Wahlkreis gewonnen hatte,[26] wählten ihn die Abgeordneten der CDU-Landtagsfraktion zu ihrem wirtschaftspolitischen Sprecher.[27] Von 2010 bis 2017 war die NRW-CDU in der Opposition. Bei der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen 2012 erhielt Wüst im Wahlkreis 45,8 Prozent, bei der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen 2017 52,9 Prozent[28] und bei der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen 2022 60,7 Prozent[29] der gültigen Erststimmen.

Ab 2013 war Wüst Landesvorsitzender der Mittelstands- und Wirtschaftsunion der CDU in Nordrhein-Westfalen.[30][31] Am 23. Oktober 2021 wurde er als Nachfolger von Armin Laschet zum Landesvorsitzenden der NRW-CDU gewählt.[32]

Minister für Verkehr von Nordrhein-Westfalen (2017 bis 2021)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hendrik Wüst (2019)

Am 30. Juni 2017 berief Ministerpräsident Armin Laschet Wüst als Minister für Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen in sein Kabinett der 17. Wahlperiode.

Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen (seit 2021)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hendrik Wüst bei der politischen Eröffnung der Gamescom 2022

Ministerpräsident Armin Laschet stellte am 5. Oktober 2021 Wüst als seinen designierten Nachfolger vor. Zudem wurde Wüst beim Landesparteitag am 23. Oktober in Bielefeld auch zum Vorsitzenden der NRW-CDU und zum Spitzenkandidaten für die Landtagswahl im Mai 2022 gewählt.[33][34] Laschet hatte vor der Bundestagswahl 2021 erklärt, er gehe „ohne Rückfahrkarte“ nach Berlin – auch, wenn er nicht Bundeskanzler werde. Bodo Löttgen, Vorsitzender der CDU-Fraktion im Landtag Nordrhein-Westfalen, erklärte, dass er davon ausgehe, dass Laschet mit der konstituierenden Sitzung des 20. Deutschen Bundestages am 26. Oktober 2021 sein Bundestagsmandat antrete. Am 27. Oktober 2021 wurde Wüst vom Landtag mit 103 zu 90 Stimmen, drei Stimmen mehr als die Koalition aus CDU und FDP im Landtag hat, zum zwölften Ministerpräsidenten von Nordrhein-Westfalen gewählt.[35] Zugleich ist er auch Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz. Durch sein Ministerpräsidentenamt ist er außerdem beratendes Mitglied des Präsidiums der CDU. Vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 2022 war er zudem Bevollmächtigter der Bundesrepublik Deutschland für kulturelle Angelegenheiten im Rahmen des Vertrags über die deutsch-französische Zusammenarbeit.[36]

Bei der Landtagswahl am 14. Mai 2022 konnte die CDU unter der Führung Wüsts ihren Stimmenanteil erneut steigern. Am 28. Juni 2022 wurde Wüst vom Landtag mit 106 von 181 abgegebenen Stimmen erneut zum Ministerpräsidenten gewählt.[37]

Politische Positionen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ende 2007 verfasste Wüst gemeinsam mit Markus Söder, Philipp Mißfelder, Stefan Mappus, David McAllister und Christian Baldauf ein Positionspapier mit dem Titel Moderner bürgerlicher Konservatismus – Warum die Union wieder mehr an ihre Wurzeln denken muss, das zur Gründung der Einsteinconnection führte.[38] Im Gegensatz zu der liberalen und der sozialen Wurzel der Unionsparteien sahen sie die dritte, die bürgerlich-konservative, nicht gleichwertig gewichtet und zu sehr „in den Hintergrund getreten, weil die Große Koalition zu vielen Kompromissen zwingt. Eine sichtbare Akzentuierung auch ihrer bürgerlich-konservativen Wurzel ist aber für die Mehrheitsfähigkeit der Union von zentraler Bedeutung.“[38] McAllister und Baldauf distanzierten sich später von dem Positionspapier.[39]

