Ferdinand Lassalle

Ferdinand Lassalle

"Der kühnen Bahn nun folgen wir, die uns geführt Lasalle!"

Auszug aus der Umdichtung des Refrains der Deutsche Arbeiter-Marseillaise zur Totenfeier Ferdinand Lassalles

Einleitung

Ferdinand Lassalle - eine faszinierende Persönlichkeit des 19. Jahrhunderts

Der Jude Ferdinand Lassalle prägte mit seinen politischen Ideen und Aktionen in der Zeit der industriellen Revolution und der Umbrüche des 19. Jahrhunderts die deutsche Sozialgeschichte. Sein Leben war nicht nur von Leidenschaft, Kämpfen und unermüdlichem Streben nach sozialer Gerechtigkeit gezeichnet, sondern auch vom sich immer mehr entfaltenden Antisemitismus, welcher Spuren auf seinem persönlichen, aber auch auf seinem politischen Weg hinterließ. Betrachten wir nun das facettenreiche Leben Ferdinand Lassalles und seine entscheidende Bedeutung in einem wichtigen Abschnitt der deutschen Geschichte, sowie sein Leben im Kontext seiner jüdischen Identität und der gesellschaftlichen Umstände dieser Zeit.

Lebenslauf

Ferdinand Lassalle, 1860

Kindheit und Heranwachsen

Am 11. April 1825 wurde Ferdinand Lassalle (geb. Lassal) in Breslau als Sohn von Heimann Lassal, einem wohlhabenden jüdischen Kaufmann, und seiner Frau Rosalie geboren. Aufgrund seiner jüdischen Wurzeln waren seine Kindheit und Jugend von kulturellen Einflüssen dieser Religion geprägt. Lassalle war schon früh Mitglied einer jüdischen Gemeinschaft, diese verließ er später jedoch. Die Zeit, in der er lebte, war auch von wachsendem Antisemitismus gezeichnet. Somit standen Juden, wie unter anderem Ferdinand Lassalle, vor sozialen und politischen Herausforderungen aufgrund von Vorurteilen und Diskriminierung. Dies hatte auch Einfluss auf seine späteren Überzeugungen und prägte ebenfalls seine Bildungslaufbahn.

Auf dem Gymnasium in Breslau, welches er ab 1835 besuchte, absolvierte er das Abitur. Eigentlich sollte er den Familientraditionen folgen und eine Handelsschule besuchen, welche er jedoch abbrach. Stattdessen studierte er von 1843 bis 1846 an den Universitäten in Berlin und Breslau Philosophie und Geschichte.

Zudem begeisterte der junge Erwachsene sich besonders für die Werke des Philosophen Georg Wilhelm Friedrich Hegels (1770-1831). Aus dessen Ansätzen entwickelte Lassalle seine späteren politischen Ziele, da er sich schon sehr früh mit politischen und sozialen Fragen auseinandersetzte. Seine Einfälle reichten von einer jüdischen Reform, die dessen Sonderstatus beenden würde, bis hin zu demokratischen Ideen. Hierbei spiegelt sich auch seine jüdische Identität wider.

Porträt der Gräfin Sophie von Hatzfeld, nach einer retuschierten Fotografie, um 1860/61

Erste politische Anfänge/politischer Werdegang

Ende 1845 reist Ferdinand Lassalle nach Paris, wo er viele Revolutionäre, als auch französische Frühsozialisten trifft, die ihn für seine späteren Vorhaben inspirieren. Aufgrund seiner Bewunderung für die Französische Revolution ändert er seinen Namen von „Lassal“ in „Lassalle“. Dieser ist angelehnt an den französischen Revolutionsgeneral La Salle.

Während seiner Zeit in Paris befasst er sich auch sehr intensiv mit Rechtswissenschaftenstudien und unterstützt unter anderem Heinrich Heine in einem Erbschaftsstreit.

