Gasthaus Himmelreich (Foto: SWR)

Talk-Reihe: Himmlisches Dinner

Müntefering über Schröder: "Das Tischtuch ist zerschnitten"

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Dorothee Soboll
Dorothee Soboll, SWR Studio Freiburg (Foto: SWR)

Franz Müntefering ist bei der Talk-Reihe "Himmlisches Dinner" des Hofguts Himmelreich zu Gast gewesen. Ein Gespräch über die Gesellschaft im Allgemeinen, aber auch über die aktuelle Politik.

Das "Himmlische Dinner" im Hofgut Himmelreich in Kirchzarten (Kreis Breisgau-Hochschwarzwald) ist in die nächste Runde gegangen: Diesmal war Franz Müntefering zu Gast. Der frühere SPD-Chef Franz Müntefering hat die ältere Generation aufgefordert, sich aktiv am gesellschaftlichen Leben zu beteiligen. "Der Schatz der Älteren ist die Zeit", sagte der 82-Jährige im Gespräch mit Christoph Ebner, dem Leiter des SWR Studios Freiburg.

Das ganze knapp einstündige Gespräch aus dem Gasthaus "Himmelreich" zum Nachhören:

Miteinander essen und reden

Ein Abend im Hofgut Himmelreich. An einem Holztisch in der Mitte des Raumes sitzen Franz Müntefering und Christoph Ebner, um sie herum etwa 60 Gäste. Ebner führt mit Fragen durch das Dinner. Schnell kommen die Gesprächspartner vom Thema Essen auf die Gesellschaft. "Wenn wir überhaupt eine Leitkultur haben, um das Wort gleich einzuführen, dann miteinander essen und miteinander reden", so Müntefering. Ohne Handy. "Ich empfehle den Älteren, darauf zu achten." Den Älteren, also seiner Generation, die den Krieg noch miterlebt hat. Müntefering berichtet davon, wie er während der Bombardements die Fenster verdunkelte. Das war seine "Spezialaufgabe", wie er es nennt.

Krieg zwischen Russland und Ukraine weckt schlechte Erinnerungen

"Die heutige Politiker-Generation hat den Krieg nicht miterlebt. Macht das einen Unterschied in der Wahrnehmung?", fragt Ebner. Müntefering bejaht: "Viele von uns schreckt das doch wieder in besonderer Weise auf. Und ich sage nicht, dass die anderen das nicht fühlen. Aber man wird schon erinnert an bestimmte Situationen, an den Hunger, zum Beispiel 1946/47."

Auch jetzt ist Krieg, der russische Angriffskrieg auf die Ukraine. Solche Kriege habe es auf der Welt immer gegeben, sagt Müntefering. "Aber die waren so weit weg, dass wir nicht das Gefühl hatten, das kann uns persönlich treffen." Das sei jetzt anders. Er warnt im Gespräch aber davor, dass Deutschland sich zu sehr einmischt und zitiert den früheren SPD-Bundeskanzler Helmut Schmidt: "Jeder muss wissen: Er darf nicht zu viel machen, sonst ist er auch mit dabei." Und ergänzt: "Wir sind auch in der Lage, uns zu wehren. Wir greifen nicht an, wir sind nicht aggressiv, aber wir lassen uns auch nicht hinmetzeln. Und wir lassen auch nicht zu, dass die Ukrainer hingemetzelt werden."

Nähe zu Putin: Müntefering hat mit Schröder gebrochen

Im weiteren Verlauf des Gesprächs kommt das Thema Gerhard Schröder auf. Müntefering blickt zurück und sagt: "Ich habe, als er als Kanzler ausschied, nicht missbilligt, dass er auch im Öl- und Gasbereich Geschäfte mit Russland gemacht hat." Es sei Geschmackssache, "ich hätte es nicht gemacht." Aber mit seiner aktuellen Haltung geht Schröder für Müntefering zu weit: "Dass er jetzt, nachdem Putin alle Hohnlachen nach Haus geschickt hat und diese Metzelei da beginnt, nicht bereit ist, sich davon zu distanzieren, das ist allerdings für mich auch ganz klar, das führt dazu, dass ich nicht mit ihm zusammen gerne in einer Partei bin."

Die ehemaligen Parteivorsitzenden, erzählt Müntefering, haben Schröder eine Woche nach Kriegsbeginn geschrieben. "Wir sind in einer Partei, wir wollen das auch sein, aber Du musst Dich jetzt verhalten." Darauf habe er nie eine Antwort gekommen, und auch die anderen ehemaligen Vorsitzenden nicht, soweit er wisse. "Das Tischtuch ist zerschnitten", fasst Müntefering seine Beziehung zu Schröder zusammen.

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