Vom Zepter zur Fachkompetenz | Der Badische Winzer
Weinbauverband | 31. Mai 2023

Vom Zepter zur Fachkompetenz

Von Hubert Matt-Willmatt
Ein besonderes Jubil�um steht dieses Jahr an: die Wahl der 75. Deutschen Weink�nigin. Anlass genug zur�ckzublicken: Acht dieser Hoheiten stammen aus Baden. Die erste von ihnen war Elisabeth Karcher (geb. Huber). Sie wurde 1952 gekr�nt.
Die Deutsche Weinkrone
Mit hoher Fachkompetenz, viel Charme, Selbstbewusstsein und Individualit�t vertreten die Deutschen Weink�niginnen erstklassige Winzersekte, Wei�- und Rotweine aus allen 13 deutschen Weinbaugebieten bei rund 300 Veranstaltungen im In- und vor allem auch im Ausland. �bereinstimmend haben alle nach ihrer royalen Amtszeit von Erlebnissen und Erfahrungen berichtet, die sie auf ihrem weiteren pers�nlichen wie beruflichen Lebensweg pr�gten. Von den bisher 74 Deutschen Weink�niginnen, die seit 1949 gekr�nt wurden, stamm(t)en acht aus Baden.
Nachdem Sina Erdrich 2021 als Deutsche Weink�nigin gekr�nt worden war ...
 
... reichte sie die Krone ein Jahr sp�ter an Katrin Lang weiter.

Die Deutsche Weink�nigin – wer hatte die Idee?
Der Pf�lzer Verleger Daniel Meininger machte 1931 den Vorschlag, die „sch�nste junge Frau” beim Weinlesefest in Neustadt zur Weink�nigin zu erkl�ren. Und da Neustadt an der Weinstra�e Geburtsort dieser Weinwerbe-Botschaft ist, wird dort – von wenigen Ausnahmen abgesehen – traditionell die Deutsche Weink�nigin gek�rt.
Von 1933 bis 1940 �bernahmen die Nationalsozialisten die Regie bei der Auswahl der Deutschen Weink�niginnen, die alle aus der Pfalz stammten. Bis 1947 fiel die Wahl zur Deutschen Weink�nigin kriegs- und nachkriegsbedingt aus. Seit 74 Jahren wird die Wahl zur Deutschen Weink�nigin j�hrlich im Herbst vom Deutschen Weininstitut (DWI) veranstaltet. Zur Wahl wird eine Jury ernannt, die sich aus rund 70 Vertreterinnen und Vertretern der Weinwirtschaft und der Medien, aus Wissenschaft und Politik zusammensetzt. Diese treffen die Vorentscheidung aus den 13 Gebietsweink�niginnen, von denen f�nf ins Finale gelangen. Seit der letzten Wahl kann auch das Publikum im Saal und vor den Bildschirmen online mitentscheiden.  
Anl�sslich der Kr�nung von Josefine Schlumberger 2015 zur Deutschen Weink�nigin prosteten ihr ihre Vorg�ngerinnen Natascha Thoma-Widmann (1997/98) (links) und Ulrike Neymeyer (1994/95) zu.
 
