Faustrecht der Freiheit | Film-Rezensionen.de
Faustrecht der Freiheit
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Faustrecht der Freiheit

Faustrecht der Freiheit
„Faustrecht der Freiheit“ // Deutschland-Start: 30. Mai 1975 (Kino) // 5. Juli 2005 (DVD)

Inhalt / Kritik

Als sein Arbeitgeber und Freund während der laufenden Vorstellung verhaftet wird, steht Schauspieler Franz Bieberkopf (Rainer Werner Fassbinder) ohne Arbeit und Dach über dem Kopf da. Bei seiner alkoholkranken Schwester Hedwig (Christiane Maybach) will er nur ungern bleiben, sodass ihm nichts anderes übrig bleibt, als auf die Straße zu gehen. Doch der junge Mann gibt die Hoffnung nicht auf, denn schon bald lernt er den wohlhabenden Antiquitätenhändler Max (Karlheinz Böhm) kennen, von dem er sich etwas Geld erhofft und sowieso ist sich Franz sicher, sein Lottoschein wird die erhoffte finanzielle Wende in seinem Leben bringen.

Während ihn seine Freunde wegen seiner Naivität verspotten, staunen diese nicht schlecht, als Franz tatsächlich eine halbe Million Mark gewinnt. In den Kreisen, in denen Max verkehrt, sticht er dennoch wegen seiner Kleidung, seines Benehmens und seiner Sprache heraus, was Eugen (Peter Chatel) aber nicht stört. Die Beiden werden schnell ein Paar und Franz zieht bei ihm ein. Was Franz jedoch nicht weiß: hinter Eugens Zuneigung ist kalkuliert, denn er will ihn dazu bringen in die marode Druckerei seines Vaters zu investieren, sodass der drohenden Konkurs noch abgewendet werden kann.

Das Geld der Anderen

Nach der Arbeit an Fontane Effi Briest schien Regisseur Rainer Werner Fassbinder das Thema der Klassenunterschiede und der Ausbeutung noch einmal aufgreifen zu wollen. Faustrecht der Freiheit seziert dabei, inwiefern Mechanismen der Bevormundung und der Ausbeutung in einem kapitalistischen System unabwendbar sind und den Menschen immer mehr von der Natur entfremden. Im Gegensatz zu den vorherigen Arbeiten in den 1970ern ist Faustrecht der Freiheit erzählerisch wie auch ästhetisch naturalistischer angelegt, selbst wenn bestimmte Themen jener Literatur, die Fassbinder liebte, aufgegriffen werden, allen voran das „Pygmalion“-Motiv, nach dem hinterfragt wird, inwiefern man einen Menschen gegen seiner Natur umerziehen oder manipulieren kann.

Es ist sicher kein Versehen, dass Fassbinder den von ihm selbst gespielten Helden in die Nähe des Protagonisten von Alfred Döblins Berlin Alexanderplatz sieht. Dieser Franz Bieberkopf ist ein Beobachter und ein direkt Betroffener von sozialen Hierarchien, denen er sich mit einer gewissen Blauäugigkeit nähert, wobei seine Achillesferse das Gefühl ist. Geld zu bekommen ist eine Frage des Glücks, wohingegen die „echte Liebe“ etwas noch viel Selteneres ist, was die Hauptfigur auskostet. Die Wohlhabenden sind entweder solche, die sich eiskalt berechnend das Geld der Anderen einverleiben wollen, oder jene, die sich eine moralische Überlegenheit beibehalten, ohne aber jemals aktiv in das Geschehen einzugreifen, wie der von Karlheinz Böhm gespielte Antiquitätenhändler. Sie alle wissen um das System, das sie umgibt und welches es ihnen erlaubt, die unter ihnen auszunehmen und zu benutzen, sodass es nur darum geht, wer sich bei diesem Manöver besonders geschickt anstellt. Fassbinder erzählt von Menschen, die einander benutzen und jenen, die noch an ein Glück glauben, an eine Welt ohne Unterschiede, oder zumindest eine, in der Liebe vielleicht über Aspekten wie Arm und Reich steht.

Einen Mensch machen

In Faustrecht der Freiheit erzählt Fassbinder von einem Prozess der Läuterung. Der Zuschauer verfolgt den Weg der Hauptfigur und man ahnt eigentlich schon recht früh, dass er ausgenommen werden soll und dass die Gefühle, die er als echt empfindet, nur Schauspiel sind. Auch die recht brutalen Versuche Eugens, Franz anzupassen und ihn dabei ständig zu maßregeln, erkennt man als Manöver, die den Menschen vor sich selbst entfremden und Franz zu einem Menschen machen, der er niemals war und nicht sein will. Der Naturalismus, der sich in den Bildern wie auch den Dialogen widerspiegelt, soll verweisen auf die Selbstverständlichkeit, mit der Menschen tagtäglich ausgenutzt und gefügig gemacht werden. Schon immer sind die Gefühle jene Schwäche, die den Untergang der Helden bei Fassbinder einläuten, auch wenn der Zuschauer immer auf Distanz gehalten wird und im Brechtschen Sinne kritisch beurteilen soll, welche Prozesse zu dem Schicksal des Franz Bieberkopfs geführt haben.

Credits

OT: „Faustrecht der Freiheit“
Land: Deutschland
Jahr: 1975
Regie: Rainer Werner Fassbinder
Drehbuch: Rainer Werner Fassbinder
Musik: Peter Raben
Kamera: Michael Ballhaus
Besetzung: Rainer Werner Fassbinder, Peter Chatel, Karlheinz Böhm, Adrian Hoven, Christiane Maybach, Walter Sedlmayer

Trailer

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Faustrecht der Freiheit
fazit
„Faustrecht der Freiheit“ ist ein Drama um Klassengesellschaft und Ausbeutung. Rainer Werner Fassbinder erzählt von Prozessen, die zur Kaltblütigkeit in der Gesellschaft geführt haben und die es ermöglichen, dass Gefühle als Schwäche gnadenlos ausgenutzt werden.
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