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Hitler stoppte die Ablösung dieses unfähigen Generals

Im Februar 1942 forderte der Chef der Heeresgruppe Nord die Entlassung eines Armeeführers wegen Unfähigkeit. Gegen sein übliches Vorgehen versuchte Hitler zu schlichten – mit katastrophalen Folgen.
Leitender Redakteur Geschichte
Kombo der Generalfeldmarschälle Erst Busch,und Georg von Küchler mit Adolf Hitler Kombo der Generalfeldmarschälle Erst Busch,und Georg von Küchler mit Adolf Hitler
Zwischen Ernst Busch (l.), Kommandeur der 16. Armee, und dessen Vorgesetztem Georg von Küchler von der Heeresgruppe Nord musste Adolf Hitler Anfang Februar 1942 vermitteln
Quelle: Ullstein, Bundesarchiv, Bild 183-R63872 / CC-BY-SA 3.0, pa/akg-images

Wer Konflikte friedlich beilegen will, braucht ein ausgleichendes Temperament und Geduld. Beides sind Eigenschaften, für die Adolf Hitler nicht bekannt war, eher für das Gegenteil. Doch Anfang Februar 1942 bewährte sich der „Führer“ tatsächlich in der ungewohnten Rolle als Moderator.

Aneinandergeraten waren zwei seiner zu dieser Zeit wichtigsten Heerführer, die beiden Generalobersten Georg von Küchler und Ernst Busch. Eigentlich vom Rang her gleichberechtigt, war Küchler doch nach dem Rücktritt von Generalfeldmarschall Wilhelm Ritter von Leeb als neu ernannter Befehlshaber der Heeresgruppe Nord der Vorgesetzte von Busch. Dessen 16. Armee bildete nämlich den einen, südlichen Flügel der Heeresgruppe, deren Hauptaufgabe es war, Leningrad zu erobern.

Das hatte im September 1941 nicht geklappt; die zweitwichtigste Stadt der Sowjetunion war nur eingekesselt worden und wurde seither belagert. Denn die 16. Armee musste einen sowjetischen Gegenangriff abwehren. So blieb ihr Vorstoß einige Dutzend Kilometer östlich des Ilmensees liegen.

Am 8. Januar 1942 traf dann die sowjetische Winteroffensive mit der Wucht von gleich fünf Armeen auf Buschs Truppen, der sich als völlig überfordert erwies: Er gab seinen Divisionskommandeuren lediglich den Befehl, um jeden Preis zu halten, und zog seinen eigenen Stab ins sichere Staraja Russa nahe dem Südufer des Ilmensees zurück.

Daraufhin kritisierte Küchler vehement Busch scharf. Er gehe „ihm in der Durchführung unserer Anweisung nicht willig genug an die Hand“, beklagte sich der Heeresgruppenkommandeur bei Generalstabschef Franz Halder, der darüber eine Aufzeichnung anfertigte.

Im Kriegstagebuch von Küchlers Heeresgruppe wurde dagegen nur verschämt festgehalten: „Es liegen gewisse Bedenken vor über die Führungspersönlichkeiten im Abschnitt südlich des Ilmensees.“ Den Namen Busch in solchem Kontext offen zu erwähnen, widerstrebte dem zuständigen Stabsoffizier offenbar – man konnte ja nie wissen, wer das eines Tages einmal lesen würde.

Anfang Februar 1942 eskalierte die Auseinandersetzung. Nun forderte Küchler vehement Buschs Ablösung. Hitler bestellte den Kommandeur der 16. Armee nun ins Führerhauptquartier Wolfsschanze bei Rastenburg in Ostpreußen und befahl ihm, sich Küchler fortan unterzuordnen, der wiederum akzeptieren musste, dass Busch nicht abgelöst wurde. Eine erstaunlich pragmatische Lösung des Konfliktes.

Die allerdings nicht unbedingt auf Gegenliebe stieß. Busch jedenfalls beklagte sich nach dem Gespräch mit Hitler bei Halder, „dass er unter dem Wechsel der Führung der Heeresgruppe gelitten habe, da er vom Vorgänger des Oberbefehlshabers der Heeresgruppe eine andere Befehlsführung gewohnt wäre“. Tatsächlich hatte Wilhelm von Leeb vor allem „nach oben vertreten, was von den Armeen gemeldet wurde, ohne direkt einzugreifen“.

