Der Businesspark nach der Schlecker-Insolvenz in Ehingen
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Seit zehn Jahren am Markt

Wie aus der Schlecker-Zentrale ein erfolgreicher Businesspark wurde

Ehingen / Lesedauer: 8 min

85 Prozent der rund 20.000 Quadratmeter Bürofläche sind vermietet, ein Büro immer noch an Anton Schlecker. Dass diese Auslastung einmal gelingen würde, war aber nicht immer klar.
Veröffentlicht:23.03.2024, 05:00

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Der Businesspark Ehingen Donau (BED) wird zehn Jahre alt. Das wird unter anderem auch mit dem zehnten Ehinger Wirtschaftsforum am 16. April gefeiert, zu dem Alt-Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) als Gastredner kommen wird. Ein Mann der ersten Stunde, quasi der Gründervater des Businessparks Ehingen Donau, ist Professor Michael Gaßner, der auf die Anfänge und die daraus resultierende Erfolgsgeschichte der ehemaligen Schlecker-Konzernzentrale an der Talstraße blickt.

Bescheiden eingerichtet

Im zweiten Stock des Businessparks im Gebäude zwei hat sich Gaßner ein Büro eingerichtet. Bescheiden, spartanisch und daher eher zweckmäßig mutet der Raum an. Ein Schreibtisch samt Computer, ein Besprechungstisch, ein Drucker und eine Kaffeemaschine - mehr braucht Gaßner nicht in Ehingen, um rund 20.000 Quadratmeter Bürofläche zu vermarkten und zu verantworten. Rund 85 Prozent der Flächen sind aktuell vermietet.

Der älteste Mieter im Businesspark ist auch sein Erbauer und sicherlich der prominenteste aller Mieterinnen und Mieter. Denn noch immer nutzt die Familie von Anton Schlecker hoch oben im siebten Stock Büro-Räumlichkeiten, die Schlecker selbst auch oft besucht. Ebenfalls noch immer eingemietet in der alten Firmenzentrale des einstigen Drogeriemarktkönigs ist Insolvenzverwalter Geiwitz, der noch immer mit der Abwicklung der Schlecker-Pleite vom Januar 2012 beschäftigt ist und etwas über 1000 Quadratmeter angemietet hat.

Professor Michael Gaßner ist der Gründervater des Businessparks in Ehingen.
Professor Michael Gaßner ist der Gründervater des Businessparks in Ehingen. (Foto: Götz)

Beim Blick zurück, zu den Anfängen des Businessparks in Ehingen, ist ein Datum natürlich leider wesentlich. Der 23. Januar 2012, als Anton Schlecker, der Alleininhaber, beim Amtsgericht Ulm den Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens stellte, das am 28. März 2012 eröffnet wurde. „Ich habe damals natürlich alles über die Schlecker-Pleite über die Medien mitbekommen. Ich wusste aber nicht, dass Schlecker in Ehingen ein Gebäude dieser Dimension stehen hat“, sagt Gaßner, der damals schon ein Consulting-Büro hatte und Vorstand der eigenen G.R.E.I.F. AG war und bis heute ist.

Den Gemeinden helfen

„Damals habe ich zu meinem alten Freund Julian Würtenberger, den ich noch aus Staatsministeriums-Zeiten kannte, gesagt, dass wir was gemeinsam als Berater anpacken sollten“, erklärt Gaßner. Schnell wurden sich die beiden einig darüber, dass es in Baden-Württemberg viele Kommunen gibt, die Immobilien haben, die in der Nutzung neu erfunden werden müssen. „Wir wollten damals Gemeinden bei der Neu-Entwicklung von Problemimmobilien helfen“, sagt Gaßner.

So habe er seinerzeit 22 Oberbürgermeister in Baden-Württemberg angeschrieben - allerdings nur von Städten größer als 30.000 Einwohner. Ehingens OB Alexander Baumann bekam also keinen Brief. „Ich war damals aber bei der IHK in Ulm und habe mit dem damaligen Hauptgeschäftsführer Otto Sälzle gesprochen“, erinnert sich Gaßner. Von diesem bekam er zu hören, dass es in Ulm keine Flächen „für ihn“ gebe. Dafür aber habe ihm Sälzle gesagt, dass es in Ehingen Sorgen mit einer größere Immobilie seit der Schlecker-Insolvenz gebe.

