Betriebsam ist gar kein Ausdruck. Heidemarie Wieczorek-Zeul engagiert sich in so vielen Verbänden, nimmt an so vielen Diskussionsrunden teil, dass sie am Ende des Telefonats sagt, da habe sie jetzt bestimmt etwas vergessen, aber gut … „Ich bin in den Fragen engagiert, in denen ich mein ganzes Leben engagiert war, und da ruhe ich auch nicht: alles, was globale Gerechtigkeit angeht.“
Als Entwicklungsministerin war sie elf Jahre lang im Amt. Länger hielt sich bisher niemand. Heute engagiert sie sich im gemeinsam mit Kofi Annan in Paris gegründeten Verein „Freunde des Globalen Fonds Europa“ zur Bekämpfung von Aids/HIV, Tuberkulose und Malaria. Ihre Aufgabe sieht vor, die Finanzierung des Klubs (u. a. über die EU und die Bundesregierung) sicherzustellen. „Der Fonds hat seit seiner Gründung etwa 20 Millionen Menschenleben gerettet. Aber man muss dranbleiben.“
Ferner ist Wieczorek-Zeul beratendes Mitglied der SPD-Grundwertekommission, des Rats für nachhaltige Entwicklung und seit Dezember 2016 auch Vorsitzende des Willy-Brandt-Kreises, einer Gesprächsrunde, die sich zwei- bis dreimal im Jahr in Potsdam trifft und Grundsätzliches bespricht, „das Verhältnis zu Russland und eine neue Entspannungspolitik“ und dergleichen mehr. Man muss so was mögen. Sonst kann man’s nicht genießen.
Das Sprechen liebt die Frau seit eh und je. Übrigens diskutiert sie auch am Berliner Institut Humboldt-Viadrina Governance Platform, da geht’s um „Klima- und Energie- bis zur Familienpolitik“. Nur wenn sie schläft, diskutiert sie nicht. Oder wenn sie in Wiesbaden ins „wunderbare“ Kino Caligari geht oder zum Gottesdienst in die Bergkirche. Dort könnte sie aber mit Gott diskutieren.
„Mir ist es immer ein Anliegen gewesen, dass mehr Gerechtigkeit entsteht, unabhängig von meinem Mandat. Und ich könnte da auch gar nicht ruhen. Ich könnte gar nicht sagen: Da mache ich jetzt nicht mehr mit.“ Im November ist ihr neues Buch erschienen. Titel: „Gerechtigkeit und Frieden sind Geschwister“.
Heidemarie Wieczorek-Zeul
* 21. November 1942 in Frankfurt
1961 – 1965 Studium: Erziehungsw., Geschichte, Englisch in Frankfurt
1965 – 1974 Lehrerin in Rüsselsheim
1979 – 1987 Europäisches Parlament
1993 – 2005 Stellv. SPD-Vorsitzende
1998 – 2009 Bundesentwicklungsministerin