Interview mit Veronica Ferres über Helmut Dietl und "Schtonk" | Abendzeitung München

Interview mit Veronica Ferres über Helmut Dietl und "Schtonk"

Veronica Ferres spricht im Literaturhaus über Helmut Dietl, die gemeinsamen Jahre und den Kassenhit "Schtonk".
| Adrian Prechtel
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Veronica Ferres als Martha und Uwe Ochsenknecht als Fälscher der Hitler-Tagebücher. (l.) Helmut Dietl (l.) und Schauspieler Götz George werden 1992 in Berlin für den Film "Schtonk!" ausgezeichnet. (r.)
dpa/AZ Veronica Ferres als Martha und Uwe Ochsenknecht als Fälscher der Hitler-Tagebücher. (l.) Helmut Dietl (l.) und Schauspieler Götz George werden 1992 in Berlin für den Film "Schtonk!" ausgezeichnet. (r.)

München - Noch bis 26. Februar erinnert das Münchner Literaturhaus an den vor zwei Jahren verstorbenen Helmut Dietl – diesen "Ewigen Stenz". Höchste Zeit, seine langjährige Gefährtin "Vroni" ins Spiel zu bringen. Ein AZ-Gespräch über ihre Beziehung, Dietls Erfolge, seine Schüchternheit und brutale Verrisse.

AZ: Frau Ferres, was ist für Sie das Entscheidende an Ihrer Begegnung mit Helmut Dietl?
VERONICA FERRES: Ich bin einem Genie begegnet, dem ich unendlich dankbar bin, dass es mich aus einem großen Cast unter vielen bekannten Schauspielern für seine Martha in "Schtonk!" ausgesucht hat. Und natürlich habe ich ihn gefragt: "Warum hast du mich genommen?"

Und was hat er gesagt?
"Weil Du genau das verkörpert hast, was ich brauchte. Aber Du hättest immer deinen Weg gemacht, auch ohne mich!" Und das stimmt wohl, weil man als Schauspielerin in jeder Lebensphase etwas in sich trägt, was zu ganz bestimmten Projekten eben passt. Ich kam ja auch nicht aus dem Nichts – auch wenn es natürlich immer so dargestellt wird, weil’s einfach spannender klingt. Ich hatte am Residenztheater gespielt, Edgar Reitz hatte mich in der "Zweiten Heimat" besetzt, so dass er immer sagen konnte, er hätte mich entdeckt und nicht der Dietl...

Und wenn Sie jetzt zurückschauen, was haben Sie von Helmut Dietl gelernt?
Helmut Dietl war ein Mensch zwischen Verzweiflung und Leichtigkeit, der den Humor nie verloren hat. Das ist eine Lebenseinstellung, an der man sich orientieren sollte, weil sie Ernsthaftigkeit und Genuss zusammenbringt, politisches Verständnis und Lebenskunst. Und was mir am meisten in meinem Leben geholfen hat: Helmut Dietl war keine menschliche Schwäche fremd, aber er hat einem das Gefühl gegeben, dass man sich bei aller eigenen Unzulänglichkeit selbst lieben kann. Das ist unendlich wertvoll. Und natürlich danke ich ihm für mein tolles Leben und die tollen Jahre mit ihm. Ich habe den Kontakt mit ihm bis zu Schluss gehalten.

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Ist er versöhnt gestorben?
Darüber will ich nicht sprechen, dazu hat er am Ende ja selbst einiges öffentlich gesagt. Aber verletzt war er, mit welcher Radikalität und Brutalität die Presse auf seinen letzten Film "Zettl" reagiert hat.

Sie haben in "Schtonk!" gespielt, der dann Oscar-nominiert wurde. Wie haben Sie diese Zeit erlebt?
Helmut hat mir um die Oscar-Verleihung herum sein Los Angeles gezeigt, wohin er sich zurückgezogen hat, wo er – aus dem Abstand heraus – München karikieren und wieder lieben konnte und seine Münchner TV-Serien verfasst hat, wie den "Monaco Franze" oder auch Teile von "Kir Royal". Und ich muss sagen: Bis heute habe ich international ein anderes Standing, weil ich in einem Oscar-nominierten Film gespielt habe und in Hollywood bei den großen Dinners dabei war.

Hat es ihn enttäuscht, dass dann doch "Indochine" aus Frankreich das Rennen gemacht hat?
Na ja, da spielten ja internationale Größen wie Catherine Deneuve mit... Aber natürlich fährt man hin, weil man glaubt, gewinnen zu können. Das ist ja normal, denn sonst wäre man ja nicht nominiert. Helmut war nervös, gestresst und dann auch enttäuscht. Und während die internationale Presse den Film weiter hofiert hat, hat die deutsche Presse sofort begonnen, gemein zu sein.

War Helmut Dietl eigentlich selbst ein "Monaco Franze" oder eine Figur wie aus "Kir Royal"?
Helmut Dietl ist ja nicht als Person, sondern durch seine Filme zur öffentlichen Figur geworden. Persönlich lag ihm das gar nicht mit seiner Schüchternheit und Scheu. Er hat sich lieber aufs Land und nach Frankreich zurückgezogen und auch mal Golf gespielt, was ich von ihm gelernt habe. Er hatte einen Arbeitstag wie Thomas Mann: genau abgezirkelt! Morgens schreiben, Mittagspause, dann bis Abends weiterschreiben...

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Und danach? Hat er dann auf "privat" umgeschaltet?
Nein, nicht völlig. Und natürlich hat er mir erzählt und sogar vorgespielt, was er sich tagsüber ausgedacht hatte. Aber wenn es dann ans Drehen ging, hat er weniger geteilt, weil es man sein Werk im Realisierungsprozess nicht mehr ständig befragen darf, sonst wird man verrückt. Und ich denke, wir alle sollten ihm dankbar sein, dass er uns so wunderbare, unterhaltsame Figuren und geistreiche Kunstwerke als Spiegel geschenkt hat.


Ein Abend für Helmut Dietl im Literaturhaus: Mittwoch, 19.30 Uhr, Salvatorplatz: Veronica Ferres und Produzent und Drehbuchautor Ulrich Limmer erzählen über "Schtonk!" und Helmut Dietl. 14 Euro. Um 21.30 Uhr wird dann der Film "Schtonk!" gezeigt.

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