Der Theatermacher Hellmuth Matiasek ist im Alter von 90 Jahren gestorben
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Zum Tod von Hellmuth Matiasek: Der Wirkmächtige

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Porträt des Theatermachers Hellmuth Matiasek (1931-2022)
Hellmuth Matiasek, Regisseur, Intendant, Lehrer und Autor, ist im Alter von 90 Jahren gestorben. © dpa

Er leitete etwa das Münchner Gärtnerplatztheater, die Otto-Falckenberg-Schule und die Bayerische Theaterakademie. Jetzt ist Hellmuth Matiasek, der Regisseur, Intendant, Lehrer und Autor, im Alter von 90 Jahren in Rosenheim gestorben.

„Will unsere Zeit mich bestreiten, so lass’ es ruhig gescheh’n. Ich komme aus anderen Zeiten und hoffe, in andre zu geh’n.“ Mit diesem Zitat von Franz Grillparzer beantwortete Hellmuth Matiasek die Frage nach seinem Lebensmotto. Jetzt ist er, der Regisseur, Theaterleiter, Lehrer, Autor im Alter von 90 Jahren in Rosenheim gestorben. Dort in der Nähe hatte er gelebt, auf dem Rinklhof, einem großartigen bayerischen Refugium, zusammen mit seiner Frau Cornelia Froboess, mit der er seit 1967 verheiratet war.

Hellmuth Matiasek kam 1931 in Wien zur Welt

Ein liebenswürdiger, ein gescheiter, ein witziger und nobler Mann, der nichts zu tun hatte mit dem oftmals lauten Wesen seiner Intendantenkollegen, speziell der Münchner Berufsgenossen. Denn vor allem in München hat Matiasek künstlerisch seine Spuren hinterlassen. 13 Jahre war der am 15. Mai 1931 in Wien geborene Österreicher, der studierte und promovierte Theater- und Musikwissenschaftler, Germanist und Philosoph, Intendant des Staatstheaters am Gärtnerplatz. Von 1983 bis 1996 lenkte er es – klug, umsichtig, unspektakulär, oft aber auch mit theatraler Wucht, künstlerischem Erfolg und der bedingungslosen Verteidigung der Eigenständigkeit des Hauses gegen die Begehrlichkeiten der Annexion durch die Münchner Staatsopern-Konkurrenz.

13 Jahre stand Matiasek an der Spitze des Gärtnerplatztheaters in München

Denn es drohte damals durchaus der Zugriff des Generalintendanten August Everding auf die Bürger-Bühne, um sie sich als Unterhaus der Bayerischen Staatsoper einzuverleiben. Mit einer spezifisch wienerischen Höflichkeit, mit Diplomatie, Raffinesse und Charme hat Matiasek das zu verhindern gewusst. Er hat – ganz einfach, was aber bekanntlich schwer zu machen ist – ein paar Erfolgsinszenierungen herausgebracht, die das Gärtnerplatztheater als Münchner Volksoper im Bewusstsein der Menschen der bayerischen Hochebene fest verankert haben. Wozu sich auch Everding benutzen ließ: Er inszenierte am Haus „My Fair Lady“ mit Cornelia Froboess als Eliza. Eine legendäre, stets ausverkaufte Aufführung. Mit der Oper „Der Goggolori“ von Wilfried Hiller und Michael Ende setzte Matiasek einen weiteren Dauerbrenner. Mit den Erfolgsproduktionen „Zar und Zimmermann“ und der „Verkauften Braut“ hatte er von Anbeginn seiner Intendanz an deutlich gemacht, wohin er dieses Haus führen würde. Manchem Zuschauer werden vielleicht noch „Chowanschtschina“, „Tiefland“ oder „Die Heimkehr des Odysseus“ in Erinnerung sein. Oder die wunderbare „Manon“ wie auch Matiaseks Abschiedsinszenierung des „Falstaff“. Aber er reagierte auch deutlich politisch: Zu Beginn des Golfkrieges 1991 war er der einzige Theaterleiter der Stadt, der sofort den Spielplan den aktuellen Begebenheiten anpasste und „Die lustige Witwe“ absetzte.

In Salzburg lernte er Cornelia Froboess kennen, die er 1967 heiratete

Befremdlich mochte erscheinen, dass der Intendant seinen Vertrag um zwei Jahre vorzeitig löste. Zur Überraschung aller gab er 1994 bekannt, 1996 aus dem Amt zu scheiden, das er doch so erfolgreich führte. Der Grund? „Mein Entschluss ist mehr eine vorbeugende Maßnahme. Ich möchte bei vollem Spaß und bester Gesundheit das Ende meiner Intendantenzeit erreichen. Ich will auch kein anderes Theater leiten.“ Die Fusion mit der Bayerischen Staatsoper war vom Tisch. Eine diesbezügliche Bedrohung gab es nicht mehr. Da hätten wir auch „einen Bauernkrieg entfacht, wie es ihn hier in München noch nie gegeben hat. Mit Sense und Mistgabel“.

Hellmuth Matiasek war und blieb ein gefragter Mann

Nach diesen 13 Gärtnerplatz-Jahren war aber für Matiasek noch lange nicht Schluss. Ihm war München, ihm war Bayern zutiefst ans Herz gewachsen. Schließlich hatte er hier schon von 1972 bis 1978 die Falckenberg-Schule geleitet. Sein Intendanten-Können hatte er andernorts geschult – am Landestheater Salzburg, wo er Cornelia Froboess kennengelernt hatte, am Staatstheater Braunschweig und in Wuppertal. Nun aber ging es nach dem Gärtnerplatztheater in München weiter mit der Theaterakademie, deren Präsident er wurde, mit den Orff-Festspielen in Andechs, mit der Einbeziehung in die verschiedenen kulturpolitischen Gremien.

Hellmuth Matiasek war und blieb ein gefragter Mann. Nie hat er sich laut in den Vordergrund geschoben, alles wurde mit einem gewissen Understatement erledigt. Das spiegelte sich auch in seinem Äußeren. Erst auf dem zweiten Blick nahm man wahr, wie exklusiv sich dieser Mann kleidete, der sich von seinem Nachfolger im Amt vor allem eines wünschte: „dass er ein Mensch ist, mit dem man gern ein Glas Wein trinkt.“

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