Faktisch forderte Busch also völlige Eigenständigkeit, die Küchler ihm nicht gewähren wollte – auch, weil er wenig von seinem Ranggenossen hielt. Halder schlug sich auf die Seite des Heeresgruppenchefs: „Der Führer verlangt auch von seinen Armeeführern, dass Befehle ausgeführt werden“, fasste der Generalstabschef seine Antwort zusammen: „Die 16. Armee darf da nicht zu sanft angefasst werden.“

Ohne Pferde lag die Wehrmacht am Boden

Rund 2,75 Millionen Pferde dienten während des Zweiten Weltkrieges in der Wehrmacht. Sie transportierten Nachschub und zogen Geschütze. Ohne sie wäre der motorisierte Krieg nicht zu führen gewesen

Quelle: Die Welt

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Mit dieser klaren Ansage kehrte Busch in sein Armeehauptquartier nach Staraja Russa zurück, wo sich bald die Situation zuspitzte. Denn am 8. Februar 1942 schlossen sowjetische Verbände insgesamt 95.000 deutsche Soldaten mit 20.000 Pferden im Gebiet um die Kleinstadt Demjansk ein. Es wiederholte sich im Großen, was seit Mitte Januar schon in Cholm vor sich ging: eine Kesselschlacht, diesmal gegen die Wehrmacht.

Warum aber ging Hitler für seine Verhältnisse so ausgleichend mit dem Konflikt zwischen Küchler und Busch um? Es lag nicht daran, dass Halder und OKW-Chef Wilhelm Keitel, der formal höchste Soldat der Wehrmacht, eindeutig zugunsten von Küchler Position bezogen hatten. In anderen Fällen entließ der „Führer“ Generäle auch gegen deren Widerspruch und ohne ein Wimpernzucken.

Zwei miteinander verschränkte Gründe dürften zu Hitlers Schlichtung beigetragen haben. Erstens war Busch einer der wenigen überzeugten Nationalsozialisten in den höchsten Rängen der Wehrmacht. Ein noch prominenterer Hitler-Anhänger war eigentlich nur noch Generalfeldmarschall Walter von Reichenau gewesen, der aber wenige Wochen zuvor an einem Schlaganfall gestorben war. Eine Ablösung von Busch hätte in dieser Situation als Schwächung der dominierenden Stellung der NSDAP verstanden werden können.

Außerdem hatte sich Hitler erst drei Wochen zuvor entschieden, Küchler und nicht Busch als Nachfolger von Ritter von Leeb zum Chef der Heeresgruppe Nord zu machen. Hätte er ihn gleich bei der ersten Konfrontation zurückgewiesen, wäre ein Rücktritt wohl unausweichlich gewesen: ein fatales Signal mitten in der Abwehrschlacht gegen die Winteroffensive der Roten Armee.

Zugunsten Buschs sprach jedoch, dass er im Ersten Weltkrieg vier Jahre lang Frontoffizier gewesen war, im Gegensatz zu Küchler, der die meiste Zeit als Generalstabsoffizier in der Etappe gedient hatte. Hitler, der sich selbst stets als Frontkämpfer stilisierte, verachtete die „Bürogeneräle“. Allerdings hatte er selbst nur wenige Wochen in vorderster Linie gekämpft und war danach als Meldegänger selbst zum „Etappenhengst“ geworden, wie der Historiker Thomas Weber herausgefunden hat.

Hitlers Sympathie für Busch führte dazu, dass dieser im Oktober 1943 die Führung der Heeresgruppe Mitte übertragen bekam. In dieser Funktion jedoch versagte Busch; sein Biograf Samuel W. Mitcham nennt diese Beförderung „verhängnisvoll“. Denn Busch war ein „Ja-Sager“, der zudem wusste, dass er sich schon als Chef der 16. Armee „nicht wirklich bewährt“ hatte und daher nicht über das Selbstbewusstsein verfügte, Hitler im Falle eines Falles entgegenzutreten.

„Mit dieser Einstellung war Busch ein völlig unfähiger Oberbefehlshaber“, urteilt Mitcham. Der katastrophale Zusammenbruch der Heeresgruppe Mitte im Juni 1944, die bis dahin größte Niederlage der deutschen Militärgeschichte, ging wesentlich auf seine mangelnde Tatkraft zurück: Er beließ es bei Hitlers sinnlosen Haltebefehlen, statt seine Truppen beizeiten auf Stellungen zurückzuziehen, die sie verteidigen konnten.

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