Eine weitere Bekanntschaft, die Lassalle in Paris macht, ist die Gräfin Sophie von Hatzfeld (1805-1881). Ferdinand Lassalle steht ihr von 1846 bis 1856 bei dem jahrelangen Prozess um ihre Scheidung bei. Letztendlich gewinnt die Gräfin den Prozess und bekommt einen großen Teil des Vermögens der Ehe wieder. Dabei fällt für Lassalle auch ein Teil ab, welcher ihn finanziell unabhängig macht. Für Ferdinand Lassalle als den Verteidiger von Sophie von Hatzfeld, war nicht nur die Freundschaft zur ihr ein Grund, ihr bei der Scheidung zu helfen. Denn für Lassalle verkörpert dieser Fall den Kampf einer wehrlosen Person ohne Rechte gegen die Macht der Adeligen.

Diese Interpretation des Scheidungsstreits spiegelt seinen Wunsch nach Veränderung in der Gesellschaft und seinen Einsatz für die Unterprivilegierten wider. Lassalle sah in solchen individuellen Kämpfen oft Möglichkeiten, auf symbolischer Ebene soziale und politische Veränderungen anzustoßen.

Auch anderweitig engagierte der junge Mann sich zunächst in Diskussionen und Schriften.

Zeit der Revolution

Während der Revolution 1848/49 lernt Lassalle Karl Marx (1818-1883) und Friedrich Engels (1820-1895) kennen. Zudem tritt er oft auch als politisch eher linker Redner und Journalist auf.

Jedoch wird er kurz darauf (im November 1848) wegen Aufrufs zum bewaffneten Kampf für die Nationalversammlung angeklagt und verhaftet. Sein Freispruch erfolgt erst im Mai des nächsten Jahres. Jedoch folgt stattdessen eine Anklage wegen Aufforderung zum gewaltsamen Widerstand gegen Beamte. Somit wird Ferdinand Lassalle erneut zu sechs Monaten Haft verurteilt.

Einige Jahre nach seiner Freilassung gründet Lassalle 1851 illegal einen Zirkel für revolutionäre Arbeiter in Düsseldorf. Dessen Ziele sind die politische Bildung der Arbeiterschicht und die juristische Unterstützung von Arbeitern vor Gericht. Dieser Zirkel unterstützt beispielsweise Angeklagte des Kommunistenprozesses in Köln (1852). Zu der Illegalität der Organisation kommt dazu, dass bei den Prozessen oft mit gefälschten Beweisen zu Gunsten der Arbeiter und Angeklagten gearbeitet wurde.

Köpfe der frühen deutschen Arbeiterbewegung: August Bebel, Wilhelm Liebknecht � Karl Marx � Carl Wilhelm Tölcke, Ferdinand Lassalle

Zeit nach der Revolution und politische Erfolge

1857 zieht Lassalle wieder nach Berlin, wo er aufgrund seines neu veröffentlichten Werkes „Die Philosophie Herakleitos des Dunkeln von Ephesos“ in die Berliner Philosophische Gesellschaft aufgenommen wird.

Von 1860 bis 1862 unternimmt er wieder einige Reisen nach Italien und in die Schweiz. Die italienische Unabhängigkeitsbewegung inspiriert ihn.

Durch seine zahlreichen Inspirationen, sowie dem Willen zur Veränderung und Verbesserung des Lebens der Arbeiter und generell der Niedriggestellten, formuliert Ferdinand Lassalle im Jahre 1862 sein „Arbeiterprogramm“. Das Programm verfolgt die Ziele des Sozialismus und will die Gründung einer sozialdemokratischen Arbeiterpartei. Die Bestreben dieser Partei sind zum Beispiel das allgemeine Wahlrecht für alle, Abschaffung des Privateigentums an Produktionsmitteln oder Lohnerhöhungen. Die Interessen der Arbeiter sollen politisch vertreten werden.

