Der Mann, den Ludwig I. hasste: Eugène de Beauharnais | Abendzeitung München

Der Mann, den Ludwig I. hasste: Eugène de Beauharnais

Vor 200 Jahren starb Eugène de Beauharnais in München
| Christian Sepp
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Leo von Klenze baute für Beauharnais das Palais Leuchtenberg. Davor steht ausgerechnet ein Denkmal für dessen Feind Ludwig I.
imago images/imagebroker 3 Leo von Klenze baute für Beauharnais das Palais Leuchtenberg. Davor steht ausgerechnet ein Denkmal für dessen Feind Ludwig I.
Für dieses Bildnis stand Eugène de Beauharnais tadellos frisiert und rasiert Modell. Doch als Napoleon ihn der Prinzessin Auguste Amalie vorstellen wollte, musste der Kaiser erst nach einem Barbier rufen.
imago images/H. Tschanz-Hofmann 3 Für dieses Bildnis stand Eugène de Beauharnais tadellos frisiert und rasiert Modell. Doch als Napoleon ihn der Prinzessin Auguste Amalie vorstellen wollte, musste der Kaiser erst nach einem Barbier rufen.
Das Grabmal von Eugène de Beauharnais in der Jesuitenkirche St. Michael in der Neuhauser Straße.
Wikimedia 3 Das Grabmal von Eugène de Beauharnais in der Jesuitenkirche St. Michael in der Neuhauser Straße.

Wir schreiben den 2. Dezember 1805. In Europa tobt ein heftiger Krieg, den die Geschichtsbücher später als Dritten Koalitionskrieg verzeichnen werden. Auf der einen Seite finden wir Frankreich, auf der anderen Seite die verbündeten Mächte Österreich und Russland. In Mähren kommt es zur entscheidenden Schlacht - der Schlacht bei Austerlitz. Napoleon Bonaparte, seit einem Jahr Kaiser der Franzosen, erringt an diesem Tag einen der wichtigsten Siege seines Lebens. Es ist der Beginn der napoleonischen Herrschaft über Europa.

Fast zeitgleich trifft in München Kaiserin Joséphine, die Gemahlin Napoleons, ein. Das Kurfürstentum Bayern zählt seit gut drei Monaten zu den Verbündeten des französischen Kaisers. Unter dem Druck, zwischen den Großmächten zermalmt zu werden, hatte Bayern sich auf die Seite Frankreichs geschlagen. Napoleon macht bald klar, dass er mehr will als nur ein militärisches Bündnis - er hat ein Auge auf die älteste Tochter des Kurfürsten geworfen. Und die charmante Joséphine soll, beladen mit teuren Geschenken, am Münchner Hof schon einmal für gute Stimmung sorgen. Noch ist nur der Kurfürst über die Pläne informiert, da platzt am Weihnachtsabend 1805 die Bombe: Ein französischer Gesandter fordert die Hand von Prinzessin Auguste Amalie von Bayern für Napoleons Stiefsohn.

Eine Woche später kommt Napoleon höchstpersönlich nach München. Gleich am nächsten Tag lässt er nach der Prinzessin schicken. Die 17-jährige Auguste Amalie, die als schönste Frau am Hof bezeichnet wird, gefällt ihm ausnehmend gut. Napoleon macht sofort Nägel mit Köpfen und schreibt seinem Stiefsohn nach Italien: "Ich bin in München angekommen und habe ihre Heirat mit der Prinzessin Auguste abgemacht. Heute Morgen hat mir die Prinzessin einen Besuch gemacht und ich habe mich ziemlich lange mit ihr unterhalten. Sie ist sehr hübsch. Ihr Bildnis finden Sie auf beiliegender Tasse, sie sieht aber besser aus." 

Sein Vater wird in der Französischen Revolution hingerichtet

Eugène de Beauharnais soll sich unverzüglich auf den Weg machen, so lautet der Befehl. Wer ist der junge Mann, der sich im Januar 1806 anschickt, im tiefsten Winter die Alpen zu überqueren?

Eugène kommt am 2. September 1781 in Paris zur Welt, als Spross einer alten französischen Adelsfamilie. Er ist der Sohn von Alexandre Vicomte de Beauharnais und dessen Frau Joséphine. Die Familie gerät in die Wirren der Französischen Revolution, während der Zeit der Terrorherrschaft wird sein Vater angeklagt und hingerichtet. Seine Mutter lernt später einen aufstrebenden General kennen, Napoleon Bonaparte. Die beiden heiraten, als Eugène 14 Jahre alt ist.

