Soll neben Wataru Endo das Stuttgarter Mittelfeld lenken: Der Japaner Genki Haraguchi (Foto: IMAGO, IMAGO / Sportfoto Rudel)

Fußball | Bundesliga

Doppel-Sprachrohr mit Insta-Labradoren: VfB-Neuzugang Genki Haraguchi

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Michael Bollenbacher

Mit Genki Haraguchi hat der VfB Stuttgart einen dritten Japaner im Kader. Der 31-jährige Routinier spricht Deutsch und soll zur schwäbischen Schaltzentrale werden. Privat erfreuen sich seine beiden Labradore großer Bekanntheit.

Er hebt die Hand und bietet sich aktiv an. Die Bälle schickt er per geschmeidigem Touch in Richtung seiner neuen Teamkollegen. Es ist vor allem der feine Fuß von VfB-Neuzugang Genki Haraguchi, der einem als Trainingsbeobachter direkt ins Auge sticht. Als Lautsprecher fällt er indes auf Anhieb nicht auf, was man bei seiner zweiten Trainingsheinheit in Cannstatt aber auch nicht unbedingt erwarten kann. Japaner gelten ja ohnehin eher als zurückhaltend.

Gutes Deutsch, null Torbeteiligungen, 160 Bundesliga-Spiele

Und doch bringt Genki Haraguchi eine wichtige Eigenschaft in den VfB-Kader ein: Er beherrscht als Japaner die deutsche Sprache. "Sie sind oft sehr ruhige Menschen, aber interessanterweise auf dem Platz dann anders und das ist ganz entscheidend", sagt Bruno Labbadia am Freitag über japanische Fußballer im Allgemeinen. Da Hiroki Ito, japanischer Verteidiger beim VfB, die deutsche Sprache noch nicht so beherrsche, helfe es auch in dieser Hinsicht, jetzt einen Genki Haraguchi zu haben. Persönlichkeit und Erfahrung also.

Der VfB Stuttgart ist bereits Haraguchis fünfter Profiklub in Deutschland nach Stationen bei Hertha BSC, Fortuna Düsseldorf, Hannover 96 und zuletzt Union Berlin. Sein neuer Trainer Bruno Labbadia hatte besonders im Trainingslager immer wieder betont, dass ihm seine Mannschaft zu still sei. So könnte Haraguchi, der mit Wataru Endo und Hiroki Ito nun das Japan-Trio bildet, in Sachen Kommunikation zum Sprachrohr in beide Richtungen werden.

Bruno Labbadia klingt in der Pressekonferenz am Freitag bereits restlos überzeugt von Haraguchi, "dem fünften Japaner, den ich beim VfB Stuttgart kennenlerne." Neben dem aktuellen Japaner-Trio arbeitete der 56-Jährige in seiner ersten Stuttgarter Amtszeit bereits mit den japanischen Profis Shinji Okazaki und Gotoku Sakai zusammen. Über seinen neuesten Japaner sagt er nun: "Genki ist jemand, der eine extreme Ruhe hat". Und weiter: "Diese ganze Mentalität, das gefällt mir einfach. Wie die Japaner ausgebildet sind, fällt auf. Auch ihre Arbeitseinstellung, welche Werte sie leben."

Haraguchi der offensivere Part neben Landsmann Endo

Der Wert, den der Mittelfeldspieler für den VfB haben wird, ist zwar noch nicht genau taxiert, dafür aber die Ablöse: Für rund eine Million Euro konnten die Schwaben den Japaner von Union Berlin loseisen. Haraguchi soll dem VfB-Spiel mehr Variabilität geben, den etwas offensiveren Part der beiden "Achter" neben seinem Landsmann Wataru Endo geben und so zur schwäbischen Schaltzentrale werden. So erhofft man sich das zumindest beim Verein für Bewegungsspiele, auch wenn der Japaner diese Saison in elf Bundesliga-Spielen für Union, davon sechs in der Startelf, keine Torbeteiligung vorzuweisen hat.

"Genki ist nochmal den Ticken offensiver. Karazor ist Sechser, Endo Sechser/Achter und Haraguchi ist mehr der Achter/Zehner. Er kann auch Doppel-Sechs spielen, aber kann auch die ganz offensive Position", so Labbadia.

Anlaufzeit braucht Haraguchi allerdings nicht zwingend: Nachdem Union ihn 2021 von Hannover 96 verpflichtet hatte, stand der heute 31-Jährige bei den Köpenickern in 42 Saisonspielen auf dem Rasen, legte sechs Treffer auf und traf zwei Mal selbst.

Labradore Ena und Lapis mit eigenem Instagram-Account

160 Bundesliga-Spiele und 74 Einsätze für Japans Nationalelf spülen jedenfalls eine Menge Erfahrung in den jüngsten Kader der Bundesliga (23,4 Jahre im Schnitt). Seit 2014 spielt der in Kumagaya in der Präfektur Saitama geborene und bei den Urawa Red Diamonds ausgebildete Japaner in Deutschland.

Seine stärkste Saison zeigte Haraguchi vor zwei Jahren in Hannover, als er in allen 34 Ligaspielen auf dem Platz stand und dabei mit 16 Torbeteiligungen glänzte. Seinen ersten Auftritt für den VfB hatte der Mittelfeldmann bereits am Dienstag, als er beim Last-Minute-Pokalsieg in Paderborn zur Halbzeit für Josha Vagnoman eingewechselt wurde.

Privat zeigt Genki Haraguchi neben Einblicken mit Frau Ruriko vor allem seine beiden Hunde Ena und Lapis. Die beiden Labradore haben sogar einen eigenen Instagram-Account mit schlappen 23.800 Followern. Familie Haraguchi scheint naturverbunden: Seen, Wiesen und schneebedeckte Berge sind auf den Fotos zu sehen. Den Winterurlaub verbringen die Haraguchis mit den beiden Labradoren auch gerne mal in Österreich - allerdings ohne Wintersport, wie Haraguchi im Vereins-TV bei Union Berlin erzählt. "Das ist ein bisschen gefährlich, ich kann nicht Ski fahren!"

Startelf-Aussichten gegen Werder Bremen

Stattdessen spiele er lieber mit seinen Hunden im Schnee. Sucht man im Internet nach den Eigenschaften eines Labradors, erscheint vielfach die Eigenschaft "vielseitig". Auch nervenstark, treu und lernwillig sei er. Und der Labrador gilt als Jagd- und Arbeitshund. Nun sollte man das Verhalten eines Vierbeiners nicht eins zu eins auf die Eigenschaften seines Herrchens übertragen; doch wenn Genki Haraguchi auch nur einige dieser Punkte auf den Platz bringt, scheint er für den VfB Stuttgart die gewünschte Verstärkung sein zu können.

"Das ist ein Thema, weil er Dinge mitbringt, die wir noch nicht haben", sagte VfB-Coach Bruno Labbadia am Freitag über ein mögliches Startelfdebüt Haraguchis gegen Bremen (So., 15.30 Uhr). Mit seinem Landsmann könne es daher ganz gut harmonieren im Mittelfeld. Dann könnte der Japaner Haraguchi an der Seite des Japaners Endo die Lücke im Bremer Abwehrverbund suchen, um den ersten VfB-Heimsieg 2023 einzutüten.

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