Knapp ein Jahr darauf wurde am 23. Mai 1863 der „Allgemeine Deutsche Arbeiterverein“ (ADAV) in Leipzig gegründet und Lassalle wird zum ersten Präsidenten der Partei gewählt.

Diese Partei setzt die Grundlagen für die heutige Sozialdemokratische Partei Deutschland (SPD).

Um den ADAV und seinen Einfluss zu vergrößern, kommt es zu mehreren Treffen zwischen Ferdinand Lassalle und Otto von Bismarck (1815-1898), bei welchen Lassalle Bismarck für den Sozialismus zu begeistern versucht und sich eine Zusammenarbeit erhofft. Diese Zusammenarbeit wird jedoch nie verwirklicht.

Und der nächste Zwischenfall folgt noch im gleichen Jahr im November, denn es kommt zu einer erneuten Verhaftung wegen Hochverrats. Jedoch wird Lassalle im März 1864 wieder freigesprochen.

Ende seines Lebens

Frustriert reist er noch einmal in die Schweiz und verliebt sich in Helene von Dönniges. Ihr Vater, ein Diplomat, verweigert Lassalle jedoch die Hand seiner Tochter. Daraufhin fordert Lassalle den Diplomaten zu einem Duell. Bei dem Kampf wird Lassalle schwer verletzt und stirbt einige Tage darauf am 31. August 1864 in Genf.

Fazit und Einfluss seiner jüdischen Identität

Ferdinand Lassalle war eine faszinierende Persönlichkeit des 19. Jahrhunderts, dessen Leben von den verschiedensten Einflüssen geprägt war. Als Jude in einer Zeit des entstehenden Antisemitismus stand er vor einigen Herausforderungen. Die jüdische Gesellschaft war zunehmender Ausgrenzung und Vorurteilen ausgesetzt. Lassalle erlebte Diskriminierung und soziale Isolation aufgrund seiner Religion.

Es ist aber wichtig zu beachten, dass er sich trotz dieser Herausforderungen in die Politik eingebracht hat.

Durch seine jüdische Identität hatte Lassalle aber auch eine besondere Wahrnehmung der Welt. Durch seine eigenen Erfahrungen mit Diskriminierung könnte seine Sensibilität für soziale Ungerechtigkeit verstärkt worden sein. Auch sein Bewusstsein für Minderheitenrechte könnte sich daraus entwickelt haben. Obwohl Ferdinand Lassalle aus der jüdischen Gemeinschaft austrat, spielte seine Religion eine wichtige Rolle in seiner Weltanschauung. Seine Auseinandersetzungen mit sozialen Fragen und politischen Einfällen wurden wahrscheinlich auch von den moralischen und ethischen Überlegungen des Judentums geprägt.

Seine Erfahrungen mit der jüdischen Religion hatten also großen Einfluss auf seine Überzeugungen und insbesondere der Erkenntnis, dass politische Veränderungen notwendig sind, um die Rechte und Chancen unterprivilegierter Gruppen, wie der Arbeiter aber auch der Juden, zu verbessern.

Lassalles politischer Einfluss erstreckte sich über die Gründung des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins (ADAV) hinaus und trug zur Gestaltung einer gerechteren Gesellschaft im Zeitalter des 19. Jahrhunderts bei.

Lieblingsstücke - Ein Interview mit Gregor Gysi

Zum 10. Jubiläum des Jüdischen Museums Berlin gaben prominente Gäste 2011 Führungen, in denen sie ihre Lieblingsstücke vorstellen.

gestaltet von Magdalena G. im Schuljahr 2023/2024

Abbildungen:
Portät Lassalle: Philipp Graff, Public domain, via Wikimedia Commons
Porträt der Gräfin Sophie von Hatzfeld: Stadtmuseum Landeshauptstadt Düsseldorf, Public domain, via Wikimedia Commons
Köpfe der frühen deutschen Arbeiterbewegung: Autor/-in unbekanntUnknown author, Public domain, via Wikimedia Commons