Return of Forces to Germany

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Return of Forces to Germany, kurz REFORGER (wörtlich „Rückkehr von Streitkräften nach Deutschland“), war eine Serie von Großmanövern der NATO, die einmal oder mehrmals im Jahr abgehalten wurden. Die Manöver fanden von 1969 bis kurz nach dem Ende des Kalten Krieges 1993 statt.

Ziel und Umfang[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ziele der Übungen waren im Rahmen der NATO-Strategie Flexible Response (MC 14/3) die Überprüfung und Verbesserung der geplanten Abläufe, das Training der beteiligten Truppen und die Machtdemonstration gegenüber dem potentiellen Gegner, dem Warschauer Pakt. Da weder die USA noch die Bundesrepublik Deutschland die für einen Krieg in Europa erforderlichen konventionellen US-Streitkräfte ständig in Deutschland stationieren wollten, ergab sich die Notwendigkeit dieser Übungen. Das Material (Kampf- und Transportfahrzeuge, Waffen, Versorgungsgüter usw.) mehrerer Großverbände der US Army war in Deutschland eingelagert. Durch schnelles Heranführen des Personals aus Übersee, das dann lediglich das Material übernehmen und aktivieren musste, sollte eine rasche Verstärkung der konventionellen Streitkräfte in Europa möglichst kostengünstig ermöglicht werden. Die Übungen gehörten zum Rapid Reinforcement Concept (RRC) der NATO.

Neben den herangeholten US-Truppen übten vor allem die deutschen WHNS-Dienststellen. Darüber hinaus waren gewöhnlich in großem Umfang in Westdeutschland bereits präsente Verbände der 7. US-Armee, die Bundeswehr, die Britische Rheinarmee, die französischen Streitkräfte in Deutschland sowie die kanadischen Streitkräfte an der Übung beteiligt, die sich dem eigentlichen REFORGER-Teil als freilaufende Übung anschloss.

Hierbei wurde die Einsatzbereitschaft von Heer, Luftwaffe, Marine und Spezialeinheiten unter Kriegsannahmen realistisch geübt. So wurden auch Heeresteile und Luftwaffeneinheiten aus den USA nach Europa verschifft und geflogen. Marinestreitkräfte aller NATO-Staaten sicherten dabei den Atlantik gegen angenommene Angriffe der sowjetischen Nordflotte. Die Einheiten der NATO-Mitgliedsstaaten wurden zu großen Teilen in Gefechtsbereitschaft versetzt und traten zum Teil auch in Kampfposition auf Truppenübungsplätzen an. Dabei kam es immer wieder zu manöverbedingten Unfällen mit Verletzten oder sogar Toten, so z. B. anlässlich des Reforger-Manövers 1977 zu 12 Toten und 94 Verletzten, darunter auch Zivilisten.[1] Für die Regulierung eingetretener Flurschäden durch die Großmanöver waren die Ämter für Verteidigungslasten zuständig.

Bei den Manövern handelte es sich nicht um eine unmittelbar von der NATO veranstaltete Übung, sondern um eine nationale US-Übung mit Host Nation Support (HNS)-Dienstleistungen und der Beteiligung anderer Staaten auf der Basis bilateraler Absprachen. Für die Abrechnung galten Regelungen, die in drei bilateralen Abkommen mit den USA festgelegt waren:[2]

  • Die Kosten für Transport und Unterbringung sowie alle mit dem Aufenthalt in Deutschland verbundenen Kosten wurden von den USA getragen.
  • Alle Kosten für das Herstellen von Fernmeldeverbindungen unter Nutzung des Bundeswehrfernmeldenetzes sowie für Maßnahmen der militärischen Verkehrsführung wurden von der Bundeswehr übernommen. Dabei entstehende zusätzliche Kosten (z. B. Überstundengelder, Fernmeldegebühren und Materialbetriebskosten) wurden von den USA erstattet.
  • Die Kosten für die in der Übung teilnehmenden deutschen Truppen gingen zu Lasten der Bundesrepublik Deutschland. Wurden NATO-finanzierte Einrichtungen genutzt, wurden die Kosten gemäß Kostenverteilerschlüsseln auf die Nationen verteilt.

Neben Truppenteilen der Bundeswehr waren auch Einheiten des Bundesgrenzschutzes an den Manövern beteiligt.

Die Manöver in den 1990er Jahren versuchten durch ein neues Übungskonzept (Stabsrahmenübungen, Computersimulationen) eine drastische Reduzierung des „kämpfenden Anteils“ und durch den weitgehenden Verzicht auf Truppenbewegungen im Gelände, Umweltschäden und Belastungen der Bevölkerung im Übungsraum zu reduzieren. Gegenstück der REFORGER-Übung waren die Herbstmanöver des Warschauer Paktes.

