Fliegende Fische müssen ins Meer: Tragikomödie von Güzin Kar, das von einem 15-jährigen Mädchen erzählt, das von der Seefahrt träumt und sich in einen wesentlich älteren Arzt verliebt.
Mutter und Tochter müssen in Güzin Kars singfreudiger Tragikomödie, die das Herz am rechten Fleck trägt, erwachsen werden.
Als Eduardo (Barnaby Metschurat), der neue Arzt in dem kleinen Kaff im deutsch-schweizerischen Grenzgebiet am Rhein, vergeblich angeln will, empfiehlt ihm die noch 15-jährige Nana (Elisa Schlott), die dort als Schleusenwart arbeitet, das lokale Fischgeschäft, das alle Sorten führt - bis auf die fliegenden. Die gibt es nur im Meer. Und dorthin möchte das frühreife Mädchen: nämlich als Kapitän zur See fahren. Der junge, gutaussehende Arzt wird ihr helfen, diesen schon fast aufgegebenen Traum zu verfolgen, derweil sich zwischen beiden andeutungsweise eine Liebesgeschichte entwickelt, die doch keine sein darf. Das verleiht der ansonsten alle gängigen „Warum Männer nicht zuhören und Frauen schlecht einparken“-Klischees auffahrenden Tragikomödie einen pikanten erotischen Subtext, der nicht so ganz zum etwas prüden TV-Look passen will.
Vornehmlich handelt Güzin Kars Film, einer Schweizerin mit türkischen Wurzeln, die alle drei „Wilden Hühner“-Drehbücher schrieb, von einem Mutter-Tochter-Gespann in vertauschten Rollen, die beide das lernen müssen, was sie nicht können: Die Mutter Roberta (Meret Becker), ein ordinäres Flittchen, das verbal in die Offensive geht, versucht erwachsen zu werden. Die Tochter, die als Ich-Erzählerin den Handlungsfortlauf erfrischend zynisch kommentiert, sollte Jugendliche sein dürfen, anstatt Vollversorgerin ihrer beiden kleinen Geschwister. Ein doppeltes Coming-of-Age, das seine Problemlagen mit viel unverfänglichem Klamauk löst, der aber abwechslungsreich inszeniert ist und durch viele Regieeinfälle einen herzlichen Ton erhält.
Dafür sorgen auch die mit einigen deftigen Dialogen versehene Parodie-Sequenzen auf bräsige Provinznester, in der zahlreiche Karikaturen auftreten, die aber trotz mancher Häme durchweg positiv, wenn auch oft eindimensional gezeichnet sind. So gestaltet sich die Suche nach einem Mann für die Familie, der das Jugendamt im Nacken sitzt, auch deshalb so unterhaltsam, weil der Film munter zwischen lockerer Beziehungsdramödie und Teenie-Melodram pendelt. Die erfolglosen One-Night-Stands der Proll-Braut, ihr Unwille gegen einen kinderlieben Softie, sowie die aufkeimenden Gefühle des Mädchens sind keineswegs Kontrast, sondern unterstreichen mit dem Leonard-Cohen-Soundtrack unerfüllte Sehnsüchte, die vor allem Elisa Schlott besonders anrührend darstellt. Sie hat das Potenzial zur namhaften Schauspielerin.
tk.