Schon früh bindet der Stiefvater ihn an sich, so begleitet er Napoleon auf seinem Feldzug nach Ägypten. Als der Kaiser der Franzosen sich 1805 auch zum König von Italien krönen lässt, ernennt er seinen Stiefsohn im Alter von 24 Jahren zum Vizekönig. Eugène residiert in Mailand. Dort erreicht ihn im Januar 1806 der Befehl Napoleons, schleunigst nach München zu kommen.

Napoleon entscheidet: Der monströse Schnurrbart muss weg! 

Als Eugène eintrifft, ist sein Stiefvater entsetzt - und ruft erst einmal nach einem Barbier. Der monströse Schnurrbart müsse weg, vorher könne er der Prinzessin nicht gegenübertreten. Auguste Amalie, die im Vorfeld verkündet hat, es als Schande zu empfinden, mit einem Mitglied aus Napoleons Clan verheiratet zu werden, ist ungeheuer erleichtert, als sie einem sympathischen und gutaussehenden Mann gegenüber steht. Um den Bräutigam noch attraktiver zu machen, adoptiert der Kaiser seinen Stiefsohn und verleiht ihm die Anrede "Kaiserliche Hoheit".

Für dieses Bildnis stand Eugène de Beauharnais tadellos frisiert und rasiert Modell. Doch als Napoleon ihn der Prinzessin Auguste Amalie vorstellen wollte, musste der Kaiser erst nach einem Barbier rufen.
Für dieses Bildnis stand Eugène de Beauharnais tadellos frisiert und rasiert Modell. Doch als Napoleon ihn der Prinzessin Auguste Amalie vorstellen wollte, musste der Kaiser erst nach einem Barbier rufen. © imago images/H. Tschanz-Hofmann

Am 13. Januar findet nach neuem französischen Recht in der Grünen Galerie der Residenz die Ziviltrauung statt, einen Tag später die kirchliche Hochzeit. Napoleon Bonaparte, der auf keine adeligen Vorfahren zurückblicken kann, hat es geschafft, ein familiäres Band zu einer der ältesten Herrscherfamilien Europas zu knüpfen. Eine weitere Belohnung für das Bündnis mit dem Kaiser hatte es zuvor schon gegeben - mit dem 1. Januar 1806 wurde aus dem Kurfürstentum Bayern ein Königreich. Während Napoleon schon auf dem Weg ist, die nächste Hochzeit dieser Art einzufädeln, machen sich die Jungvermählten auf nach Italien.

Dem Urteil von Historikern zufolge war Eugène de Beauharnais der mit Abstand fähigste Kopf aus dem Bonaparte-Clan. Nur leider teilt der französische Kaiser seine Macht nicht gern und schöpft das Potenzial seines Adoptivsohns nicht aus.

Dieser darf keinen Schritt ohne einen Befehl Napoleons unternehmen. Seinen größten militärischen Erfolg feiert Eugène auf ungarischem Boden, als er im Fünften Koalitionskrieg die Schlacht bei Raab (14. Juni 1809) gewinnt. Daraufhin setzt Napoleon ihn bei der Niederschlagung des Tiroler Aufstands ein, eine Aufgabe, die Eugène belastet. Seine Gattin lässt er wissen: "Ich verfluche diese Mission tausendmal! Da kann man weder Ehre noch Ruhm aufstecken, nur Schande, wenn die Sache schlecht ausgeht."

Beauharnais führt  den katastrophalen Rückzug aus Russland an 

Der Vizekönig von Italien ist auch mit dabei, als Napoleon seinen größten Fehler begeht und mit einer gewaltigen Armee gegen Russland zieht. Obwohl der Feldzug sich von Anfang an sehr schwierig gestaltet, bewahrt Eugène die Nerven. In Moskau angekommen wird er Augenzeuge, wie die Stadt in Flammen aufgeht. Als Napoleon auf dem Rückweg den Beschluss fasst, seine Truppen zu verlassen, um in Frankreich einen Staatsstreich niederzuschlagen, vertraut er seinem Adoptivsohn das Oberkommando über die "Grande Armée" an. Eine höchst undankbare Aufgabe. Kälte, Hunger und nachsetzende russische Truppen lassen den Rückzug zu einer Katastrophe werden. Aus Kaunas schreibt Eugène seiner Gemahlin: "Jeden Tag verlieren wir Freunde und Kameraden. Wenn das noch vierzehn Tage so weitergeht, bleibe ich allein übrig."