Nach Kritik an der Geschlechterverteilung an der Spitze des Kabinetts von Olaf Scholz schlug Wüst für die Wahl des deutschen Bundespräsidenten 2022 vor, dass eine Frau von der CDU das Amt übernehmen solle.[40]

Am 22. Dezember 2021 hatte sich Wüst im Untersuchungsausschuss des Landtages Nordrhein-Westfalen zur Flutkatastrophe den kritischen Fragen der Opposition stellen müssen, da er zum Zeitpunkt des Unglücks Verkehrsminister des Landes war. Wüst bezeichnete unter anderem die Landesregierung als „jederzeit handlungsfähig“ und wies Vorwürfe um seinen Urlaub zur Zeit des Unglücks von sich.[41][42]

Auch im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss III des Landtages Nordrhein-Westfalen zur Talbrücke Rahmede sowie zum Brückeninfrastrukturstau in Nordrhein-Westfalen steht u. a. Wüst in seiner Funktion als Verkehrsminister in der Kritik.[43]

Kabinette[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Sonstiges Engagement[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wüst ist unter anderem Kurator der in Essen ansässigen Brost-Stiftung,[44] und Vorsitzender der Jerusalem Foundation Deutschland.[45]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Hendrik Wüst – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Hendrik Wüst - Munzinger Biographie. Abgerufen am 17. Mai 2023.
  2. Zur Person In: hendrik-wuest.de
  3. Hendrik Wüst. In: CDU NRW Fraktion. CDU-Landtagsfraktion Nordrhein-Westfalen, 2021, abgerufen am 28. Oktober 2021.
  4. Wirtschaft aktuell: Hendrik Wüst: Münsterländer von Geburt, Nordrhein-Westfale aus Leidenschaft! Abgerufen am 16. März 2021.
  5. a b Porträt der Woche: Hendrik Wüst (CDU). Abgerufen am 12. März 2019.
  6. Kurz-Bio beim Parteivorstand der CDU
  7. Wie ein Lobby-Riese mit dem Wirtschaftsministerium kooperiert. In: stern.de. 28. März 2017, abgerufen am 23. Januar 2022.
  8. Martin Kaul: Klüngel in Nordrhein-Westfalen: Die Verlegerregierung. In: taz Hausblog. taz.de, 30. August 2017, abgerufen am 17. Mai 2023.
  9. Marcel Görmann: Hendrik Wüst privat: Er lernte seine Ehefrau in einer Kneipe kennen – ein Zufall überraschte die beiden. In: DerWesten.de. 16. Mai 2022, abgerufen am 17. Mai 2023 (deutsch).
  10. Sabine am Orde: NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst: Jagd ist sein Hobby. In: Die Tageszeitung: taz. 10. Mai 2022, ISSN 0931-9085 (taz.de [abgerufen am 17. Mai 2023]).
  11. Kurz-Bio beim Landtag NRW
  12. s. CDU NRW Aktuell, Ausgabe 12/2006 – 24. März 2006
  13. Junge Union Münster vom 24. März 2006: JU Münster gratuliert Hendrik Wüst
  14. Die Welt Online vom 26. März 2006: Rüttgers holt Chef der Jungen Union
  15. Kölner Stadtanzeiger vom 17. September 2006: Wüst wird Rüttgers Rückendeckung
  16. Hendrik Wüst. CDU-Politiker in NRW bedauert Fehler. In: Tagesspiegel. 30. November 2009 (Online).
  17. Der Westen vom 11. Dezember 2009: Strafanzeige: Staatsanwaltschaft will nicht gegen Wüst ermitteln
  18. Süddeutsche Zeitung vom 12. Dezember 2009: CDU in Nordrhein-Westfalen. Fehlstart in den Wahlkampf (Memento vom 18. Dezember 2009 im Internet Archive)
  19. s. als Beispiel Rheinische Post vom 12. Dezember 2009: Fraktionschef zahlt 17.500 Euro zurück (Memento vom 13. Dezember 2009 im Internet Archive)