Baumann hat mich als Person sehr positiv beeindruckt. Und alle Zweifel waren weg

„Ehingen war uns damals eher zu klein“, gibt Gaßner heute zu. Zwei Wochen später allerdings klingelte es bei Gaßner am Telefon und eine gewisse Frau Fähnle vom Büro des Oberbürgermeisters sei am Apparat gewesen und habe gesagt, dass der Ehinger OB ihn gerne sprechen würde. „Wir haben uns dann kurz am Telefon unterhalten. Der OB hatte von Sälzle erfahren, dass ich auf der Suche nach neuen Projekten bin“, erzählt Gaßner und betont: „Ehingen war einfach nicht auf meinem Radar. Im Nachhinein schäme ich mich dafür fast.“

Wenige Minuten nach dem Telefonat mit OB Baumann habe sich Gaßner ins Auto gesetzt und sei von Ludwigsburg nach Ehingen gefahren. Und nach einem persönlichen Gespräch mit OB Baumann war für Gaßner schnell klar, dass er das Projekt machen möchte. „Baumann hat mich als Person sehr positiv beeindruckt. Und alle Zweifel waren weg“, so Gaßner, der dann am 3. November des Jahres 2012 in nicht öffentlicher Sitzung vor dem Ehinger Gemeinderat auftreten durfte. Auch das Gremium war zu diesem Zeitpunkt einstimmig für die Planungen Gaßners.

Nun ging es darum, das Gebäude aus der Insolvenzmasse Schleckers zu erwerben. Im Februar des Jahres 2013 fanden erste Gespräche mit Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz statt, der eigentlich vor hatte, das Objekt über ein renommiertes Berliner Maklerbüro zu verkaufen.

„Ich bin dann auch erstmals in das Gebäude gegangen. Ich hatte einen Tag Zeit, um alles auf mich wirken zu lassen und muss sagen, dass mich das Gebäude sofort fasziniert hat. Denn von der Flexibilität her hatten wir hier alle Möglichkeiten, das Gebäude in völlig unterschiedliche Nutzungen aufzuteilen“, so Gaßner. Denn die Vorstellung, für die 20.000 Quadratmeter Bürofläche einen einzigen neuen Nutzer zu finden, sei schon damals utopisch gewesen. Am 16. April des Jahres 2013 kam es dann zur Gründung der Businesspark Ehingen Donau (BED) GmbH und die Verhandlungen um den Kauf der alten Schlecker-Zentrale wurden konkret.

Der riesige Bürokomplex in Ehingen. 
Der riesige Bürokomplex in Ehingen.  (Foto: arc/Hink)

Zu Beginn seien die Vorstellungen des Insolvenzverwalters und die der Stadt sehr weit auseinander gelegen, am Ende habe man sich aber auf einen Preis geeinigt, der laut Gaßner „für beide schmerzhaft war, wobei die Schmerzen für den Insolvenzverwalter gegenwärtiger waren“. Denn allein die Leerstandskosten des Gebäudes mit Steuern, Versicherungen, Strom und Heizung betrugen damals rund 600.000 Euro pro Jahr. „Die Zeit spielte gegen den Insolvenzverwalter“, sagt Gaßner zehn Jahre später mit einem Schmunzeln im Gesicht.

Bevor der Kauf allerdings vollzogen werden konnte, musste der Gemeinderat der Stadt Ehingen als Käuferin und Hauptgesellschafterin der BED abstimmen. „Ich war damals nur Berater. Einer im Gemeinderat hat mir zugerufen, ich würde die Stadt in den Ruin stürzen und nie mit eigenem Geld in ein solches Risiko gehen“, erinnert sich Gaßner an die Unkenrufe von damals. „Daraufhin habe ich in der Sitzung direkt den OB gefragt, ob ich mich mit zehn Prozent beteiligen dürfe. Ich habe das dann angeboten und alle Zweifel im Rat waren wie weggeblasen. Seit der Gründung war ich nun Mitgesellschafter“, so Gaßner.

