Gustav Hertz - ein Nobelpreisträger an der TH Berlin

Gustav Hertz verband angewandte Forschung genial mit Grundlagen

Das beginnende 20. Jahrhundert brachte eine Revolution der Physik, an der auch der junge Hertz, geboren 1887 und Neffe des berühmten Physikers Heinrich Hertz, teilhaben sollte. Er studierte Mathematik und Physik in Göttingen, München und schließlich in Berlin, wo er 1911 bei Professor Heinrich Ruben promovierte. Der junge, theoretisch und experimentell begabte Hertz wurde Assistent am Physikalischen Institut der Berliner Universität. Dort lernte er James Franck kennen, mit dem er zusammen 1913 den berühmten Franck-Hertz-Versuch durchführte. Für dieses experimentelle Elektronenstoßverfahren, das wichtige Grundannahmen des Bohr'schen Atommodells bestätigte, erhielten die beiden 1926 den Nobelpreis.

Verwundet, vertrieben und geehrt

Nach Fronteinsatz und Verwundung, Habilitation 1917 sowie einer Tätigkeit am damals modernsten Laboratorium von Philips in Eindhoven (1920-26) erfolgte ein Ruf erst nach Halle und 1927 an die Technische Hochschule Berlin, wo soeben der Neubau des Physikalischen Instituts entstand. Hertz arbeitete an der Isotopentrennung. An seinen Kolloquien nahmen auch Physiker aus der Berliner Industrie teil. Hertz verstand es, angewandte und Grundlagenforschung eng zu verbinden und auch noch als Hochschullehrer zu glänzen. Er lehrte seine Schüler Unerbittlichkeit gegen das Wegdiskutieren von gedanklichen Schwierigkeiten und die Fähigkeit, abstrahierendes Wissen mit den Erfordernissen der Praxis zu verbinden. 1934 verweigerte Hertz, inzwischen von den Nationalsozialisten zum „Halbjuden“ gestempelt, den Eid auf Hitler und legte sein Ordinariat nieder. Bei der Firma Siemens baute er mit vier jungen Ingenieuren ein Forschungslaboratorium auf und realisierte zwischen 1935 und 1945 wichtige Projekte zur Halbleitertechnik, zu Ultraschall und Photoeffekt.

Wissenschaftliche Tätigkeiten nach dem Krieg

1945 kam Hertz „auf Einladung der Sowjetregierung“ - wie es beschönigend hieß - in die UdSSR. Wegen seiner Kenntnisse über Isotopentrennung arbeitete Hertz als Institutsdirektor mit weiteren deutschen „Spezialisten“ in der sowjetischen Atomforschung. Ein 1992 erschienenes Buch nähert sich dieser wenig erforschten Materie. 1954 kehrte Hertz nach Deutschland zurück, an die Leipziger Universität. 1957 solidarisierte er sich mit Heisenbergs „Göttinger Appell“ gegen atomare Bewaffnungspläne. Hoch geehrt und als Mitglied vieler Akademien starb Gustav Hertz 88-jährig am 30. Oktober 1975 in Berlin. Er war der einzige von neun namhaften, von den Nationalsozialisten aus ihren Ämtern vertriebenen Wissenschaftlern der Technischen Hochschule Berlin, der Diktatur und Krieg in der Reichshauptstadt überlebte. Heute trägt der Nachwuchspreis für Naturwissenschaftler den Namen des Physikers Gustav Hertz.