Reforger-Manöver[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die erste REFORGER-Übung fand im Januar 1969 mit 17.000 Soldaten, die letzte im Mai 1993 mit 7.000 statt. Die größte Übung fand 1988 mit 124.800 Soldaten statt.

Name Beginn Ende Wichtige teilnehmende Einheiten Gesamt-Truppen- stärke Übungsraum
Reforger I FTX - Carbide Ice 29. Januar 1969 4. Februar 1969 24. US-Infanteriedivision, 2. Gepanzertes US-Kavallerieregiment 17.000 Nordbayern, Grafenwöhr, Amberg, Hohenfels
Reforger II FTX - Certain Thrust 13. Oktober 1970 23. Oktober 1970 VII. US-Korps, 3. US-Infanteriedivision, 1. US-Infanteriedivision, 4. kanadische mech. Brigade, Panzergrenadierbrigade 35 (DE) 33.500 Bamberg, Ebern, Schweinfurt, Würzburg, Kitzingen, Bayreuth, Haßfurt, Grafenwöhr, Pegnitz, Neumarkt
Reforger III FTX - Certain Forge 11. Oktober 1971 15. Oktober 1971 VII. US-Korps, 4. kanadische mech. Brigade, 1. US-Infanteriedivision, 1. US-Panzerdivision, Panzergrenadierbrigade 35 (DE), Panzerbrigade 36 (DE) 33.000 Ingolstadt, Amberg, Freising, Beilngries, Landshut, Schwandorf, München, Nürnberg, Bayreuth
Reforger IV FTX - Certain Shield 9. Januar 1973 22. Januar 1973 VII. US-Korps, 1. US-Infanteriedivision, 1. US-Panzerdivision, 2. US-Panzerdivision, 46.000 Bad Mergentheim, Walldürn, Crailsheim, Würzburg, Kitzingen, Rothenburg o.d. Tauber, Neustadt/Aisch
Reforger V FTX - Certain Charge 9. Oktober 1973 16. Oktober 1973 VII. US-Korps, 1. US-Infanteriedivision, 1. US-Panzerdivision, 3. US-Infanteriedivision, Panzerbrigade 29 (DE) 51.000 Nürnberg, Ansbach, Schwäbisch Hall, Schwäbisch Gmünd, Dinkelsbühl, Ingolstadt, Crailsheim
Reforger 74 FTX - Certain Pledge 10. Oktober 1974 23. Oktober 1974 VII. US-Korps, 1. US-Infanteriedivision, 2. Gepanzertes US-Kavallerieregiment, 1. US-Panzerdivision, 4. kanadische mech. Brigade 44.000 Stuttgart, Ulm, Donauwörth, Eichstätt, Weißenburg in Bayern, Crailsheim, Heidenheim an der Brenz, Göppingen, Schwäbisch Hall, Dinkelsbühl
Reforger 75 FTX - Certain Trek 14. Oktober 1975 23. Oktober 1975 VII. US-Korps, 1. US-Infanteriedivision, 2. Gepanzertes US-Kavallerieregiment, 3. Gepanzertes US-Kavallerieregiment, 3. US-Infanteriedivision, 57.000 Ansbach, Fürth, Erlangen, Bamberg, Fulda, Hanau, Darmstadt, Heidelberg
Reforger 76 FTX - Gordian Shield 7. September 1976 11. September 1976 V. US-Korps, 11. Gepanzertes US-Kavallerieregiment, Panzergrenadierbrigade 13 (DE), 8. US-Infanteriedivision, 101. US-Luftlandedivision 40.000 Alsfeld, Feldatal, Lauterbach, Marburg, Zeilbach
Reforger 76 FTX - Lares Team 11. September 1976 17. September 1976 1. US-Panzerdivision, 2. Gepanzertes US-Kavallerieregiment, 101. US-Luftlandedivision, 1. US-Infanteriedivision, Panzerbrigade 29 (DE), 4. kanadische mech. Brigade 43.000 Nürnberg, Amberg, Regensburg, Ingolstadt, Donauwörth, Ansbach
Reforger 77 FTX - Carbon Edge 13. September 1977 21. September 1977 VII. US-Korps, 1. US-Infanteriedivision, 4. US-Infanteriedivision, 2. Gepanzertes US-Kavallerieregiment, 3. Gepanzertes US-Kavallerieregiment, 3. US-Infanteriedivision, 51.800 Stuttgart, Tübingen, Ulm, Augsburg, München, Füssen, Sonthofen, Friedrichshafen, Tuttlingen
Reforger 78 FTX - Certain Shield 18. September 1978 28. September 1978 V. US-Korps, 8. US-Infanteriedivision, 4. US-Infanteriedivision, 11. Gepanzertes US-Kavallerieregiment, 5. US-Infanteriedivision, 9. US-Infanteriedivision, 3. US-Panzerdivision, 55.780 Frankfurt, Wetzlar, Bad Hersfeld, Fulda, Wildflecken, Karlstadt, Aschaffenburg, Hanau, Schweinfurt, Darmstadt, Limburg, Marburg
Reforger 79 FTX - Certain Sentinel 27. Januar 1979 7. Februar 1979 VII. US-Korps, 1. US-Infanteriedivision, 2. Gepanzertes US-Kavallerieregiment, 1. US-Panzerdivision 61.000 Bamberg, Hammelburg, Würzburg, Ansbach
Reforger 80 FTX - Certain Rampart 15. September 1980 24. September 1980 VII. US-Korps, 1. US-Panzerdivision, 2. Gepanzertes US-Kavallerieregiment, 3. US-Infanteriedivision 38.000 Nürnberg, Ingolstadt, Scheyern, Augsburg, Regensburg, Gunzenhausen, Ansbach