  20. Rheinische Post vom 15. Dezember 2009: Auch SPD-Abgeordnete bekam überhöhte Zuschüsse (Memento vom 18. Dezember 2009 im Internet Archive)
  21. Abgeordnetengesetz (Memento vom 12. November 2007 im Internet Archive)
  22. Spiegel Online vom 22. Februar 2010: Angebot an Sponsoren: NRW-CDU verkauft Gesprächstermine mit Rüttgers
  23. RP ONLINE: NRW-CDU-General tritt zurück: Wüst stolpert über Sponsoren-Affäre. 22. Februar 2010, abgerufen am 5. Oktober 2021.
  24. NRW-CDU-General tritt zurück (Memento vom 25. Februar 2010 im Internet Archive)
  25. Gespräche gegen Geld: CDU-Generalsekretär in NRW tritt wegen Sponsoring-Affäre zurück. In: Der Spiegel. 22. Februar 2010, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 5. Oktober 2021]).
  26. Hendrik Wüst (CDU) gewinnt mit deutlichem Vorsprung (Memento vom 12. Mai 2010 im Internet Archive)
  27. Landtagsabgeordneter. In: hendrik-wuest.de. 29. Juni 2016, abgerufen am 12. März 2019.
  28. www.wahlergebnisse.nrw.de
  29. Landtagswahl 2022. Endgültiges Ergebnis für: 76 Borken I. Der Landeswahlleiter des Landes Nordrhein-Westfalen, abgerufen am 8. Juni 2022.
  30. MIT NRW – Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung der CDU Nordrhein-Westfalen. Abgerufen am 30. Oktober 2018.
  31. Zur Person. In: Hendrik Wüst. 23. Mai 2016 (hendrik-wuest.de [abgerufen am 30. Oktober 2018]).
  32. Niklas Schenk: Parteitag: Wüst mit 98 Prozent zum CDU-Landesvorsitzenden gewählt. In: wdr.de. Westdeutscher Rundfunk Köln, 23. Oktober 2021, abgerufen am 23. Oktober 2021.
  33. Hendrik Wüst soll neuer Ministerpräsident in NRW werden. In: Zeit Online. 5. Oktober 2021, abgerufen am 8. Oktober 2021.
  34. Christoph Ullrich, Rainer Striewski: Wüst soll NRW-Ministerpräsident werden. In: tagesschau.de. Norddeutscher Rundfunk, 5. Oktober 2021, abgerufen am 8. Oktober 2021.
  35. CDU Nordrhein-Westfalen auf Twitter. In: Twitter. 27. Oktober 2021, abgerufen am 27. Oktober 2021.
  36. Anke Rehlinger wird neue Bevollmächtigte der Bundesrepublik Deutschland für die deutsch-französischen Bildungs- und Kulturbeziehungen. In: saarland.de. Abgerufen am 9. Januar 2023.
  37. Wüst als NRW-Ministerpräsident wiedergewählt. In: spiegel.de. 28. Juni 2022, abgerufen am 28. Juni 2022.
  38. a b Die Dokumentation: Moderner bürgerlicher Konservatismus – Warum die Union wieder mehr an ihre Wurzeln denken muss
  39. Welt Online vom 15. Juli 2007: Nachwuchs setzt auf modernen Konservatismus
  40. Wüst wünscht sich Unionspolitikerin als Bundespräsidentin. spiegel.de, abgerufen am 4. Dezember 2021.
  41. Wüst als Zeuge im Untersuchungsausschuss zur Flutkatastrophe: „Jederzeit handlungsfähig“. rnd.de, abgerufen am 22. Dezember 2021.
  42. Zeuge Wüst zur Flutkatastrophe: "Jederzeit handlungsfähig". t-online.de, abgerufen am 22. Dezember 2021.
  43. Parlamentarischer Untersuchungsausschuss III (Brückendesaster und Infrastrukturstau)
  44. Kuratorium der Brost-Stiftung
  45. Wüst neuer Vorsitzender der Jerusalem Foundation: Einsatz für wechselseitige Akzeptanz und friedliche Koexistenz In: land.nrw, abgerufen am 22. April 2023.