AfD-Eklat in Thüringen: Merz unterstützt Votum – und keilt gegen parteiinterne Kritiker
Mithilfe von Stimmen der AfD hat das Oppositionsbündnis aus CDU und FDP im Thüringer Landtag eine Steuersenkung durchgesetzt. Führende Politiker finden das unbedenklich.
Erfurt – Seit Tagen diskutieren deutsche Politikerinnen und Politiker über den Beschluss einer Steuersenkung in Thüringen, der unter anderem mit Stimmen der AfD zustande gekommen war. Während die Parteien der rot-rot-grünen Landesregierung vor allem der CDU vorwerfen, sich gezielt mit der rechtspopulistischen Partei abgesprochen zu haben, verteidigen CDU-Vorsitzender Friedrich Merz und Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) das Vorgehen ihrer Parteien.
So betonte etwa Buschmann im Gespräch mit den Tageszeitungen und Portalen der Verlagsgruppe VRM, dass aus FDP-Sicht einem Antrag einer demokratischen Partei – nämlich der CDU – zugestimmt worden wäre, „der zu 100 Prozent den Parteibeschlüssen der FDP entspricht, und wir dem zustimmen“. Das ließe sich Buschmanns Ansicht nach „nur schwer skandalisieren“.

Streit um Landespolitik in Thüringen: Linke sieht Beweise für Zusammenarbeit zwischen Parteien
Auch der CDU-Vorsitzende Merz beteuerte in einem Fernsehinterview mit ProSieben/Sat.1, dass es vor der Abstimmung zur Senkung der Grunderwerbsteuer keine Absprachen und keine Zusammenarbeit mit der Thüringer AfD gegeben habe. Der Verfassungsschutz hatte den Landesverband der Partei bereits vor einiger Zeit als gesichert rechtsextrem eingestuft. Dennoch sehen zahlreiche Unionspolitiker, neben Merz auch der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) die gemeinsame Abstimmung als unbedenklich.
Eine laute Gegenstimme zu den Beteuerungen aus Union und FDP kommt von den an der Thüringer Regierung beteiligten Linken. So sagte der Linken-Politiker und Staatskanzleichef Benjamin-Immanuel Hoff, dass er es als belegt erachte, dass sich die Oppositionsparteien vor der Entscheidung am Donnerstag gezielt abgestimmt hätten: „Es wurden parallel eigene Punkte von der Tagesordnung genommen, um dann die Grunderwerbsteuer behandeln zu können. Alle drei haben gemeinsam die Beschlussempfehlung im Haushaltsausschuss abgegeben. Die AfD hat im Vorfeld öffentlich klargestellt, dass sie das Vorhaben unterstützen wird.“ Zudem gebe es „seit geraumer Zeit Absprachen, die augenfällig sind.“

Abstimmung mit Stimmen der AfD: Merz kritisiert Ministerpräsident Günther für „Einzelmeinung“
Dass sich etwa Schleswig-Holsteins CDU-Ministerpräsident Daniel Günther kritisch zu dem Einreißen der „Brandmauer“ zur AfD in Thüringen geäußert hatte und auf der Nachrichtenplattform X (ehemals Twitter) von einer „schweren Fehlentscheidung“ gesprochen hatte, bezeichnete Merz als „Einzelmeinung“. In seinem Interview betonte er, dass es „niemanden sonst“ in der Union gebe, der Günthers Meinung „teilt, auch öffentlich vorgetragen, so wie er es gemacht hat“.
Der CDU-Vize-Vorsitzende Jens Spahn drängte im Gespräch mit der Frankfurter Rundschau darauf, die Debatte zu beenden, da diese der „größte Gefallen“ sei, den man der AfD gerade tun könne, da die Partei dadurch nur noch mehr Zustimmung gewinne. SPD-Vorsitzende Saskia Esken dagegen bezog sich in Stuttgarter Zeitung/Stuttgarter Nachrichten auf die Aussage des CDU-Chefs, dass die „Brandmauer“ zur AfD stehe: „Wie viel ist das Wort von Friedrich Merz in der CDU noch wert, und wo bleibt der Aufschrei innerhalb der Union?“. (saka mit dpa)