 
Das Amt hat sich gewandelt
Elisabeth Karcher (geb. Huber), Deutsche Weink�nigin 1952/53.
  Die Anforderungen an die Deutschen wie auch an die Badischen Weink�niginnen und ihre Aufgaben sind im Laufe der Jahrzehnte einem stetigen Wandel unterworfen. Lange folgte die �ffentliche Wahrnehmung der Tradition einer gutaussehenden, netten jungen Frau, die in volkst�mlicher Tracht zun�chst ein Zepter und ab 1966 ein Weinglas in der Hand hielt. Sie sollte Reden halten und Walzer tanzen k�nnen. Zu ihren Aufgaben  geh�rte es, bei der Er�ffnung von Weinfesten oder der Internationalen Gr�nen Woche in Berlin mitzuwirken.
Heute wird Wert auf fachliche Kompetenz, Engagement wie auch Eloquenz gelegt.
Erste Badische Weink�nigin war Liesel Oser, geb. Herzog. Sie stammte aus Neuweier und amtierte f�r das Weinjahr 1949/1950. Im Jahr 1952 wird Elisabeth Karcher, geb. Huber, ebenfalls aus Neuweier, zur ersten Deutschen Weink�nigin aus Baden gekr�nt. In der damaligen �ra Adenauer und der noch jungen Bundesrepublik entsandte Au�enminister Heinrich von Brentano die Deutschen Weink�niginnen als Botschafterinnen des deutschen Weins ins europ�ische Ausland.
Gisela Ha�kerl (geb. Faber), Deutsche Weink�nigin 1977/78.
Als 29. Deutsche Weink�nigin �bernahm 1977 Gisela Ha�kerl, geb. Faber, das Amt. Sie stammt vom Weingut Faber in Freiburg-St. Georgen. Elf Jahre sp�ter tr�gt Petra Mayer  aus Schliengen im Markgr�flerland 1988/1989 die Krone der 40. Deutschen Weink�nigin.
Weinbaupolitische
Die Zeiten hatten sich ge�ndert, die Tracht hatte ausgedient. So legte die aus einem Familienweingut stammende Majest�t Petra Mayer die obligatorische Kleidung ab und trug nun auch bei offiziellen Terminen schlicht-eleganten Businessstyle oder auch Jeans.
Auf Fotos zeigt sich die amtierende Hoheit auch mal ohne Krone und, was zuvor keine wagte: Sie �u�erte sich zu weinbaupolitischen Themen wie dem damaligen Glykol-Skandal um 1985. Heute betreibt sie eine Werbeagentur f�r Weinthemen in Baden-Baden.
Petra Mayer, Deutsche Weink�nigin 1988/89.
Sechs Jahre sp�ter jubelte Endingen am Kaiserstuhl �ber die Deutsche Weink�nigin Ulrike Neymeyer. Die junge Frau stammt aus dem 1868 gegr�ndeten Weingut L. Bastian und wurde 1994/1995 zur 46. Deutschen Weink�nigin gew�hlt. Das nach einem Brand im Jahr 2010 neu aufgebaute Weingut wird inzwischen in f�nfter Generation gef�hrt. Ulrike Neymeyer konnte dann ihrer Amtsnachfolgerin Julia Kl�ckner, der sp�teren Bundes-landwirtschaftsministerin, die deutsche Weinkrone aufsetzen.
Die heutige Diplom-Volkswirtin Natascha Thoma-Widmann, geb. Thoma, aus Ebringen, �berzeugte bei der Wahl zur Deutschen Weink�nigin 1997/1998 nicht nur durch ihr Fachwissen. Die damals 26-j�hrige Studentin konterte auf eine Frage der Jury schlagfertig: „Badische M�nner sind so vielf�ltig wie badischer Wein – spritzig sind die Riesling-M�nner, manche zur�ckhaltend wie der Wei�burgunder, andere exzentrisch wie Muskateller. Und die Sp�tburgunder-M�nner, das sind die, die erst mit den Jahren ihre Klasse erreichen.”
Als sechste aus Baden stammende 67. Deutsche Weink�nigin kommt Josefine Schlumberger vom Familienweingut Rainer und Stephanie Schlumberger in Sulzburg-Laufen, in das sie in der inzwischen sechsten Generation mit eingestiegen ist. Sie entsprach als Studentin f�r Weinbau und �nologie bei ihrer Wahl 2015 dem Bild der jungen, fachlich-kompetenten und weltoffenen Wein-Generation. In ihrer Ansprache beim Empfang durch den Badischen Weinbauverband zitierte sie den r�mischen Philosophen  Seneca: „F�r ein Schiff ohne Hafen ist kein Wind der richtige” – ich starte mit viel R�ckenwind und lasse mich in die Welt tragen – mein Hafen wird Baden bleiben.”
Modernisierung mit Blick auf Online-Aktivit�tenNichts macht mit der Landschaft vertrauter als der Genuss der Weine, die auf ihrer Erde gewachsen und von ihrer Sonne durchleuchtet sind.” Dieses Zitat von Ernst J�nger begleitete Sina Erdrich seit ihrer Kr�nungsrede zur Durbacher Weinprinzessin 2018/2019, zur Badischen Weink�nigin 2019/2020 und zur Wahl als 73. Deutsche Weink�nigin im Jahr 2022.
Aufgrund der Corona-Pandemie blieb Sina Erdrich ausnahmsweise zwei Jahre lang Badische Weink�nigin und trug w�hrenddessen wesentlich zu einer Modernisierung des Amts im Hinblick auf Social-Media-Aktivit�ten und Online-Weinproben bei.
Sina Erdrich gab im vergangenen Jahr ihre Krone an eine weitere Badnerin weiter: Katrin Lang aus Ebringen wurde im Saalbau in Neustadt an der Weinstra�e zur 74. Deutschen Weink�nigin gek�rt. Ihre Amtszeit dauert noch bis zum 29. September dieses Jahres.  Die Kr�nungszeremonie wurde auf einem Video festgehalten, das unter www.deutschewein
koenigin.de/
verf�gbar ist.
Modernisierung des Amts
Liesel Oser (geb. Herzog) aus Neuweier war die erste Badische Weink�nigin (1949/1950).
Bis Ende der 1990er Jahre galten bei der Wahl zur Deutschen Weink�nigin die Bedingungen, dass die Bewerberinnen unverheiratet und nicht geschieden sein sollen, aus einer Winzerfamilie stammen und in ihrem Anbaugebiet als Gebietsweink�nigin t�tig gewesen sein m�ssen. Ab 2000 wurden die Kriterien angepasst, sodass Bewerberinnen eine klare Verbundenheit mit deutschen Weinen zeigen, eine ad�quate Berufsausbildung vorweisen oder aus einem Winzerbetrieb kommen sollen. Bereits mehrere Wochen vor der Wahl treffen alle Bewerberinnen im Deutschen Weinbauinstitut zusammen und erhalten ein Kamera- und Rhetorik-Training, wertvolle Tipps f�r ihren Auftritt, eine Stilberatung und ein extra Fotoshooting. Auch ein Crash-Kurs „English for Wine-Queens” bereitet die Kandidatinnen auf die in englischer Sprache gestellten Fragen vor.
Auch an die aus Baden stammenden Deutschen Weinprinzessinnen gilt es zu erinnern: Dies waren: 1963/64 Gerdi Staiblin, geb. Sexauer, aus Endingen-K�nigschaffhausen, die von 1996 bis 2001 baden-w�rttembergische Landwirtschaftsministerin war, 1978/79 Gerhild Warther, geb. Sick, aus H�gelheim, 1990/91 Alixe Winter aus Burkheim, die seit 1997 Gesch�ftsf�hrerin der „Alten Wache” in Freiburg ist, 2008/2009 Andrea K�ninger aus Sasbachwalden, 2009/10 Isabell Kindle aus Kippenheim, 2010/11 Katja Bohnert aus  Achern sowie 2012/13 Nathalie Henninger aus Endingen-K�nigschaffhausen.