Nur wenigen Soldaten wird es gelingen, lebendig aus dem Russlandfeldzug heimzukehren. Nach seiner Rückkehr schickt Napoleon seinen Adoptivsohn zurück nach Mailand. Eugène wird den Kaiser nie mehr wiedersehen.

Obwohl ihn Napoleon nicht immer gut behandelt hat, bleibt der Vizekönig von Italien auf seinem Posten, als das französische Imperium zu kollabieren beginnt. Im Vertrag von Fontainbleau muss Napoleon am 11. April 1814 schließlich auf den französischen und den italienischen Thron für sich und seine Erben verzichten. Nun kapituliert auch Eugène und flüchtet mit seiner Familie in die Heimat seiner Frau.

Ludwig I. hasst Napoleon und auch Beauharnais

In Bayern werden sie mit offenen Armen empfangen, der bayerische König betrachtet Eugène als Familienmitglied. Aber nicht alle sind glücklich mit der Situation: Kronprinz Ludwig hasst Napoleon und überträgt diesen Hass auch auf die Familie seiner Schwester.

Nach dem Sturz Napoleons findet auf dem Wiener Kongress 1814/1815 eine Neuordnung Europas statt. Eugène muss hier um seine zukünftige Stellung, um sein Vermögen und seine Einkünfte kämpfen. Sein Schwager Ludwig würde die Familie am liebsten ganz weit weg von Bayern sehen, sogar die Insel Korfu ist im Gespräch. Auguste Amalie verteidigt ihren Mann vehement und liefert sich per Brief einen heftigen Schlagabtausch mit ihrem Bruder. Schließlich bleibt die Familie doch in Bayern. Eugène erhält von seinem Schwiegervater den Titel eines Herzogs von Leuchtenberg, dazu das Fürstentum Eichstätt und den Titel "Königliche Hoheit". Durch Ablösezahlungen auf seine Ansprüche in Italien wird Eugène zu einem der reichsten Männer in Bayern.

Dieser Reichtum ermöglicht dem Herzog von Leuchtenberg, ein repräsentatives Palais in München in Auftrag zu geben. Durch den Abriss der alten Stadtmauern ist viel Platz entstanden, nach Norden entsteht ein breiter Prachtboulevard. Federführend ist hier Kronprinz Ludwig und natürlich entstehen dadurch neue Querelen.

1821 ist es endlich soweit - das "Palais Leuchtenberg" kann bezogen werden. Der Architekt Leo von Klenze hat ein Palastgebäude mit 253 Zimmern konzeptioniert, inklusive einem Theater, das Platz für 130 Personen bietet. Außerdem beherbergt das Palais eine bedeutende Gemäldesammlung, die an zwei Tagen in der Woche bei freiem Eintritt allen Interessierten offen steht und sich zu einer Attraktion entwickelt. Parallel zum Palais in der Stadt realisiert Klenze für den Herzog eine Sommerresidenz in Ismaning.

Das Grabmal von Eugène de Beauharnais in der Jesuitenkirche St. Michael in der Neuhauser Straße.
Das Grabmal von Eugène de Beauharnais in der Jesuitenkirche St. Michael in der Neuhauser Straße. © Wikimedia

Doch lange kann Eugène sich seiner neuen Heimat nicht erfreuen. Nach mehreren Schlaganfällen stirbt der Herzog von Leuchtenberg am 21. Februar 1824 im Alter von nur 42 Jahren in seinem Palais an den Folgen einer Hirnblutung. Auguste Amalie, die nie wieder heiratet, überlebt ihren Mann um 27 Jahre. Von ihren beiden Söhnen ist einer früh verstorben, der andere, der seinen Lebensmittelpunkt aufgrund seiner Heirat nach Russland verlagert hat, stirbt kurz nach seiner Mutter. Das Palais wird verkauft, die Gemäldesammlung wandert nach St. Petersburg.

Im Zweiten Weltkrieg wird das Palais Leuchtenberg bei Luftangriffen schwer getroffen und brennt aus. Die düstere Ruine erwirbt schließlich der bayerische Staat. Seit 1967 ist hier das Bayerische Staatsministerium der Finanzen untergebracht. Christian Sepp

"Ein freier Geist im Wandel treu - Eugène de Beauharnais 1781-1824 zu seinem 200. Todestag", Ausstellung vom 24. Februar bis 5. Mai im Schlossmuseum Ismaning, Eintritt frei, Infos: schlossmuseum-ismaning.de

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