DDR-Politiker Hans Modrow wird 95: Fast der Letzte seiner Art
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Hans Modrow wird 95: Fast der Letzte seiner Art

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Erst SED, später die Linke: Hans Modrow. Foto: Imago Images.
Erst SED, später die Linke: Hans Modrow. Foto: Imago Images. © imago images/Mathias Marx

Der frühere Regierungschef der DDR, Hans Modrow, wird an diesem Freitag 95 Jahre alt. Von der SED führte sein Weg zu PDS und der Linkspartei – in der er mit Äußerungen zum Ukraine-Krieg aneckte.

Noch 2018, da war er schon jenseits der 90, ist Hans Modrow als politischer Handlungsreisender ins einstige sozialistische Bruderland Nordkorea gereist – auf Einladung des Regimes von Kim Jong-un. In einer Zeit, da Deutschland kaum Kontakte in das isolierte Land pflegte, konnte der frühere Regierungschef der DDR an alte Fäden anknüpfen, Kims Großvater Kim Il-sung hatte er einst in Dresden begrüßt. Es schien, als führe Modrow seine alte Ost-West-Politik mit neuen Himmelsrichtungen weiter, jetzt eben zwischen Nord und Süd in Korea.

Zu Hause in Deutschland ist Modrow für viele schon Jahrzehnte ein Mann von gestern. An diesem Freitag wird der Politiker 95 Jahre alt. Noch immer kämpft er, der den Staat bis zum Schluss nicht aufgeben wollte, um das politische Vermächtnis. Als „Unrechtssystem“ will er seine DDR nicht bezeichnen, ein „Paradies“ sei das Land aber auch nicht gewesen. Für die Linke als Nachnachfolgepartei der SED war Modrows Spagat zu gestrig – und eine Hypothek für den Neuanfang. Und das, obwohl er in den 1980er Jahren als Hoffnungsträger des DDR-Regimes galt.

Hans Modrow: In der Endzeit der DDR galt er als Reformer

Modrow wurde am 27. Januar 1928 im preußischen Jasenitz geboren, das heute ein Teil Polens ist. Als Jugendlicher zogen ihn die Nazis in den Volkssturm ein, danach geriet er von 1945 bis 1949 in sowjetische Kriegsgefangenschaft, wo er in einer Art Umerziehungsanstalt für deutsche Soldaten mit der Sowjet-Ideologie in Berührung kam.

Nach seiner Rückkehr wurde er Maschinenschlosser – und ging seinen Weg durch die Institutionen der jungen DDR, in der Jugendorganisation FDJ und der Staatspartei SED. 32 Jahre lang gehörte er der DDR-Volkskammer an, bis zur Wiedervereinigung 1990 war er mehr als 20 Jahre Mitglied des Zentralkomitees. In der Endzeit der DDR galt er als Reformer, als möglicher deutscher „Gorbi“, allerdings fehlte ihm dann nicht nur das Charisma, sondern auch die Entschlossenheit zu echtem Wandel. Selbst Erich Honeckers Erbe an der Parteispitze, Egon Krenz, beschreibt Modrow in seinen Erinnerungen als Zauderer, der den Chef nicht zu schnell über die Klinge springen lassen wollte.

Hans Modrow: Vor ein paar Monaten ärgerte er die Linke

Als Modrow im November 1989 Regierungschef der DDR wurde, moderierte er nur noch den Übergang in den demokratischen Kapitalismus. Statt eines Einheitsstaates schwebte ihm eine Konföderation zweier Systeme vor. Übrigens ein Modell, das den nordkoreanischen Kommunist:innen bis heute auf ihrer Halbinsel geeignet scheint – aber keine Chance auf Verwirklichung hat. So wie es in Deutschland keine echte Chance auf Realisierung hatte angesichts Tausender DDR-Bürger:innen, die nur in den Westen wollten.

Zur Volkskammerwahl im März 1990, der ersten freien, kassierte die SED-Nachfolgepartei PDS eine Niederlage gegen die Ost-CDU von Lothar de Maizière, im April übergab Modrow die Regierungsgeschäfte. Modrow mischte sich weiter ein, in der Volkskammer, im Bundestag und im Europaparlament. Als Ehrenvorsitzender und im Ältestenrat der PDS blieb er am Tisch, obwohl sich die Genoss:innen zusehends von ihm distanzierten – auch wegen einer Bewährungsstrafe, die Modrow aufgrund der Wahlfälschungen in der DDR bekam, und seiner kritikwürdigen Haltung zum harten Vorgehen der Volkspolizei gegen Demonstrierende am Dresdner Hauptbahnhof zur Wendezeit.

Vor ein paar Monaten ärgerte er die Linke mit einer Äußerung zum Ukraine-Krieg, die im Widerspruch zur offiziellen Partei- und Fraktionssicht steht: „Die Frage, wie weit der Krieg in der Ukraine nun ein Einmarsch russischer Truppen ist oder sich als ein innerer Bürgerkrieg der Kräfte in den neuen Ost-Staaten und faschistischen Elementen im Westen der Ukraine darstellt, steht im Raum“, heißt es in einem Papier. Modrow dürfte sich damit zu seinem 95. Geburtstag sogar innerhalb der Linken weiter isoliert haben.

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