Reforger 81 FTX - Certain Encounter 8. September 1981 23. September 1981 III. US-Korps, V. US-Korps, 8. US-Infanteriedivision, 4. US-Infanteriedivision, 11. Gepanzertes US-Kavallerieregiment, 3. US-Panzerdivision 70.000 Fulda, Gießen, Bad Hersfeld, Marburg, Schwalm-Eder-Kreis, Wetteraukreis
Reforger 82 FTX - Carbine Fortress 13. September 1982 23. September 1982 III. US-Korps, V. US-Korps, VII. US-Korps, 3. US-Infanteriedivision, 1. US-Infanteriedivision, 1. US-Panzerdivision, 8. US-Infanteriedivision 72.500 Bamberg, Rothenburg o.d. Tauber, Heidenheim an der Brenz, Wertheim, Schweinfurt, Ebern, Ochsenfurt, Steigerwald
Reforger 83 FTX - Confident Enterprise 19. September 1983 30. September 1983 V. US-Korps, 3. US-Panzerdivision, 11. Gepanzertes US-Kavallerieregiment, 8. US-Infanteriedivision, 3. Gepanzertes US-Kavallerieregiment 61.000 Bad Hersfeld, Vogelsbergkreis, Gießen, Main-Kinzig-Kreis
Reforger 84 FTX - Certain Fury 12. September 1984 28. September 1984 VII. US-Korps, 5. US-Infanteriedivision, 1. US-Infanteriedivision, 3. US-Infanteriedivision, 2. Gepanzertes US-Kavallerieregiment 50.000 Donauwörth, Nördlingen, Schwäbisch Hall, Göppingen, Ansbach
Reforger 85 FTX - Central Guardian 21. Januar 1985 31. Januar 1985 V. US-Korps, 8. US-Infanteriedivision, 11. Gepanzertes US-Kavallerieregiment, 197. US-Infanteriebrigade, 3. US-Panzerdivision, 4. US-Infanteriedivision 72.000 Kassel, Frankenberg, Homberg, Neukirchen, Vogelsbergkreis, Bad Hersfeld, Battenberg, Gießen, Wetzlar, Butzbach
Reforger 86 FTX - Certain Sentinel 20. Januar 1986 31. Januar 1986 (wetterbedingter Abbruch am 24. Januar) VII. US-Korps, 1. US-Panzerdivision, 4. Kanadische mech. Brigade, 11. Gepanzertes US-Kavallerieregiment, 12. Panzerdivision (DE), 1. US-Infanteriedivision 73.000 Schweinfurt, Kulmbach, Hof, Weiden, Schwandorf, Ansbach, Kitzingen, Grafenwöhr, Bamberg
Reforger 87 FTX/CPX - Certain Strike 14. September 1987 24. September 1987 III. US-Corps, 1. US-Kavalleriebrigade, 2. US-Panzerdivision, 1. Panzerdivision (DE), Panzergrenadierbrigade 1 (DE), Panzerbrigade 3 (DE), 4. Division (NL), 43. NL-Panzergrenadierbrigade, 4. UK-Panzerbrigade 78.300 Hannover, Wolfsburg, Uelzen, Rotenburg (Wümme), Soltau, Verden, Nienburg
Reforger 88 FTX - Certain Challenge 6. September 1988 26. September 1988 V. US-Korps, VII. US-Korps, 3. US-Panzerdivision, 8. US-Infanteriedivision, 10. Panzerdivision (DE), 197. US-Infanteriebrigade, 11. Gepanzertes US-Kavallerieregiment, 3. Gepanzertes US-Kavallerieregiment, Berlin Brigade, 3. US-Infanteriedivision, 1. US-Infanteriedivision, 2. Gepanzertes US-Kavallerieregiment, 12. Panzerdivision (DE), 4. Kanadische mech. Brigade 124.800 Bad Kissingen, Bamberg, Nürnberg, Dinkelsbühl, Heidenheim an der Brenz, Crailsheim, Heilbronn, Schwäbisch Hall, Bad Mergentheim, Wertheim, Gemünden am Main
1989 kein Reforger, Absage aus Gründen des Umweltschutzes, der verbreiteten Ablehnung von Tiefflügen und der beginnenden Umorientierung der NATO (Abbau der Ost-West-Konfrontation, eine Bedrohung ergebe sich künftig zunehmend aus dem Süden und Südosten in Gestalt des islamischen Fundamentalismus)[3]
Reforger 90 CFX/FTX/CPX - Centurion Shield 15. Januar 1990 26. Januar 1990 CENTAG, V. US-Korps, VII. US-Korps, 3. US-Panzerdivision, 8. US-Infanteriedivision, 11. Gepanzertes US-Kavallerieregiment, 2. US-Panzerdivision, 1. Gebirgsdivision (DE), 194. US-Infanteriebrigade, 10. US-Gebirgsdivision, 1. US-Panzerdivision, 1. US-Infanteriedivision, 2. Gepanzertes US-Kavallerieregiment, Panzerbrigade 36 (DE), Panzergrenadierbrigade 13 (DE) 57.300 Schwetzingen, Heilbronn, Ansbach, Donau-Ries, Regensburg, Landshut, Dachau
Reforger 91 CFX/FTX/CPX - Certain Shield 10. September 1991 20. September 1991 NORTHAG, III. US-Korps, V. US-Korps, 4. US-Infanteriedivision, Hauptquartiere von US-, belgischen, niederländischen und britischen Einheiten 28.400 Paderborn, Bielefeld, Kassel, Göttingen
Reforger 92 CFX/CPX - Certain Caravan 17. September 1992 15. November 1992 CENTAG, V. US-Korps, 1. US-Infanteriedivision, III. Korps (DE) 20.000 Hessen, CMTC Hohenfels
Reforger 93 CFX/CPX - Chariot Fury Mai 1993 Mai 1993 CENTAG, V. US-Korps, 1. US-Panzerdivision, 3. US-Infanteriedivision, 5. Panzerdivision (DE), 20. UK-Panzerbrigade, 12. mech. Brigade (NL) 7.000 Kaiserslautern