Im Jahr 2014 kam dann die FAKT AG mit dazu, die aber im November 2020 einen Vergleich mit der Stadt geschlossen hat und wieder raus ist. Mittlerweile sind die Gesellschaftsverhältnisse so, dass die Stadt Ehingen 51 Prozent hält, die Donau-Iller Bank 49 Prozent, indem sie die 39 Prozent der FAKT AG sowie die zehn Prozent von Gaßner übernommen hat.

Dass die vergangenen zehn Jahre eine Erfolgsgeschichte wurden, zeigt unter anderem die Tatsache, dass mittlerweile rund 60 verschiedene Mieterinnen und Mieter aus den verschiedensten Branchen, darunter die Agentur für Arbeit, ein Notariat, das Landratsamt mit zwei Schulen, ein Fitnessstudio mit Physiotherapie, die OEW Breitband und viele Ingenieurfirmen, Dienstleister und Start-ups eine Heimat gefunden haben.

Dass sich der Businesspark längst rechnet, daraus macht Gaßner natürlich keinen Hehl. Auch, dass die Stadt ordentlich Gewerbesteuer von den Unternehmen im Businesspark einnimmt, sei ein Faktor. „Dennoch ist es gerade extrem schwer, klassische Büroflächen zu vermarkten. Die Unternehmen tun sich schwer am Standort Deutschland mit seinen hohen Energiekosten, Steuern und seiner Bürokratie. Das muss man in aller Brutalität so sagen. Der Letzte, der nachgefragt hat, war ein Unternehmer, der seine Produktion ins Ausland verlagert und deswegen hier nur noch Büros für den Vertrieb und die Entwicklung braucht“, so Gaßner, der betont: „Ehingen kann sich glücklich schätzen, einen Liebherr zu haben.“

Der Businesspark in Ehingen. 
Der Businesspark in Ehingen.  (Foto: arc/Hink)

Auch deswegen hat Gaßner in den vergangenen Jahren viele Versuche unternommen, beispielsweise eine Hochschule in den BED zu bekommen. „Wir waren unterschriftsreif, bis dieser Versuch dann wegen Halte-Subventionen anderenorts gescheitert ist“, sagt Gaßner, dessen Idee eines Boarding Houses ebenfalls nicht umgesetzt werden konnte. „Das Thema Batterie und andere Energien bleibt weiter auf der Agenda. Es schiebt sich aber“, so Gaßner, der gerne entsprechende Produktion und Entwicklung an die Talstraße holen möchte.

Ebenso würde er einem Unternehmen der Pharmabranche sofort das ehemalige Schlecker-Freizeit-Grundstück „hinter der Mauer“ zur Verfügung stellen. „Wenn sich jemand findet, der den Platz für neue Laborgebäude und Forschungseinrichtungen braucht. Ich denke hier an Neugründungen oder an Zulieferer und Kooperationspartner für die besonderen Pharmafirmen in der Region Biberach, Laupheim und Ulm.“

Stolz ist Gaßner darauf, dass bereits mehrere Millionen Euro in den BED investiert wurden.Jüngst erfolgte ein Anbau mit einem neuen Aufzug am Gebäude 8, wo Klassen der Schmiechtalschule und künftig auch der Magdalena-Neff-Schule unterrichtet werden. Zudem sei eine PV-Anlage für die Dächer bestellt und die Hoffnung, dass es mit dem Abwasser der Firma Sappi als umweltfreundliche Wärmequelle für die Beheizung der Gebäude klappt, habe Gaßner „noch nicht aufgegeben. „Wir brauchen für vieles einen langen Atem, aber wir haben ihn“, so Gaßner.


Eine sehr erfolgreiche Veranstaltungsreihe im Businesspark Ehingen Donau ist das Ehinger Wirtschaftsforum, das am Dienstag, 16. April, um 18.30 Uhr bereits zum zehnten Mal stattfinden wird. Dieses Mal wird Günther Oettinger, EU-Kommissar a.D., als Gastredner sprechen. Im Gepäck hat er das Thema „Deutschland – bald nur noch 2. Liga?“ Oettinger wird dabei auf die Sorgen der deutschen Wirtschaft eingehen, den Verlust an Wettbewerbsfähigkeit darstellen, insbesondere im Vergleich mit den USA. Eine Anmeldung ist erforderlich unter www.businesspark-ehingen.de/wirtschaftsforum.