Abkürzungen: FTX = Field Training Exercise (Feldübung), CPX = Command Post/Paper Exercise (Stabrahmensübung), CFX = Command Field Exercise (Stabs-Feldübung)

Sonstiges[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Unter der Bezeichnung Defender-Europe 20 sollte unter anderen politischen Rahmenbedingungen im Zeitraum von Januar bis Mai 2020 ein ähnlich umfangreiches US-Manöver mit Beteiligung weiterer NATO-Mitglieder stattfinden.[4] Die etwa 37.000 teilnehmenden Soldaten aus 18 Staaten, davon ca. 20.000 aus den USA, sollten die möglichst schnelle Truppenverlegung nach Osteuropa üben und die Infrastruktur in den gastgebenden NATO-Staaten dabei einem Stresstest unterziehen.[4] Die Übung wurde Anfang März aufgrund der COVID-19-Pandemie faktisch ausgesetzt.[5]

Bilder[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: REFORGER – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Helmut Groß: Reforger 77: Sicherheit zuletzt. In: Die Zeit. 30. September 1977, ISSN 0044-2070 (zeit.de [abgerufen am 10. Februar 2020]).
  2. Antwort der Bundesregierung. NATO-Übung REFORGER 92. In: Drucksache 12/3726. Deutscher Bundestag, 12. November 1992, abgerufen am 10. Februar 2020.
  3. Unterrichtung durch die deutsche Delegation in der Nordatlantischen Versammlung über die Plenarsitzung der Nordatlantischen Versammlung am 9. Oktober 1989 in Rom. In: Drucksache 11/5950. Deutscher Bundestag, abgerufen am 10. Februar 2020.
  4. a b „Defender Europe 20“: Tausende US-Soldaten landen in Deutschland. In: welt.de. 21. Februar 2020, abgerufen am 22. Februar 2020.
  5. Thomas Wiegold: Coronavirus: ‚Defender Europe 20‘ faktisch ausgesetzt (Updates). In: augengeradeaus.net. 13. März 2020, abgerufen am 14. März 2020.